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Ich fühlte mich so allein, und sie kam zufällig ’rüber und lieh sich Kaffee, und dann bin ich mit zu ihr gegangen. Anschließend waren wir im Kino und dann haben wir bei ihr etwas getrunken, und darüber sind wir im Sessel eingeschlafen. Ich hab’ wirklich nicht gewusst, dass du da bist!«

      »Aber du hättest doch mein Auto draußen sehen müssen«, antwortete er verwundert.

      »Hätte ich bestimmt, aber ich habe nicht darauf geachtet, wirklich nicht!«

      »Komisch, ich hab’ gar nicht gewusst, dass du so gut mit der Nachbarin harmonierst. Hast mir doch nie etwas davon erzählt!«

      »Bis jetzt war es ja noch nicht, aber wir haben uns eben beide einsam gefühlt. Ihr Mann kommt ja auch so selten nach Hause. Ist es denn schlimm?«

      »Nein, nein, ich mach’ dir doch keine Vorwürfe, wirklich nicht, Anja, ich war natürlich schrecklich in Sorge um dich. Ich hab’ mir die ganze Nacht überlegt, wo du wohl sein könntest. Hättest mir ja einen Zettel zurücklassen können!«

      »Aber du hast mir doch gesagt, du kommst erst morgen!«

      »Ja, richtig!« Er legte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.

      Anja hatte den Wunsch, schnell ihrer Freundin alles zu erklären, damit sich diese nicht verplapperte. Aber unter welchem Vorwand sollte sie jetzt gehen?

      »Komm ins Bett! Ist ja noch viel zu früh zum Aufstehen. Du bist doch auch müde, oder?«

      Und wie sie es war! Aber auf eine ganz andere Art, wie er es sich dachte. Er muss es doch merken, dachte sie immer wieder. Sieht man mir denn nicht an, was ich jetzt geworden bin? Langsam streifte sie die Kleidung ab und legte sich zu Bett.

      »Warum bist du eigentlich zurückgekommen?« Sie fragte es nur, um die Stille zu überbrücken.

      »Jemand anders ist mir zuvorgekommen. Ich hab den Auftrag nicht bekommen!« Es klang mutlos und resignierend.

      Sie hatte schreckliches Mitleid mit ihm. Er plagte sich so und hatte oft eine Niederlage. Nein, jetzt konnte sie ihm erst recht nichts von dem Verlust des Geldes sagen. Niemals!

      »Sag mal, fühlst du dich wirklich so einsam, dass du bei anderen Trost suchen musst?«

      »Ach, Werner, so ist es doch nicht! Ich weiß nur nicht, was ich tun soll. Die Wohnung, das bisschen Essen, und dann sitze ich herum und tue nichts. Warum willst du nicht, dass ich wieder ein wenig arbeiten gehe, nur halbe Tage, weißt du. Vielleicht als Verkäuferin, es würde mir Spaß machen, wirklich. Und ich verdiente dann Geld, und wir könnten unsere Schulden schneller bezahlen!« Ein Strohhalm, an den sie sich klammerte.

      »Anja, ich verdiene für uns beide genug. Ich kann allein für uns sorgen. Du solltest es dir gemütlich machen. Und weißt du, ich möchte es deshalb nicht, weil die berufstätige Frau abends müde und abgespannt ist. Man geht sich auf die Nerven und sagt dann Dinge, die man vielleicht nicht sagen wollte. Und du weißt doch selbst, wie viele junge Ehen in die Brüche gehen, eben weil sie nebeneinander leben und nicht miteinander. Ich möchte das nicht, ich möchte dich nicht verlieren. Ich liebe dich, und ich möchte, dass es immer so bleibt - immer! Ich verspreche dir, wenn die Schulden bezahlt sind, werde ich mich mehr um dich kümmern, wir werden es uns dann wundervoll machen, du und ich!«

      Ein Kloß saß in ihrer Kehle. Sie hätte heulen können. Er war so lieb und nett zu ihr, und sie?

      Er kam zu ihr herüber, legte den Arm um ihre Schultern und zog sie an sich.

      »Ich liebe dich, das weißt du doch, nicht wahr?«

      »Ja!«

      Er begann sie zu küssen, und sie schloss die Augen. Sie fühlte sich elendig und schmutzig. Er sollte sie nicht berühren, nicht jetzt, nicht heute. Sie musste das andere erst vergessen. Werner bedrängte sie, zärtlich und verlangend. Ich will nicht, dachte sie verzweifelt, ich kann ihn jetzt nicht ertragen, nicht nach dem, was ich getan habe.

      »Du bist heute so anders, was ist dir?«

      »Nichts, nichts«, murmelte sie an seiner Brust. Sie hatte nicht mehr den Mut, ihn anzusehen.

      Er näherte sich ihr wie immer, selbstverständlich, ohne auf ihre Stimmung zu achten. Fest biss sie die Zähne zusammen. Wie ein Stück Holz fühlte sie sich. In diesen Sekunden und Minuten hasste sie alle Männer, alle!

      Werner war schon lange an ihrer Seite eingeschlafen, da lag sie immer noch wach und grübelte vor sich hin. Sie sah sein Gesicht vor sich. Das dunkle Haar, die markanten Züge, jetzt ein wenig gelöst im Schlaf. Ganz leise streckte sie die Hand aus und strich ihm mit den Fingerkuppen über die Wangen. Tränen liefen über ihr Gesicht, und sie schloss zitternd die Lider.

      Sie sah Klaus vor sich, alles sah sie, die Bar, die anderen Gäste, und auch Sybille. Wie ein Film zog der Abend an ihr vorüber. Alles hatte so hübsch und aufregend begonnen, bis auf, ja, bis auf den Schluss. Aber deswegen waren sie ja losgezogen, eben, um Geld zu verdienen.

      Und dann musste sie wohl eingeschlafen sein. Als sie erwachte, war es schon heller Tag, und die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel. Es würde wieder sehr heiß werden.

      Das Bett neben ihr war leer. Sie hörte Werner im Badezimmer hantieren. Kaffeeduft lag schon in der Luft. Er kam ins Schlafzimmer und trocknete sich die nassen Haare mit dem Handtuch ab.

      »Na, du Langschläferin, endlich ausgeschlafen? Ich habe schon den Frühstückstisch gedeckt. Möchtest du mit mir frühstücken?«

      »Ja, ich komme sofort!«

      »Brauchst du heute gar nicht fort?«, fragte Anja ihren Mann beim Frühstück.

      »Doch, natürlich, aber erst später. Ich muss erst bei meiner Firma vorbei, und dann muss ich wieder Kunden besuchen. Leider wird das wieder sehr unbequem für mich werden. Sie liegen so weit auseinander, dass ich zwei Tage dafür benötige. Diesmal muss ich dich wirklich alleine lassen. Aber ich verspreche dir, zum Wochenende pünktlich wieder zu Hause zu sein. Und wenn es so schön bleibt, dann gehen wir schwimmen, einverstanden?«

      Sie zerbröckelte gedankenverloren ein Krümelchen Brot. Ewig dieses Warten, ewig allein sein müssen! Warum war Werner nicht wie andere Männer? Andere freuten sich und waren stolz, wenn ihre Frauen was verdienten. Was er da von der Ehe sagte, sicher, in vielen Fällen stimmte das ja auch. Aber sie konnte doch auch gehen, wenn er nicht da war. Heute gab es doch so viele Möglichkeiten!

      »Sag mal, Anja, hast du schon die Möbelrechnung eingezahlt?«

      Für einen Moment sah sie ihn verständnislos an.

      »Ich gab dir doch gestern das Geld dafür und bat dich, es bei der Post einzuzahlen. Der Stichtag ist heute. Ich bin für Pünktlichkeit, dann bekommt man keine Scherereien. Wenn du es eingezahlt hast, dann gib mir doch bitte den Abschnitt. Ich werde ihn dann gleich abheften.«

      Die Kaffeetasse zitterte in ihrer Hand, als sie sie zum Munde führte. Langsam stieg das Rot in ihre Wangen, aber der Mann bemerkte nichts von allem. Er war mit seiner Zeitung beschäftigt.

      »Du, Werner, entschuldige, aber das habe ich wirklich vergessen. Ich war in der Stadt, bin aber an der Post vorbeigelaufen. Ich werde es gleich nachholen, ganz bestimmt!«

      »Macht nichts, ich muss doch gleich zur Firma. Da kann ich es mitnehmen, und du brauchst den Weg nicht zu machen. Mit dem Wagen geht es schneller. Leg es mir nur zurecht! Ich fahre gleich los!«

      Nun saß sie in der Klemme. Sie hatte ja erst zweihundert Mark. Was sollte sie beginnen? Fieberhaft suchte sie einen Ausweg. Nur eine Person konnte ihr jetzt helfen, und das war ihre Nachbarin. Unauffällig stand sie vom Tisch auf und tat so, als ginge sie zur Küche.

      Werner schaute kurz auf und lächelte ihr zu.

      »Ich muss mir noch Kaffee holen«, murmelte sie und verließ das Zimmer.

      Auf dem Flur schlug sie einen Haken, öffnete lautlos die Tür und huschte ins Treppenhaus. Ihr Herz klopfte dumpf und hohl. Bis jetzt hatte sie nie Heimlichkeiten vor ihrem Mann gehabt.

      Es

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