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der Zieltafeln aufgereiht.

      Das leise Zischen, das dem Abstoß des Pfeils folgte, und das sanfte »Plopp«, sobald er in das Holz der Zieltafel eindrang, versetzte Danny in die Zeit zurück, als er selbst noch mehrmals in der Woche zum Bogenschützentraining in eine Halle ging.

      »Unser Sport ist recht traditionell, viel hat sich sicher nicht verändert, seitdem Sie ihn betrieben haben«, sagte Korbinian, der ihn am Eingang der Halle erwartete.

      »Es sieht noch alles vertraut aus«, gab Danny ihm recht.

      »Kommen Sie, ich stelle Sie unserem Vorstandsvorsitzenden vor«, sagte Korbinian und führte Danny in das Büro gleich neben dem Eingang.

      Dort wurden sie von Reinhold Eberholz, dem Vereinsvorsitzenden, erwartet. Danny schätzte den korpulenten Mann mit dem lichten Haar, der einen hellgrauen Trachtenanzug trug, auf Anfang sechzig. Er saß in einem schwarzen Bü­rosessel hinter einem schweren Schreibtisch aus hellem Holz. In dem Regal hinter ihm standen die Pokale aufgereiht, die der Verein im Laufe seines Bestehens gewonnen hatte.

      »Es freut mich, Sie als neues Mitglied in unserem Verein zu begrüßen. Das Aufnahmeformular können Sie in Ruhe zu Hause durchlesen«, sagte er und reichte Danny ein engbeschriebenes Din-A4 Blatt. »Ich trage Sie für heute zum Schnupperkurs ein, dann sind Sie versichert, falls etwas passiert.«

      »In Ordnung, danke.« Danny sah, wie Reinholds Hand zitterte, als er seinen Namen in den Laptop eingab, der auf dem Schreibtisch stand. Überhaupt sah Reinhold Eberholz nicht gesund aus. Er war auffallend blass, und seine Augen wirkten irgendwie trüb. Danny hätte ihn gern gefragt, ob er sich nicht wohlfühlte, aber er hatte den Mann gerade erst kennengelernt und wollte ihn nicht gleich damit konfrontieren, dass er ihn für krank hielt. Außerdem hatte er sich vorhin noch die Homepage des Vereins angesehen. Er wusste, dass Reinhold Eberholz eines der größten Bauunternehmen Bayerns besaß und sehr vermögend war. Er durfte davon ausgehen, dass der Mann es sich leisten konnte, jederzeit einen Arzt aufzusuchen, sollte es ihm nicht gutgehen.

      »Korbinian, du kümmerst dich doch um Doktor Norden?«, fragte Reinhold.

      »Sicher, das mache ich. Ich dachte allerdings, du wolltest bei unserem Training dabei sein«, wunderte sich Korbinian.

      »Das nächste Mal. Ich habe heute noch Papierkram zu erledigen.«

      »In Ordnung, dann legen wir mal los. Kommen Sie, Herr Doktor«, bat Korbinian Danny, ihm zu folgen.

      »Was ist?«, fragte Danny, als Korbinian vor sich herstarrte und verständnislos den Kopf schüttelte, nachdem sie Reinholds Büro verlassen hatten.

      »Reinhold sieht seit einiger Zeit richtig krank aus, aber er geht einfach nicht zum Arzt. Er lebt nach dem Motto, was von selbst kommt, geht auch von selbst«, erzählte ihm Korbinian.

      »Er sieht wirklich nicht gut aus«, gab Danny Korbinian recht.

      »Dann denken Sie auch, dass er krank ist?«

      »Das kann ich so nicht sagen.«

      »Nein, natürlich nicht. Tut mir leid, dass ich überhaupt davon angefangen habe. Reinhold ist alt genug, um sich um sich selbst zu kümmern. Wir werden jetzt erst einmal ein paar Pfeile für Ihren Bogen heraussuchen«, sagte Korbinian und schaute auf die Tasche, in der sich Dannys Bogen befand.

      Eine Viertelstunde später hatte Danny mit Hilfe von Korbinian die passenden Pfeile in der Aufbewahrungskammer des Vereins herausgesucht und in den Köcher gesteckt, den er von Korbinian bekam und sich über die Schulter hängte.

      Draußen in der Halle machte Korbinian ihn mit dem Team bekannt.

      »Hallo, Daniel, wir danken Ihnen, dass Sie bei uns mitmachen«, wurde er von Thomas Andorn, Lydias Freund, einem sportlichen jungen Mann mit blondem Haar und dunklen Augen herzlich willkommen geheißen.

      Auch Thorsten Langhammer, ein breitschultriger Mann Anfang fünfzig, und Paul Wender, ein durchtrainierte Mann Mitte vierzig, begrüßten ihn ebenso freundlich.

      »Ich kann Ihnen vermutlich nicht zum Sieg verhelfen. Es ist Jahre her, dass ich einen Bogen gehalten habe«, sagte Danny.

      »Wir wissen, dass wir ohne Korbinian nicht den ersten Platz machen werden, wir wollen einfach nur dabei sein. Bevor wir anfangen, müssen wir noch eine Formalität klären«, entgegnete Thomas.

      »Die wäre?«

      »Wir Bogenschützen duzen uns.«

      »Ich weiß«, antwortete Daniel lächelnd. Er legte den Bogen an, legte einen Pfeil ein und zielte auf den Aufsteller mit der Zielauflage, die für ihn bestimmt war.

      »Nimm dir Zeit«, sagte Thomas, als Danny zuerst den Bogen spannte, ihn aber schnell wieder lockerte, weil er noch nicht das Gefühl hatte, das er brauchte, um dem Pfeil die richtige Zielrichtung vorzugeben.

      »Diese Zeit werde ich auch brauchen«, entgegnete Danny, während er den Bogen erneut spannte, das Ziel anvisierte und den Pfeil abschoss.

      »Wow, wie lange sagtest du, warst du nicht mehr beim Bogenschießen?«, fragte Thomas verwundert, als Dannys Pfeil nur knapp die Mitte der Zielauflage verfehlte.

      »Das war nur Glück.«

      »Auf dem sich gut aufbauen lässt. Gleich noch mal«, forderte Thomas Danny auf.

      »In Ordnung«, sagte Danny und spannte den nächsten Pfeil in den Bogen.

      Dieses Mal landete der Pfeil etwas weiter von der Mitte entfernt, aber immer noch im inneren Drittel der aufgemalten Scheibe.

      »Wenn du darauf aufbaust, werden wir auf jeden Fall die Chance auf einen der vorderen Plätze haben«, stimmte Thorsten Thomas’ Einschätzung zu.

      »Das denke ich auch«, schloss sich Paul der Meinung der anderen an.

      »Das Beste ist, ihr fangt mit dem Training an. Ich übe noch eine Weile allein. Ich verspreche, ich werde niemanden aus Versehen verletzen.«

      »Nach diesen beiden Versuchen, gehen wir auch nicht davon aus«, versicherte ihm Thomas.

      »Es macht Ihnen Spaß, Herr Doktor«, stellte Korbinian fest, nachdem er Danny eine Weile beobachtet hatte. Er saß auf einem Stuhl hinter den Schützen seines Teams und schien äußerst zufrieden, mit dem, was er sah.

      »Offensichtlich habe ich nicht alles verlernt«, musste auch Danny zugeben, da die Pfeile, die er bisher abgeschossen hatte, alle nicht weit vom Mittelpunkt entfernt die Zielvorlage getroffen hatten.

      »Wir sollten ein paar Teamdurchgänge machen«, schlug Thomas Danny vor.

      »In Ordnung«, erklärte sich Danny einverstanden. Er war überrascht, wie schnell er sich wieder daran gewöhnt hatte, den Bogen richtig zu halten.

      Die Mitglieder des Teams stellten sich nebeneinander auf und schossen nacheinander die Pfeile ab. Korbinian rechnete die Punkte zusammen, und danach waren alle noch zuversichtlicher, dass sie mit einer guten Platzierung im Wettbewerb rechnen konnten.

      »Korbinian, das war eine ausgezeichnete Idee von dir, Doktor Norden zu uns zu holen«, lobte Reinhold Korbinian und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Er war unbemerkt von den anderen aus seinem Büro gekommen und hatte das Training beobachtet. »Ich hoffe, es hat Ihnen Spaß gemacht und Sie bleiben bei Ihrem Entschluss, dieses Team zu unterstützen«, wandte er sich an Danny.

      »Ich werde nicht abspringen«, versicherte ihm Danny. »Was ist mit Ihnen?«, fragte er besorgt nach, als Reinhold eine Hand auf seinen Bauch presste, so als hätte er Schmerzen.

      »Es ist nichts, nur ein kurzer Stich, vermutlich habe ich mich falsch bewegt«, antwortete Reinhold und richtete sich wieder auf.

      »Du könntest dich auch mal überwinden und dich untersuchen lassen. Doktor Norden ist ein wirklich guter Arzt«, versicherte Korbinian dem Vorstand des Bogenschützenvereins.

      »Ich weiß, was sich die Leute über ihn erzählen. Und nachdem ich gesehen habe, wie nah er dem Ziel beim Bogenschießen kommt, weiß ich,

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