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Sie hörte ihn hinterm Haus Holz hacken.

      Wo aber war Pool?

      Er hatte in sein Zimmer gehen wollen, doch später hatte sie ihn die Treppe hinuntergehen hören. Das war verdächtig.

      Das Mädchen überlegte fieberhaft. Wenn sie Reiniger den Beweis liefern konnte, wer der Mörder war, gelang es dem Detektiv sicher, ihn zu überwältigen.

      Ihr Entschluss stand fest. Geräuschlos verließ sie das Zimmer und schlich die Treppe hinunter. Sie trat vors Haus und sah gerade noch, wie ein Mann in einem der Ställe verschwand. Das konnte nur der Reverend sein.

      Was hatte er im leeren Stall verloren? Das zu erfahren war bestimmt interessant.

      Mabel Taylor drückte sich am Haus entlang und rannte leichtfüßig weiter.

      Das Holzhacken hörte nicht auf.

      Es gelang ihr, das Stallgebäude zu umgehen und sich ihm von der Rückseite zu nähern. Vorsichtig schlich sie heran. Sie hörte leise Geräusche im Stall. Es war, als würde jemand etwas suchen. Die Fenster des Stalls waren in einer Höhe angeordnet, die sie nicht ohne weiteres erreichen konnte. Aber neben dem Schuppen sah Mabel Taylor ein Holzfass liegen. Es war nicht mehr ganz intakt, aber ihr Gewicht würde es wohl noch aushalten.

      Sie huschte weiter und blieb neben dem Fass stehen. Es stank bestialisch. Offenbar diente es früher zur Aufnahme von Talg. Die Reste waren ranzig und nahmen dem Mädchen fast den Atem.

      Behutsam legte sie das Fass um und rollte es zum Stall. Dabei vermied sie sorgfältig jedes Geräusch. Unter einem der Fenster richtete sie das Fass wieder auf und kletterte hinauf. Das war gar nicht so einfach, denn das Fass war drei Fuß hoch. Schließlich schaffte sie es doch. Sie musste sich noch auf die Zehenspitzen recken, um durchs Fenster sehen zu können.

      Zuerst erkannte sie nur die gegenüberliegende Tür. Es war dunkel im Innern des Stalles. Dann sah sie, wie sich etwas bewegte. Das konnte nur der Reverend sein.

      Jetzt sah sie den Mann deutlicher. Zumindest seine Umrisse. Er bückte sich und scharrte Stroh beiseite.

      Mabel Taylor hielt den Atem an. Sie war sicher, gleich Zeuge von etwas sehr Wichtigem zu werden. Da wurde sie von hinten von einem kräftigen Arm umschlungen und mit einem Ruck von der Tonne gerissen. Bevor sie schreien konnte, legte sich eine riesige Pranke auf ihren Mund und presste ihn zu. Über ihr schwebte Jims breites Gesicht. Er zeigte seine makellosen Zähne. Seine dunklen Augen funkelten.

      „Vielleicht muss Jim auch sterben“, flüsterte er heiser. „Aber vorher will Jim seinen Spass haben. Sehr viel Spass mit hübschem Girl. Wenn du schreist, macht Jim dich sofort tot. Wenn du nett bist, lässt Jim dich vielleicht laufen. Hinterher.“

      Mabel Taylor spürte heiße Angst in sich aufsteigen. Niemand war da, der ihr zu Hilfe eilen konnte. Sie war diesem Burschen ausgeliefert. Seine Nerven waren genauso strapaziert wie die ihren. Er wollte Dampf ablassen, und ausgerechnet sie sollte sein Ventil sein.

      Jim schleppte sie zum Schuppen und verschwand mit ihr darin. Er warf sie auf einen Haufen Hobelspäne und zeigte ihr ein großes Messer.

      „Du kannst schreien“, sagte er keuchend. „Dann hast du es gleich hinter dir. Niemand wird wissen, wer dich erstochen hat. Man wird dich erst später finden. Du bist eben die vierte Leiche. Na und?“

      Mabel Taylor sah ein, dass sie keine Chance besaß. Selbst das Motorengeräusch, das langsam näher kam, konnte ihr nicht mehr helfen. Bevor jemand sie hier im Schuppen entdeckte, war alles vorüber.

      Jim grinste genüsslich. Auch er hörte die Fahrzeuge. Mit einem Ruck zerriss er ihr die Bluse und warf sich über sie.

      15

      Unangefochten erreichten sie die Ranch. Niemand war ihnen gefolgt. Keiner hatte sich ihnen in den Weg gestellt. Die Männer stellten die Wagen ab und stiegen aus. Wenn sie erwartet hatten, dass sich der Initiator nun endlich zu erkennen gab, sahen sie sich enttäuscht. Kein Empfang. Keine neue Anweisung. Nichts.

      Auch von den Frauen, Jim und dem Reverend war nichts zu hören oder zu sehen. Waren sie etwa alle tot?

      Während alle anderen auf das Hauptgebäude zugingen, wurde der Blick von Bount Reiniger von einem Gegenstand gefesselt. Er war grün und lag auf dem Boden vor dem Schuppen. Ein Frauenschuh. Bount zögerte nicht. Mit weiten Sätzen federte er auf den Schuppen zu und warf sich durch die nur angelehnte Tür.

      Ein gurgelnder Schrei empfing ihn. Ihm folgten zwei schwarze Fäuste, die ihn wieder ins Freie beförderten. Bount hatte genug gesehen. Die junge Taylor lag mit entsetzensweiten Augen auf dem Boden. Und nun schrie sie auch.

      „Halt’s Maul!“, herrschte sie der Schwarze an und griff nach dem Messer.

      Bount sprang ihm in den Nacken und versetzte ihm einen Karateschlag, der auch einen hundertjährigen Baumriesen gefällt hätte. Jim wankte nur geringfügig und stach mit dem Messer wild um sich. Die Klinge bohrte sich durch Bounts Jacke.

      Bount zerrte Jim aus dem Schuppen und gab dadurch Mabel Taylor endlich die Möglichkeit, sich in Sicherheit zu bringen. Sie schaffte aber nur drei Schritte. Dann brach sie ohnmächtig zusammen.

      Jim gelang es, Bount so mit seinen Armen zu umklammern, dass er sich nicht mehr rühren konnte.

      „Ich breche dir sämtliche Knochen“, keuchte er.

      Das glaubte ihm Bount ohne weiteres. Die erforderlichen Körperkräfte waren vorhanden. Aber die genügten nur in den seltensten Fällen. Bount spannte alle Muskeln an und ließ sie schlagartig wieder erschlaffen. Dadurch verschaffte er sich etwas Luft. Jim fasste nicht schnell genug nach. Bount hebelte ihn über seinen Kopf hinweg. Der riesige Kerl landete auf dem Boden. Im nächsten Moment riss Bount schon die Automatic aus dem Schulterholster und legte sie auf den Aufsässigen an.

      „Auf den Moment habe ich schon lange gewartet, dass ich mit dir ein offenes Wort wechseln kann“, sagte er grimmig. „Ich schätze, dass ich allerhand zu hören bekomme.“

      Jim blickte entsetzt in die Mündung. Von seiner Urgewalt war nicht mehr viel zu spüren. Er zitterte am ganzen Leib.

      „Ich ... ich bin nicht der Killer“, beteuerte er. „Ich wollte nur das Mädchen. Es gefiel mir. Das ist doch menschlich.“

      „Zugegeben. Aber wenn du der Kleinen mehr als ein Haar gekrümmt hast, geht es dir schlecht.“ „Sie ist okay. Ich schwöre es. Ihr seid zu früh zurückgekommen.“

      „Und Mabel hat klugerweise ihren Schuh als Hinweis zurückgelassen. Vielleicht hat sie ihn auch nur zufällig verloren. Das spielt keine Rolle mehr. Ich stelle dir jetzt ein paar Fragen, und du wirst sie mir wahrheitsgemäß beantworten. Auch ich bin seit gestern einigermaßen nervös. Da kenne ich mich dann selbst nicht mehr. Also, heraus mit der Sprache! Wer ist dieser Mister Unbekannt?“

      Jim schüttelte verzweifelt seinen Wollkopf.

      „Das weiß ich wirklich nicht. Ich habe mit allem nichts zu tun. Ich hatte lediglich den Auftrag, den Reverend und Mister Lynch hierherzubringen.“

      „Von wem stammte dieser Auftrag?“

      „Von Mister Stanley. Ich sollte nichts verraten. Es hieß, das Ganze sei ein großer Spass. Ich bekam hundert Dollar, damit ich den Mund hielt.“

      „Aber Mister Stanley ist tot. Er hat mich engagiert, weil er sich von den vielen fremden Leuten auf seiner Ranch bedroht fühlte.“

      „Ich schwöre es.“

      Bount glaubte ihm sogar. Bereits während der Fahrt nach Alliance hatte er die Überzeugung gewonnen, dass die Stimme auf dem Tonband James Stanley gehörte. Er musste die Kassette schon vor seiner Ermordung besprochen haben.

      Jims Aussage rundete den Verdacht ab. Stanley hatte zusammen mit einem Partner den Plan ausgeheckt, die sechs Gefangenen befreien zu lassen. Als sich alle Leute auf der Ranch befanden, wurde der Rancher überflüssig.

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