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der kurz eingedöst war, aber sofort wieder hellwach war, als er seinen Namen hörte.

      Nachdem Benedikt und Traudel ihnen viel Erfolg gewünscht hatten, Anton von ihrem Plan zu überzeugen, machte sich Sebastian mit Anna, Emilia und Pia Mechler auf den Weg zum Mittnerhof.

      *

      »Was hältst du davon?«, fragte Sebastian seinen alten Schulkameraden, nachdem er ihm von ihrer Idee erzählt hatte.

      »Ich finde, das ist grandios, Papa«, sagte Markus, als Anton vor sich her starrte und schwieg.

      Sie saßen alle zusammen um den Esstisch in der dunklen Küche, in der noch ein alter Kohleofen stand, mit dem sie im Winter den Raum beheizten. Emilia saß Markus gegenüber und schaute ihn immer wieder kurz an. Der Junge mit den strohblonden Haaren und den wachen hellen Augen hatte ihr Interesse geweckt.

      »Ja, Papa, eine Oma, das wäre aber wirklich schön«, schloss sich Senta ihrem Bruder an.

      »Ja, super schön«, stimmte auch Benjamin dem Vorschlag zu.

      »Ich nutze aber niemanden aus«, brummte Anton.

      »Geh, Anton, ich würde mich doch nicht ausgenutzt fühlen. Im Gegenteil, ich würde mich gebraucht fühlen«, erklärte ihm Pia, was sie empfand.

      »Ich weiß nicht.«

      »Ich weiß es aber schon, du bist stur, Papa«, sagte Markus sichtlich aufgebracht. »Sie wollen uns doch nur helfen. Wir sind wieder krankenversichert, wir können unsere Rechnungen abstottern und jetzt könnten wir auch noch eine Oma haben. Ich verstehe nicht, warum du zögerst. Mir reicht es. Willst du dir den Hof ansehen?«, wandte er sich an Emilia.

      »Unbedingt«, sagte sie und stand sofort auf.

      »Wir kommen auch mit!«, riefen die Zwillinge.

      »Wenn es sein muss«, murrte Markus, dem es ganz offensichtlich nicht gefiel, dass seine Geschwister sich ihnen anschließen wollten.

      »Markus hat recht, du bist stur«, sagte Sebastian, nachdem die Kinder gegangen waren.

      »Mein Vater hat auch immer alles allein geregelt.«

      »Was seine Gesundheit ruiniert hat.«

      »Anton, hör zu, wir könnten es doch wenigstens miteinander versuchen. Ich würde euch so gern helfen«, sagte Pia.

      »Ich beschäftige niemanden, den ich nicht bezahlen kann.«

      »Aber darum geht es doch gar nicht, das habe ich dir gerade erklärt. Ich wünsche mir eine Familie, und ihr braucht dringend eine Großmutter. Ich möchte diese Großmutter für euch sein. Verstehe doch, ihr gebt mir genauso viel, wie ich euch gebe.«

      »Na gut, versuchen wir es«, willigte Anton endlich ein.

      »Dann schlag ein«, bat Pia und streckte ihm die Hand hin.

      »Erst mal nur versuchen«, murmelte er, als er ihre Hand ergriff.

      »Ja, nur ein Versuch«, antwortete Pia mit einem zufriedenen Lächeln. »Wo ist der Kühlschrank?«

      »In der Speisekammer, warum?«

      »Weil ich meine Pflichten als Oma ernst nehme und mich um das Abendessen kümmere. Du hast doch ein Auto, um mich später nach Hause zu bringen?«

      »Schon.«

      »Also, wo ist die Speisekammer?«

      »Wir werden hier nicht mehr gebraucht«, raunte Anna Sebastian zu.

      »Es ist ein guter Anfang«, stimmte er ihr zu, und sie verabschiedeten sich von den beiden.

      »Wo ist Frau Mechler?«, fragte Markus. Er hockte mit Emilia auf dem Holzgatter, das die Weide einzäunte, auf der vor einigen Jahren noch die Pferde standen, die sie im Sommer für geführte Ausritte an Urlauber vermietet hatten.

      »Bekommen wir nun eine Oma?«, fragte Senta, die mit ihrem Bruder Fangen spielte.

      »Sie ist schon da«, verkündete Anna den Kindern die Entscheidung ihres Vaters.

      »Wir haben eine Oma!«, riefen die beiden und stürmten ins Haus.

      »Kommst du, Emilia?« Sebastian sah seine Tochter auffordernd an.

      »Man sieht sich«, sagte Markus, als Emilia vom Gatter heruntersprang.

      »Bestimmt«, antwortete sie und stieg in den Geländewagen ihres Vaters.

      »Der junge Mann gefällt dir wohl?«, fragte Sebastian, als er losfuhr und kurz in den Rückspiegel schaute.

      »Gefällt dir Anna, Papa?«

      »Was soll das jetzt wieder?«

      »Ehrlich gegen ehrlich oder Schweigen«, sagte Emilia und lehnte sich lächelnd in den Sitz zurück.

      »Du schaffst mich, Schatz«, stöhnte Sebastian.

      Bevor sie die Unterhaltung weiterführen konnten, erhielt Anna einen Anruf, dass sie zu einer Geburt erwartet wurde. Auf der ganzen Fahrt nach Hause telefonierte sie mit dem werdenden Vater, der im Gegensatz zu seiner Frau in heller Aufregung war.

      »Werdende Väter betreust du also auch«, stellte Sebastian amüsiert fest, als er sie schließlich vor der Apotheke absetzte.

      »Natürlich, sie brauchen auch Beistand, auch wenn sie die Geburt auf andere Weise erleben, weniger direkt«, fügte sie lächelnd hinzu.

      Kurz darauf machte sie sich mit ihrem Fahrrad und ihrem Rucksack wieder auf den Weg. Bevor sie in eine Seitenstraße einbog, warf sie noch einen sehnsüchtigen Blick auf das Haus am anderen Ende des Dorfes, das Haus, in dem Sebastian wohnte.

      *

      Am nächsten Abend machte es sich Anna auf ihrem Balkon gemütlich. Sie hatte ihren weißen Bikini angezogen, lag auf der Liege und las ein Buch. Zumindest versuchte sie es, aber ihre Gedanken schweiften immer wieder ab. Am Nachmittag hatte sie mit Traudel telefoniert, um sie zu fragen, ob sie etwas von Pia gehört hatte. Sie hatte erfahren, dass der erste Tag mit Oma auf dem Mittnerhof gut verlaufen war und die Kinder besonders von Pias Kochkünsten begeistert waren. Morgen werde ich mir selbst ein Bild machen können, dachte Anna. Morgen kam Sabine nach Hause, und sie würde sie besuchen.

      Auf einmal sah sie Sebastian wieder vor sich, wie er in Sabines Zimmer kam und sie sich zum ersten Mal sahen, abgesehen von dem kleinen Beinahunfall, über den er sich zuerst geärgert hatte. Dann dachte sie daran, als sie später in der Nacht in seinem Haus nebeneinander auf dem Sofa saßen und den Sonnenaufgang betrachteten. Es war ein wundervoller Moment der Nähe gewesen, und sie fragte sich, ob sie so einen Moment jemals wieder mit ihm erleben würde.

      »Wer ist denn das?«, sagte sie laut, als es an der Tür läutete und sie aus ihren Träumen gerissen wurde. »Hallo?!«, rief sie gleich darauf in ihre Sprechanlage.

      »Hallo, Anna, hier ist Sebastian, ich bin auf dem Weg zum See. Vielleicht hast du auch Lust auf einen Abendspaziergang?«

      »Eine gute Idee, ich bin gleich da.« Danke, Schicksal, danke, wer auch immer das für mich arrangiert hat, dachte Anna. In diesem Augenblick gab es niemanden sonst auf der Welt, mit dem sie jetzt lieber zusammen sein wollte. Sie zog das lange weiße Leinenkleid mit dem zarten Vergissmeinnichtmuster über ihren Bikini, schlüpfte in die blauen Ballerinas, löste das Band, mit dem sie ihr Haar zusammengebunden hatte, und lockerte es mit beiden Händen, bevor sie mit Schmetterlingen im Bauch ihre Wohnung verließ.

      »Ich hoffe, du fühlst dich nicht überfallen«, sagte Sebastian.

      »Nein, gar nicht, ein Abendspaziergang ist eine gute Idee.« Wenn du wüsstest, wie sehr ich mir gewünscht habe, dich wiederzusehen, dachte Anna und betrachtete den gut aussehenden Mann in der dunklen Leinenhose und dem kurzärmligen hellen Hemd, der sein Jackett locker über die Schulter geworfen hatte.

      »Wir könnten zum See gehen«, schlug er vor.

      »Ja, das könnten wir«, sagte sie und sah in seine Augen.

      »Dann

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