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sie es zu tun haben. Man kann sie anfassen und an das Gesicht halten und eine vage, heilige Wärme erahnen. Man kann sie in der Hand zusammenpressen und nichts anderes spüren als Luft, und dann die Hand wieder öffnen und eine graue Wolke aufstieben sehen, so als wäre nichts geschehen.

      Wenn sie die Daunen verkaufen wollen, stopfen sie sie in Leinensäcke und hängen ein Schild an den Zwirn, mit dem sie die Säcke zuknoten. Darauf stehen das Jahr, aus dem die Daunen stammen, der Name der Insel und 1 Kilo. Ein Kilo Daunen ist unheimlich groß und ungeheuer leicht. So ist der hohe Preis, den sie erzielen, im Grunde lächerlich gering. Und deshalb behalten sie viel davon selbst. Das ist Hans’ Idee.

      Sie behalten sie in ihren eigenen Betten, wie feine Leute in der Stadt, oder lagern sie auf dem trockensten Heuboden über dem Viehstall, bis die Preise besser werden und die Daunen für das Doppelte davon verkauft werden können, was sie sonst im Sommer auf dem Markt oder von Tommesen bei der Handelsstation bekommen, da nun einmal die Daunenpreise am niedrigsten sind, wenn die Leute verkaufen wollen, und nur dann am höchsten, wenn Hans es macht. Er ist der Einzige aller Inselbewohner, der Glück hat mit diesem Geschäft. Was vielleicht daran liegt, dass sich die Bewohner von Barrøy ein wenig mehr leisten können, denn Hans gehört ein ganzer Fanganteil des Fischs, der von den Lofoten kommt. Aber womöglich liegt es auch daran, dass sie geduldiger sind.

      Die Inselbewohner müssen geduldiger sein als alle anderen.

      Barbro säubert nicht gern die Daunen, ihre Hände sind zu grob, und so muss Ingrid der Mutter helfen, vom Sommer an, in dem sie vier wird. Ingrid liebt die Daunen, erst will sie nur mit ihnen spielen und bringt auf der kleinen Werkbank alles durcheinander. Doch dann hält sie einen Ball aus gesäuberten Daunen in der einen und einen aus ungesäuberten in der anderen Hand, und kann, wie sie entdeckt, den Gedanken nicht ertragen, den ungesäuberten nicht auch zu säubern, er sieht so schrecklich aus mit all den Ästen und Grashalmen und winzig kleinen Muscheln, dass es unmöglich ist, mit ihnen zu leben, ohne zu sterben.

      Die Mutter bringt es ihr bei, indem sie sie auffordert, mit geschlossenen Augen dazusitzen und diese beiden Daunenhäufchen behutsam zu betasten, einen gesäuberten und einen ungesäuberten, während sie laut zählt und nur bis zehn oder elf kommt, bevor sie am Lächeln ihrer Tochter erkennt, dass sie nun weiß, worum es geht. Da sagt sie, jetzt hast du etwas gelernt, das du nie wieder vergessen wirst.

      Von diesem Augenblick an säubert Ingrid die Daunen viel schneller als Barbro, die somit der Sklaverei entkommt und im Stall oder Bootshaus sitzen und Netze flicken kann wie ein Mann.

      11

      Barbro kann auch Netze knüpfen, sie kann ganz neue Kabeljaunetze und Heringsnetze und Flundernetze fertigen, ja sogar Dreiwandnetze. Damit verbringt sie die meiste Zeit des Winters, wenn Hans bei den Lofoten ist. Das Schöne an neuen Netzen ist, dass sie sauber und trocken sind und nicht stinken, man kann mit Rundholz und Nadel in der Küche sitzen und knüpfen und knüpfen und die murmelnde Wärme des Ofens im Rücken spüren, egal wie kalt es draußen auch ist.

      Martin allerdings mag es nicht, wenn diese Arbeit in der Küche verrichtet wird, Fischernetze sollen draußen bearbeitet werden, im Freien oder im Bootshaus.

      Netze in frostiger Kälte zu säubern oder zu flicken, ist die schlimmste Arbeit, die es gibt. Es ist die Arbeit, die alle Hände hier draußen an der Küste zugrunde gerichtet hat, denn nur sie allein lässt sich nicht mit Fäustlingen ausführen, und so betrachtet es Martin als ein Privileg, neue und trockene Netze zu knüpfen, dazu wird nicht noch ein Ofen voll glühenden Torfs im Innern des Hauses benötigt, das ist nicht nur überflüssig, sondern töricht, und so muss Martin nicht erneut daran erinnert werden, dass seine Tochter nun einmal so ist, wie sie ist.

      Barbro kümmert es nicht, was ihr Vater sagt.

      Auch sonst schert sich niemand darum. Es muss erst vor ein paar Jahren passiert sein, keiner könnte heute noch sagen, was genau es damals war, aber von einem Tag auf den anderen war es nicht mehr Martin, der auf der Insel bestimmte, von da an war es Hans.

      Auch wenn sich niemand mehr erinnert, so weiß es Martin noch genau: Es geschah, als er und sein Sohn sich an der russischen Säule versuchten und keine Lösung fanden. Mit einer Eisenstange wollten sie sie auf eine Tragrolle hieven, doch als er zupackte, wich die Kraft aus seinem Körper, so wie das feuchte Moor der Eisenstange weicht. Ein kurzer Knall in den Gedanken. Er musste sich setzen und um Atem ringen, während sein Sohn das ganze Gewicht auf den Schultern trug.

      Von da an herrschte ein anderer Ton.

      Das merkten auch die anderen.

      Sogar Ingrid hat begonnen, sich Unarten einfallen zu lassen. Zum Beispiel will sie sich nicht mit Verboten abfinden, die der Großvater erlässt, und geht stattdessen zur Mutter, die sie dann oft tun lässt, was Martin ihr verbieten will. Zwar geschieht es auch, dass Maria Partei für den Schwiegervater ergreift, dann aber meist willkürlich, so als wäre es ihr schlichtweg einerlei, ob er da ist und irgendetwas sagt oder entscheidet.

      Martin hat sich damit abgefunden. Aber er ist zornig geworden. Als er jung war, so wie ein Mann es viele Jahre ist, war er niemals zornig, jetzt ist er es die ganze Zeit. Aber auch darum schert sich niemand. In den Frühsommernächten schläft der Kater auf seinem Bauch, da drinnen in der Kammer. Durch die dünnen Wände können sie ihn schnarchen und den Kater schnurren hören. Das ist lächerlich. Wenn die Eiderente unter der Treppe zum Windfang endlich ihre Eier ausgebrütet und die kleinen Küken den langen Weg zum Meer hinunter geleitet hat, wird der Kater wieder ins Freie gelassen und schläft den Rest des Jahres unter dem Ofen in der Küche, sofern er nicht gerade Mäuse und Vogeljunge jagt.

      Bonken, den Kater, ereilte ein tragisches Ende.

      Er wurde vom Adler geholt. Es geschah bei der Heuernte. Sie hörten die Schreie, blickten von Heureutern und Rechen auf und entdeckten ihn, einem zerfließenden Tintenfleck ähnelnd, unter den gewaltigen Schwingen eines Seeadlers. Er zappelte und fauchte und schwang die Krallen, und für einen Augenblick glaubten sie, dass er sich losreißen könne. Es gelang ihm auch. Aber erst als er zu fallen begann, merkten sie, wie hoch es war. Sie sahen ihn die Beine ausstrecken, gleich einer Fledermaus, die sich der Flügel bedient, und lotrecht durch die Unendlichkeit stürzen, bevor er plötzlich und ohne jeden Grund mit den Pfoten zappelte, so als wäre er es leid zu fallen und wollte lieber losrennen, doch stattdessen machte er eine halbe Drehung und krachte mit dem Rücken auf den Felsüberhang beim Lofotschuppen.

      Das war zu hoch, sogar für eine Katze, sagte Hans. Und so wurde auf der Insel eine Redensart daraus, auf die er immer wieder zurückkam, wenn irgendetwas sogar die Kräfte eines Inselbewohners überstieg.

      Ingrid und Barbro begruben den Kater am Rande des Rosengartens und bedeckten das Grab mit einem Herz aus Muscheln. Barbro sang einen Choral. Ingrid weinte. Und ungefähr eine Woche später brachte Hans eine neue Katze mit. Es war ein Weibchen und bekam den Namen Karnot, nach einem Mann, mit dem Hans zur Schule gegangen war und der, wie er meinte, wie eine Katze aussah; sie hatten ihn sogar Katzenmensch genannt, als er noch klein war. Die Katze Karnot war braun und hübsch wie frisch gekochter Süßkäse, graziös und anschmiegsam, und durfte auf dem Küchentisch liegen, wenn die Männer draußen waren. In der Nacht schlief sie am Fußende von Ingrids Bett. Sie nannten sie eine Tageskatze, weil sie genauso lange und zur selben Zeit wie die Menschen schlief. Aber auch Karnot musste drinnen bleiben, wenn im nächsten Frühjahr die Eiderente angewatschelt kam, um ihr Nest unter der Treppe zum Windfang zu richten. Die Eiderente ist ein heiliges Tier.

      12

      Der Winter beginnt mit einem Sturm. Der wird Der Erste Wintersturm genannt. Es hat auch vorher schon Stürme gegeben, zum Beispiel im August und im September, plötzliche und erbarmungslose Umstürze im Dasein.

      Aber die dauern meistens nicht lange, und in einem von ihnen geht das Laub verloren. Es gibt, wie gesagt, nicht viele Bäume auf der Insel, aber es herrscht kein Mangel an Beerensträuchern und Zwergbirken und Weiden, die im Spätsommer gelbe Blätter bekommen, welche dann in wechselndem Tempo braun und rot werden, so dass die Insel für einige Tage im September einem Regenbogen auf Erden ähnelt. Und so sieht sie aus, als ein plötzlicher Sturm über sie hereinbricht

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