Скачать книгу

sollst du Stillschweigen bewahren?«

      »Das ist doch der Witz bei ’Stillschweigen bewahren’. Dass man die Klappe hält.«

      »Auch wieder wahr.«

      »Was ist los, Oheim? Hast du was gegen ihn?«

      »Nein. Nicht direkt. Oder doch. Ach egal. Er hat dir also nichts erzählt?«, frage Gelmard etwas zu beiläufig.

      »Was soll er mir erzählt haben? Du tust ja ziemlich geheimnisvoll. Ich würde fast sagen, ihr beide nehmt euch nichts.«

      »Du hast ja keine Ahnung«, seufzte der ältere Magier und lehnte sich wieder zurück. »Du hast ja keine Ahnung. Doch kommen wir zu meinem Anliegen.« Er sprach jetzt wieder mit normaler Lautstärke. »Ich brauche deine Hilfe.«

      In diesem Moment betrat Limlora die Gaststube, sah sich kurz um und steuerte dann Gelmards und Munuels Tisch an. Die Blicke aller Männer im Raum waren augenblicklich an ihr festgenagelt. Die der Frauen erst recht, die allerdings mehr Neid als Begierde ausdrückten.

      »Der Stallmeister hat doch glatt vergessen, Marco einen eigenen Trog vorzusetzen«, sagte sie mit hochgezogenen Brauen, während sie sich setzte. »Er musste mit den anderen Schindmähren essen. Erinnert mich daran, den Burschen auspeitschen zu lassen.«

      Munuel wollte etwas Scharfes darauf erwidern, denn er würde sicher nicht zulassen, dass in seinem Dorf Leute ausgepeitscht würden, doch sein Onkel schüttelte nur unmerklich den Kopf. Also schwieg er dazu und wandte sich stattdessen weiter an Gelmard.

      »Ihr braucht meine Hilfe? Wobei?« Munuel bemerkte, dass Limlora nicht zugriff und stattdessen stocksteif vor ihrem Teller saß. »Irgendetwas nicht in Ordnung, werte Limlora?«, wollte er wissen.

      »Gibt es kein Besteck?«, fragte sie mit spitzem Mund.

      Munuel und sein Oheim sahen sich an. Dann brachen sie in Gelächter aus.

      »Das sind Hühnerbeine«, erklärte Munuel großmütig. »Da braucht’s kein Besteck. Die isst man mit der Hand.«

      »Wie? Mit der Hand?«, erwiderte die Prinzessin pikiert. »Dann mache ich mir die Finger fettig, oder nicht?«

      »Ja«, antwortete Munuel. »Was ist daran so schlimm?«

      Diesmal ignorierte er das Kopfschütteln seines Onkels.

      »Was daran schlimm ist?« Limlora lachte verschmitzt. »Also ich habe Fettfinger und gebe damit jemandem die Hand, mein Fingerfett überträgt sich auf ihn und der wiederum gibt es an den Nächsten weiter und so fort. Also mir missfällt der Gedanke, mein Fingerfett in der ganzen Region zu verbreiten. Da könnte noch jemand versuchen, Profit daraus zu schlagen.« Sie imitierte die tiefe Stimme eines Marktschreiers: »Seht her ihr Leute! Das Fingerfett der Shabibstochter, nur 5 Folint!«

      Munuel starrte sie stumm mit großen Augen an. Schließlich prustete Limlora laut los. »Ach, Ihr glaubt auch jeden Mist, Magier!«

      Doch Eileen hatte das Gespräch mitgehört und eilte sogleich herbei.

      »Hier Hoheit! Wir haben immerhin Esstücher!« Sie legte ein sorgsam gefaltetes Leinentuch neben Limloras Teller. »Damit könnt ihr die Hühnerbeine anfassen, ohne Euch zu beschmutzen.«

      »Danke«, hauchte Limlora huldvoll. »Ich werde es versuchen. Ihr seid zu gütig. Aber das war ein Witz. ich meine … danke jedenfalls.« Limlora nahm, offenbar peinlich berührt von so viel Beflissenheit, das Tuch in die Hand.

      Eileen machte einen Knicks und entschwand wieder hinter ihre Theke. Gelmard beugte sich vor und legte eine Hand auf Limloras Arm.

      »Shabibstöchter machen keine Witze. Das einfache Volk wäre verwirrt.«

      Und an Munuel gewandt, fuhr er fort:

      »Was meinst du, was für Probleme wir in Savalgor hatten? Wir konnten sie nur mit großem Aufwand davon abhalten, einen ganzen Hofstaat mit sich zu führen, sowie drei Gespanne mit ihren ’allernötigsten Reiseutensilien’. Ihr Vater hatte seine liebe Mühe, dem anspruchsvollen Töchterlein klarzumachen, dass unser Unterfangen vor allem Unauffälligkeit erfordert.«

      »Das ist doch gar nicht wahr!«, protestierte Limlora vergnügt. »Ich wollte nur eine klitzekleine Armee von bescheidenen tausend Mann und eine Sänfte, getragen von vier Murgos.«

      »Vier Murgos?«, fragte Munuel konsterniert. »Eine Sänfte, getragen von Werwölfen?«

      Limlora verdrehte die Augen. »Das war auch ein Witz, meine Güte. Seid ihr Bauernvolk dermaßen humorlos? Und sehe ich wirklich so verwöhnt aus?«

      »Ehrlich gesagt, ja.«

      Limlora schnaubte. Dann kaute sie an ihrem Hühnerbein. Es schien ihr jedenfalls zu schmecken. Dann hielt sie unvermittelt inne, stach mit dem Hühnerbein in Richtung Munuel in die Luft, als wolle sie ihn damit aufspießen und meinte:

      »Es liegt an meiner sagenhaften Schönheit, wisst ihr? Die macht die Leute befangen. Und keiner traut sich, normal mit mir zu reden. Weil ich so hübsch bin.«

      »Eileen ist auch hübsch«, erwiderte Munuel sanft, »aber es könnte vielleicht eher daran liegen, dass ihr die Tochter des mächtigsten Mannes von Akrania seid, und jeder, der euch irgendwie krumm kommt, Gefahr läuft, sein Leben in einem finsteren, feuchten Verließ zu beenden.«

      »Das würde mein Vater niemals tun«, widersprach die Prinzessin. »Glaubt mir, ich hab‘s versucht!«

      Damit aß sie weiter, mit dem Gesichtsausdruck einer Person, die nicht mehr gestört werden wollte. Munuel wandte sich wieder seinem Onkel zu.

      »Also. Du wolltest meine Hilfe. Worum geht’s?«

      Gelmard warf seinen abgenagten Knochen auf den Teller und lehnte sich zurück.

      »Warst du schon mal auf den Wolkeninseln?«

      Munuel runzelte die Stirn.

      »Auf den Wolkeninseln? Oheim, du weißt, wo ich überall schon war. Ich war in Angadoor und in … Angadoor. Na gut, ein paar kleine Ausflüge nach Savalgor, Tulanbaar und Tarul gab es, aber ansonsten? Bei den Kräften, wann soll ich auf den Wolkensinseln gewesen sein, die sind so weit weg wie … nun ja, so weit wie irgendwas nur weg sein kann. Am Ende der Welt!«

      Sein Onkel lachte. »Wenn du wüsstest, wie weit das Ende der Welt von dort noch weg ist. Meine Frage war retorizistisch oder wie die Scholaren das benennen. Ich möchte, dass du uns genau dorthin begleitest.«

      Munuel stimmte in das Lachen seines Oheims mit ein. Doch dann wurde ihm bewusst, dass sein Onkel nicht scherzte.

      »Du meinst das ernst?«

      Gelmard nickte. Munuel schüttelte ungläubig den Kopf.

      »Du willst mit …», er deutete auf Limlora »… ihr eine solche Reise antreten?«

      Seine Skepsis war mehr als sichtbar. Limlora kaute nur konzentriert an ihrem Hähnchenfleisch. Sein Oheim wurde ernst und beugte sich vor.

      »Hör zu. Ja, ich nehme sie mit, das habe ich ihrem Vater versprochen. Er hat sonst keine Nachkommen, die einst den Thron von ihm erben könnten, daher will er, dass seine Tochter beizeiten die Welt kennenlernt. Er will kein naives, vom Hofe verwöhntes Weibchen an der Regierung wissen, die von nichts eine Ahnung hat. Daher kommt sie mit. Und ich unterweise sie in Magie. Und genau hier kommen die Wolkeninseln ins Spiel, denn dort sollte sie ursprünglich hin, um dort an der Akademie des Cambrischen Orden zu studieren.«

      »Dann rüstet eine bewaffnete Reisegesellschaft aus, kauft ein großes und bequemes Schiff und bringt sie hin. Warum diese private Heimlichkeit?«

      »Guter Einwand, lieber Neffe. Das Problem ist nur: Wir haben seit Wochen nichts von der Akademie gehört. Und auch das Trivocum bleibt still. Wir wissen nicht, was passiert ist, daher sollen wir nachsehen.«

      Munuel nickte.

      »Gut. Dann rüstet einen Trupp gut gepanzerter und bewaffneter Soldaten und Späher aus, kauft euch ein großes Schiff und

Скачать книгу