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krümmte sich leicht und schien sich gleich wieder übergeben zu müssen. »Nein, das kann ich mir beim besten Willen nicht erklären«, presste er hervor.

      »Brauchen Sie wirklich keinen Arzt?«

      »Nein, ich muss mich aber hinlegen, mir ist schlecht.«

      Siebels legte seine Karte auf den Stuhl. »Rufen Sie mich an, falls Ihnen noch etwas einfällt.«

      Bevor Siebels losfuhr, rief er Till an. »Hast du Eva Schlosser angetroffen?«

      »Ja, ich bin gerade wieder auf dem Weg zurück zum Präsidium.«

      »Ich dachte, wir treffen uns noch bei Nils Brenner, dem Kollegen von Martin Schlosser, der ihn gefunden hat.«

      »Na gut«, seufzte Till. »Wo wohnt der?«

      »In Eschborn.« Siebels gab Till die genaue Adresse durch.

      *

      Eine halbe Stunde später traf Siebels vor dem Haus von Nils Brenner ein, wo Till noch im Auto sitzend auf ihn wartete. Familie Brenner bewohnte ein schmuckes freistehendes Einfamilienhaus. Im Vorgarten waren ein Sandkasten, eine Schaukel und eine Spielhütte aufgebaut.

      »Hier scheint das Familienglück noch in Ordnung zu sein«, bemerkte Siebels.

      »Wäre nicht die erste herausgeputzte Fassade, hinter der es bröckelt«, gab Till launisch zurück und betätigte den Klingelknopf.

      Die Tür wurde von Frau Brenner geöffnet, zwei kleine Kinder tobten um sie herum. »Kommen Sie rein, mein Mann erwartet Sie schon.« Die Kinder wurden zur Ruhe ermahnt und die Polizisten ins Arbeitszimmer begleitet.

      »Ich warte schon den ganzen Tag auf jemanden von der Kripo«, sagte Nils Brenner und deutete seinen Besuchern an, sich auf bereitgestellten Stühlen niederzulassen.

      »Es ging leider nicht früher«, entschuldigte Siebels sich halbherzig.

      »Ist ja auch egal, ich versuche mich halt seit Stunden irgendwie abzulenken, aber das gelingt mir nicht.«

      »Das kann ich verstehen. Wie lange kannten Sie Herrn Schlosser?«

      »Schon lange, wir haben uns während des Studiums kennen gelernt.«

      »Sie waren also nicht nur Kollegen, sondern auch Freunde?«

      »Ja, wir waren gut miteinander befreundet. Früher haben wir auch öfter gemeinsam mit unseren Familien was unternommen. Aber Martins Familie hat sich leider aufgelöst. Er bewohnte das Haus zum Schluss allein.«

      »Erzählen Sie doch bitte mal ganz genau, wie Sie heute Morgen Ihren Freund aufgefunden haben«, bat Siebels.

      Nils Brenner zuckte mit den Schultern. »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich wollte ihn abholen, zusammen wollten wir zu einem Seminar nach Stuttgart fahren. Wir hatten uns für Viertel nach sechs heute Morgen verabredet. Ich war um zehn nach sechs da und habe noch zehn Minuten im Auto auf ihn gewartet. Als er nicht kam, bin ich zum Haus, habe geklingelt und geklopft. Aber es hat sich nichts gerührt. Die Haustür stand einen spaltweit offen. Ich habe sie aufgedrückt und ihn gerufen. Als keine Antwort kam, bin ich reingegangen. Da habe ich ihn liegen sehen. Mit seinem Kopf in einer Blutlache. Ich habe ihn angesprochen, habe ihn leicht gerüttelt und seinen Puls gefühlt. Aber es war offensichtlich, dass er tot war. Also habe ich den Notruf gewählt und die Polizei verständigt.«

      »Sonst ist Ihnen nichts aufgefallen? Jemand, der sich in der Nähe des Hauses aufgehalten hat? Ein geparktes Auto vor dem Haus?«

      »Nein, da war niemand. Auch kein Auto.«

      Till stellte sich vor, wie der Mann seinen langjährigen Freund und Kollegen aufgefunden hatte. Warum hatte er das Foto nicht erwähnt, das auf dem Opfer abgelegt worden war? Till fragte ihn direkt und zeigte ihm seine Kopie des Fotos.

      Nils Brenner nickte bedächtig. »Ja, das hat auf seiner Brust gelegen. Ehrlich gesagt, war ich schon drauf und dran gewesen, es einzustecken und verschwinden zu lassen. Aber ich habe es nicht angerührt.«

      »Kennen Sie die Frau auf dem Foto?«, wollte Siebels wissen.

      »Nein, ich habe sie noch nie gesehen.«

      »Hat Martin Schlosser vielleicht mal eine Bemerkung gemacht, dass er eine Affäre mit einer jüngeren Frau hat? Unter guten Freunden spricht man doch über solche Dinge. Jedenfalls wenn man geschieden ist und sich keine Sorgen mehr um die Treue machen muss.«

      »Nichts dergleichen. Eva hat ihm vorgeworfen, Affären mit jungen Frauen gehabt zu haben. Martin hat sich aber immer nur ganz der Arbeit in der Kanzlei gewidmet. Er war einer von zwei Partnern. Deswegen ging auch seine Ehe in die Brüche. Er war mehr mit der Kanzlei als mit Eva verheiratet und hat sich letzten Endes auch für die Kanzlei entschieden.«

      »Das Foto spricht aber eine andere Sprache«, bemerkte Siebels trocken.

      Nils Brenner druckste ein wenig herum. »Es gab wohl hin und wieder ausgelassene Herrenabende in der Führungsriege um Tobias Lang und seinen Partnern. Da wurden auch mal leichte Mädchen einbestellt. Jedenfalls ging das in der Kanzlei mal durch die Gerüchteküche. Vielleicht stammte das Foto ja von solch einer Gelegenheit.«

      Till dachte wieder an das Gespräch, das er zuvor mit Eva Schlosser geführt hatte. Dass ihr niemand geglaubt hatte, dass an ihren Vorwürfen gegenüber ihrem Mann etwas dran sein könnte, war ihr übel aufgestoßen. Dass sie sich jetzt selbst einen jungen Liebhaber hielt, schätzte Till als Trotzreaktion einer verletzten Frau ein. »Ich würde mich gern kurz mit Ihrer Frau unterhalten«, kam es Till bei seinen Überlegungen spontan in den Sinn.

      Nils Brenner schaute Till überrascht an. Dann sah er auf die Uhr. »Sie wird die Kinder gerade ins Bett bringen. Was wollen Sie denn von ihr?«

      »Ich möchte ihr nur ein paar Fragen stellen. Mein Kollege wird sich in der Zeit mit Ihnen weiter unterhalten.«

      »Wenn es sein muss. Aber stellen Sie Ihre Fragen bitte nicht vor den Kindern.« Nils Brenner machte einen äußerst unglücklichen Eindruck.

      »Keine Sorge«, beruhigte Till ihn und verließ das Arbeitszimmer.

      Die Kinder tobten im oberen Stockwerk noch herum, aber Marlene Brenner setzte sich mit Till ins Wohnzimmer. Mit lauten Rufen ermahnte sie ihren Nachwuchs, sich schon mal die Zähne zu putzen, dann widmete sie ihre ganze Aufmerksamkeit Till.

      »Ihr Mann hat Ihnen ja sicherlich erzählt, was passiert ist?«

      »Ja, natürlich. Ich kann es immer noch nicht fassen.«

      »Haben Sie noch Kontakt zu Eva Schlosser?«

      »Seitdem sie geschieden sind, hatte ich keinen Kontakt mehr zu Eva. Zu Martin auch nicht mehr so oft. Hin und wieder kam er abends mal vorbei und hat mit Nils ein oder zwei Bier getrunken.«

      »Wie war denn Ihr Verhältnis zu Eva Schlosser, als die Ehe der beiden noch intakt war?«

      »Es war okay. Wir waren nicht die besten Freundinnen, kamen aber miteinander aus. Ihr Sohn war ja schon ein Teenager, als ich das erste Mal schwanger wurde. Sie war selbst noch sehr jung, als sie Mutter wurde. Von daher hatten wir also schon verschiedene Sichtweisen auf das Leben.«

      »Welche Sichtweise hatte Eva Schlosser denn?«

      »Sie war mit ihrer Rolle als Mutter und Hausfrau nicht ausgefüllt. Aber sie hatte sich damals darauf eingelassen und dann war der Zug irgendwann abgefahren. Wie das eben so ist. Sie war unzufrieden mit sich und ihrem Leben und gab ihrem Mann die Schuld dafür. Jedenfalls nachdem Christian älter geworden war.«

      »Hatte sie Affären, als sie noch verheiratet war?«

      »Wie kommen Sie darauf?«

      »Nur so ein Gefühl«, sagte Till und es blieb ihm nicht verborgen, dass Marlene Brenner sich bei dieser Frage nicht sehr wohl in ihrer Haut fühlte. »Sie können sich darauf verlassen, dass ich dieses Gespräch vertraulich behandele.«

      »Und wenn es so wäre, was hätte das denn mit

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