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Schriftstellern ist u.a. Andrievs NiedraNiedra, Andrievs (1871–1942) zu nennen. Ferner sei auch auf Rūdolfs BlaumanisBlaumanis, Rūdolfs (1863–1908), einen der bekanntesten lettischenLettland/Latvialettisch Schriftsteller, hingewiesen. Nach dem Abschluss der deutschenDeutschlanddeutsch Handelsschule in Riga schrieb Blaumanis seine ersten Publikationen auf DeutschDeutschlandDeutsch. Seine Novellen und Kurzgeschichten verfasste er auf LettischLettland/LatviaLettisch/Latvian. Viele von ihnen, wie z.B. das Drama „Die Indrans“ (1904) übersetzte er dann ins DeutscheDeutschlandDeutsch (Kalnačs/Füllmann 2017). Später wurde er Mitglied der sozialdemokratischen Bewegung die „Neue StrömungNeue Strömung“. Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts lässt sich eine immer größere lettischeLettland/Latvialettisch Bildungsschicht für Ideen des Sozialismus begeistern. Unter ihnen war auch das bekannteste literarische Paar LettlandsLettland/Latvia Aspazija (1865–1943) und RainisRainis (1865–1929). Ihre ersten Gedichte schrieb Aspazija auf DeutschDeutschlandDeutsch, wechselte aber bald zum LettischenLettland/LatviaLettisch/Latvian. Zusammen mit Rainis, dem wichtigsten Dichter LettlandsLettland/Latvia, übersetzte sie Goethes FaustFaust/Faustus ins LettischeLettland/LatviaLettisch/Latvian. Für seine sozialistische WeltanschauungWeltanschauung wurde Rainis 1897 nach Pskow und Slobodskoi verbannt. In den fünf Jahren seiner Verbannung schrieb er nicht nur Gedichte in lettischerLettland/Latvialettisch Sprache, sondern übersetzte SchillerSchiller, Friedrich, HeineHeine, Heinrich, ShakespeareShakespeare, William und PuschkinPuschkin, Alexander ins LettischeLettland/LatviaLettisch/Latvian. Der Einfluss der deutschenDeutschlanddeutsch Sprache und Literatur auf die lettischeLettland/Latvialettisch Literatur ist noch Anfang des 20. Jahrhunderts nicht abgeebbt.

      Der Geschichte der literarischen MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit in LettlandLettland/Latvia widmet sich Alexander ZapolZapol, Alexander in der Einleitung zu der von ihm 2011 herausgegebenen Anthologie (Zapol 2011), die einen langen Abschnitt der lettischenLettland/Latvialettisch Lyrik von 1680 bis 2010 anhand der Texte von 40 Autorinnen und Autoren vorstellt. Zapol hebt u.a. hervor, dass Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts viele lettischeLettland/Latvialettisch Autorinnen und Autoren sich an Vorbildern der russischenRusslandrussisch, deutschenDeutschlanddeutsch, französischen und skandinavischenskandinavisch Literaturen orientierten, aus diesen Sprachen übersetzten und auch selbst ihre Texte auf DeutschDeutschlandDeutsch oder RussischRusslandRussisch/Russian schrieben. Dies hing sowohl mit den historischenhistorisch Rahmenbedingungen zusammen (Schulunterricht fand in deutscherDeutschlanddeutsch, später in russischerRusslandrussisch Sprache statt), als auch mit der Orientierung an neuen literarischen Tendenzen und Prozessen, die in diesen Literaturen entstanden. Es war kein Widerspruch, ein lettischerLettland/Latvialettisch Autor zu sein und in russischerRusslandrussisch oder deutscherDeutschlanddeutsch Sprache zu schreiben. Die in russischerRusslandrussisch Sprache verfassten Gedichte von Aleksandr ČakČak, Aleksandr entstanden beispielsweise nach seinem Treffen mit Wladimir MajakowskiMajakowski, Wladimir und ahmen den Stil des russischenRusslandrussisch Futurismus nach. Gleichzeitig knüpfen seine auf LettischLettland/LatviaLettisch/Latvian geschriebenen Gedichte an die Tradition der europäischenEuropaeuropäisch Großstadtlyrik an.

      Mit dem Ausbruch des Zweiten WeltkriegsWeltkriegZweiter Weltkrieg wurde die Bevölkerungsstruktur LettlandsLettland/Latvia grundlegend verändert: Anfang Oktober 1939 wurde LettlandLettland/Latvia gezwungen, die Stationierung von 25 000 sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Soldaten auf lettischem Gebiet zuzulassen. Kurz darauf ließ HitlerHitler, Adolf 50 000 DeutschbaltenDeutschbalten umsiedeln (vgl. Garleff 2002). Am 17. Juni 1940 rollten sowjetischeSowjetunionsowjetisch Panzer durch die Straßen Rigas, und ca. 100 000 Rotarmisten befanden sich auf lettischem Territorium. Zwischen 1940 und 1990 stieg der Anteil der Russen in der ethnischenEthnieethnisch Zusammensetzung der lettischenLettland/Latvialettisch Bevölkerung auf 34 %. Während der sowjetischenSowjetunionsowjetisch/Soviet Herrschaft „sank der Anteil ethnischer Lett/-innen an der lettischenLettland/Latvialettisch Bevölkerung bis 1989 auf 52 Prozent.“ ( Mierina 2020) Das in der SowjetzeitSowjetunionSowjetzeit russifizierte LettlandLettland/Latvia zeigt sich nach der Wende weniger bemüht um die Bekämpfung der russischenRusslandrussisch Sprache als dies z.B. in LitauenLitauen der Fall ist.

      Anders als in LitauenLitauen schreiben in LettlandLettland/Latvia sehr viele Autoren auf RussischRusslandRussisch/Russian, allerdings sind dies hauptsächlich ethnische Russen. Ausschlaggebend für ihre Tätigkeit ist die 1999 gegründete Textgruppe „OrbitaOrbita“. Ihre Arbeiten zeichnen sich durch das Experimentieren mit anderen MedienMedien aus (Photographie, Musik, Film, Graphik, Malerei). Von den zahlreichen Aktivitäten der Vereinigung wird die Herausgabe zweisprachigerZweisprachigkeitzweisprachig Lyrikbände besonders betont: „Orbita has […] produced a number of bilingualbilingual (RussianRusslandRussisch/Russian-LatvianLettland/LatviaLettisch/Latvian) poetry collections and publications; issued an anthology of contemporary RussianRusslandRussisch/Russian poetry in LatviaLettland/Latvia – a unique study of this phenomenon“.1 Die Mitglieder der Gruppe2 (Sergej TimofejewTimofejew, Sergej,3 Artur PuntePunte, Artur, Alexander ZapolZapol, Alexander, Semjon Chanin Chanin, Semjon, Zhorzh Uallik Uallik, Zhorzh u.a.) zeigen sich weltoffen und nehmen an Literatur-Events im In- und Ausland teil. Auch wenn RussischRusslandRussisch/Russian die Sprache ihres kreativen Schaffens ist, spielen LettischLettland/LatviaLettisch/Latvian und EnglischEnglisch/English eine wichtige Rolle in ihrem Schaffensprozess.

      Die zweisprachigenZweisprachigkeitzweisprachig Gedichtausgaben, die „OrbitaOrbita“ initiiert, stellen das russischeRusslandrussisch Original und die lettischeLettland/Latvialettisch ÜbersetzungÜbersetzung/translation nicht einfach nebeneinander, sondern inszenieren beide Sprachen, indem sie ihren KlangKlang häufig ins Zentrum rücken. Beispiele dafür sind nicht nur zweisprachigeZweisprachigkeitzweisprachig Lesungen, PerformancesPerformanz/performance und multimediale Projekte, die häufig mit Sound experimentieren, sondern auch die Gestaltung von Buchcover, wie etwa des Gedichtbandes Stereo (2012) von Sergej TimofejewTimofejew, Sergej und die Fokussierung auf den Klang der beiden Sprachen, wie bereits im Titel der Gedichtbände Трансферы/Transfēri (2013) und Алчность/Alkatība (2019) von Jelena GlazovaGlazova, Jelena.4 Auch wenn es überzogen wäre anzunehmen, dass die auf RussischRusslandRussisch/Russian schreibenden Autoren LettlandsLettland/Latvia den performativenPerformanz/performanceperformativ Soundformaten dank ihrer textexternen ZweisprachigkeitZweisprachigkeit zu einem so hohen Stellenwert verholfen haben, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass das Moment der akustischen Gegenüberstellung bzw. des Zusammenspiels zwischen dem russischenRusslandrussisch Original und der lettischenLettland/Latvialettisch ÜbersetzungÜbersetzung/translation beabsichtigt ist.

      Der Band Вижу слышу молчу/Redsu dzirdu kluseju (2013) von einem 1975 geborenen Autor, der unter dem Pseudonym Zhorzh Uallik Uallik, Zhorzh schreibt, präsentiert Texte, die nach akustischem bzw. phonetischem Prinzip konzipiert sind. Ihnen liegen Alliterationen, akustische Assoziationen, phonetische Verwandtschaft, Echo-Effekte sowie Spiegelungen und Doppelungen zugrunde.5 Stellenweise entfalten die Gedichte dieses Bandes eine psychodelische Wirkung, die durch die Überreizung der auditivenauditiv Wahrnehmung erzielt wird. Der Band ist als Doppelband erschienen und bringt die Übertragung dieser Gedichte ins LettischeLettland/LatviaLettisch/Latvian. Die beiden Bände lesen sich je von einer Seite, wobei sie mit dem gemeinsamen Rückcover verbunden sind. Diese aufwendige innovative Gestaltung des Buches deutet auf die herausragende Bedeutung der Sprachen und ihr Zusammenspiel sowohl bei der Entstehung der Gedichte als auch bei ihrer Übertragung ins LettischeLettland/LatviaLettisch/Latvian hin.

      Die enge Zusammenarbeit zwischen den auf RussischRusslandRussisch/Russian schreibenden Autorinnen und Autoren und Übersetzerinnen und Übersetzern ins LettischeLettland/LatviaLettisch/Latvian, die ihrerseits selbst Dichter sind, die auf LettischLettland/LatviaLettisch/Latvian schreiben, generiert nicht nur Synergien und Kreativität, sondern auch Experimentierfreude. Artur PuntePunte, Artur, einer der Redakteure der zweisprachigenZweisprachigkeitzweisprachig Ausgaben, brachte 2014 seinen Gedichtband Поэтические посвящения/Poētiskie veltījumi heraus, in dem zwischen russischenRusslandrussisch Originalen und ihren ÜbersetzungenÜbersetzung/translation ins LettischeLettland/LatviaLettisch/Latvian auch Gedichte stehen, die Punte auf LettischLettland/LatviaLettisch/Latvian verfasste. Auch wenn dies noch lange nicht bedeutet, dass Punte in der zweiten Sprache seines kreativen Schaffens den gleichen literarischen Rang hat, zeigt sich jedoch,

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