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Bühne gegangen ist, und sie dann noch leben sollte, kannst du sie gern haben und mit ihr machen, was du willst. Mein Typ Frau ist ein anderer, wie du weißt.“ Mit diesen Worten schenkten sie ihrem Beobachtungsobjekt wieder ihre ganze Aufmerksamkeit.

       Das Mädchen sperrte gerade die Gartentür ab und Kiebolds Schäferhund verabschiedete sich bellend von ihr. Mit einem ernsten Gesicht streichelte sie ihn ein letztes Mal durch den Zaun und kam die Straße entlang auf sie zu. Als sie an dem alten Ford vorbeikam, der schon wesentlich bessere Zeiten erlebt hatte, würdigte sie ihn keines Blickes. Die beiden Insassen hatten sich noch weiter in ihren Sitzen nach unten rutschen lassen und waren nur noch wahrzunehmen, wenn man genau hinsah.

       Das kleine Haus, wo vorn am Gartentor noch immer der Schäferhund saß und der jungen Frau bellend hinterher sah, duckte sich unter knorrigen Bäumen. Es war ein Bild wie von einem Stückchen Paradies. Nur würde Franz Kiebold keine Freude mehr daran haben. Mattau und Felger hatten ihn nach Tagesanbruch in der Kiesgrube vor der Stadt in seinem Auto entdeckt. Er hatte sich mit den Auspuffgasen vergiftet. Hinter der Windschutzscheibe klebte ein Zettel: „Ich kann mit einem Mord auf dem Gewissen nicht weiterleben“, lautete die Botschaft. „Das Geld hab’ ich am Fluss vergraben. Susi kennt das Versteck.“

       „Dieser Idiot!“, hatte Mattau geschimpft, als sie Kiebhold nach elender Sucherei endlich gefunden hatten – leider zu spät. „Es war doch ein Unfall!“

       Sie hatten in der Nacht zweihunderttausend Euro aus dem Tresor von Weißfels’ Baufirma geholt. Durch einen Zufall hatten sie erfahren, dass die Firma, häufiger größere Geldsummen in ihrem Tresor aufbewahrte, bevor sie zur Bank gebracht wurden, denn einige ihrer Kunden zahlten noch immer ihre Rechnungen in bar. Dass es jedoch so viel war, hätten sie sich nicht mal im Traum erhofft.

       Der einstige Tresorspezialist Franz Kiebold, der nach einem recht ereignisreichen Leben nun allein und zurückgezogen lebte, hatte sich ihnen erst angeschlossen, nachdem Mattau ihn mit den Spielschulden unter Druck gesetzt hatte.

       Alles war glatt gegangen – bis ein Wachmann sie beim Verlassen des Gebäudes überrascht hatte. Es war zu einem Gerangel zwischen ihm und Kiebold gekommen. Dabei hatte sich ein Schuss aus der Waffe des Wächters gelöst und ihn mitten in die Brust getroffen. Er war sofort tot.

      *

       Als Susanne Kiebold eine gute Stunde später ihre Wohnung aufschloss, sah sie sich zwei Fremden gegenüber, die sie eindringlich musterten.

       „Kein Geschrei“, befahl Felger drohend und zog sie rasch in den Flur. Mattau drückte derweil die Tür hinter ihr ins Schloss, sodass niemand zufällig die Szene beobachten konnte.

       „Wenn du vernünftig bist, Herzchen, passiert dir nichts.“, fuhr Felger barsch fort.

       Susanne schrak zurück. „Wer sind Sie und wie sind Sie hier reingekommen?“

       Ohne auf ihre Fragen einzugehen sagte Mattau: „Du erfährst alles, was für dich wichtig ist, unterwegs. Wir holen jetzt das Geld.“ Mit diesen Worten nahm Mattau sie barsch am Arm, öffnete erneut die Tür und zog sie auf die Straße.

       „Welches Geld?“, fragte Kiebolds Nichte verständnislos und machte Anzeichen, sich zur Wehr zu setzen. Felger ging jetzt auf ihrer anderen Seite, legte seinen Arm um ihre Schulter und flüsterte drohend an ihrem Ohr:

       „Reiß dich zusammen, wenn du den Abend erleben möchtest.“

       Und Karl Mattau kniff die Augen zusammen. „Wenn du glaubst, du kannst uns um die zweihunderttausend Mäuse prellen, die dein Onkel Franz Kiebold heute Nacht am Fluss verbuddelt hat, dann werde ich ungenießbar.“

       „Aber …“ Jede Gegenwehr war zwecklos. Sie war von beiden Männern so in die Zange genommen, dass jeder Fluchtversuch im Vornherein zum Scheitern verurteilt war.

       „Keine Zicken! Wir gehen jetzt zum Fluss. Dort wird dir schon wieder einfallen, wo die Moneten liegen!“ Plötzlich bohrte sich etwas in ihre Seite und sie hätte schwören können, dass es der Lauf einer Pistole war, auch wenn sie vorhin bei den Männern keine Waffe gesehen hatte. Unwillkürlich lief sie schneller und kalter Angstschweiß machte sich auf ihrer Stirn breit und lief ihren Rücken hinunter.

      *

       Mittlerweile hatte es angefangen zu regnen. Von den Pappeln und Weiden am Ufer tropfte es. Der Kies auf dem schmalen Gehweg knirschte unter den Sohlen des ungleichen Trios. Die beiden Ganoven hatten Susanne in die Mitte genommen.

       „Also, wo ist es?“, knurrte Mattau ungeduldig. Der Druck der Waffe in ihrer Seite verstärkte sich drohend.

       Zwischen den Bäumen konnte man bereits das silberne Band des Flusses erkennen, wie es sich träge durch die Landschaft schlängelte.

       „Ich habe keine Ahnung, was Sie von mir wollen. Ich weiß von keinem Geld. Onkel Franz hab’ ich vor drei Tagen das letzte Mal gesehen. Ich wollte heute zu ihm, aber er war nicht zu Hause. Glauben Sie mir doch!“ Susanne wusste inzwischen, dass ihr Onkel nicht mehr lebte. Der eigenbrötlerische Mann war ihr einziger Verwandter gewesen. Trotz seiner nicht astreinen Vergangenheit hatte Susanne ihn gemocht. Ihre angstvollen Augen und die zitternde Stimme ließen Mattau ungerührt. Er blieb stehen und wandte sich ihr zu: „Denk gefälligst nach! Er hat dir bestimmt ’ne Nachricht hinterlassen, irgendeinen Hinweis …“

       „Achtung, die Bullen!“ Felgers Zigarette flog ins Gras. Mattau hörte entfernte Stimmen, blickte sich jedoch nicht suchend um. „Lass dir nichts anmerken, Herzchen. Wir sind harmlose Spaziergänger und vergiss mein Messer nicht!“

       Jetzt wusste Susanne, dass es keine Pistole, sondern ein Messer war, das ihr eben verstärkt in die Seite gedrückt wurde. Aber das beruhigte sie nicht im Geringsten, ganz im Gegenteil: Mit einem Messer kann man lautlos töten, ging es ihr durch den Kopf. Die Hemmschwelle ist wahrscheinlich wesentlich geringer, aber hier in der Öffentlichkeit? Sie wollte jedenfalls nicht ausprobieren, wie weit sie die beiden reizen konnte, ihr Leben und ihre Gesundheit waren ihr dafür entschieden zu kostbar.

      *

       An der Wegbiegung nicht weit vor ihnen stand ein Streifenwagen, daneben ein Schnauzbärtiger in Zivil. Ein uniformierter Beamter, der einen großen, zottigen Schäferhund an der Leine hielt, sprach mit ihm.

       In diesem Moment kamen zwei weitere Uniformierte die Böschung herauf. Einer trug einen Spaten, der andere eine schmutzige Sporttasche. Beiden stand der Schweiß auf der Stirn.

       Mattau stutzte. Die Tasche unter dem Arm des Polizisten kannte er. Es war unverkennbar dieselbe, in der sie ihre Beute aus dem Raub getan hatten.

       „Sie haben Kiebold gefunden“, ächzte Felger. Mattau schnappte nach Luft: „Ja, aber wie das Geld? Wie konnten sie wissen, wo es vergraben war, wenn nur seine Nichte Susi die Stelle kannte?“

       Plötzlich entdeckte der Schäferhund die Gruppe. Mit einem Satz riss er sich los und stürmte den Uferpfad entlang.

       Susanne Kiebold stieß einen Freudenschrei aus und befreite sich aus der Umklammerung der beiden Ganoven. Jetzt erkannten auch Mattau und Felger, dass es der Schäferhund, genauer; die Schäferhündin aus Kiebolds Garten war. Fluchend hob Mattau das Messer wie zum Angriff. Im nächsten Moment lag er auf dem Rücken. Die Fänge der Hündin umspannten sein Handgelenk. Felger drehte sich augenblicklich auf dem Absatz um und floh. Nach nur etwa fünfzig Metern holten ihn die Verfolger ein. Mit auf dem Rücken gebundenen Armen wurde er zurückgebracht. Dabei wehrte er sich massiv.

       Auch Mattau wurde gefesselt und abgeführt.

       Susanne kniete nieder und umarmte das Tier. „Brav, meine Süße, das hast du fein gemacht.“

       Hüstelnd machte der Kommissar sich bemerkbar: „Ich nehme an, Sie sind Franz Kiebolds Nichte, Susanne. Eine Nachbarin von ihm beschrieb Sie mir, als wir vorhin bei ihm zu Hause waren und hofften, einige Informationen zu erhalten. Außerdem erzählte die Frau, dass Ihr Onkel mit seiner Hündin häufig hier am Fluss spazieren ging. Sie gab uns auch das Tier, sodass Susi uns brav zu dem Platz führte, an dem sie sonst ihre Kauknochen vergrub. So fanden wir die Tasche

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