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Corinna zur Welt – und Vater Karl-Herbert schrieb mit sichtlichem Stolz an den Verleger Rolf Heyne: »Ich bin noch immer wie benommen von dem Wunder, das aus einer mikroskopisch kleinen Eizelle entstand und Mensch wurde. Gegen dieses älteste Phänomen der Weltgeschichte ist der phantasievollste utopische Roman ein brüchiges Machwerk, dem nicht einmal eine Spur dieses unfasslichen Schöpfungsaktes anhaften kann …«

      Dafür starb am 17. August ein enger Freund aus Fanzeiten. Scheer und Darlton hatten sich schon Anfang der Sechzigerjahre, als ihre Schriftstellerkarriere Fahrt aufnahm, aus der Fanszene zurückgezogen, doch beide hatten weiter mit Heinz Bingenheimer Kontakt gehalten, der ganz in Scheers Nähe wohnte. Darlton hatte unter dem Namen seines Freundes sogar mehrere SF-Romane übersetzt. Der Goldmann Verlag hatte ihn als »Heftchen«-Autor nicht beschäftigen wollen, doch das »unbeschriebene Blatt« Bingenheimer wurde für »seine« übersetzerischen Leistungen vom Lektor ausdrücklich gelobt!

      Jetzt gönnte Darlton sich wieder einmal das Vergnügen, einen Western zu schreiben – diesmal nicht als Tom Chester für Kelter, sondern als Frank Haller für Bastei –, und als Bingenheimer starb, beendete er als letzten Liebesdienst ein Romanfragment, das unter ihren beiden Pseudonymen erschien. Als Darlton 1965 sein Domizil in Salzburg aufschlug, dachte er »in der Fremde« oft an seinen Freund, der so unerwartet gestorben war.

      Allerdings hatte er in William Voltz auch einen neuen guten Freund gefunden. Die erste gemeinsame Autorenkonferenz 1963 in einem Münchner Nobelhotel hatte darin gegipfelt, dass sie Dutzende zum Putzen vor die Türen gestellter Schuhe vertauschten … und im November 1964 gab es wieder eine Konferenz, bei der Willis Frau einen Schuh in einer Schneewehe verlor – er wurde erst im folgenden Frühjahr gefunden.

      Kurzbiografie: Heinz Bingenheimer

      Eine der einflussreichsten deutschen SF-Persönlichkeiten der Fünfzigerjahre war der 1923 in Köppern/Taunus geborene Heinz Bingenheimer. Nach dem Kriegsabitur und Dienst in der Marine war er von Kriegsende bis 1957 als selbständiger Handelsvertreter tätig. 1956 erschien unter dem Pseudonym Henry Bings sein Leihbuch »Welten in Brand«, in dem eine Rasse von Zentauren eine zweite Heimat auf der Venus findet, und im Folgejahr mit »Lockende Zukunft« die erste deutschsprachige SF-Anthologie, die Beiträge von Clark Darlton, K. H. Scheer, Willi Voltz, Wolfgang Jeschke, der später Schelwokats Nachfolger als SF-Herausgeber bei Heyne werden sollte, und Jay Grams alias Jürgen Grasmück enthielt, der als Dan Shocker den Gruselkrimi einführte. Als 1955 der Science Fiction Club Deutschland (SFCD) aus der Taufe gehoben wurde, übernahm Bingenheimer den angeschlossenen Buchclub. Im September 1957 gründete er die auf SF spezialisierte Buchgemeinschaft Transgalaxis. Durch sie nahm er Einfluss auf die Programmgestaltung der Leihbuchverlage und führte Autoren wie Stanislaw Lem und Philip K. Dick in Deutschland ein. Mit dem »Katalog der deutschsprachigen utopisch-phantastischen Literatur aus fünf Jahrhunderten 1460–1960« veröffentlichte er auch die erste deutsche SF-Bibliografie. Als er am 17. August 1964 einem Herzinfarkt erlag, hinterließ er das Fragment eines zweiten Romans, »Der Sprung ins Nichts«, den Clark Darlton nach den Vorstellungen seines Freundes fertig stellte.

      Seid ihr wahres Leben?

      Posbis, positronisch-biologische Roboter – sie waren die Helden der zweiten Hälfte des gleichnamigen dritten Zyklus. Als die Terraner der Spur einer galaktischen Seuche folgen, gelangen sie nach Mechanica, einem Planeten außerhalb der Galaxis. Vor 30.000 Jahren wurde dort die inzwischen ausgestorbene Echsenbevölkerung, geniale Robottechniker, von den Laurins gezwungen, hochwertige Roboter herzustellen. Als der Planet in einem Atombrand vergeht, entdecken die Terraner an Bord eines Fragmentraumers der Roboter eine Schaltung, die diese gegen alles organische Leben aufbringt. Perry Rhodan, Atlan und Fellmer Lloyd gelingt es auf der Hundertsonnenwelt, der Hauptwelt der Posbis, diese Hass-Schaltung zu neutralisieren. Die Posbis können die Laurins besiegen und fangen an, sich gegenseitig zu bekämpfen. Eine terranische Flotte beendet diese Kämpfe, und die lebenden Roboter werden zu treuen Verbündeten der Menschheit.

      Die Posbis hatten ihren ersten Auftritt in Heft 128, »Mörder aus dem Hyperraum«, von William Voltz. Sie zählen zu den faszinierendsten Schöpfungen des Perryversums. Ihre Funkrufe »Seid ihr wahres Leben?« und der Aufschrei des Plasmas »Liebt das Innere, rettet das Innere!« appellieren an das Herz jedes Lesers.

      Bisweilen wird auf die Ähnlichkeit der Posbis mit den Berserkern aus Fred Saberhagens gleichnamigem SF-Zyklus hingewiesen. Auch die Berserker sind Roboter, die Hinterlassenschaft einer oder mehrerer Rassen, die sie als Kriegsgeräte entwickelten. Sie funktionieren so gut, dass sie ihre Erbauer vernichteten und sich danach aufmachen, alles Leben auszulöschen. Doch »Goodlife«, die erste der mehr als dreißig Geschichten und drei Romane über die Berserker, erschien erstmals 1963 in den USA – nur wenige Monate vor der Niederschrift des entsprechenden PERRY RHODAN-Exposés. Ein alter Topos der Science Fiction lag anscheinend wieder in der Luft: das Frankenstein-Motiv von der Maschine, die sich gegen ihre Erbauer wendet, um schließlich alles Leben zu bedrohen.

      Essay: Technobabbel bei PERRY RHODAN – von William Voltz

      Es gibt eine spezielle Sprache, eine Fachsprache, in der Serie. Das hängt damit zusammen, dass die Schöpfer – das waren Herr Ernsting und Herr Scheer – von Anfang an einen eigenen Sprachgebrauch entwickelt haben, der sich vor allem auf technische Dinge bezieht. Wenn man innerhalb eines Romans ein Raumschiff schildert, dann wird es mit seinen Triebwerken, Antigrav-Projektoren, Computern und was auch immer sich an Bord befindet geschildert, und zwar im Detail. Da dieses Raumschiff in unserer heutigen Zeit natürlich nur eine fiktive technische Schöpfung sein kann, galt es, über die Beschreibung hinaus auch Begriffe zu finden für das, was da geschildert wird. Und da haben wir versucht, abgeleitet aus den klassischen Sprachen, Wortschöpfungen vorzunehmen, die den jeweiligen Gegenständen entsprechen. So hat sich im Laufe der Zeit, im Laufe der Jahre, eine eigene PERRY RHODAN-Sprache herausgebildet.

      Man sollte das natürlich nicht überbewerten. Diese Sprache bezieht sich ausschließlich auf die Technik in der Serie, und die macht ja nur einen Teil der Romane aus. Dennoch zeigt sich, dass Leser, die neu zu PERRY RHODAN stoßen, Schwierigkeiten haben, den einen oder anderen Begriff zu verstehen. Sie brauchen meistens mehrere Bände, um dann anhand von Vergleichen zu erkennen, was überhaupt gemeint ist. Und zu diesem Zweck gibt es ein Lexikon. In dem werden neben gängigen naturwissenschaftlichen Begriffen auch die Worte abgehandelt, die innerhalb der Serie entstanden sind.

      Ein gutes Beispiel aus jüngster Zeit ist der Para-Null-Korridor. Das ist eine typische PERRY RHODAN-Wortschöpfung. Damit wird eine schlauchartige Verbindung zwischen unserem normalen Einstein-Universum, dem dreidimensionalen Kontinuum, zu einem übergelagerten Medium, dem so genannten Hyperraum, bezeichnet. Durch diesen Para-Null-Korridor kann eine fremde Zivilisation Energien aus dem Hyperraum anzapfen. Diese Energien werden dann durch den Korridor an Bord der Raumschiffe geleitet, wo sich Generatoren und Aggregate befinden, die sie aufnehmen und speichern.

      Es gibt sogar Beispiele innerhalb der PERRY RHODAN-Serie, dass Schöpfungen, die wir uns ausgedacht haben, mittlerweile technisch realisiert wurden, oder zumindest wird versucht, sie zu realisieren. Da wäre etwa die SERT-Haube, auch ein typisches Wort aus der Serie. Die SERT-Haube ist eine Art Helm, der vom Piloten des Raumschiffs getragen wird. In diesem Helm befinden sich Sonden und Elektroden, die einen unmittelbaren Kontakt zum Gehirn des Menschen, zu seinem Bewusstsein, ermöglichen. Der Pilot ist dadurch in der Lage, das Raumschiff in Gedankenschnelle zu steuern und zu fliegen. Die Zeitverzögerung, die durch eine manuelle Bedienung gegeben ist, bis der Befehl vom Gehirn an die Hände geht, und auch die Zeit für den Arbeitsakt der Hand am Steuergerät wird dadurch erspart. Das Raumschiff ist spontan und direkt steuerbar. Uns ist bekannt, dass in England von Wissenschaftlern gerade eine ähnliche Methode erprobt wird und dass damit schon große Erfolge erzielt wurden.

      Es gibt noch zahlreiche weitere PERRY RHODAN-Wortschöpfungen, die sich in erster Linie auf Raumschiffe und deren Triebwerke beziehen, etwa das NUGAS-Triebwerk. Darüber hinaus gibt es aber auch Schöpfungen im parapsychologischen Bereich. So haben wir eine Reihe von Menschen in unsere Romanhandlung eingebaut, die außergewöhnliche psychologische Fähigkeiten haben, für die es ebenfalls galt, neue Worte zu finden. Zum Beispiel gibt es eine Mutantin, Irmina Kotschistowa, die Metabio-Gruppiererin ist, das heißt, sie besitzt die Fähigkeit, kraft ihres Geistes zellmolekulare

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