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hat!

       Bilderrätsel

      Es ist Samstagabend. Das Telefon klingelt. Unsere Tochter fragt uns, ob wir Zeit und Lust zum Kartenspielen hätten. Na klar. Mein Mann hat keinen Dienst und ich arbeite ja am Wochenende sowieso nicht. Nach dem Telefonat überlegen wir schnell, was wir kochen wollen und sind in froher Erwartung auf unsere Tochter, ihren Freund, das Essen und das Rommé-Spiel. Das wird bestimmt wieder ein schöner Abend werden.

      Es dauert nicht lange und die beiden jungen Leute sind da. Die Kartoffelpfanne mit Pfefferbeißern ist auch schon fast fertig. Wer möchte was trinken? Die Männer fangen mit Bier an, ich mit Rotwein und unsere Tochter mit Wasser(!?). Das Abendessen verläuft in angenehmer Stimmung. Die jüngsten Neuigkeiten werden ausgetauscht. Als Dessert gibt es noch einen leckeren Schokopudding mit Sahne. Und schon wird der Tisch abgeräumt.

      Die Karten werden herausgeholt und die Spielliste wird vorbereitet. Es wird noch geklärt, ob wir die Platzwahl durch Los entscheiden wollen, weil es manchmal günstiger erscheint, hinter dem einen oder vor dem anderen ins Spiel zu kommen. Wir bleiben aber gleich so sitzen. Alle sind mit der Sitzordnung einverstanden.

      Doch bevor die Karten für die erste Runde ausgeteilt werden, holt unsere Tochter noch einen gefalteten Zettel aus ihrer Tasche und kündigt uns ein noch zu lösendes Bilderrätsel an. Ihr Freund lächelt mitwissend. Logisch. Er kennt ja die Lösung. Und wir dürfen uns jetzt den Kopf zerbrechen und uns womöglich blamieren, falls wir die Lösung nicht finden sollten.

      Wer mag Bilderrätsel? Ich nicht so. Sofort schießen mir mögliche Formate durch den Kopf. Fotos mit dem Detail eines Gegenstandes, den es zu erraten gilt. Darin bin ich ganz schlecht. Fotos mit Sehenswürdigkeiten, bei denen herauszufinden ist, in welcher Stadt oder in welchem Land sie sich befindet. Dafür fehlen mir die nicht unternommenen Weltreisen. Dann gibt es noch die Doppelbilder, bei denen die Unterschiede zu finden sind, von denen ich nie alle finde. Oder ist es vielleicht ein Wort oder ein Satz, den man aus der Bezeichnung von Bildchen, bei denen Buchstaben gestrichen oder ausgetauscht werden, zusammensetzen muss. Darin bin ich auch nur wenig erfolgreich, weil ich oft nicht die richtige Bezeichnung für das Bildchen finde, die der Autor seinem Bilderrätsel zugrunde gelegt hat. Wie die Aufgabe auch aussehen mag, ich kann mich eigentlich nur blamieren. Aber ich muss das Rätsel ja nicht allein lösen, vielleicht hat ja mein Mann eine zündende Idee.

      Und so nehmen wir den Zettel, werfen uns einen Mut zusprechenden Blick zu und öffnen ihn. Was ist das? Also das ist das leichteste Bilderrätsel, das ich je in meinem Leben bisher zu lösen hatte und sich auch auf den ersten Blick erklärt. Es ist ein Ultraschallbild. Wie ein Blitz schießt der Gedanke durch unsere Köpfe: Unsere Tochter ist schwanger! Juchhu! Unsere Freude lässt uns aufspringen und um den Tisch herum gehen. Wir drükken unsere Tochter und ihren Freund und gratulieren ihnen zu ihrer Elternanwartschaft. Freudentränen bahnen sich auf beiden Seiten ihren Weg.

      Aha, nun ist klar, warum unsere Tochter nur Wasser trinkt. Toll, darauf haben wir schon so lange gewartet. Aber sie selbst auch. Die Pille hatte sie schon vor einigen Jahren abgesetzt. Da bekommt man natürlich mit jedem Jahr Angst, dass es nicht klappen könnte. Aber jetzt ist es so weit, und wir freuen uns riesig. Wir sind zwar schon dreifache Großeltern, da unser Sohn bereits drei Söhne hat, aber jetzt zieht unsere Tochter nach. Super, super, super!

      Nachdem wir die wichtigsten Informationen und Gefühle ausgetauscht haben, spielen wir nun doch noch Karten. Dieser Abend endet jedoch früher als die bisherigen Spielabende, denn unsere Tochter ist müde. Sie und ihr Freund fahren nach Hause und auch wir liegen bald im Bett. Dort kommen wir aber nicht zur Ruhe. Die Freude über die Schwangerschaft unserer Tochter beschäftigt uns noch eine ganze Weile. Wir stellen fest, dass es ein völlig anderes Gefühl ist, wenn die eigene Tochter ein Kind erwartet, als wenn der Sohn Vater wird. Warum? Was ist der Unterschied? Vielleicht weil es unsere Kleine ist, die nun erwachsen wird? Werden Kinder erst durch eine Mutter- oder Vaterschaft erwachsen? Sind und bleiben sie bis dahin einfach nur Kinder? Wir finden keine richtige Antwort darauf, liegen aber noch lange wach und schwelgen in Erinnerungen, wie das bei uns damals mit der Kinderzeugung und den ersten Erfahrungen als junge Eltern war.

      Was so ein Bilderrätsel alles auslösen kann! In diesem Fall eine schöne schlaflose Nacht.

       Brief an den Praktikanten …

      der Berliner Zeitung

      Diesen Brief habe ich in Bezug auf den Artikel „Freitage für die Zukunft“ in der „Berliner Zeitung“ vom 1. März 2019 geschrieben. Ein Schüler fragt sich, ob er lieber zum Unterricht gehen oder an den Freitagstreiks teilnehmen sollte.

      Sehr geehrter Herr …,

      ich bin zwölf Jahre Schüler gewesen und weiß, wie schön es ist, wenn der Unterricht mal ausfällt. Ich bin auch vierzig Jahre Lehrerin gewesen und kenne dieses Gefühl ebenso für diese Berufsgruppe. Das würde jeder arbeitende Mensch so empfinden, solange sich bei ihm keine finanziellen Verluste ergeben. Wenn der Ausfall jedoch durch das Fernbleiben der Schüler vom Unterricht wegen Streik erfolgt, frage ich mich schon, wem das nützen soll, zumal ich weiß, dass es Schüler gibt, die dem Unterricht fernbleiben, ohne zum Streik zu gehen. Aber das ist ein völlig anderes Problem.

      Also bleibt die Frage, wem es nützt.

      „Keinem“, sage ich klipp und klar. Dem Lehrer …? Der Schule …? Dem Schüler …? Der Umwelt …? Keinem!!! Es gab Zeiten, da wurde gegen den Unterrichtsausfall gestreikt. Das machte Sinn. Jetzt legitimieren sich Schüler mit einer löblichen Idee, den Unterrichtsausfall hinzunehmen. Und Sie stellen sich jetzt sogar noch vor, das klassenweise möglichst jeden Freitag zu tun. Dafür ist die Schule aber nicht da. Ganz im Gegenteil: Nutzen sie doch das Bildungsangebot so umfangreich wie möglich, werden Sie klug und finden Sie tolle Methoden, um der Umwelt zu helfen, um die Zerstörung der Natur aufzuhalten. Wenn Sie sich den Streiks anschließen wollen, überlegen Sie, wie sehr die Bequemlichkeit und der Wohlstand jedes Einzelnen mit dafür verantwortlich sind, dass es die heutigen Probleme mit der Umwelt gibt. Und wenn Streik, dann müsste es wohl gegen den Wohlstandsanspruch unserer Gesellschaft gehen. Ich sehe auch mich in der Pflicht und versuche mein Leben ökologisch freundlicher umzuorganisieren und meine Ansprüche zu reduzieren.

      Eine andere Seite zum Nachdenken: Wie Sie sehr gut bemerkt haben, müssen die streikwilligen Schüler den Unterrichtsstoff selbst nachholen. Richtig! Es ist nicht die Aufgabe der Lehrer, den Lernwilligen zugunsten der Streikenden Bildung zu verweigern. Rechnen Sie sich mal aus, wie viele Stunden das wären, wenn die Stunden von jedem Freitag nachgeholt werden müssten. Wollen Sie zwanzig Jahre zur Schule gehen? Außerdem bleibt ja nur das Wochenende, um den Stoff mühsam aufzuarbeiten.

      Also wenn sich die Schüler unbedingt für eine umweltfreundliche Politik einsetzen wollen, können sie das doch gerne tun. Jedes Wochenende, den ganzen Sonnabend und Sonntag und in den Ferien. Nur wenn jemand seine Freizeit dafür opfert, dann wird er für mich glaubwürdig. Alles andere ist Schulschwänzerei. Es gibt auch andere Wege, sich politisch zu engagieren, die die Lehrer ihren Schülern sicher gerne im Unterricht aufzeigen werden. Vielleicht sollten die „aktiven“ Schüler nicht mit Spruchbändern große Sprüche klopfen, sondern sich überlegen, wie und wo man großflächig zum Beispiel Laubbäume anpflanzen kann, vielleicht sogar persönlich.

      Apropos persönlich: Wasserverbrauch? Stromverbrauch? Elektronische Geräte? Auto? Essen? Verpakkung? Heizung? Kleidung? (Flug- und Schiffs)reisen? Theater? Konzerte? Kino? …? Wie viel Umweltunfreundlichkeit steckt da drin? Wer würde auf was verzichten? Wir alle sind mitverantwortlich!

      Mit freundlichem Gruß und dem Wunsch für verantwortungsvolles Handeln beende ich meine Zeilen.

      ….

      (Die hervorgehobenen Passagen wurden fünf Tage später unter der Rubrik „Leserbriefe“ in der Berliner Zeitung veröffentlicht.)

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