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Frost & Payne - Die mechanischen Kinder Die komplette erste Staffel. Luzia Pfyl
Читать онлайн.Название Frost & Payne - Die mechanischen Kinder Die komplette erste Staffel
Год выпуска 0
isbn 9783958344112
Автор произведения Luzia Pfyl
Жанр Языкознание
Серия Frost & Payne - Die gesamte Staffel
Издательство Bookwire
Frost brummte etwas und drehte sich zu Payne um. »Ich hoffe, Sie schnarchen nicht.«
Er schmunzelte. »Wie eine Bestie im Urwald.«
»Aber Madam, er ist Amerikaner«, raunte der alte Mann derart entsetzt, als hätte Payne gerade die Königin aufs Übelste beleidigt. Payne hätte beinahe laut aufgelacht. Es überraschte ihn doch immer wieder, wie viele Engländer glaubten, Amerikaner seien ungehobelte Wilde, die gerne mit Pistolen um sich schossen. »Bitte, lassen Sie mich nach einer Möglichkeit suchen. Vielleicht ist einer der Diener heute Nacht nicht da. Ihr Begleiter könnte sein Bett haben.«
»Lassen Sie mal«, erwiderte Frost rasch. »Er weiß sich zu benehmen.« Payne konnte das versteckte Grinsen in ihrer Stimme nur zu deutlich hören. »Wir nehmen das Zimmer. Unter der Bedingung, dass Sie uns morgen früh das beste Frühstück, das Sie sich ausmalen können, aufs Zimmer bringen. Kostenlos. Und dazu einen Stadtplan. Außerdem möchten wir eine Flasche Ihres besten Whiskys, die wir jetzt gleich mitnehmen werden.«
Der alte Mann schaute Frost entgeistert an, beeilte sich dann jedoch, ihr nickend den Schlüssel zu überreichen und ihr zu versichern, wie leid ihm die Sache täte. Schließlich verschwand er um die Ecke, um gleich darauf mit einer noch ungeöffneten Flasche Lagavulin zurückzukommen.
»Ich bin etwas enttäuscht, Frost«, meinte Payne, als sie dem Pagen auf das Zimmer folgten. »Ich hatte fest damit gerechnet, dass Sie den Alten noch mehr ausnehmen.«
»Ich bin ja auch noch nicht fertig«, erwiderte sie gelassen. Der Page öffnete das Zimmer und stellte ihr Gepäck neben die beiden Betten. »Morgen früh werde ich mich über Ihr Schnarchen beschweren.«
Payne stellte den Whisky auf die Kommode zwischen den Betten und setzte sich auf jenes, das näher an der Tür war. Die Matratze war hart, die Bezüge sahen sauber aus und rochen nach Kernseife. Doch das Zimmer war klein. Nebst den beiden Betten und der Kommode gab es einen runden Tisch mit drei Stühlen, ein schmales Bücherregal, in dem die üblichen Verdächtigen standen (Dickens, Austen, Stoker), und zwei Ohrensessel vor einem Kamin, der die Bezeichnung kaum verdient hatte.
Frost und er würden sich hier gegenseitig auf die Füße treten, so viel stand fest. Er wusste zwar, dass Frost eine eher unkonventionelle Frau war, die sich nicht genierte, sich vor ihm umzuziehen (auch wenn sie ihn scharf gebeten hatte, sich umzudrehen), dennoch machte ihn diese Enge etwas nervös. Frost war eine gut aussehende Frau, clever und nicht auf den Mund gefallen. Sie faszinierte ihn.
Dieses Hotelzimmer war gefährlich. Cecilia hatte ihn schon lange nicht mehr zu sich ins Bett gebeten, und er hatte aus Respekt ihr gegenüber die Finger von anderen Frauen gelassen. Aber das hier …
»Sie sind so still, Payne. Alles in Ordnung?« Frost hatte kurz aufgehört, den Inhalt ihres Koffers in die Kommode zu stopfen. Sie schaute fragend zu ihm herab.
»Ich bin nur müde, das ist alles.«
»Ja, war ein langer Tag. Genehmigen wir uns noch einen Schlummertrunk?« Sie griff nach der Whiskyflasche und schwenkte sie einladend.
Doch Payne schüttelte den Kopf. »Ich geh kurz an die frische Luft, damit Sie sich ungestört … bettfertig machen können.« Auch wenn Frost sich umziehen würde, wenn er anwesend war, auch wenn sie sich im Badezimmer umzog, er wollte ihr lieber Privatsphäre geben und draußen warten. Die Situation mit dem Zweibettzimmer war schon peinlich genug. Außerdem war ihre Beziehung rein geschäftlich und musste so bleiben.
Frost schaute ihm konsterniert hinterher, als er sich den Mantel überwarf und aus dem Zimmer ging. Im Flur atmete er kurz auf. Verdammt noch mal, er war verheiratet, und zwar mit einer wunderbaren Frau. Hoffentlich konnten sie diesen Auftrag schnell beenden und zurück nach London reisen, wo er und Frost ihre eigenen Wohnungen hatten.
Draußen vor dem Hotel schlug er den Kragen seines Mantels hoch, es war eisig kalt. Hier oben hatte der Frühling noch nicht ganz Einzug gehalten. Im Windschatten der Eingangstür rollte Payne eine Zigarette. Das Feuerzeug flammte kurz auf.
Durch den Rauch hindurch fiel ihm ein Mann auf, der sich in den Schatten gegenüber dem Hotel aufhielt. Er trug einen langen Mantel und hatte den Hut tief in die Stirn gezogen, sein Gesicht war nicht zu erkennen. Die nahe Straßenlaterne beleuchtete nur die Saumzipfel des Wollmantels und die Spitzen seiner Stiefel.
Paynes Instinkte meldeten sich. Das Prickeln seiner Kopfhaut sagte ihm, dass der Fremde ihn beobachtete. Aber warum? Und wer war der Mann? Waren sie etwa aus London bis hierher verfolgt worden? Von wem?
Konnte es sein, dass sein Verfolger, wer auch immer nach seinem Leben trachtete, dieser Mann war?
Das waren für Paynes Geschmack zu viele Unbekannte, zu viele offene Fragen. Ungünstig nur, dass er seinen Revolver oben im Hotelzimmer hatte liegen lassen. Natürlich hatte er nicht damit gerechnet, für eine schnelle Zigarette unten auf der Straße eine Waffe zu brauchen. Dann musste er eben von seinen Fäusten Gebrauch machen, sollte die Situation es erfordern.
Gelassen schlenderte er auf die andere Straßenseite, schnippte Asche auf das Kopfsteinpflaster und blieb unter dem Schein der Laterne stehen. Der Mann hatte ihn sowieso schon längst gesehen, warum also nicht gleich voll ausleuchten?
Payne wollte etwas sagen, doch da rührte sich der Fremde, und er erhaschte einen flüchtigen Blick auf dessen Gesicht. Jetzt war ihm alles klar.
»Ich wusste gar nicht, dass Sie sich für Wikinger interessieren, Inspektor.«
Der Mann im Schatten sah aus, als wollte er erst nicht antworten, schien dann jedoch einzusehen, dass das dämlich war. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich Sie und Miss Frost nicht aus den Augen lasse, Mr. Payne. Verraten Sie mir, was Sie hier in York machen?«
»Wir wollen uns das Wikingerfest ansehen«, erwiderte Payne. »Ich interessiere mich brennend für Englands Geschichte.« Er konnte den Sarkasmus kaum verbergen. Dieser verdammte Inspektor. Seit dem Attentat auf den Duke und dem Bombenanschlag in Greenwich hatte er sie auf dem Radar und wollte unbedingt beweisen, dass sie eines Verbrechens schuldig waren. Payne konnte es ihm nicht verübeln, schließlich hatten Frost und er im letzten Monat ziemlichen Aufruhr veranstaltet, auch wenn sie dabei nicht die Hauptverursacher gewesen waren.
»Sparen Sie sich die Sprüche, Payne. Ich werde schon noch herausfinden, was hier vor sich geht.« Inspektor Flannagan trat ins Licht der Straßenlaterne. Unter dem Hut schaute sein grau meliertes Haar hervor, und die Pockennarben auf seinen Wangen standen in starkem Kontrast zum Rest seiner Haut.
Paynes Kiefer mahlten. Die Beharrlichkeit des Inspektors könnte sich noch zu einem Problem entwickeln. Er war sich nur zu bewusst, dass Frosts Methoden sich nicht ganz im legalen Rahmen bewegten. Wenn der Inspektor sie auf frischer Tat ertappte, konnten sie sich schlecht herausreden.
Payne gähnte übertrieben und reckte die Arme. »Also, heute Nacht werden wir bestimmt nichts mehr anstellen, versprochen.«
Inspektor Flannagans Blick ging hinauf zu einem der hell erleuchteten Fenster des Hotels. »Weiß Ihre Frau, dass Sie sich mit Miss Frost ein Zimmer teilen, Mr. Payne?«
Payne folgte seinem Blick. In einem der Fenster sah er die dunklen, langen Haare Frosts, die offen über ihren nackten Rücken fielen. Sie streifte sich eben ein Nachthemd über.
Payne ballte die Fäuste. »Lassen Sie meine Frau aus dem Spiel, Flannagan.« Er war sich bewusst, dass der Inspektor ihn provozieren wollte, doch er fühlte sich ob seiner eigenen Gedanken ertappt. »Denken Sie, was Sie wollen.«
»Oh, das werde ich.«
Die beiden Männer starrten sich an. Payne nahm einen letzten Zug und drückte die Zigarette mit seinem Stiefel aus. »Gehen Sie schlafen, Inspektor. Vor morgen früh werden auch wir nichts anderes tun, verspochen.«
Mit zwei Fingern tippte er sich grüßend an den