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Also, wie gehen wir vor?«

      Langsam stieß Payne die Luft zwischen den Zähnen aus und schaute zurück. Durch die kahlen Baumwipfel konnte man das Observatorium ausmachen. »Wir wissen, dass es sich um zwei Geiselnehmer handelt, und wir gehen davon aus, dass sie bewaffnet sind. Cecilia befindet sich in ihrer Gewalt, hoffentlich unverletzt. Was wir nicht wissen, ist: warum. Warum sind sie nicht geflohen, nachdem sie die Bombe gelegt haben? Hat Cecilia sie überrascht oder beobachtet? Oder wollen sie das Institut zusätzlich noch erpressen?«

      »Zu viele offene Fragen für meinen Geschmack«, meinte Frost. »Ich wette, in den Drohbriefen steht mindestens ein Teil der Antworten. Aber dafür haben wir keine Zeit.«

      Payne nickte. »Die Polizei wird vermutlich mit den Geiselnehmern verhandeln wollen. Das kann sich über Stunden hinziehen. Doch je länger es dauert, desto mehr schwebt Cecilia in Gefahr.«

      Ein diebisches Lächeln schlich sich in Frosts Gesicht. Er kannte dieses Lächeln bereits, und er wusste, was es bedeutete. Frost hatte etwas Waghalsiges und ziemlich Dummes vor.

      »Oh nein!«

      »Oh doch, Mr. Payne. Sie haben noch Ihre Waffe dabei, nicht?« Frost zog ihren eigenen Revolver aus dem Mantel und präsentierte ihn regelrecht. »Das Observatorium hat bestimmt einen Hintereingang.«

      »Sie sind verrückt.«

      »Wollen Sie Ihre Frau zurück oder nicht? Kommen Sie, Payne.«

      Payne ächzte auf und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. So löste man garantiert keine Geiselnahmen. Nicht, wenn es so viele Unbekannte gab. Doch er konnte Frost auch nicht einfach so alleine das Haus stürmen lassen. Das würde garantiert schiefgehen.

      Er beeilte sich, ihr hinterherzurennen. Sie verließen die Straße und liefen zwischen den Bäumen am Hang entlang zum Observatorium. Je näher sie dem Haus kamen, desto vorsichtiger waren sie, wo sie hintraten. Zum Glück umringten dichte, immergrüne Büsche das Gebäude, so dass sie genügend Deckung hatten. Auf der Rückseite des Hauses drückten sie sich an die kalte Mauer, die das Grundstück umgab.

      Sie lauschten. Stille. Die Sirenen der Feuerwehr hatten aufgehört zu heulen, nur das ferne Dröhnen der Zeppeline, die über der Anhöhe kreisten, war zu hören.

      Frost machte ein Zeichen, und sie gingen geduckt an der Mauer entlang, bis sie eine Bresche entdeckten. Das Mauerwerk musste vor langer Zeit schon nachgegeben haben. Der schmale Durchgang, der sich gebildet hatte, war überwuchert mit Rankenpflanzen und niedrigen Büschen. Payne zwängte sich als Erstes hindurch und zog Frost an der Hand hinüber.

      Die Hintertür befand sich in einem der beiden Seitenflügel. Payne rüttelte am Knauf, doch sie war abgeschlossen.

      »Lassen Sie mich es versuchen«, sagte Frost und hatte bereits ihren rechten Handschuh ausgezogen.

      »Eines Tages müssen Sie mir verraten, wie genau Sie das machen.«

      »Ich habe Ihnen doch gesagt, ich habe ein mechanisches Herz.«

      Ein kalter Schauer fuhr Paynes Rücken hinab, als er Frost zusah. Sie kniete sich vor das Schloss, legte ihre Hand darauf, und gleich darauf hörte er das leise Klicken des einrastenden Mechanismus. Der Gedanke an ihr mechanisches Herz beklemmte ihn. Das Bild ihres vernarbten Rückens, der Metallplatte mit dem Schlüsselloch, hatte sich in sein Hirn gebrannt. Wer hatte ihr das angetan? Und wie, zum Teufel, hatte sie überlebt?

      »Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass ich selber gerne wüsste, wie und warum ich jedes Schloss öffnen kann?« Frost zog den Handschuh wieder an und öffnete so vorsichtig wie möglich die Tür.

      Payne zückte seinen Revolver, zog den Kolben nach hinten und atmete tief durch. Die Gedanken an Frosts mechanisches Herz schob er beiseite. Hier ging es um Cecilia.

      Frost sah ihn mit einer unausgesprochenen Frage in den Augen an. Bereit?

      Staubpartikel tanzten in den Lichtstrahlen, die durch die halb geschlossenen Jalousien in die leeren Unterrichtsräume und Büros fielen. Frost ging hinter Payne den halbdunklen Flur hinab. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, ihre Handflächen in den Handschuhen waren schweißnass. Eine Stimme in ihrem Kopf wiederholte zum vielleicht hundertsten Mal, was für eine dumme Idee das war. Sie hätten auf Inspektor Flannagan hören sollen. Doch sie konnten nun nicht mehr zurück, und weil es ihre eigene dumme Idee gewesen war, konnte sie schlecht einen Rückzieher machen.

      Ein paar Meter vor ihnen polterte es. Payne hob die Hand, damit Frost stehen blieb, und legte den Zeigefinger an die Lippen. Sie nickte. Auf Zehenspitzen schlichen sie langsam voran.

      Jetzt hörten sie jemanden reden. Es klang gehetzt und nervös. »Sei still, verdammt!«, schnarrte eine zweite Stimme. Schritte auf den Holzdielen. »Lass mich nachdenken.«

      »Die werden uns nicht gehen lassen, Joe«, sagte die erste, nervöse Stimme. »Wir hätten die Lady einfach ignorieren sollen.«

      »Die Lady hat unsere Gesichter gesehen, du Dummkopf. Aber ich weiß, wie wir hier rauskommen, keine Sorge. Die werden sich noch wundern.«

      Das war nicht gut. Einer der beiden war ein Nervenbündel, während der andere fatalistisch und zu allem bereit schien. Das war eine explosive Mischung – und vor allem für Cecilia sehr gefährlich.

      Frost suchte Paynes Blick. »Was nun?«, wisperte sie.

      »Wir rufen ganz laut Überraschung.« Ein grimmiges Grinsen erschien in Paynes Gesicht. Anscheinend gehörte auch zum Pinkerton ein wenig leichtsinniger Fatalismus. Das gefiel ihr. Vielleicht war es genau das, was sie gerade brauchten.

      Vorsichtig und so geräuschlos wie möglich schlichen sie den Gang entlang weiter, bis sie das Büro erreichten, in dem sich die Bombenleger verschanzt hatten. Es befand sich an der Vorderfront des Hauses, und die verdeckten Fenster schauten hinaus auf den Platz. Die Tür stand halb offen. Payne reckte den Hals, um einen schnellen Blick hineinzuwerfen.

      »Einmal Fenster, einmal Kamin«, flüsterte er lautlos. Frost verstand und nickte. Einer der Kerle stand beim Fenster, der andere vor dem Kamin.

      Payne zählte stumm mit den Fingern von drei rückwärts, doch als er bei der Eins ankam, dröhnte von draußen die mit einem Megafon verstärkte Stimme von Inspektor Flannagan herein. Payne schloss frustriert die Augen.

      »Das Haus ist umstellt«, rief der Inspektor. »Ihr habt keine Chance zu entkommen. Ich wiederhole noch einmal, das Haus ist umstellt. Lasst die Frau gehen.«

      »Und das nennt er unter Kontrolle haben?«, zischte Payne.

      »Wir tauschen die Frau gegen den Astronomer Royal!«, brüllte der Bombenleger, der das Sagen hatte, durch das hochgeschobene Fenster. Er stand mit dem Rücken zur Wand und linste durch die Sprossen des Rollos vor der Scheibe. Frost konnte für einen Moment sein Profil erkennen. Er war jung, vielleicht Anfang zwanzig, und hatte kinnlange, fettige Haare. In der Hand hielt er eine Pistole.

      »Was wollen wir denn mit Sir Christie?«

      »Sei still, Tanner. Das wird sie eine Weile ablenken. Ich brauche nicht mehr lange.«

      Frost und Payne schauten sich wieder an und kamen wortlos überein, dass sie nicht warten wollten, bis der gute Joe mit dem, was er vorhatte, fertig war. Wieder hob Payne drei Finger und zählte stumm zurück.

      Auf das Kommando hin trat er die Tür ein und stürmte in den Raum. Frost hielt sich dicht hinter ihm und nahm den Bombenleger am Fenster ins Visier ihres Revolvers. Sie hörte die beiden Männer vor Überraschung aufschreien und das Klicken von Kolben, doch sie behielt Bombenleger-Joe fest im Blick.

      »Beweg deinen kleinen Finger, und ich puste dir die Birne weg«, sagte sie nachdrücklich.

      »Wer zum Teufel seid ihr?«, verlangte Joe zu wissen. »Die Copper?«

      »Mr. Payne, gehören wir zur Polizei?«

      »Ich

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