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überlegte er, während er sie immer noch unverwandt ansah.

      Schon längst hatte er gespürt, daß Ulrike für ihn ein Gefühl zärtlicher Zuneigung hegte.

      Rainhart straffte sich. Mit einem tiefen Atemzug schob er alle Zweifel, die ihn immer noch bewegten, beiseite.

      Er streckte seine Hände aus und zog Ulrike aus der Box. »Ich muß Sie etwas fragen, Ulrike«, sagte er mit heiserer Stimme.

      In ihr blasses Gesicht stieg dunkle Röte, ihre halb geöffneten Lippen zitterten ein wenig. »Ja?« hauchte sie verwirrt.

      »Ulrike, gibt es einen Mann in Ihrem Leben, der Ihnen viel bedeutet?« fragte er zögernd.

      Er hatte nicht vergessen, was ihm Doktor Langeloh damals gesagt hatte. Ulrike wollte gern ein Kind haben, und keiner wußte, ob sie nicht schon längst eine stille Liebe im Herzen trug, die zu einer Heirat geführt hätte, wenn Ulrike ein gesunder Mensch gewesen wäre.

      Ihre schmalen Hände zuckten unruhig in Rainharts kraftvollen Händen.

      »Ja, es gibt einen Mann, der mir sehr viel bedeutet«, erwiderte sie tief errötend.

      Fast ein wenig erschrocken ließ er ihre Hände los. »Verzeihung – ich konnte nicht wissen…«, stammelte er und fühlte sich plötzlich beschämt. »Entschuldigen Sie, ich wollte nicht indiskret sein…« Er brach ab.

      Ulrike hob den Kopf und sah ihn mit einem weichen Lächeln an. »Sie wollen nicht wissen, wer es ist?«

      »Dazu habe ich nicht das Recht«, entgegnete er spröde.

      »Doch«, sagte sie, und in ihr Gesicht kam ein ungewöhnliches Leuchten. »Sie, Rainhart«, erwiderte sie schlicht.

      Sekundenlang starrte er sie in ungläubigem Staunen an. »Ich?« wiederholte er.

      »Ja, Sie«, erwiderte sie leise.

      Er ergriff ihre Hände und zog sie behutsam an seine Lippen. »Ulrike, wollen Sie – willst du meine Frau werden?« fragte er zögernd und konnte sich nicht erklären, wie ihm die Worte so rasch und selbstverständlich von den Lippen gekommen waren.

      »Du willst mich heiraten?« flüsterte sie, und in ihren Augen schimmerten Tränen.

      »Ja«, sagte er.

      »Weißt du, daß ich nicht ganz gesund bin?«

      »Ich weiß es.«

      »Du bekommst keine robuste, tatkräftige Frau, die auf dem Gut mit anpacken kann, wie es der Gutsherrin zukommt!« Angstvoll sah sie zu ihm auf.

      Er strich ihr mit einer behutsamen Bewegung über die Wangen. »Das macht nichts«, erwiderte er. »Eines Tages wirst du ganz gesund sein, und dann kannst du nachholen, was du glaubst, versäumt zu haben!«

      Ich belüge sie! dachte er gequält.

      »Und wenn ich nun nie wieder ganz gesund werde?« riß ihn Ulrikes zarte Stimme aus seinen quälenden Überlegungen.

      Er erschrak. »Warum denkst du das?«

      Wußte sie mehr, als er geglaubt hatte?

      »Doktor Langeloh hat gesagt, daß die rätselvolle Krankheit, an der ich leide, zum Stillstand gebracht werden könnte, wenn ich ganz vernünftig lebe, aber ich werde immer schwach und anfällig bleiben und muß mich stets schonen.« Sie schluckte und kämpfte mit den Tränen. »Ich möchte, daß du die Wahrheit weißt und dich keinen falschen Hoffnungen hingibst!«

      Wortlos nahm er Ulrikes Gesicht in beide Hände. »Ich will dich trotzdem heiraten«, sagte er. »Glaubst du, daß du an meiner Seite leben und auf Gut Arundsen glücklich werden kannst?«

      »Ja«, antwortete sie mit strahlenden Augen, »es ist mein einziger Wunsch seit vielen Jahren, aber niemand hat davon gewußt!«

      Fassungslos sah er sie an. »Du hast mich schon lange…«

      »... geliebt!« ergänzte sie lächelnd.

      Er beugte sich über sie und berührte mit stummer Ergriffenheit ihre Lippen in einem zärtlichen Kuß.

      Soll ich ihr sagen, daß ich sie niemals wiederlieben kann? fragte er sich in diesem Moment. Muß ich ihr nicht gestehen, daß mein Herz tot ist, unfähig zu einer neuen Liebe?

      Ulrike löste sich sanft von ihm und trat einen Schritt zurück. »Ich weiß, daß ich dir niemals soviel bedeuten kann wie du mir«, sprach sie leise, als hätte sie seine Gedanken erraten. »Aber es macht mir nichts aus. Ich bin glücklich, wenn ich bei dir sein kann.«

      Er strich ihr gerührt über das glatt gekämmte braune Haar. »Wir wollen bald heiraten, Ulrike, ja?« fragte er verwirrt.

      Sie nickte, während sie Hand in Hand mit ihm dem Ausgang der Stallungen zuging. Plötzlich blieb sie stehen und sah ihn mit brennenden Augen an. »Ich habe dich noch gar nicht gefragt: Magst du kleine Kinder? Willst du ein Kind haben, Rainhart?«

      Er fühlte, wie seine Kehle trocken wurde. »Ja, Ulrike«, gab er heiser zurück, »es ist mein brennender Wunsch, einen Sohn und Erben zu haben.«

      Sie seufzte erleichtert auf. »Dann ist es gut«, murmelte sie, und ihre Augen begannen wieder zu leuchten.

      »Und du?« fragte er zögernd. »Möchtest du auch ein Kind – trotz deines angegriffenen Gesundheitszustandes?« Gespannt betrachtete er jede Regung in ihrem ebenmäßigen Gesicht. Von ihren nächsten Worten hing für ihn die Zukunft ab.

      Sie sah ihn mit einem klaren Blick an. »Ich will ein Kind«, sagte sie mit Bestimmtheit. »Auch wenn alle Ärzte dagegen sind! Ich will ein Kind!«

      *

      Konrad Eckhoff kam noch am selben Abend zu Rainhart Arundsen.

      »Ulrike hat mir alles erzählt«, sagte er statt einer Begrüßung, und Rainhart Arundsen konnte auf den ersten Blick erkennen, daß der alte Gutsbesitzer erregt war.

      »Ich wollte morgen zu Ihnen kommen«, antwortete Rainhart, während er den Besucher ins Wohnzimmer führte.

      »Es ist besser, wir sprechen noch heute miteinander«, erwiderte Eckhoff mit brüchiger Stimme. Er ging einige ruhelose Schritte im Zimmer auf und ab, ehe er sich endlich setzte. »Ulrike war so verwirrt und glücklich, daß sie die Neuigkeit nicht für sich behalten konnte.«

      Rainhart setzte sich ihm gegenüber. Mit einem ruhigen Lächeln sah er den knorrigen grauhaarigen Mann an, der sichtlich mit seiner Erregung kämpfte. »Dann darf ich jetzt meine Frage ganz offiziell wiederholen, Herr Eckhoff. Ich bitte Sie um die Hand Ihrer Tochter. Ich will Ulrike heiraten.«

      »Es ist unmöglich«, sagte Eckhoff schließlich nach einer kurzen, lastenden Pause.

      »Warum?« Rainhart hielt den Atem an.

      »Ulrike ist krank!« Abgerissen und zögernd kamen die Worte.

      »Ich weiß«, erwiderte Arundsen ruhig.

      »Aber Sie wissen nicht, wie krank sie ist!« Er fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Sie muß sterben, sie ist unheilbar krank. Es gibt keine Rettung.« Zusammengesunken saß er im Sessel, die Hände lagen schlaff auf der Lehne.

      »Auch das wußte ich!«

      Eckhoff richtete sich mit einer ruckhaften Bewegung auf. »Wer hat es Ihnen gesagt?«

      »Ich habe mit Langeloh über Ulrikes Erkrankung gesprochen«, gab Rainhart knapp zurück. »Langeloh hat mir die Wahrheit gesagt, als ich ihm meine Absicht verriet, Ulrike zu heiraten.«

      »Und Sie wollen trotzdem – ich meine, Sie haben keine Angst vor einer solchen Verbindung?« Fassungslos blickte er Arundsen an.

      »Nein, ich habe keine Angst.«

      »Lieben Sie sie so sehr?« fragte Eckhoff ungläubig.

      Arundsen zögerte mit der Antwort. »Nein«, sagte er dann wahrheitsgemäß, »nein, Herr Eckhoff, es ist keine übergroße Liebe, die mich

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