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bei der chinesischen Mafia gute Anwälte?«

      Frost verstand sofort, worauf er hinauswollte, und lächelte. »Die besten der Stadt.«

      »Gut, denn ich befürchte, wir werden sie brauchen.«

      Aus dem heißen Bad und dem Whisky wurde leider nichts. Der Inspektor ließ Payne und sie ganze zwei Tage in einer Zelle schmoren. Cecilia hatte vergebens versucht, Inspektor Flannagan umzustimmen. Erst, als Michael Cho mit einer Schar Anwälte im Yard aufgekreuzt war, hatte man sie gehen lassen. Der Inspektor jedoch hatte spitzgekriegt, dass sie auch beim Attentat auf den Duke eine Rolle gespielt hatten. Obwohl sie versucht hatten, den Anschlag zu verhindern und die gestohlene Waffe wiederzubeschaffen, so wollte er sie nicht so einfach davonkommen lassen.

      »Das wird noch ein Nachspiel haben, das garantiere ich Ihnen, Miss Frost«, drohte er zum wiederholten Mal. »Ich werde Sie und diesen Amerikaner im Auge behalten.«

      »Da tut man einmal etwas für die Gemeinde, und schon hat man die Polizei am Hals«, ächzte Frost frustriert und klatschte die Zeitung vor Payne auf den Couchtisch.

      »Ist er immer noch da draußen?«

      »Unterhält sich prächtig mit Mr. Cole vom Barbier gegenüber. Wahrscheinlich erzählt ihm Cole gerade von dem Mann, den wir vor unserer Haustür erschossen haben.« Seufzend ließ sie sich in den Sessel gegenüber der Couch fallen. Seit drei Wochen lief der Inspektor ihnen hinterher wie ein Hundewelpe.

      »Bestimmt hat er schon herausgefunden, dass wir auch in der Straßenbahn waren, die von einer Kanonenkugel getroffen worden ist«, vermutete Payne mit einem sarkastischen Unterton und griff sich die Times. »Aber ich glaube, erst richtig verdächtig wurden wir, als Ihr Freund von der chinesischen Mafia uns mit seiner Meute von Anwälten aus der Haft befreit hat.«

      Frost bleckte die Zähne zu einem Lächeln. »Nächstes Mal lasse ich Sie weiter schmoren.« Sie langte nach den Sandwiches, die Helen für sie zubereitet hatte, und entschied sich für Gurke und Ei. »Wie geht es Cecilia?«, fragte sie kauend.

      »Sie ist für ein paar Wochen zu ihren Eltern aufs Land gefahren. Sie meinte, sie könne nicht arbeiten, solange die Baumaßnahmen am Planetarium vonstattengehen.«

      Frost hatte gelesen, dass die Universität das zerstörte Planetarium sofort wiederaufbauen ließ. Doch sie konnte Cecilia verstehen. Bei solchem Lärm könnte sie auch nicht arbeiten. Sie bewunderte Paynes Frau, musste sie sich eingestehen. Cecilia war unglaublich gescheit, forschte für die Wissenschaft, behielt selbst während einer Geiselnahme einen kühlen Kopf und hatte obendrein einen gut aussehenden Pinkerton geheiratet.

      »Und warum gingen Sie nicht mit? Etwas Landluft kann nie schaden.«

      Payne seufzte und schaute sie über den Rand der Zeitung hinweg an. »Ihre Mutter ist ein Drachen und denkt, ich sei als Amerikaner aus einfachen Verhältnissen nicht würdig, mit ihrer Tochter verheiratet zu sein. Und ihr Vater hätte mich bei meinem ersten Besuch auf dem Landgut beinahe mit der Schrotflinte erschossen, weil er dachte, ich sei ein Landstreicher.«

      Frost prustete los und verschluckte sich beinahe am Sandwich. Als sie Paynes ernstes Gesicht sah, bekam sie einen regelrechten Lachanfall.

      »Das ist nicht witzig, Frost.«

      »Ich weiß, tut mir leid.« Sie stopfte sich den Rest des Sandwiches in den Mund, um sich das Lachen zu verkneifen. »Schrotflinte, ja?« Payne warf eines der Sofakissen nach ihr, worauf Frost sich ergebend die Hände hob. »Okay, nicht witzig.« Sie kicherte.

      Ein paar Minuten herrschte Schweigen zwischen ihnen. Payne blätterte durch die Zeitung, und Frost versuchte, in einem Buch zu lesen. Ein nagender Gedanke störte jedoch ihre Konzentration. Am Ende legte sie das Buch nieder und schaute zu Payne.

      »Steht etwas drin?«

      Er wusste sofort, was sie meinte. »Nein. Seit drei Wochen hat man keine weitere Leiche mit mechanischen Körperteilen entdeckt.«

      »Aber es waren nur vier bisher. Vor zwanzig Jahren waren es sieben. Wenn der Mörder diesmal bereits nach vier aufhört und für weitere zwanzig Jahre verschwindet, haben wir keine Chance, ihn zu schnappen.«

      »Mir gefällt das auch nicht, aber wir können nichts tun, solange auch Scotland Yard nichts hat.« Payne legte die Zeitung nieder und griff sich ebenfalls ein Sandwich. »Wenn sie eine frische Leiche hätten, könnten wir sie uns heimlich anschauen und vielleicht ein paar Hinweise bekommen.«

      Frost hasste es, zu derartigem Nichtstun gezwungen zu sein. Wenn sie wenigstens ein paar Klienten hätten, könnte sie sich ablenken. Zum Glück hatte sie diesmal genügend Geld, um eine solche Trockenperiode gut zu überstehen. Die Kompensation von Dr. Baxter, beziehungsweise Newman, dem Sicherheitschef von Lord Greyson, war äußerst großzügig ausgefallen. Baxter selbst befand sich immer noch in Rehabilitation. Er hatte das Attentat überlebt, doch sein rechter Arm hatte amputiert werden müssen. Frost mochte sich kaum vorstellen, wie es dem Tüftler dabei ging.

      Helen kam die Treppe herauf und erlöste sie von den drückenden Gedanken. »Miss, Sie haben Besuch. Ein Dr. Neville vom Britischen Museum.«

      Frost sprang auf, worauf Payne erschrocken zusammenzuckte. »Bloody hell.«

      »Kommen Sie, Payne, Sie müssen Jonah kennenlernen.« Sie ging beschwingt an Helen vorbei und eilte die Treppe hinunter in den unteren Teil der Wohnung, der auch ihr Büro und die Küche enthielt. Eigentlich war dies früher eine Schneiderei mitsamt Laden gewesen, doch das einzige, was noch davon zeugte, war die große Fensterfront im Büro.

      Jonah Neville, Bibliothekar und Restaurator der King’s Library im Britischen Museum, saß im Sessel vor Frosts Schreibtisch und rückte immer wieder nervös seine Brille zurecht. In seinem Schoss lag ein Paket, das er fest umklammert hielt.

      »Jonah!«, rief Frost, und Neville machte einen Satz. Die Brille rutschte ihm auf die Nasenspitze, rasch rückte er sie wieder an die richtige Stelle. »Was für eine Überraschung, Sie hier zu sehen. Payne, dies ist Jonah Neville, ein guter Freund von mir.« Sie drehte sich zum Pinkerton um, der hinter ihr im Türrahmen lehnte. »Jonah, dies ist mein neuer Partner, Jackson Payne. Er war Pinkerton in New York.«

      »Sehr erfreut«, murmelte der dickliche Mann und lächelte verlegen.

      »Ebenfalls.«

      Frost setzte sich auf die Tischkante. »Nun, Jonah, wie kann ich Ihnen helfen?« Sie war tatsächlich neugierig. Normalerweise brauchte es zehn Pferde, um Jonah aus der Bibliothek zu bewegen. Er lebte praktisch dort drin. Entweder war es etwas sehr Persönliches oder etwas sehr Wichtiges.

      Neville räusperte sich und schaute auf das Paket in seinem Schoß. »Dieses Buch wurde vor ein paar Tagen in meine Wohnung geliefert«, fing er an. »Ich weiß nicht, wer es mir geschickt hat, denn es stand kein Absender darauf. Das Buch ist alt, 17. Jahrhundert.« Vorsichtig wickelte er es aus dem Packpapier und reichte es Frost, damit sie es sich ansehen konnte.

      Payne kam näher und beugte sich über ihre Schulter. »Was hat es mit diesem Buch auf sich?«, fragte er.

      »Es wurde von einem gewissen Richard Burlington geschrieben.«

      »Sollten wir wissen, wer das ist?«, fragte Frost, während sie Seiten umblätterte. Das dicke Papier war eng mit einer schnörkeligen Handschrift beschrieben, dazwischen fanden sich Zeichnungen von Pflanzen und merkwürdige mathematische Formeln.

      Neville räusperte sich. »Richard Burlington war Apotheker. Aber er war auch einer der berühmtesten Alchemisten, die England je gesehen hat. Manche Wissenschaftler gehen sogar so weit zu behaupten, dass wir ohne ihn den Aether niemals entdeckt und nutzbar gemacht hätten. Allerdings ist nur ein winziges Bruchstück seines Werkes erhalten geblieben. Dieses Buch war mir bisher völlig unbekannt.« Seine Stimme überschlug sich beinahe vor Aufregung.

      Frost lächelte und reichte das Buch an Payne weiter, damit auch er es sich genauer anschauen konnte. Sie wusste,

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