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professorale Antwort war ziemlich knapp, aber klar:

      „Gut, versuchen Sie’s. Und melden Sie sich, wenn Sie so weit sind.“

      Fietje hatte sich gleich nach Ende des Studiums nicht nur in Frankfurt bei der ITSolutions AG beworben, sondern sogar noch vor dem ersten Vorstellungsgespräch Darmstadt und seiner dortigen Alma Mater den Rücken gekehrt und in Frankfurt-Sachsenhausen tatsächlich ein 1-Zimmer-Appartement ergattert. Die Vermieterin war eine junge Frau, recht hübsch eigentlich, aber für seinen Geschmack viel zu mollig. Und er hoffte im Stillen, dass die ihm die kleine Wohnung nicht deshalb vermietet hatte, weil sie hoffte, dass sich Fietje ein wenig um sie ‚kümmern‘ würde. Er stellte aber kurz nach seinem Einzug fest – sie bewohnte in dem 4-stöckigen Altbau die oberste Etage – dass sie in ‚festen Händen‘ war. Der zugehörige Partner war ein wenig älter als sie, trug schon Bauch und den mit einer gewissen Grandezza. Später erfuhr er, dass er bei der Sparkasse arbeitete.

      Fietje war erleichtert, denn er war zwar ein Fan von hübschen Frauen, insbesondere, wenn sie nur kurzzeitig etwas von ihm wollten, aber das nur, wenn sie rank und schlank waren. Mollig war ihm unangenehm, allenfalls etwas kräftigere Hüften konnte er sich noch vorstellen, aber ja keine volle Oberweite. Im 2. Semester hatte er mal ziemlich angetrunken eine ‚dralle Deern‘ mit zu sich genommen, die sich dann irgendwie in paradiesischem Outfit auf ihn gesetzt hatte. Das war zwar ein schöner Anblick gewesen, aber als das innige Beisammensein zu seinem natürlichen Ende kam, beugte sie sich seufzend über ihn und er erinnerte sich noch voller Schrecken, dass er zwischen ihren Brüsten fast erstickt wäre. Seitdem achtete er stets auf die Oberweite seiner zeitweiligen Partnerinnen und war zu der Erkenntnis gekommen, dass klein, fest und zart ihn viel mehr anmachte. Und sehr, sehr selten dachte er auch mal weiter, nämlich dass er eines fernen Tages vielleicht mal für immer mit einer Frau zusammen sein wollte und wenn die dann älter würde und vielleicht Kinder von ihm hatte, zu viel Oberweite mit Sicherheit den Gesetzen der Schwerkraft folgen würde. Dann musste er jeweils grinsen und erfreute sich wieder an klein, fest und zart.

      Das Bewerbungsgespräch bei der ITSolutions AG war aus seiner Sicht ganz zufriedenstellend verlaufen. Zum Glück hatte er von seinen Eltern wenig von der ostfriesischen Wortkargheit geerbt – wenn seine Eltern extrem introvertiert geraten waren, war ihm eher das Gegenteil zuteil geworden. Er redete viel und gerne und hatte zumindest fachlich auch fast immer etwas zu sagen. Er meinte zu dem Thema immer ‚minus mal minus gibt plus‘, d.h. zwei wortkarge Elternteile ergeben ein quasselndes Kind.

      Die Fähigkeit gut und überzeugend zu reden, gepaart mit einem guten Studienabschluss und dem Hinweis auf eine anstehende Promotion hatten offenbar Eindruck gemacht, denn vier Wochen nach dem Vorstellungsgespräch lag der Brief im Kasten, dass man ihn einstellen wolle. Der Brief kam am 15. Mai, am 15. Juni könne er anfangen. Er solle sich beim Personalchef melden – voraussichtlich solle er bei einer Software-Entwicklung mitarbeiten, die Banken eine bessere Abschätzung ihrer Risiken bei Eigengeschäften ermögliche. Fietje dachte, dass er sich verhört hatte – das sollte doch seine Doktor-Arbeit werden. Und man sagte ihm noch gleich dazu, dass vielleicht in einem weiteren Schritt das Projekt über eine Verzahnung zur EZB und zu den Regierungen zur Risiko-Beurteilung seitens der Finanzministerien erweitert werden sollte.

      Fietje nutzte die ihm verbleibenden vier Wochen. Er lernte die neue Umgebung kennen, manchmal fuhr er auch am Wochenende zu seinen Eltern, aber meistens blieb er in Frankfurt. Er kaufte sich Möbel für sein neues Domizil, als erstes ein großes Bett 2 x 2 m – ‚meine Werkstadt‘ dachte er grinsend. Einen Schrank brauchte er nicht, weil das Appartement einen eingebaut hatte, ebenso konnte er sich die Kücheneinrichtung sparen, weil der Vormieter seine kleine Einbauküche einschließlich Kühlschrank zurückgelassen hatte. Einen Minischreibtisch hielt er für seinen Computer und Zubehör für dringlich, dann besorgte er noch einen Küchentisch mit 4 Stühlen und einen Sessel. Auf ein Sofa musste er schweren Herzens verzichten, weil der Platz dafür nicht ausreichte. Er war darüber etwas traurig, weil er doch so gerne mit der jeweiligen Young Lady, die er mitbrachte, erst einmal auf dem Sofa ‚Stimmung‘ erzeugen wollte. Und er wusste nicht, wie die Damen reagieren würden, wenn er sie gleich zum Bett führen würde. Seiner Mutter klagte er sein Leid, selbstverständlich mit einer anderen Begründung. Sie wusste Rat: An die Wand kam eine große dicke Rolle, über das Bett und die Rolle eine über 4 m2 große Bettspreite und so sah das Arrangement wie ein überdimensioniertes, sehr gemütliches Sofa aus.

      Da Fietje schnell heraus hatte, welche Kneipen in Sachsenhausen und anderen Frankfurter Stadtteilen angesagt waren, fand er auch sehr bald einen recht netten kleinen Freundeskreis und, wie aus seiner Sicht nicht anders zu erwarten, mehr als einmal ausgesprochen ansprechende junge Damen, die nicht nur so aussahen, sondern in aller Regel mehr als bereit waren, ein Schäferstündchen mit ihm zu verbringen. Das bisweilen auch bis zu einem gemeinsamen Frühstück am nächsten Morgen reichte. Doch binden wollte sich Fietje auf gar keinen Fall, er meinte nach wie vor, eine feste Beziehung sei nichts für ihn. Die eine oder andere der jungen Frauen bedauerte dies zwar, aber die meisten dachten nicht viel anders als er – sie wollten nur guten Sex haben. Fast immer waren sie auch bereit, mit ihm richtig zu schlafen, aber nur zu oft wurde daraus dann doch nichts: Die meisten bestanden nämlich auf einem Kondom, das er aber partout nicht mochte, weil es seine ‚Wahrnehmung‘ zu sehr einschränkte. So versicherte er der jeweils Angebeteten, dass er eine Latex-Allergie an seinem guten Stück habe, sodass er richtigen Sex nur ohne Kondom haben könne. Die Mädchen schreckten davor in aller Regel zurück, sodass es meist beim Petting blieb, was ihm aber vollauf genügte.

      Am 15. Juni begann dann der Ernst des Lebens für Fietje. Die Arbeit machte ihm genauso viel Freude, wie seine amourösen kleinen Abenteuer – er hatte gehofft, dass es mit der Arbeit so würde und war ausgesprochen dankbar, dass seine Erwartung sich so voll und ganz erfüllte.

      Er arbeitete in einem kleinen Team, sein Chef, Heribert Klause, war ein ‚irrer Typ‘, etwa 10 Jahre älter als Fietje und meinte schon am dritten Tag, er könne ihn duzen. Fietje wusste gar nicht, wie ihm geschah, denn er war der einzige im Team, dem diese Auszeichnung zuteilwurde.

      Die Arbeit war hart. Zwar hatte er offiziell einen 8-Stunden-Tag, aber meistens wurden es 9 oder 10 Stunden, bis er fertig war, denn wenn Fietje erst mal am Programmieren war, wollte er das Angefangene unbedingt bis zu einem gewissen Ende bringen, um am nächsten Morgen nicht wieder bei null anfangen zu müssen.

      Heribert Klause hatte schnell gemerkt, dass dieser Fietje eine ‚Schippe mehr drauf‘ hatte als seine anderen Mitarbeiter und selbst die Teamkollegen akzeptierten schließlich, dass er ‚mehr los‘ hatte als sie. Und Fietje war schlau genug, sich da nichts anmerken zu lassen – er zeigte auch mal einem Kollegen zwischendurch, wie der ein Problem anders angehen könne, um zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen.

      Klar, es gab auch Rückschläge und das nicht zu knapp. Und nur zu oft war Klause richtig verzweifelt, dass es nicht besser und schneller voran ging. Manchmal hatte er dann eine Idee, wie man die Karre wieder flottbekommen könnte und meist ging es dann wieder ein gutes Stück voran. Aber es gab auch Teilprogramme, an denen man sich richtig festgefahren hatte. Und zwei Mal – ob durch Zufall oder dank Uni-Studium, wusste er selbst nicht so recht – hatte Fietje die rettende Idee gehabt. Einmal war sie ihm gekommen, als er gerade mit einer Franziska abends zu Haus am Knutschen war. Die war stinksauer fortgelaufen, als er die Schmuserei plötzlich abbrach, um sich Notizen zu machen. Das andere Mal war ihm am Montagmorgen eine Lösungsmöglichkeit eingefallen, als er von Reichelsheim noch auf der B 45 in Richtung Frankfurt fuhr – er war so in seinen Gedanken gewesen, dass er fast einen schweren Auffahrunfall verursacht hätte.

      Beide Ideen hatten in der Umsetzung prächtig funktioniert. Seitdem hatte er bei Klause ein Stein im Brett. Und der kam immer öfter zu Fietje:

      „Du, ich häng schon wieder fest. Fällt Dir da was ein?“

      „Brauch ein bisschen. Geh mal frühstücken und bring mir auf dem Rückweg was mit. Und lass mich eine Stunde in Ruhe. Wäre ja gelacht, wenn wir das nicht gebacken kriegen.“

      Fietje war nun schon seit neun Monaten bei der ITSolutions AG, inzwischen war das Projekt beendet, das Programm fertig, es lief einwandfrei. Für den nächsten Morgen war die Präsentation beim Vorstandsvorsitzenden

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