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Worten zu beruhigen.

      Islin war mittelgroß und sie war ohne jeden Zweifel hübsch mit ihren kurzgeschnittenen blonden Locken und ihren wasserblauen Augen mit den Lachfältchen. Sie trug ein fein gegerbtes enganliegendes Wildlederhemd mit dünnen Trägern und weiten Arbeitshosen aus grobem Stoff, was ihr ein verwegenes Aussehen gab und ihre Figur unterstrich.

      Dem Bullen war das herzlich egal. Er schnaubte wild und erduldete nur widerwillig Islins streichelnde Hände.

      »Kannst du ihm nicht einfach eine ordentliche Dosis von deinem Drummselsaft geben, Munuel?«, fragte Islin den jungen Mann, der vor ihr kniete und leise vor sich hin fluchte. »Er wäre bestimmt ruhiger.«

      »Auf keinen Fall«, antwortete Munuel gepresst. »Dann legt er sich eventuell auf die falsche Seite, und ich komme nicht mehr an seinen Huf ran.«

      In diesem Moment betrat Petter unbekümmert den Stall und lehnte sich lässig an die gegenüberliegende Koppel. Dabei kaute er noch viel lässiger an einem Grashalm, der ihm aus dem Mund hing.

      »Mein Vater wünscht euch sofort zu sehen«, sagte er knapp und respektlos.

      Munuel ignorierte ihn.

      »Vielleicht kannst du ja hier mal anfassen«, sagte er zu Islin und blickte sie fragend an. »Dann könnte ich mit der Zange da rein und den Dorn rausziehen.«

      »Siehst du den Dorn überhaupt?«, wollte Islin wissen.

      »Klar, na ja, das heißt, irgendwie schon, da ist eine dunkle Stelle, allerdings habe ich nicht viel zum Ansetzen. Knifflig.«

      »Warum zauberst du ihm den Dorn nicht einfach raus?«

      Munuel schüttelte den Kopf. »Ich werde doch keine Magie anwenden, nur um einen Dorn zu entfernen. Das Trivocum wäre bestimmt beleidigt. Für so was gibt es normalerweise Tierdoktoren.«

      Islin zog nur eine Braue hoch und bückte sich, um den Huf festzuhalten, während Munuel nach seiner Zange griff, die vor ihm lag.

      Er kniff das rechte Auge zusammen und versuchte, den Dorn zu fassen.

      » Hey, Habt‘er ihr nich‘ gehört, Magier?«, rief Petter ungeduldig. »Mein Vater will euch sehen!«

      Er spuckte seinen durchgekauten Grashalm aus.

      »Ich habe dich schon gehört, Petter«, antwortete Munuel ruhig. »Aber erstens heißt das ’werter Herr Magier’, wenn du mich ansprichst, und zweitens siehst du, dass ich zu tun habe. Willst du Ärger mit Islin haben? Ich mit Sicherheit nicht.«

      »Das is’ mir sowas von egal«, murrte Petter. »Ich hab‘ den Auftrag, Euch zu mei‘m Alten zu bringen, und des werd ich verdammt noch ma auch tun!«

      »Sonst geschieht was?«, fragte Munuel ruhig. »Willst du mich mit deinem ausgespucktem Grashalm verprügeln?«

      »Petter, Du hältst jetzt besser die Klappe«, ließ sich Islin leise vernehmen, »und wirst in aller Ruhe warten, bis Munuel fertig ist. Du kannst ja solange draußen spazieren gehen, hier störst Du nur.«

      Petter hätte es dabei bewenden lassen sollen und einfach rausgehen, aber er war in seiner jugendlichen Bürgermeistersohnehre gekränkt.

      »Von Dir lass ich mir gar nich nix sagen«, gab er verächtlich zurück. »Der »werte Herr Magier« hat endlich zu gehorchen!«

      Es wurde gefährlich still im Stall. Man hätte die Stille greifen und zu Briketts verarbeiten können.

      Dann fragte Munuel lauernd: »Islin? Du erinnerst dich an die Zauberformel, die ich dir gestern beigebracht habe?«

      »Mhmm«, machte Islin. »Du meinst die, mit der man aufmüpfige junge Bürgermeistersöhne in Schleimfrösche verwandelt?«

      »Genau die, probiere sie mal an diesem garstigen Exemplar da drüben aus.«

      Petter schluckte und riss die Augen auf. Als Islin aufstand und ganz langsam die Hand gegen ihn ausstreckte, war seine Arroganz wie weggeblasen. Islin intonierte unterdessen ihren Zauberspruch:

      »Ene mene ming mang, hing hang, fing fang, usse pusse agger deier, eier weier wech.«

      »Fein, fein«, sagte Munuel. »Jetzt musst du nur noch das Norikel setzen, dann ist er ein Schleimfrosch.«

      Das war zu viel für Petter. Mit Schweißperlen auf der Stirn sagte er »Äh, ja, ich bin dann mal wech …«

      Dabei trat er auf die Mistgabel, die an einem Heuschober lehnte, dass der Stiel auf die Nase knallte

      Laut jammernd und sich die Nase haltend, suchte er das Weite.

      »Den wär’n wir los«, konstatierte Munuel grinsend.

      »Was war das denn für ein toller Zauberspruch?«

      »Ein einfacher Abzählreim«, antwortete Islin. »Den haben meine Brüder und ich immer aufgesagt, wenn wir ausknobeln wollten, wer den Abwasch macht. Wie kommst du voran?«

      Munuel seufzte. »Gar nicht. Dieser Dorn sitzt tiefer als ich dachte. Und der arme Billi hat ihn in seiner Pein immer tiefer eingetreten. Ich fürchte, dass ich doch Magie einsetzen muss.«

      Munuel schloss die Augen und konzentrierte sich. Sofort sah er den leicht rosa gefärbten Schleier des Trivocums vor sich. Er benutzte den Hegma-Schlüssel für einfache Intonationen erster Ordnung, um einen winzigen Spalt zu öffnen, den er sofort mit einem Aurikel stabilisierte.

      »Mar-In-Prim«, murmelte er. Jetzt konnte er den Dorn sehen, sowie das ihn umgebende Gewebe des Mullohhufs. Teile davon waren bereits zersetzt mit schwärzlichen Rändern, die ins Stygium ragten, dem Teil der Welt, der für »die andere Seite« stand. Behutsam holte er diese Teile des Hufs zurück in die diesseitige Welt. Es war Ein simpler Heilungsprozess, der wie ein Wunder wirkte und doch nur auf einem einzigen, schlichten Prinzip beruhte: der ewigen Wandlung von Materie in Antimaterie, der Wanderschaft von Partikeln von Ordnung zu Chaos.

      Die Zeit schien stillzustehen, während er konzentriert arbeitete. Er bemerkte, dass Islin ganz ruhig geworden war, und sich nicht rührte, ja nicht einmal zu atmen wagte. Er spürte, dass das nekrotische Gewebe, um den Dorn, sich aufzulösen begann und das Fleisch weicher wurde. Jetzt konnte er zupacken und mit einem beherzten Ruck den Dorn aus dem Huf ziehen. Das Mulloh schaubte leicht, und ein Zittern ging durch seine Flanken. Billies Erleichterung war deutlich spürbar.

      »Sec-Mar-Ban«, flüsterte er und setzte damit das Norikel, welches den Spalt im Trivocum wieder verschloss. Er öffnete die Augen.

      »Du kannst seinen Huf jetzt loslassen«, sagte er zu Islin. »Billi kann wieder auf die Weide springen.«

      Islin ließ den Huf los und richtete sich auf. Auch Munuel erhob sich und sah sie zufrieden an.

      Sie umarmte ihn. »Das hast du verdammt gut hingekriegt, Jungspundmagier«, sagte sie lächelnd.

      »Ach was«, wehrte er bescheiden ab. »Das war nur eine kleine Intonation erster Ordnung, selbst ein Novize bekommt das hin.«

      »Das wage ich zu bezweifeln«, widersprach ihm Islin. »Es mag eine einfache Sache sein, aber sie muss gut und sorgfältig durchgeführt werden. Ich verstehe zwar nichts davon, aber …«. Islin grinste ihn frech an, »… dafür verstehe ich hiervon was«, sagte sie und küsste ihn leidenschaftlich auf den Mund. Munuel erwiderte den Kuss.

      Doch bevor dieser Moment zu einer heftigen Knutscherei ausarten konnte, ließ sich erneut der Quälgeist in Form des Bürgermeistersohnes vernehmen.

      »Können wir jetzt bitte endlich zu meinem Vater gehen?«

      Petter stand unsicher in der halb geöffneten Stalltür und wirkte sichtlich demütiger.

      Munuel verdrehte die Augen. »Was ist denn so wichtig?«

      »Na da is‘ son‘ Fremder im Dorf, der halt nur mit‘m Dorfmagier reden will. Und Vater war voll eingeschüchtert.

      Munuel

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