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       Al-Farabi

      Wie Aristoteles glaubte al-Farabi, der Mensch müsse natürlicherweise in einer sozialen Struktur leben, beispielsweise in einem Stadtstaat, um ein gutes und glückliches Leben führen zu können. Das gleiche Prinzip gelte für Nationalstaaten, Reiche oder sogar ein Weltreich, die Stadt betrachtete er als kleinste Einheit. Doch vor allem prägte Platon, der Lehrer des Aristoteles, das politische Denken al-Farabis. Genau wie Platon plädierte er für die Herrschaft von Philosophenkönigen, weil nur sie die wahre Natur der Tugenden verstünden. In Der Musterstaat beschrieb er eine »Vorzugsstadt« unter der Herrschaft eines tugendhaften Führers, der sein Volk anleitet, im tugendhaften Leben wahres Glück zu finden.

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       Göttliche Weisheit

      Al-Farabi unterscheidet sich von Platon darin, dass er andere Vorstellung vom Ursprung und Wesen der Tugenden des idealen Herrschers hat: Für ihn handelt es sich um göttliche Weisheit. Statt für einen Philosophenkönig plädierte er für die Herrschaft eines gerechten Imam. Die Vorzugsstadt sei jedoch als politische Utopie zu verstehen, betonte al-Farabi.

      Zudem beschrieb er verschiedene Staatsformen, die real existierten, und wies auf ihre Mängel hin. Er nannte drei Gründe, warum sie seinem Ideal nicht entsprachen: Sie seien dumm, irregeleitet oder moralisch verdorben. In einem Staat der Dummen wüssten die Menschen nicht, dass wahres Glück durch ein tugendhaftes Leben entstehe. In einem irregeleiteten Staat missverstünden sie das Wesen der Tugend. Und in einem moralisch verdorbenen Staat wüssten sie, was ein tugendhaftes Leben ausmache, entschieden sich aber dagegen. Laut al-Farabi streben die Menschen in diesen »Torheitsstaaten« nach Reichtum und Vergnügen und nicht nach dem guten Leben. Er glaubte, die Seelen der Dummen und Irregeleiteten würden nach dem Tod einfach verschwinden, während die der moralisch Verdorbenen ewiges Leid ertragen müssten. Nur den Seelen der Menschen aus einem Musterstaat würde ewiges Glück zuteil. Al-Farabi schlussfolgerte: Solange die dummen, irregeleiteten und moralisch verdorbenen Bürger und ihre Führer irdischen Vergnügungen nachgehen, lehnen sie die Führung durch einen tugendhaften Herrscher ab, weil er ihnen nicht gibt, was sie wollen. So kann kein Musterstaat entstehen. image

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      Al-Farabi entwickelte seine Ideen in Bagdad (Irak), einem Zentrum der Gelehrsamkeit im Goldenen Zeitalter des Islam. Noch heute befinden sich hier einige der ältesten Universitäten der Welt.

       Al-Farabi

      Die islamischen Philosophen nennen ihn den »zweiten Lehrer« (nach Aristoteles), über das Leben des Abu Nasr al-Farabi ist aber nur wenig bekannt.

      Möglicherweise wurde er um das Jahr 870 in Farab (heute Kasachstan) geboren und ging dort und in Buchara (heute Usbekistan) zur Schule. 901 reiste er nach Bagdad, um seine Studien fortzusetzen. Al-Farabi studierte Alchemie und Philosophie bei christlichen und islamischen Gelehrten und war ein berühmter Musiker und bekannter Linguist. Den Großteil seines Lebens verbrachte er als qadi (Richter) und Lehrer in Bagdad. Auf ausgedehnten Reisen besuchte er Ägypten, Damaskus, Harran und Aleppo. Den Großteil seiner Werke soll er in seiner Zeit in Aleppo verfasst haben, wo er am Hof des syrischen Herrschers Saif ad-Daula arbeitete.

       Hauptwerke

       um 940–950

       Der Musterstaat

       Epistle on the Intellect

       The Book of Letters

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      KEIN FREIER MANN SOLL GEFANGEN GENOMMEN WERDEN, AUSSER ES GIBT EIN RECHTMÄSSIGES URTEIL

      BARONE DES KÖNIGS JOHANN (FRÜHES 13. JH.)

       IM KONTEXT

      IDEENLEHRE

       Parlamentarismus

      SCHWERPUNKT

       Freiheit

      FRÜHER

      um 509 v. Chr. In Rom wird die Monarchie durch eine Republik ersetzt.

      1. Jh. v. Chr. Nach der Machtübernahme durch Julius Cäsar plädiert Cicero für eine Rückkehr zur Römischen Republik.

      SPÄTER

      1640er-Jahre Nach dem Englischen Bürgerkrieg und der vorübergehenden Abschaffung der Monarchie kann kein Monarch mehr ohne Zustimmung des Parlaments regieren.

      1776 Die Unabhängigkeitserklärung der USA listet »Leben, Freiheit und das Streben nach Glück« als Grundrechte auf.

      1948 Die Generalversammlung der Vereinten Nationen nimmt in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte an.

      König Johann von England verlor im Lauf seiner Regierungszeit an Popularität, weil er die Kriege mit Frankreich schlecht führte. Außerdem trat er selbstherrlich gegenüber den landbesitzenden Baronen auf, die ihm Ritter zur Verfügung stellten und Steuern zahlten. 1215 war er schließlich gezwungen, mit seinen Baronen in London zu verhandeln. Sie legten ihm ein Dokument vor, das ihre Forderungen im Einzelnen enthielt – angelehnt an die Charter of Liberties, die 100 Jahre zuvor von König Heinrich I. erlassen worden war. Zu den »Artikeln der Barone« gehörten Paragraphen, die sich auf ihren Besitz, ihre Rechte und ihre Pflichten bezogen. Und sie legten fest, dass der König dem Gesetz des Landes zu folgen hatte.

      »Wir werden das Recht oder die Gerechtigkeit an niemanden verkaufen, niemandem verweigern und nicht hinausschieben.«

       Magna Carta, Paragraph 40

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       Freiheit von Tyrannei

      Insbesondere Paragraph 39 enthielt konkrete Forderungen: »Kein freier Mann soll gefangen genommen oder inhaftiert oder enteignet werden, oder geächtet oder verbannt oder in irgendeiner Weise vernichtet werden, noch werden wir gegen ihn einschreiten oder uns seiner bemächtigen außer durch das rechtmäßige Urteil seiner Standesgenossen oder durch das Gesetz des Landes.« Schon hier kam das spätere Habeas-Corpus-Konzept zum Tragen: Wer verhaftet wurde, musste vor ein Gericht gestellt werden. Erstmals stand die Freiheit des Einzelnen über den Interessen eines tyrannischen Herrschers. Johann hatte keine Wahl. Er musste die Bedingungen annehmen und sein Siegel unter das Dokument setzen, das später als Magna Carta bekannt wurde.

      Leider war Johanns Zustimmung rein symbolischer Natur; zum großen Teil wurde das Dokument später ignoriert oder wieder aufgehoben. Doch die entscheidenden Paragraphen blieben erhalten und der Geist der Carta hatte großen Einfluss auf die politische Entwicklung Großbritanniens. Die Beschränkung der Macht des Monarchen zugunsten der Rechte des freien Mannes – das waren zu jener Zeit nur die feudalen Landbesitzer und nicht die von ihnen Abhängigen – bildete den Grundstein für ein unabhängiges Parlament. Das rebellische »De Montfort’s Parliament« von 1265 war das erste seiner Art, außer den Baronen nahmen erstmals gewählte Vertreter, Ritter und Bürger teil.

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      Das

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