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Du hast doch Erfahrung in solchen Dingen.“

      „Mit ‚solchen Dingen‘ habe ich keine Erfahrung. Bei mir lag noch keine tote Frau im Bett.“

      „Ich habe einen großen Koffer, aber der ist nicht groß genug. Und sie klein machen … nein, das kann ich nicht. Ich habe auch an einen Müllsack oder so einen Jutesack gedacht. Du kennst die Säcke. Diese für den Biomüll. Nur, wohin mit dem Sack? Kannst du nicht bei mir vorbeikommen?“

      „Du bist tatsächlich irre. Ich glaube, ich rufe die Kollegen an.“

      „Die Kollegen, die Kollegen! Wieso kannst du denn nicht kommen?“

      „Ich bin nicht zu Hause. Ich bin in Urlaub.“

      „Du bist gar nicht zu Hause? In Urlaub? Wo bist du denn?“

      „Auf Borkum.“

      „Auf Borkum? Kenn ich. Ja, wo denn da?“

      „Direkt am Deich. Eine Ferienwohnung in der Straße ‚Hinter dem Deich‘ …“

      Ronni schlug sich mit der Hand auf den Mund. Das war ein Fehler. Er hätte besser Berti nicht verraten, wo er war. Aber es war zu spät.

      „Besser ist es, du stellst dich. Das wirkt sich immer positiv auf das Urteil aus. Mord im Affekt. Dann wird aus dem Mord vielleicht Totschlag und du bekommst weniger als fünfzehn Jahre.“

      „Na, das sind ja tolle Ratschläge und Aussichten. Aber ich war es doch gar nicht.“

      „Wer ist sie überhaupt?“

      „Meine Freundin natürlich. Wir haben uns im vorigen Jahr in Troisdorf kennengelernt. Auf dem Weihnachtsmarkt. Sie war mit einem Freund dort. Du verstehst?“

      „Einen Freund in Troisdorf. Und du hast sie ihm ausgespannt. Ja, das verstehe ich. Wie heißt sie denn?“

      „Moni.“

      „Ah, Moni, heißt sie. So hieß auch einmal eine frühere Freundin von mir.“

      „Du hast eine Freundin – ich dachte, du wärest verheiratet? Habe ich irgendwann in der Presse gelesen.“

      „War ich mal. Aber das ist schon lange her. Auch das mit Moni ist schon eine sehr lange Zeit her.“

      „Und deine ehemalige Freundin hieß auch Moni? Welch ein Zufall. Du hast sie aber bestimmt nicht in Troisdorf kennengelernt?

      „Doch habe ich, meine Moni.“

      „Wie ist denn der Nachname deiner Moni?“

      „Stark.“

      „Stark? Das ist ja stark. Wie meine Moni.“

      „Nein, nicht deine Moni – meine Moni.“

      „Das ist ja verrückt. So ein Zufall. Meine Moni scheint auch deine Moni zu sein. Warum hattet ihr euch denn getrennt?

      „Ich glaube, ich bin im falschen Film. Meine ehemalige Freundin Moni ist, beziehungsweise war, bis jetzt deine Freundin und sie liegt jetzt nackt und tot in deinem Bett?“

      „Wahrscheinlich ist das so, Ronni.“

      Pause. Ronni musste erneut schlucken.

      „Ich werde jetzt die Kollegen anrufen. Oder ist vielleicht jemand von der Sendung ‚Verstehen Sie Spaß‘ am Apparat?“

      „Quatsch, ich bin`s, Berti. Nicht das Fernsehen.“

      „Du bist es tatsächlich, Berti? Keine Verarsche?“

      „Nein, natürlich nicht. Nun sag schon: Warum hattet ihr euch getrennt?“

      „Das ist doch jetzt nicht wichtig. Aber wenn du es unbedingt wissen willst: nach der Kur. Sie hatte während der Kur einen Kurschatten.“

      „Ich bin kein Kurschatten von ihr. Ich habe sie auf anständige Art und Weise bekommen. Ist doch klar: Sie war auch deine Freundin. Du steckst mit in dieser Sache drin. Du musst mir helfen – und keine Polizei!“

      „Werde ich nicht. Ich rufe die Polizei.“

      Keine Antwort.

      Stille, völlige Stille, das Gespräch war beendet.

      Berti hatte aufgelegt.

      Ronni betrachtete sein Smartphone in der Hand. Berti, sein früherer Freund, hatte einfach aufgelegt.

      Er musste die Polizei in Troisdorf anrufen. Aber was sollte er seiner Kollegin oder seinem Kollegen dort sagen?

      „Berti Dumm hat mich angerufen. Er sagte, in seinem Bett liegt eine Leiche. Seine Freundin, Moni Stark. Sie wurde erwürgt. Nicht von Berti. Von wem, weiß er nicht. Aber sonst gibt es niemand in der Wohnung. Er wohnt in Bergheim. Nein, eine genaue Anschrift kenne ich nicht. Ich habe Berti Dumm seit Jahren nicht mehr gesehen. Wieso er mich nach all den Jahren anruft, weiß ich auch nicht so genau. Wahrscheinlich, weil er meinen Namen in der Zeitung gelesen hat.“

      „Ja, ja, und Ihr Freund heißt Dumm und seine Freundin Stark und Sie sind der Osterhase“, würde seine Kollegin oder sein Kollege antworten und schmunzeln.

      Wie dumm wäre das!

      Den Anruf bei der Polizei musste er sich verkneifen. Zumindest vorerst.

      2

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      Ronni ging unablässig im Wohnzimmer der Ferienwohnung auf und ab. Die Wohnung befand sich im Parterre und war nicht sehr groß. Wohnzimmer mit integrierter Küchenzeile, Bad und Schlafzimmer. Kleine Terrasse mit angrenzender, großzügiger Rasenfläche. Kein Baum, kein Strauch, keine Blumen. Ihn störte diese Kargheit nicht sonderlich. Es war März und an Bäumen und Sträuchern waren sowieso noch keine Blätter und es gab sicherlich nur wenige Blumensorten, die dem rauen Nordseeklima und den Stürmen in dieser Jahreszeit standhalten würden.

      Seine Gedanken kreisten um Berti und die tote Moni.

      Sofort nachdem Berti aufgelegt hatte, versuchte Ronni, ihn zurückzurufen. Durch Bertis Anruf war dessen Nummer in seinem Smartphone gespeichert. Aber Berti ging nicht ans Telefon. Auch spätere Versuche waren ohne Erfolg. Es schien, als wolle Berti seine Hilfe nicht mehr. Irgendwie konnte er verstehen, dass sein ehemaliger Freund Angst vor dem Besuch der Polizei hatte. Und er konnte und wollte ihm nur helfen, indem er seine Kollegen anrief.

      Wieder einmal nahm er sein Smartphone vom Tisch, um es nach wenigen Augenblicken wieder hinzulegen.

      Er hatte sich entschieden, die Polizeidienststelle in Troisdorf oder Bonn nicht anzurufen. Jetzt überlegte er, ob er seinen Freund und Kollegen Frank Eisenstein anrufen sollte. Ihm könnte er diesen mysteriösen Anruf in Ruhe erklären und Frank würde ihn mit Sicherheit nicht auslachen oder ihm Vorwürfe machen. Wieso eigentlich Vorwürfe? Er hatte keinen Fehler begangen. Er hatte sich nichts vorzuwerfen. Okay, er hätte Berti nach dessen Anschrift fragen sollen. Nein, fragen müssen. Er war sich sicher, dass er das auch noch getan hätte, wenn Berti nicht so plötzlich aufgelegt hätte.

      Nein, er würde auch Eisenstein nicht anrufen – nicht jetzt.

      Er blieb vor der Terrassentür stehen und schaute hinaus. Zu dieser Jahreszeit war es bereits seit Stunden dunkel. Nur das Licht seines Wohnzimmers erhellte die Terrasse und die ersten Meter des Rasens. Er war in diesem Haus der einzige Feriengast. Die Wohnungen neben ihm und über ihm standen leer. Als er das beim Einzug erfahren hatte, hatte es ihn erfreut. Keine lästigen Nachbarn, die einem bei jedem Zusammentreffen ein Gespräch aufzwingen wollten. Kein Kindergeschrei und kein Fußgeklapper und Möbelrücken über ihm.

      Jetzt hatte er das Gefühl, die Wohnung ersticke ihn. Alles engte ihn hier ein. Er konnte keinen klaren Gedanken und schon gar keinen endgültigen Entschluss fassen. Er musste raus, raus an die frische Luft.

      Ronni steckte sein Smartphone in die Hosentasche, schnürte seine hohen

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