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Grecos Augen funkelte es vor Entschlossenheit. Er riss seine Klinge zurück und führte einen weiteren Streich gegen Drace, den er nur knapp parierte. Das Licht des Funkenregens war so gleißend hell, dass es sie blendete. Die Vibrationen des Metalls brachten die Muskeln in Drace’ Armen zum Beben. Ein schmerzvolles Ziehen, das sich bis in seinen Rücken fortsetzte. Greco war stark, nicht zu unterschätzen. Das Feuer, das ihn antrieb, gab ihm Kraft. Drace biss die Zähne zusammen, stemmte sich nach vorn und warf seinen Bruder zurück. Für einen Moment standen sie wie erstarrt voreinander, beide atmeten schwer und waren dankbar für die Atempause.

      »Ich kann nicht umkehren«, erklärte Greco voller Inbrunst. »Ich bin schon viel zu weit gegangen. Aus gutem Grund. Er wird für alles bezahlen. Er – und auch die Seraphim.«

      Es war für Drace wie ein Stich in sein Herz; er hätte nicht schlimmer sein können, wenn Greco ihn mit der Klinge geführt hätte. Drace liebte seinen Bruder – all seine Brüder, doch sie waren selten einer Meinung. Nur waren die Konsequenzen diesmal mehr als er duldend mit ansehen konnte. Er parierte zwei weitere Hiebe von Greco, als dieser mit neu gewonnener Energie auf ihn einstürmte. Einen Kampfschrei auf den Lippen, der wie das unheilverkündende Donnern der Kanonen auf einem Schlachtfeld klang. Wieder einmal kam Drace der Gedanke, dass Schusswaffen über gewisse Vorteile verfügten und die angenehmere Art des Kampfes darstellten, doch in einem Fight unter ihresgleichen wäre so etwas natürlich undenkbar – und ineffektiv, denn noch gab es keine Kugeln, die einen der ihren tatsächlich töten könnten. Zumindest wäre ein Austausch von Schüssen aber nicht annähernd so anstrengend gewesen wie der Schwertkampf.

      Der dritte Schlag seines Gegners schien Drace den Schädel spalten zu wollen und zwang ihn in die Knie, als er ihn im letzten Augenblick abwehrte. Er verkantete sein Schwert mit dem von Greco, indem er die Parierstange an der Klinge verhakte. So hoffte er, zumindest diesen Kampf beenden zu können. Vielleicht sogar den, der auf anderen Ebenen gefochten werden würde. Er musste es noch einmal versuchen. Mit Vernunft und Logik.

      »Ich weiß genau, was du vorhast. Aber du wirst sie nie beherrschen können, egal, was du versuchst.«

      »Du verkennst die Macht, die uns damit in die Hände gelegt wird, Bruder. Alles wird sich ändern. Niemand kann uns dann mehr aufhalten.«

      Drace schüttelte den Kopf. »Diese Macht ist zu groß. Und finster. Niemand kann sie bezwingen, geschweige denn für eigene Zwecke lenken. Es ist das Risiko nicht wert. Du wirst die Menschheit und uns alle ins Unglück stürzen, wenn du es versuchst. Sie zu befreien, kann der Anfang vom Ende werden. Bedenke, dass Magnus es niemals dulden wird, wenn jemand seine Pläne durchkreuzt. Und bedenke ebenfalls, welche Brut du ihm in die Hände gelegt hast.«

      Greco lachte voller Bitterkeit. »Die Brut hat er mir gestohlen, dieser Bastard. Aber sie wird ihm nicht dienen, wenn ich siegreich bin. Tu nicht so, als würdest du nicht ebenfalls versuchen, ihn aufzuhalten. Wenn du jemandem von uns vorwerfen willst, auf dem falschen Weg zu sein, dann bist du bei ihm wohl an der richtigen Adresse.«

      Das konnte Drace nicht leugnen. Auch Magnus musste gestoppt werden, ehe er etwas tat, dessen Konsequenzen sich nicht mehr umkehren ließen. Doch das war ein anderer Kampf, den er zu anderer Zeit zu fechten gedachte. Mit anderen Waffen.

      »Wenn du das so siehst, dann verbünde dich mit mir. Mit uns! Kehr ab von dem Weg, den du eingeschlagen hast. Sie werden dich sonst vernichten. Gemeinsam hingegen können wir ihm, können wir ihnen, Einhalt gebieten.«

      Greco schüttelte den Kopf und zeigte ein maliziöses Lächeln. »Bedaure. Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass du dich um mich sorgst, doch es ist unbegründet. Ich fühle, dass meine Strigoi mein wichtigstes Pfand gerade wieder in ihre Obhut genommen hat. Es gibt einen Weg, die Quelle zu kontrollieren. Das werde ich dir beweisen. Ihre Macht unter meiner Kontrolle … Niemand kann uns das Paradies dann noch länger verwehren.«

      Aus seinen Worten sprach ebenso viel Wahrheit wie Wahnsinn. Oder sollte er lieber sagen, Besessenheit? Viel schlimmer jedoch war, dass Greco von dem Pfand sprach. Drace betete zu einem Gott, an den er selbst nicht mehr glaubte, dass damit nicht Beth gemeint war. Fragen konnte er seinen Bruder nicht mehr, denn in der nächsten Sekunde fiel Grecos Schwert zu Boden und Drace war allein.

      Beth wirkte schrecklich zerbrechlich, wie sie da am Fenster stand und in die Nacht hinausstarrte. Ein Schatten ihrer selbst, obwohl aus ihrem Inneren eine Kraft herausströmte, die Proud den Atem raubte. Das Mondlicht ließ ihre Haut wie Perlmutt glitzern und verlieh ihr eine feenhafte Aura, die jedoch überschattet wurde von der Leere, die er in ihren Augen sah. Er wagte nicht zu fragen, was sie auf der anderen Seite erlebt hatte und wie es sie noch immer veränderte. Zu sehr fürchtete er die Antwort. Sie würden darüber reden. Später. Er wusste, es musste sein, weil es von Bedeutung war für alles, was noch vor ihnen lag. Aber das konnte warten. Im Augenblick wollte er ihr nur nahe sein. Das Glück preisen, dass sie zu ihm zurückgekehrt und nicht in der ewigen Finsternis versunken war. Er wollte sie beschützen und nie wieder loslassen müssen.

      Zögernd trat er näher und legte seine Hände auf ihre Schultern. Mit einem Seufzen ließ sie sich gegen ihn sinken, ohne ihren Blick vom nachtschwarzen Firmament zu nehmen, an dem der Mond gleich einem Mahnmal thronte. Umgeben von schwarzen Wolkenfetzen, die ihn an Krähen und Fledermäuse erinnerten – oder anderes Getier, das über den Schlachtfeldern lauerte.

      Ein Schauder durchlief Proud. Der Tag würde kommen. Es war nicht aufzuhalten. Niemand wusste, wie lange ihnen noch blieb.

      »Ich fühle mich so schwach«, flüsterte sie. Ihre Stimme nur der Hauch eines Windes. »Leer und unvollständig. Bitte halt mich, Proud. Mach, dass ich mich wieder stark fühle, sonst habe ich Angst, das alles nicht zu schaffen. Füll die Leere in mir und mach mich wieder ganz.«

      Er schlang seine Arme fest um sie und zog sie an seine Brust. Küsste sanft ihren Scheitel und atmete den Duft ihrer weichen, blonden Locken. Die einzelne Strähne an ihrer Stirn war inzwischen komplett schwarz und glich einem weiteren Indiz für die Dunkelheit in ihrem Inneren und jene, in der sie gewesen war.

      Die Kälte ihrer Haut erschreckte ihn, aber er würde sie nicht loslassen. Um keinen Preis. Ihre Wahl war auf ihn gefallen, und er würde alles tun, um ihr zu beweisen, dass sie damit richtig lag. Dass er ihr geben konnte, was sie brauchte und wonach sie sich sehnte.

      Kyle war gerade ganz weit weg. Proud liebte seinen Cousin, das hieß allerdings nicht, dass er bereute, ihn bei Beth ausgestochen zu haben. Er konnte sich ein Leben ohne sie einfach nicht mehr vorstellen, egal ob dieses im Himmel, in der Hölle oder auf Erden wäre.

      Langsam drehte sie sich um, legte ihre Arme um seinen Hals, presste ihren Körper an seinen und ihre Lippen auf seinen Mund. Von einem Moment zum anderen war es, als wäre das alles nicht passiert. Der Unfall, ihre Entführung, ihr Sterben, ihre Wandlung. Nur ein böser Traum. Sie war bei ihm, war es immer gewesen, und ihre Liebe war nie ins Wanken geraten. Nicht einmal für Kyle.

      »Ich brauche dich«, flüsterte er, ehe er den Kuss intensivierte, die vertraute Süße schmeckte.

      Beth wog fast nichts, als er sie auf seine Arme hob und zum Bett hinübertrug. Ehrfürchtig legte er sie darauf ab, schob das Hemd aus unschuldigem Weiß über ihre schlanken Schenkel nach oben. Weiter, bis er ihren flachen Bauch entblößte und die festen wohlgeformten Brüste. Beth hob ihre Arme, damit er ihr das dünne Kleidungsstück gänzlich vom Körper ziehen konnte. In Windeseile entledigte er sich seiner eigenen Sachen und glitt neben sie. Sie wieder zu spüren, Haut an Haut, war mehr, als er zu hoffen gewagt hatte. Viel zu lange hatte er es entbehrt. Hatte um sie gebangt und gehofft.

      Ihre Glieder erwärmten sich rasch unter seinen Berührungen. Mit leisem Stöhnen bog sie sich ihm entgegen, schenkte sich ihm neu in dieser Nacht. Endgültiger als je zuvor.

      Es erschien ihm wie ein Sakrileg, als er zwischen ihre Schenkel glitt und tief in sie drang. Dennoch hätte er um nichts in der Welt darauf verzichten können. Sie nahm seinen Rhythmus auf. Ihre Seele öffnete sich weit für ihn, ließ ihn einen Blick auf alles werfen, was darinnen war, und egal, wie sehr ihn manches erschrecken

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