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will seine Briefe doch immer vor dem Mittagessen vorgelegt bekommen.«

      »Vor eins kommt er heute sicher nicht aus der Praxis«, vermutete Sarina. »Im Wartezimmer herrscht noch die reinste Invasion.«

      Gabi runzelte die Stirn. »Sind da eigentlich auch noch Patientinnen von der Carisi mit dabei?«

      Sarina schüttelte den Kopf. »Sie wissen doch ganz genau, daß Frau Dr. Carisi ihr eigenes Wartezimmer hat. Und ihre Sprechstundenhilfe achtet sehr darauf, daß sich keiner der Patienten zu Dr. Daniel verirrt.«

      Gabi seufzte abgrundtief. »Also besonders glücklich bin ich über diese seltsame Gemeinschaftspraxis nicht. Ein Frauenarzt und eine Allgemeinmedizinerin – das paßt doch gar nicht zusammen.«

      Sarina schmunzelte. »Ist es nicht eher Ihre Eifersucht auf Frau Dr. Carisi, die da nicht dazupaßt?«

      Brennende Röte überzog Gabis hübsches Gesicht. »Sie sind ja wohl verrückt, Sarina! Der Chef ist doppelt so alt wie ich.«

      »Aber Sie verehren ihn trotzdem grenzenlos.« Sarina grinste. »Ich übrigens auch. Trotzdem finde ich, daß er und Frau Dr. Carisi wunderbar zusammenpassen würden.«

      »Dann spielen Sie doch Amor«, knurrte Gabi.

      »Ach, ich glaube, das ist gar nicht nötig«, meinte Sarina scherzend. »Über kurz oder lang wird es zwischen den beiden ohnehin funken.« Davon war sie selbst gar nicht mal überzeugt, aber es machte ihr einfach Spaß, Gabi ab und zu ein bißchen zu ärgern. Die junge Empfangsdame schwärmte ja schon eine ganze Weile für ihren attraktiven Chef und sah daher nur ungern ein anderes weibliches Wesen in seiner Nähe – es sei denn, es handelte sich um eine etwas ältere Dame oder um ein unscheinbares Mauerblümchen. Frau Dr. Carisi war aber weder das eine noch das andere, und das führte bei Gabi zu rechten Eifersuchtswallungen, was Sarina wiederum köstlich amüsierte.

      Das Klingeln an der Praxistür unterbrach die Diskussion der beiden jungen Frauen.

      »Wenn die auch nicht angemeldet ist, werde ich noch langsam unfreundlich«, prophezeite Gabi, dann drückte sie auf den elektrischen Türöffner.

      »Guten Tag«, grüßte die hereintretende Frau mit einem freundlichen Lächeln.

      »Grüß Gott, Frau Doschek«, erwiderte Gabi etwas milder gestimmt. Die Patientin war nämlich nicht nur angemeldet, sondern auch schwanger, und da war Rücksichtnahme geboten. »Nehmen Sie bitte noch einen Augenblick im Wartezimmer Platz, und erschrecken Sie nicht vor der Patientenflut da drinnen. Sie kommen jedenfalls pünktlich dran.«

      Valerie Doschek winkte ab. »Ach, mir macht es nichts aus, wenn ich ein bißchen warten muß. Ich habe Zeit.«

      Diese Worte nahmen Gabi noch mehr für die junge Frau ein.

      »So etwas höre ich leider viel zu selten«, seufzte sie. »Die meisten Patientinnen wollen schon wieder fertig sein, ehe sie überhaupt hereinkommen.«

      Valerie mußte lachen. »Wissen Sie, Frau Meindl, bevor ich schwanger wurde, habe ich mich um die Besuche beim Frauenarzt auch nicht gerade gerissen, aber jetzt… das Abhören der Herztöne, die Ultraschallaufnahmen – das ist alles so ungeheuer spannend.«

      Gabi lächelte. »Das kann ich mir vorstellen.« Sie warf einen Blick auf die Karteikarte der Patientin. »Jetzt ist es ja bald soweit.«

      Valerie nickte eifrig. »In sieben Wochen.« Sie seufzte. »Ich kann es schon fast nicht mehr erwarten.« Dann erblickte sie die Akten, die sich neben Gabis Schreibmaschine bereits stapelten. »Meine Güte, ich erzähle und erzähle, dabei haben Sie sicher eine Menge Arbeit. Jetzt halte ich Sie aber wirklich nicht länger auf.« Sie nickte Gabi lächelnd zu, dann verschwand sie im Wartezimmer.

      »Eine nette Frau«, urteilte Gabi, dann konzentrierte sie sich auf ihre Arbeit und wurde tatsächlich keine Minute zu früh damit fertig, denn Dr. Daniel kam zwischen zwei Terminen rasch heraus, um die anfallende Post zu unterschreiben, dann warf er einen Blick auf die vielen Karteikarten, die noch bereitlagen.

      »Heute gönnt man mir anscheinend mein Mittagessen nicht«, meinte er, bevor er sich Sarina zuwandte. »Wer ist die nächste Patientin?«

      »Frau Doschek.«

      Dr. Daniel nickte. »Sagen Sie ihr bitte, sie möge sich noch einen Augenblick gedulden. Ich muß eine Kleinigkeit essen, sonst breche ich zusammen, und mein Mittagessen kann ich mir heute anscheinend sowieso schenken.«

      »Wir auch«, murmelte Gabi, als Dr. Daniel die Praxis verlassen hatte. »Leider haben wir unsere Wohnungen aber nicht in so greifbarer Nähe wie der Chef.«

      »Heute sind Sie aber wirklich am Nörgeln, Gabi«, hielt Sarina ihr vor. »Es passiert sowieso nur selten…« Sie stockte, weil Dr. Daniel in diesem Moment zurückkehrte und ein Tablett hereinbalancierte.

      »Sie sollen mir natürlich auch nicht verhungern«, meinte er lächelnd, stellte das Tablett auf Gabis Schreibtisch ab, nahm einen der drei reichlich gefüllten Teller und kehrte in sein Sprechzimmer zurück, während sich Sarina und Gabi eifrig über diese unerwartete Zwischenmahlzeit hermachten.

      »Er ist wirklich einzigartig«, schwärmte Gabi. »Welcher andere Chef würde wohl an uns armes Fußvolk denken?«

      »Seine Schwester ist aber auch eine hervorragende Köchin«, urteilte Sarina.

      Gabi nickte. »Es ist schon gut, daß sie ihm den Haushalt führt.«

      Ein neckisches Grinsen erschien auf Sarinas Gesicht. »Ansonsten würden Sie sich eben um unseren lieben Chef kümmern, nicht wahr?«

      »Manchmal sind Sie ein richtiges Biest«, meinte Gabi, doch sie lächelte dabei. Mit vollem Magen konnte man derartige Scherze eben gelassener hinnehmen.

      *

      Währenddessen hatte auch Dr. Daniel ein wenig hastiger als sonst gegessen. Er liebte diese Hektik nicht besonders, aber manchmal ging es nicht anders. Dann ließ er von Sarina die nächste Patientin hereinbringen. Mit einem freundlichen Lächeln kam er der schwangeren jungen Frau entgegen.

      »Grüß Gott, Frau Doschek. Wie geht’s Ihnen?« wollte er wissen.

      »Blendend!« erklärte Valerie nachdrücklich. »Nur die Wartezeit auf mein Baby wird mir allmählich ganz schön lang.«

      Dr. Daniel schmunzelte. »Das höre ich von vielen werdenden Müttern. Aber bei Ihnen wird es ja nun wirklich nicht mehr lange dauern.« Er warf einen Blick auf seine Notizen in der Karteikarte. »Sind Sie noch immer entschlossen, zu Hause zu entbinden?«

      Valerie nickte. »Ja, ich möchte auf alle Fälle eine Hausgeburt. Mit Frau Lüder habe ich schon alles deswegen vereinbart.«

      Nachdenklich strich sich Dr. Daniel über das Kinn. »Eigentlich hatte ich gehofft, Sie würden es sich doch noch anders überlegen und zur Entbindung in die Waldsee-Klinik gehen. Verstehen Sie mich nicht falsch, Frau Doschek, Frau Lüder ist eine erstklassige Hebamme, aber auf die bräuchten Sie auch in der Klinik nicht zu verzichten. Sie war schon öfter bei Entbindungen in der Waldsee-Klinik dabei. Mir persönlich wäre allerdings wirklich wohler, wenn ich Sie in der Klinik wüßte.«

      »Warum denn?« wandte Valerie ein. »Meine Schwangerschaft ist bisher völlig normal verlaufen, und ich denke nicht, daß das bei der Geburt anders sein wird.«

      »Damit haben Sie wahrscheinlich sogar recht«, räumte Dr. Daniel ein. »Aber ich habe oft genug erlebt, daß bei einer Geburt, bei der eigentlich keine Komplikationen zu erwarten waren, plötzlich doch welche aufgetreten sind und dann ganz schnell ein Kaiserschnitt gemacht werden mußte. Ich will Ihnen keine Angst machen, Frau Doschek, aber ich muß Sie nun mal darauf hinweisen, daß so etwas grundsätzlich passieren kann.«

      Dr. Daniels Worte stimmten Valerie nun doch ein wenig nachdenklich, aber letztendlich siegte ihr Wunsch nach der häuslichen Geborgenheit.

      »Ich möchte es meinem Kind und mir so richtig gemütlich machen«, meinte sie. »Ohne Hektik und Krankenhausroutine, und ich bin sicher, daß ich keinen Kaiserschnitt benötigen

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