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die das Ge­büsch durch­stö­ber­te wie ein Wach­tel­hund von Pont-Au­de­mer.

      Auf der Krup­pe des Pfer­des ruh­te mein Ruck­sack und mein ein­ge­schnall­tes Ge­wehr. Es war ein kal­ter trüber Tag; der Wind jag­te die Wol­ken wie schwar­ze Schat­ten am Him­mel vor­über.

      Als ich die Höhe von Can­te­leu her­aufritt, ge­wahr­te ich vor mir das wei­te Sei­ne­tal, wel­ches der Fluss, so­weit das Auge reicht, in Schlan­gen­win­dun­gen durch­zieht. Links rag­ten die Kirchtür­me von Rou­en zum Him­mel em­por und rechts blieb das Auge auf den ent­fern­ten wal­di­gen Hö­hen haf­ten. Dann kam ich, ab­wech­selnd Schritt und Trab rei­tend, durch den Wald von Rou­ma­re und er­reich­te um fünf Uhr den Pa­vil­lon, wo Papa Ca­va­lier und Ce­les­ti­ne mich er­war­te­ten.

      Seit zehn Jah­ren stell­te ich mich zur sel­ben Zeit, und in der­sel­ben Wei­se ein. Die­sel­ben Per­so­nen be­grüss­ten mich mit den­sel­ben Wor­ten.

      »Gu­ten Tag, gnä­di­ger Herr! Wie steht das wer­te Be­fin­den?«

      Ca­va­lier hat­te sich nicht ver­än­dert, er wi­der­stand dem Zahn der Zeit wie ein al­ter Baum, aber Ce­les­ti­ne war, na­ment­lich seit den letz­ten vier Jah­ren, nicht wie­der­zu­er­ken­nen.

      Sie war all­mäh­lich sehr ge­brech­lich ge­wor­den und ob­schon noch sehr tä­tig, ging sie mit der­ar­tig vor­ge­beug­tem Ober­kör­per, dass letz­te­rer bei­na­he mit ih­ren Füs­sen einen rech­ten Win­kel bil­de­te.

      Die gute Alte war im­mer sehr er­grif­fen, wenn sie mich wie­der­sah und je­des Mal bei der Abrei­se sag­te sie mir:

      »Be­den­ken Sie, mein gu­ter Herr, dass dies viel­leicht das letz­te Mal ist«.

      Und der trau­ri­ge ah­nungs­vol­le Ab­schied die­ser ein­fa­chen Die­ne­rin, die­se hoff­nungs­lo­se Er­ge­bung in den ihr dem­nächst als ge­wiss be­vor­ste­hen­den Tod, be­weg­te je­des Jahr mein Herz aufs Neue in ganz be­son­de­rer Wei­se.

      Ich stieg vom Pfer­de und wäh­rend Ca­va­lier, dem ich die Hand ge­schüt­telt, das­sel­be in das klei­ne Ge­bäu­de brach­te, das als Stall diente, ging ich, ge­folgt von Ce­les­ti­ne, in die Kü­che, die gleich­zei­tig auch das Spei­se­zim­mer vor­stell­te.

      Der Wald­hü­ter ge­sell­te sich wie­der zu uns. Ich be­merk­te auf den ers­ten Blick, dass er ein ver­än­der­tes Aus­se­hen hat­te. Er schi­en schlecht auf­ge­legt, zer­streut und un­ru­hig.

      »Nun, Ca­va­lier!« sag­te ich, »bist Du gut zu­frie­den!«

      »Ja und nein« mur­mel­te er. »Es passt mir et­was nicht.«

      »Was denn, mein Al­ter?« frag­te ich. »Lass hö­ren.« Aber er schüt­tel­te den Kopf.

      »Noch nicht mein Herr! Wa­rum soll ich Sie vor der Zeit mit mei­nem Är­ger be­läs­ti­gen?«

      Trotz mei­nes Drän­gens wei­ger­te er sich, mir vor dem Es­sen ir­gend­wel­chen Auf­schluss zu ge­ben. Ich sah ihm je­doch an, dass es sich um eine erns­te Sa­che hand­le. Um doch noch et­was zu sa­gen frag­te ich:

      »Und wie steht’s mit dem Wild?«

      »Ah, was das be­trifft, da gibts ge­nug! Sie wer­den al­les nach Wunsch fin­den. Ich habe Gott sei Dank die Au­gen auf ge­habt.«

      Er sag­te dies mit sol­chem Ernst, mit sol­chem trü­ben Ernst, dass es bei­na­he ko­misch klang. Sein großer grau­er Schnurr­bart schi­en von sei­nen Lip­pen fal­len zu wol­len.

      Plötz­lich fiel mir ein, dass ich sei­nen Nef­fen noch nicht ge­se­hen hat­te.

      »Wo ist denn Ma­ri­us? Wa­rum lässt er sich nicht se­hen?«

      Der Wald­hü­ter wur­de be­stürzt und sah mich scharf an:

      »Nun ja, mein Herr! lie­ber sage ich’s Ih­nen doch schon jetzt; ja es ist bes­ser so. Gera­de sei­net­we­gen liegt mir et­was auf dem Her­zen.«

      »Ach so! Nun, wo ist er denn?«

      »Im Stall, mein Herr! er muss je­den Au­gen­blick kom­men«.

      »Was gib­t’s denn nun ei­gent­lich mit ihm?«

      »Se­hen Sie mein Herr …«

      Der Wald­hü­ter zö­ger­te noch; sei­ne Stim­me ver­än­der­te sich und zit­ter­te, sein Ge­sicht zeig­te plötz­lich tie­fe Fal­ten, die Fur­chen des Al­ters, als er lang­sam fort­fuhr:

      »Se­hen Sie! Ich be­merk­te die­sen Win­ter recht gut, dass man im Ro­sen-Holz Sch­lin­gen leg­te, aber ich konn­te den Kerl nicht er­wi­schen. Ich pass­te fast Nacht für Nacht auf, aber es war Nichts. Und zur sel­ben Zeit fing man auch an, auf der Sei­te von Ecor­che­ville Sch­lin­gen zu le­gen. Ich wur­de krank vor Är­ger. Aber kei­ne Mög­lich­keit, den Schur­ken zu er­wi­schen. Man hät­te glau­ben sol­len, dass der Lump vor­her wüss­te, wann und wo­hin ich aus­ging.

      Aber ei­nes schö­nen Ta­ges, als ich zu­fäl­lig Ma­ri­us sei­ne Hose, die Sonn­tags­ho­se näm­lich, aus­bürs­te, fin­de ich in der Ta­sche vier­zig Sous. Wo hat­te der Ben­gel die her?

      Ich sann gute acht Tage dar­über nach, und be­merk­te schliess­lich, dass er öf­ters aus­ging, und zwar dann, wenn ich mich, müde vom Auf­pas­sen, schla­fen leg­te.

      Nun hat­te ich ein Auge auf ihn, aber im­mer noch ohne ir­gend­wel­che Ah­nung, wahr­haf­tig, ohne eine Ah­nung. Und ei­nes Ta­ges leg­te ich mich vor ihm schein­bar zur Ruhe, stand aber so­fort nach sei­nem Weg­ge­hen auf und folg­te ihm. Sie wis­sen, mein Herr, für so ’was gibt es aus­ser mir kei­nen Zwei­ten.

      Rich­tig er­wi­sche ich ihn, ja den Ma­ri­us, wie er auf Ihrem Re­vier Sch­lin­gen stellt, mein Herr, den­ken Sie, mein, des Wald­hü­ters, Nef­fe.

      Mir stock­te das Blut, und fast hät­te ich ihn auf der Stel­le ge­tö­tet, so habe ich ihn zer­bläut. Ja, ich habe ihn ver­mö­belt, das kön­nen Sie glau­ben. Und ver­spro­chen habe ich ihm, dass er nach Ih­rer An­kunft noch ex­tra von mir eine Tracht in Ih­rer Ge­gen­wart als war­nen­des Exem­pel er­hal­ten wür­de.

      Se­hen Sie, ich bin vor Zorn ma­ger ge­wor­den; Sie wis­sen, was es heisst, sich är­gern. Aber was hät­ten Sie ge­tan, sa­gen Sie doch? Er hat we­der Va­ter noch Mut­ter, der Sch­lin­gel, er hat nur mich als ein­zi­gen Ver­wand­ten; ich habe ihn groß­ge­zo­gen und konn­te ihn doch nicht gleich zum Teu­fel ja­gen, nicht wahr?

      Aber pas­sier­t’s ihm noch ein­mal, das hab ich ihm ge­sagt, dann ist al­les aus, al­les; es gibt kein Mit­leid. Habe ich nicht recht ge­tan, mein Herr?«

      »Sehr recht, mein al­ter Ca­va­lier«, sag­te ich, ihm die Hand rei­chend. »Ihr seid ein wa­cke­rer Mann.«

      »Sie sind sehr gü­tig, mein Herr!« sag­te er auf­ste­hend. Ich wer­de ihn jetzt ho­len. Er hat noch sei­ne Hie­be zu be­kom­men als war­nen­des Exem­pel.«

      Da ich wuss­te, dass es nutz­los ge­we­sen wäre, dem Al­ten sei­nen Plan aus­zu­re­den, so ließ ich ihn nach Be­lie­ben han­deln.

      Er ging also fort, den Ran­gen zu ho­len und führ­te ihn bald dar­auf bei den Ohren ins Zim­mer.

      Ich hat­te mich mit erns­ter Rich­ter­mie­ne auf einen Stroh­ses­sel nie­der­ge­las­sen.

      Ma­ri­us schi­en mir grös­ser ge­wor­den, und sah mit sei­nem bö­sen tücki­schen Ge­sicht noch häss­li­cher aus wie frü­her, sei­ne Hän­de wa­ren un­na­tür­lich

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