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klar zu kommen. Ich fand für mich auch „Gehilfen“, also nicht „Gehhilfen“, ganz nett.

      - Man beginnt das Laufen mit dem sogenannten Nachstellschritt und darf bei entsprechender Sicherheit den Wechselschritt praktizieren. Das gleiche gilt für das Treppensteigen, wobei der Wechselschritt dabei erst ungefähr drei Wochen später machbar ist.

      - Knien darf man direkt postoperativ, also von Anfang an.

      - Für das Schwimmen gibt es keine Einschränkungen. Allerdings muss die Narbe gut verheilt sein. Das heißt, dass das Schwimmen frühestens nach der Beseitigung der Klammern möglich ist.

      - Es werden dem Patienten folgende Sportarten empfohlen: Radfahren, Walken, Wandern, Wassergymnastik, das schon erwähnte Schwimmen und Joggen. Letzteres kann ich mir persönlich nicht mehr so gut vorstellen.

      - Sportarten, auf die man zukünftig verzichten sollte sind Alpinski, Turnen, Tennis, Squash und Kontaktsportarten. Dennoch habe ich schon gehört, dass viele Hüftoperierte wieder Fuß- oder Volleyball spielen oder sogar gut auf Skiern unterwegs sind.

      - Das Autofahren sollte man ebenfalls bis zu drei Monaten nach der Operation tunlichst unterlassen. Das ist vor allem eine versicherungstechnische Frage, falls etwas passiert.

      - Der Saunabesuch hingegen ist schon nach sechs Wochen postoperativ wieder möglich.

      - In schriftlichen Unterweisungen lese ich auch, dass Sex ebenfalls erst ab der sechsten Woche nach der OP erlaubt sei und das auch nur nach Anleitung. Das ist ein Passus, über den mein Mann und ich sich immer wieder amüsieren. Vor allem sind wir schon gespannt auf die dort erwähnte Anleitung. Wie wird diese wohl aussehen? Wird es praktische Übungen geben? Oder bleibt es nur graue Theorie wie mit dem versprochenen Eis?

      - Grundsätzlich gilt es, auf ein optimales Körpergewicht zu achten, beim Bücken das operierte Bein nach hinten zu stellen, erst wenn die Narbe schorffrei ist, zu duschen oder zu baden, vorsichtig zu sein bei der Wannen- und Duschkabinennutzung, Fahrräder mit einem tiefen Einstieg zu nutzen, grundsätzlich erhöht zu sitzen und einen tiefen PKW-Einstieg zu vermeiden. Es wird sogar ein SUV zum besseren Einsteigen und zum höheren Sitzen empfohlen.

      - Jedes Verhalten nach einer Hüft-OP bedarf der individuellen Absprache mit dem Arzt.

      Na, das sind doch mal deutliche Ansagen.

      Am restlichen Tagesablauf in der Klinik bemerke ich auch, dass die Kontrollen immer weniger werden. Es ist wohl alles gesagt. Es kommt auch keiner mehr, um das Essen für den nächsten Tag abzusprechen. Die Auswahl war insgesamt nicht schlecht. Verwöhnte Esser würden vielleicht auch meckern, aber ich esse ja, „was die Kelle kleckt“. So standen Linsensuppe mit Knacker, Fischfilet mit Salzkartoffeln, Hühnersuppe mit Nudeln und Sülze mit Remouladensoße und Bratkartoffeln auf dem Speiseplan. Dazu gab es immer genügend Rohkost oder Obst, von der Menge und Vielfalt an Getränken ganz zu schweigen.

      Zur Nacht hin habe ich noch ein nettes Gespräch mit der Nachtschwester und telefoniere mit meinem Mann. Für die eine heißt es Abschied nehmen, für den anderen mich wieder zuhause begrüßen und verwöhnen zu können. Ich freue mich!

       Entlassungstag:

      Heute werde ich abgeholt. Ich habe relativ gut geschlafen. Wahrscheinlich war ich einfach nur erschöpft genug. Nach der Visite wird mein Pflaster gewechselt. Der Pfleger ist ganz vorsichtig und sehr bemüht, mir keine Schmerzen zuzufügen. Ich sehe zum ersten Mal meine Narbe. So schlecht sieht sie gar nicht aus. Achtzehn Klammern zähle ich. Gut, dass sie schnell wieder abgedeckt wird. Ich habe einen höllischen Respekt davor. Die Vorstellung, dass die Naht wieder reißen könne, verschafft mir Gänsehaut pur.

      Mein letztes Frühstück steht für mich bereit. Dieses Mal ist es keine Henkersmahlzeit. Es gibt nach persönlichem Wunsch wie immer ein Croissant, Butter, Kirschmarmelade, Kaffee, Tee mit Honig, Joghurt und Obstsalat. Meine Tischnachbarin wurde vor mir operiert, darf jedoch noch nicht nach Hause. Ihre Knie-OP war wohl etwas komplizierter und der Genesungsprozess dauert länger. Da kann ich ja schön zufrieden sein mit meiner Hüfte.

      Bis mein Mann kommt, kann ich auch vom Damwild noch Abschied nehmen. Jeden Vormittag ist es im Wald vor meinem Fenster vorbeigezogen. Vielleicht wird es dort auch gefüttert, so als natürlicher Zoo zur besseren Genesung der Patienten, eine Art Tiertherapie. Allerdings war nie ein Hirsch zu sehen, aber das erwähnte ich ja bereits.

      Mein Mann holt mich pünktlich mit dem Auto ab. Das Einsteigen ins Auto ist eine ungewohnte Bewegung und bedarf einer ausgefeilten Logistik. Das Austeigen muss dann genau andersrum funktionieren, den Film sozusagen rückwärts drehen. Alles klappt bestens und wir kommen „gesund“ zuhause an. Dort stehen auch schon die Nachbarn (durch Zufall?) bereit und begrüßen mich. Natürlich muss ich mir gleich alle anderen bekannten Fälle von analogen Hüftoperationen, Komplikationen und Heilungswundern anhören. Aber alle freuen sich mit mir darüber, dass alles gut gelaufen ist.

      Da wir keinen Fahrstuhl haben, heißt es für mich von Anfang an, Treppen steigen zu müssen. My home is … ja, auch: my castle, aber ich meine: meine neue Trainingsstätte, my new fitness world. Ich brauche aber auch dringend einen Ruhepol. Und so richtet mir mein Mann einen Liegeplatz für den Tag her. Dennoch möchte ich nicht den ganzen Tag faul rumliegen, sondern mich wirklich viel bewegen. Soweit läuft auch alles gut. Nur das Schlafen in der Rückenlage wird für mich auch zuhause zu einer großen Herausforderung.

      Den Strumpf kann ich immer noch nicht alleine am operierten Bein anziehen. Da geht mir mein Mann zur Hand … eh, zu Fuß. So oft hat er sich noch nie vor mir niedergekniet. Das muss ich noch ein wenig auskosten.

       Folgewochen bis zur Reha:

      Der behandelnde Orthopäde sorgt für die nötigen Folgemaßnahmen. Er verschreibt mir die notwendigen Medikamente, auch die Thrombosespritzen, die mir ab sofort mein Mann allabendlich verpasst. Ich bekomme Stützstrümpfe verschrieben, um die Thrombose zu vermeiden, und Schuheinlagen, um die neue Beinlänge auszugleichen, denn das Bein mit der Hüftprothese ist jetzt einen halben Zentimeter länger. So kann man auch noch im späten Alter wachsen. Desweiteren bekomme ich noch Physiotherapien und Lymphdrainagen verschrieben.

      Vierzehn Tage nach der Operation werden die Klammern entfernt. Ich bin wie immer ein kleiner Schisser, denn die Narbe selbst und ihre Umgebung sind immer noch sehr berührungsempfindlich. Und so baue ich auf den Beistand meines Mannes. Er schaut zu und kommentiert die Aktion. Ich selbst will das nicht sehen. Aber ich zähle in Gedanken mit und wundere mich schließlich, dass die Schwester so schnell fertig ist. Das Herausziehen einiger Klammern habe ich offensichtlich gar nicht bemerkt, denn ich kam nicht auf achtzehn. Ich verbuche für mich: Klammern zu entfernen, ist harmlos. Jetzt darf ich auch endlich wieder duschen oder baden, soll aber vorsichtshalber noch zwei Tage warten. Na gut, die schaffe ich auch noch.

      In der dritten und vierten Woche mache ich große Fortschritte. Ich werde immer agiler, aber nicht unbedingt flotter. Deshalb vergehen die Tage für mich auch sehr schnell, denn ich kann alles nur sehr langsam verrichten. Die Spaziergänge an der frischen Luft ziehen sich in die Länge. Sowohl zeitlich gesehen, als auch durch die tägliche Verlängerung der Laufstrecke. Mittlerweile kann ich auch richtig auf der Toilette sitzen. Zum Aufstehen und Hinsetzen muss ich mich nicht mehr abstützen und verzichte Zuhause zunehmend auf die Gehhilfen. Auf der Straße dienen sie mir allerdings noch zur Sicherheit. Stufen, Bürgersteigkanten, bergauf und bergab sind noch Unsicherheitsfaktoren für mich. Um schließlich die Schultergelenke zu entlasten, verkürzen wir die Länge der Gehhilfen um zwei Stufen. Nun trage ich sie nur noch aus Sicherheitsgründen mit mir herum, ohne dass sie eine tatsächliche Stützfunktion ausüben.

      An der Narbe sind die Fortschritte ebenfalls gut abzulesen. Im Sommer kommt dann ein wenig Sonne rauf und das Bein wird wieder schön aussehen. Auch die Hitze im Bein schwindet immer mehr. Einen großen Anteil am Vorwärtskommen haben die Physiotherapeuten mit dem körperlichen Training und den Lymphdrainagen. Sportliche Übungen an der Kletterwand oder anderen Geräten fördern den Muskelaufbau, der wichtig ist, um das neue Gelenk so schnell wie möglich durch muskuläre Unterstützung zu entlasten. Ich fühle mich bei ihnen gut aufgehoben.

      Dass nun letztendlich wirklich nichts

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