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diesen Bereichsordnungen und der zwischen ihnen jeweils herrschenden Gesamtordnung, sowie

      – zwischen der Ebene dieser Gesamtordnung und der Ebene der durch sie jeweils konditionierten Lebenswelt.

      Ausgetragen werden diese Unterschiede durch Kommunikation in der Öffentlichkeit, die jeweils irgendwie medial (durch Medien) strukturiert ist.17

      Im Rahmen dieser universalen Bedingungen erzeugt, erhält und verändert das Kontinuum des Zusammenlebens relativ dauerhafte Ordnungsgestalten des Zusammenlebens – also auch die gegenwärtige Gestalt – als je eine unverwechselbare Variation des Verhältnisses zwischen den benannten invarianten Grundbedingungen des Zusammenlebens.18

      Soweit mein Vorschlag zur Referenz der Rede von »Gesellschaft der Neuzeit«, also jeweils der »Gegenwartsgesellschaft«.

       2. Die Gegenwartsgesellschaft (Gesellschaft der Neuzeit) als »Wissensgesellschaft«

      Sie als »Wissensgesellschaft« anzusprechen – ich komme zu meinem zweiten Vorschlag – kann also nicht meinen, dass erst sie als eine solche existiert. In jedem menschlichen Zusammenleben ist Unterhaltung des Stoffwechsels und Bewahrung vor störender Gewalt nur möglich durch Interaktionskoordination mittels kommunikativ gewonnenen gemeinsamen Wissens.19 So fragt sich zunächst: Was sind die universalen Form- und Inhaltsmerkmale solchen Wissens (2.1)? Und dann: Welche Gestalt haben sie in unserer Gegenwartsgesellschaft angenommen, und zwar auf der Ebene ihrer Gesamtordnung (2.2) und in ihrer Lebenswelt (2.3)?

      2.1 Zunächst zu den universalen Formmerkmalen des für gemeinsames Wollen und Wirken erforderlichen gemeinsamen Wissens. Sie alle ergeben sich aus dem Faktum, dass für Menschen die Gegenwart ihres Zusammenlebens in sich selbst die unabweisbare Zumutung ihrer gemeinsamen Praxis ist, also die Zumutung, mit der jeweiligen Eigenbestimmtheit dieser Zusammenlebensgegenwart angemessen umzugehen durch realisierendes Ausgreifen auf die eigenen Möglichkeiten dieser Gegenwart (ihre noch ausstehenden möglichen Bestimmtheiten), diese also angemessen zu begreifen und sich daraufhin in dieser Gegenwart angemessen (d. h. in zielerreichungsdienlicher Weise) leibhaft-folgenreich zu bewegen. Somit sind die universalen Formmerkmale des dafür erforderlichen Wissens die folgenden fünf:

      a) Die unauflösliche Wechselbezogenheit des Wissens vom Einzelnen und vom Allgemeinen.Wissen ist stets zugleich beides: einerseits Wissen um einzelne Lagen und ihr Gewordensein und zugleich andererseits Wissen um die bestimmte Allgemeinheit des Werdens und seiner Bedingungen, in dem alles Einzelne geworden ist und im Werden bleibt und das somit jedem Einzelnen mit seinesgleichen gemeinsam ist.

      Das ist begründet im und entspricht der Form des uns und allen unseresgleichen zu-verstehen vorgegebenen Realen. Das ist nämlich keineswegs nur der Inbegriff von Umweltinstanzen, sondern das diese alle umgreifende Dauern (Währen) der realen Gegenwart-des-Zusammenlebens als einer Konstellation, die geworden ist und im Werden verbleibt, und eben mit dieser Dauer ihres Im-Werdenseins selbst die Bestimmtheit des Werdens manifestiert, aus dem sie ihrerseits stammt und in dem sie verbleibt, also desjenigen Werdens, das über die gewordene Konstellation hinausgreift und insofern das ihr und allen Früheren und Späteren Gemeinsame ist.20

      b) Das zweite Formmerkmal gemeinsamen Wissens ist somit: sein Charakter als zuversichtliches Erwarten. Denn das zu-verstehen gegebene Reale, das Dauern der Gegenwart menschlichen Zusammenlebens, gibt in sich selbst zu-verstehen, dass die bestimmte Weise des Werdens, die das Gewordene hervorgebracht hat, über diesen seinen Effekt hinausreicht, womit auf uns zukommende Veränderungen des Gewordenen angezeigt, und d. h. objektiv verheißen werden. Das angemessene Erfassen dieser objektiven (zu-verstehen vorgegebenen) Verheißung aber kann nur deren Umsetzung in eine angemessene subjektive Erwartung sein, deren Angemessenheit nie vorweg garantiert ist und sich erst in ihrer Bewährung manifestiert, damit dann aber auch die Erwartung der Zuverlässigkeit dieses Erwartens schafft. Alles Wissen ist also formal: Erwarten der Zuverlässigkeit von Erwartungen aufgrund der erinnerten Zuverlässigkeit dieser Erwartungen, also »praktisch gewisses« Erwarten.21 Aufgrund dieser seiner auf Zukunft, auf das reale Ausstehen von real Möglichem, ausgreifenden Erwartungsform bleibt unser Wissen stets im Fluss; und nur aufgrund dieser Form besitzt es orientierende Kraft für unser gemeinsames Wollen und Wirken, also für unser gemeinsames Wählen von Zielen und Wegen als Ausgreifen auf die je spezifischen ausstehenden Möglichkeiten, also die Zukunft, unserer Zusammenlebensgegenwart.

      Wenn ich von »Gewissheit« spreche ist stets diese praktische Gewissheit gemeint und nichts sonst.22

      Freilich: Gemeinsame praktische Gewissheit herrscht nur, soweit alle relevanten Interaktionspartner der Verlässlichkeit bestimmter Erwartungen inne sind (sie selbst erlebt haben und erinnern).

      d) Dazu kommt es nur – viertes Formmerkmal – durch Kommunikation – durch Kommunikation von Erwartungen (schon bewährter Erwartungen und noch zu bewährender).23

      e) Fünftes, oft übersehenes, Formmerkmal: Diese reproduktive und produktive Kommunikation von geteilter praktischer Gewissheit vollzieht sich regelmäßig auf zwei, in asymmetrischer Wechselwirkung stehenden Ebenen: grundlegend im Alltag der Lebenswelt und dann auf dem Boden von deren Ergebnissen auch in bereichsspezifisch-elaborierten Gestalten. Heute ist – insbesondere im Kreis der akademisch ausgebildeten Elite – die Ansicht verbreitet, dass »Bildung« durch die Kommunikation der elaborierten Gestalten von praktischer Gewissheit, also »durch Wissenschaft« erfolge.24 Auf welches Lebensphänomen verweist hier die Rede von »Bildung«? Bestenfalls auf den Gesamtbestand an handlungsleitenden (praktischen) Gewissheiten, die einem Menschen im Laufe seiner Bildungsgeschichte zuteil geworden sind und ihn fähig machen zu eigenverantwortlicher Teilnahme am Zusammenwollen und Zusammenwirken unter und mit anderen in seiner jeweiligen Lebens- und Handlungsgegenwart.25 Dann aber kann und darf die Rede von »Bildung durch Wissenschaft« keineswegs so verstanden werden, als würde Menschen überhaupt erst durch Wissenschaft (im Sinne einer bereichsspezifisch-elaborierten Kommunikation von handlungsleitender Erwartungsgewissheit) diejenige Bildung zuteil, die seine Interaktionsfähigkeit begründet. Vielmehr wird jedem Menschen dieser Bestand an interaktionsermöglichendem Erwarten der Zuverlässigkeit von Erwartungen im Laufe seiner Sozialisation durch die Teilnahme am Alltag seiner Lebenswelt zugespielt. Erst diese vorwissenschaftlich konstituierte handlungsleitende Selbst-, Lebens- und Weltgewissheit ist es, die ihrerseits die Bemühungen um bereichsspezifisch-elaborierte, also wissenschaftliche Präzisierung und Erweiterung solcher vorwissenschaftlich-lebensweltlich konstituierten Erwartungsgewissheit zu motivieren und zu orientieren vermag. Alle bereichsspezifischelaborierte, also »wissenschaftliche« Gewissheitserweiterungsbemühung verbleibt ihrerseits auf dem Boden dieses Motiviert- und Orientiertseins durch vorwissenschaftlich konstituierte praktische Selbst-, Lebens- und Weltgewissheit, von dem sie sich nie zu emanzipieren vermag. Menschen werden nicht erst durch Wissenschaft mit sich selbst und ihrer Welt vertraut, sondern betreiben Wissenschaft nur als solche, die immer schon durch ihr Sich-selbst-als-Teilnehmer-von-Alltagsinteraktion-Erleben mit sich selbst und ihrer Welt bekannt sind.26 Das allerdings schließt nicht aus, dass die Ergebnisse von »Wissenschaft« dann ihrerseits den lebensweltlichen Alltag so prägen, dass das auf den Inhalt der vorwissenschaftlichen Selbst- und Weltgewissheit der Menschen zurückwirkt – im Extremfall bis dahin, dass der lebensweltliche Alltag seinen Teilnehmern schon die Wahrnehmung der durchgehenden Abhängigkeit des gesamten Betriebs von Wissenschaft von vorwissenschaftlichen handlungsleitenden Erwartungen verstellt und statt dessen den – nota bene: selbst vorwissenschaftlichen – Eindruck erweckt, erst durch Wissenschaft (nämlich Physik und Biologie) mit Welt, Leben und Menschsein bekannt geworden zu sein.27

      Wissen, das gemeinsames Handeln leitet, hat also stets und überall die formale Gestalt von geteilter praktischer Gewissheit, die in den dafür erforderlichen Institutionen ihrer alltagsweltlichen und bereichsspezifisch-elaborierten Kommunikation zustandekommt, erhalten und fortgeschrieben wird.

      Nun seine universalen

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