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war mir schleierhaft. Aber es klang gut.

      Ich las und war von der ersten Seite an gefesselt. Ich las von Teleportern und Suggestoren, von einem Planeten des Sterns Wega, von Raumanzügen, in denen man sich unsichtbar machen konnte, und von einem kugelförmigen Raumschiff, das sechzig Meter im Durchmesser maß. Jede einzelne dieser Zutaten hätte ausgereicht, mich zu faszinieren; die Kombination war unwiderstehlich.

      »Hast du noch mehr?«, fragte ich meinen Freund Max, als ich ihm das Heft zurückgab. Ich war angefixt.

      Zum Glück herrschte an Nachschub kein Mangel. Max kam von einem Bauernhof und war in der günstigen Position, bei jemandem, der Kaninchen züchtete, alte PERRY RHODAN-Hefte gegen Kaninchenfutter einzutauschen. Bald bekam ich die Hefte stapelweise. An manchen Ferientagen las ich, bis mir schwindlig wurde, oft zehn und mehr Hefte hintereinander weg.

      Es war die Zeit, in der ein normaler Junge meines Alters sich durch den kompletten Karl May gelesen hätte. Wobei PERRY RHODAN durchaus Parallelen zu den Karl-May-Romanen hatte: Perry war Old Shatterhand, Atlan war Winnetou und Bully war Sam Hawkins. Oder so. Jedenfalls Typen, die aufregende Abenteuer in fernen Landen erlebten (nur eben noch aufregender, und die Lande noch ferner, als anderswo zu lesen), und im Geiste war man bei ihnen. Ich flog mit kilometergroßen Raumschiffen in fremde Galaxien, steuerte Space-Jets auf unerforschte Planeten hinab und schlich mit gezücktem Thermostrahler durch extraterrestrische Bauwerke. Nicht das Schlechteste, wenn man auf dem platten Land lebte, wo nichts los war.

      Das Problem – oder sagen wir lieber: der besondere Reiz – bestand darin, dass die Hefte nicht in der Reihenfolge bei mir ankamen, in der man sie einst veröffentlicht hatte, sondern wild durcheinander. Zwei, drei Hefte mit fortlaufenden Nummern waren schon ein Fest. Aber größtenteils las ich Puzzleteile, die es nachträglich zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen galt. Was die Sache indes eher interessanter machte, weil man sich eine Menge zusammenreimen musste.

      Als die Vorräte des Kaninchenzüchters abgearbeitet waren, fanden Max und ich heraus, dass man diese Hefte auch kaufen konnte. Fortlaufend! Die neuesten Ausgaben! Und obendrein eine zweite Auflage! (Im vorigen Jahrtausend waren Teenager noch nicht so weltgewandt wie heute.) Diese fatale Entdeckung hatte zur Folge, dass von da an der größte Teil meines nicht gerade üppigen Taschengelds in die Kassen des Pabel-Moewig-Verlages floss. Das eine oder andere Feierabendbier der damaligen Autoren – vielleicht auch mal ein Farbband – habe ich bezahlt, jawohl!

      In diese Epoche fiel es, dass ich mit Schreibmaschinen in Kontakt kam und lernte, damit umzugehen. Nicht richtig zwar – ich schreibe bis heute nur mit drei bis vier Fingern –, aber es genügte bald, um in überschaubarer Zeit Papier mit Text zu füllen.

      Da mein Vater nach anfänglicher Skepsis ebenfalls Gefallen an diesen »Heftchen« gefunden hatte, kam ich auf die Idee, ihm zum Geburtstag ein »selbst gemachtes« Romanheft zu basteln. So entstand der erste »Eschbach«: direkt in die Maschine getippt, mit rührend hölzernen Dialogen und unglaublich viel Handlung pro Seite, Figuren und Geschichte ungeniert zusammengeklaut aus allem, was mir gefiel. Mein Perry hieß Rox, mein Mausbiber war ein Biberbär. Ganz schön einfallsreich, was? Und statt zum Mond sollte die Reise in Band 1 nach Alpha Centauri gehen, mit zwei Raumschiffen, von denen eines bereits auf der Mitte der ersten Seite explodierte!

      In dem Alter darf man solche Dinge.

      Es entstand ein Heft im Format DIN A5, das mitsamt selbst gezeichnetem Schutzumschlag stattliche 32 Seiten umfasste: »Unternehmen Proxima«, mein wirklich aller-allererster Roman.

      Er war im Rahmen seiner Möglichkeiten ein instant success. Mein Vater konnte sich gar nicht beruhigen über den schriftstellernden Sohn. Wann immer Besuch kam, wurde unweigerlich früher oder später »der Roman« hervorgezogen und stolz präsentiert. Mir war das alles schrecklich peinlich – aber irgendwie muss ich es wohl auch als Anerkennung empfunden haben; jedenfalls machte ich weiter und verfasste einen Fortsetzungsband.

      Beide zusammen gab ich eines Tages mit einem coolen »Da, hab ich geschrieben« an meine Freunde, die wie ich PERRY RHODAN lasen.

      »Ganz gut«, befanden die nach der Lektüre. Und fragten: »Hast du noch mehr?«

      Was, wie jedem klar sein sollte, der mal in dem Alter war, so ziemlich die höchste Form des Lobes darstellt, die zu haben ist.

      Natürlich waren die Romane nicht gut. Aber die Nachfrage animierte mich, das Hobby fortzusetzen und mir immer neue Verwicklungen auszudenken, in die ich meine Figuren bringen konnte. Auch wenn fast jede Idee geklaut war und der Schreibstil aus heutiger Sicht hanebüchen, es machte Spaß! Und wie das so ist, wenn man etwas ständig übt: Man kann gar nicht verhindern, dass man allmählich besser wird.

      Als meine Serie Band 10 erreichte, sprang der Funke über. Plötzlich begannen auch meine Freunde, eigene Heftserien herauszugeben. Ein regelrechter Wettbewerb entbrannte. Jeder versuchte, fantasievoller und spannender zu schreiben als die anderen. Die Erscheinungsweise straffte sich: Auf dem Höhepunkt dieser mehrere Jahre dauernden Ära brachte jeder von uns pünktlich alle zwei Wochen ein neues Heft heraus! Und zwar komplett mit aufwendig gestaltetem Titelbild, Vorankündigung des nächsten Bandes – und Leserbriefseite: Denn wir schrieben uns gegenseitig lange, kritische Leserbriefe! Meine gestalterische Wut ging so weit, dass ich meine Romane zeitweise zweispaltig tippte – auf der Schreibmaschine, wohlgemerkt, auf zu A5 gefaltetem Papier – und meine Sätze im Kopf so vorformulierte, dass ich den Text durch Einfügen von Leerstellen auf Blocksatz bringen konnte!

      Irgendwann ebbte das wieder ab. Mit fünfzehn begann ich, den ersten »richtigen« Roman zu schreiben, auf ganz normalem Papier, das ich zu einem simplen Manuskript aufeinanderstapelte. Im Grunde so, wie ich es heute noch mache.

      Auch wenn mir dieses Geständnis den Weg in die Annalen der ernsthaften Literatur auf ewig verbauen wird: Tatsache bleibt, dass PERRY RHODAN mich zum Schreiben gebracht hat.

      Da gönne ich ihm doch seine Unsterblichkeit!

      »Mich riefen die Sterne«

      von PERRY RHODAN-Autor Hubert Haensel

      Es muss wohl so sein. Sooft ich meine Tante treffe, die im besten Teenageralter war, als ich gerade laufen und reden konnte, bekomme ich meine frühen Schandtaten zu hören. Dazu gehört eindeutig mein damaliger Lieblingssatz: »Ich gehe erst heim, wenn Mond und Sterne am Himmel stehn!«

      Na also. Wenn das nicht die beste Voraussetzung war, mich eines Tages mit Science Fiction zu befassen … Dunkel entsinne ich mich tatsächlich der Faszination, die der nächtliche Milchstraßenhimmel stets auf mich ausübte.

      Der endgültige Anstoß kam im immer noch zarten Alter von acht Jahren. Die Comicserie NICK, DER WELTRAUMFAHRER wurde meine erste Begegnung mit Raumschiffen, fernen Planeten und Außerirdischen. Schon kurz darauf las ich mich durch die Bestände einer der damaligen Leihbüchereien. Damit folgte ich dem Beispiel meines Vaters, der vor allem während der Wintermonate stets Zukunftsromane zu Hause hatte.

      Etwa elf muss ich gewesen sein – ich war aufs Gymnasium übergewechselt und fuhr mit dem Zug in die Nachbarstadt –, als ich am Bahnhofskiosk mit der TERRA-Heftreihe Bekanntschaft schloss. PERRY RHODAN folgte zwangsläufig. Ich erinnere mich gut: Es war Band 143 »Für Menschen verboten«. Ich las den Roman, fand ihn spannend, kam aber irgendwie nicht in die Zusammenhänge hinein. Dazu bedurfte es eines zweiten Anlaufs mit Band 209 »Im Banne der Scheintöter«. Schon während der Lektüre muss ich mich endgültig infiziert haben, denn von da an konnte ich es kaum mehr erwarten, jede Woche pünktlich meinen nächsten PERRY RHODAN-Roman in Händen zu halten.

      Es war die Faszination des Weltraums, des Vorstoßes der Menschen in unsere Nachbargalaxis Andromeda, der fremden Lebensformen und des dennoch Menschlich-Vertrauten, das mich nicht mehr losließ.

      Während ich wöchentlich mehrere Romane verschlang, im Deutschunterricht prompt ein Referat über Weltraumfahrt hielt – nachdem ich direkt von der NASA einiges an Informationsmaterial erhalten hatte –, wurde natürlich der Gedanke geboren, selbst zu schreiben.

      Den Anstoß dazu, es wirklich zu versuchen, gab mir der Aufruf zu einem Kurzgeschichtenwettbewerb in der REN DHARK-Serie. Ich beteiligte mich mit

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