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„Hat dies denn schon bei jemandem geklappt“, fragte Leonardo misstrauisch. „Na ja, tot sind die Leute noch nicht, aber man sollte Gottes Wort nicht in Frage stellen!“, antwortete der Mann. „Gott kann bewirken, dass man sich besser fühlt, aber er kann sicher keine tödlichen Krankheiten heilen. Den Menschen muss medizinisch geholfen werden!“, sagte Leonardo und ging. Leonardo wusste, dass der Glaube viele Menschen das Leben kosten würde. Leonardo und seine Familie überlebten die Zeit letztendlich. Leonardo, der früh genug für sich und seine Familie gesorgt hatte, erkannte die Situation schnell, handelte klug und verhielt sich solidarisch. Eine Lehre, die wir in der jetzigen Situation gut gebrauchen können.

      (Robert Villnow)

       Siebte Geschichte

       Wir alle finden, es stimmt, dass wir diese Lehre für unsere jetzige Situation gut gebrauchen können. „Deshalb bleiben wir ja auch hier im Hotel!“, sagt Einer und eine Andere sagt: „Und Geschichten erzählen ist auch viel lustiger als ich gedacht hatte.“ Ich freue mich, dass alle Spaß daran haben. Ein alter Mann wirft ein, dass er gerne die nächste Geschichte erzählen wolle, und als kein Widerspruch kommt, fängt die Geschichte an. Seine Geschichte betitelt er mit „Gottesgerechter Zorn“.

      So oft ich betrachte, wen Gottes Zorn nun trifft, so bemerke ich mitleidig, dass es äußerlich doch wohl immer die Falschen trifft, die Ärmsten der Ärmsten. Die Seuche über fällt die, die es nicht treffen soll. Dann frage ich mich, woran dies wohl liegen mag, ob Gott sich die Menschen nicht gut genug beschaut. Ihr werdet nun erfahren, welche es trifft. Doch sage ich hiermit, dass es nur jene trifft, die Gottes Rat missachten.

      Es wurde geschwelgt und geprasst, als sie ausbrach, Halt machte sie nicht, Gottes Verdruss hält vor niemandem. Nun fiel die nur gerechte Strafe auf den König, ausgerechnet auf ihn, sein Kragen war selbst an diesem Tag, einem Sonntag nicht rein, sein Volk erreichte die Seuche. Als ihn die Nachricht erreichte, dass seine Bürger starben, beschloss er zu fliehen, vor seinem Schicksal, und auch vor seinen Verpflichtungen. Die Frau des Königs blieb mit ihrer Tochter daheim, als es sie befiehl. Sie erkrankten, zunächst die Tochter Credula.

      Als die Sonne so prächtig schien, wie man es sich nur erträumen konnte, stand Malum vor dem Palast, vor dem Palast, der so groß war, dass er die prächtig scheinende Sonne schon fast übertrumpfte. Malum war ein armer Schlucker, er verdiente sein Brot zuletzt mit Pferdewetten, sein gepflegtes, nahezu majestätisches Auftreten lies der Vermutung keinen Platz, dass es sich hierbei nicht um einen Adligen handeln könnte. Die Tochter, die sich fühlte als würde ihr die Decke auf den Kopf fallen, auch wenn das Anwesen, welches sie nun alleine mit ihrer Mutter bewohnte, für mehr als ein Dutzend Leute gedacht war, sah ihn durch ihr halbgeöffnetes Fenster, wobei der Wind, der durch dieses strömte, sie trug, bis zur stählernen, mit Gold legierten Eingangspforte, wo er nun stand. Er wusste sein Gegenüber zu führen, er war charmanter und gerissener als die Männer, die sie sonst traf. Er kannte die Königsfamilie wie sich selbst, sie hingegen kannte ihn nicht, wollte ihn nun aber mehr als je einen anderen kennenlernen. Die Mutter, welcher man ansah, dass sie die Krankheit in sich trug, begutachtete genau die neue Bekanntschaft ihrer Tochter, genauer als sie es sonst immer tat, denn sie kannte diese Art von Männern, sie hatte oft mit solchen zutun.

      Der Mond strahlte noch nicht hell genug, um sagen zu können, dass es Nacht war, als er sie darauf ansprach, dass sie, wie viele, betroffen wäre, betroffen von der anscheinend unheilbaren Krankheit. Bevor Credula darauf antworten konnte, schritt er ein und sagte, für seine Nächste kenne er ein Mittel, welches heilen könne. Wer oder was seine Nächste sei, ließ er gekonnt aus. Er musste fort, der Himmel dämmerte und sie schwärmte von ihm.

      Des Königs Geliebte vergnügte sich im besten Hotel der Stadt, als er vor ihrer Zimmertür stand, einsam ohne seine Familie auf der Flucht. Er wollte sie mitnehmen, sie müsse nicht diese erbärmlichen Menschen dahinvegetieren sehen. Er hatte Träume, die er nie vergessen konnte, von sterbenden Kindern und Frauen, er sprach immer wieder zu sich: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Er kannte die Antwort, wusste aber nicht mit ihr zu leben. Mit Meretrix, seiner Geliebten, holte er noch die letzte Kleidung aus seinem Palast. Er ging durch die Speisekammer, in der Hoffnung, nicht gesehen zu werden, von seiner Frau und Tochter. Nicht sie sahen ihn, er sah sie, er sah seine Tochter, wie sie von Malum verführt wurde, verführt ihn zu lieben. Er führte sich vor Augen, welche Folgen das haben konnte, und so beschloss er, dies zu unterbinden. Die Tochter, erstaunt von der plötzlichen Rückkehr ihres Vaters, stellte ihm Malum vor. Er war ihm durchaus bekannt, ein Schuft, ein Trunkenbold, der nur das Geld in den Augen seiner Tochter sah. So beschloss er, ohne weiteres Nachdenken, ihn töten zu lassen. Credula sträubte sich bei dem Gedanken, dass ihre neue Bekanntschaft dem Tod bald näher als sie selber sein konnte. Sie begehrte gegen sein Schicksal auf. Zu spät, er war bereits inhaftiert, und so stand die gesamte Königsfamilie, samt der Geliebten des Königs, am Tag der Hinrichtung vor seiner, einem Hundezwinger ähnelnden, Zelle, die zwar trist eingerichtet war, aber umso mehr seinem charmanten, gelangweilten, schon fast närrischen Gesicht Ausdruck verleihen zu schien.

      Credula, die den Plan ihres Vaters nach wie vor zu vereiteln versucht, sprach freudig zu ihm: „Sei nicht betrübt, ich werde uns retten.“ Malum, dem man nun ansah, dass er nur Augen für die Geliebte des Königs hatte, erwiderte gelangweilt: „Aber sicher.“ Credula vergaß sich und fing an, den König, ihren Vater, wüst zu beschimpfen, dass nur weil sie, einmal im Leben einen Mann getroffen habe, den sie wirklich liebe, dies heiße nicht, dass dieser sofort von ihrem eigenen Vater getötet werden könne. Nach abermaligem Diskutieren und Einwirken, sowohl seitens seiner Frau, als auch seiner Geliebten, ließ er sich überreden, den Kopf des Malums nicht rollen zu lassen.

      Folgend stand der Hochzeit der Tochter des Königs und dem fast geköpften Malum nichts mehr im Wege. Prunkvoll sollte sie sein, so prunkvoll, dass selbst der Adel vor Neid erblassen würde, und so war es letztendlich auch. Im Palast war prächtige Stimmung, während auf den Straßen die Menschen wie Fliegen starben. Die Tochter, der es Tag für Tag schlechter ging, war noch nie glücklicher als mit dem Mann ihrer Träume. Die Festzelte waren noch nicht abgebaut und schon begann der nächste Morgen. Credula und der König schliefen noch, sie war in den Armen von Malum eingeschlafen, er in den von Meretrix. Jedoch als sie erwachten, gab es von beiden keine Spur. Die arglose Tochter suchte noch, als der König bereits wusste, was geschehen war. Meretrix und Malum waren nicht verschwunden, sie waren geflohen, den Augen des sonst so strengen Königs entkommen, mit dem Geld des Königshauses. Vermutlich trieben sie nun auf ihrem Schiff in Richtung Westen. Credula, die gesundheitlich ihren tiefsten Punkt erreichte, glaubte es nicht. Sie wollte nicht wahrhaben, dass ihr erster und letzter Mann sie mit der Hure ihres Vaters hintergangen hatte.

      Der König, der nun in die Gemächer seiner Ehefrau zurückkam, die ihn, so sehr sie ihn auch hasste, mit einem gezwungenem Lächeln auf den Lippen empfing, war die Erkrankung seiner Familie und seiner Bürger gleichgültig, die ihn, der glanzvoll herumalberte und feierte, als ihre letzte Hoffnung an sahen. Er hatte einst ein weltbekanntes Buch gelesen, aus diesem wusste er: „Du brauchst dich nicht zu fürchten, vor nächtlichem Schrecken, vor dem Pfeil, der bei Tage daherfliegt, nicht vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die mittags wütet. Ob tausend dir zur Seite fallen, zehntausend zu deiner Rechten: an dich kommt’s nicht heran; nein, lediglich mit eignen Augen wirst du’s schauen und zusehen, wie den Frevlern vergolten wird.“ Falsch verstanden hatte er diese Worte und am Ende lebte nur noch er, der König, der zusehen musste, wie ihm vergolten ward.

      (Maximilian Noack)

       Achte Geschichte

       Nach dieser Geschichte meldet sich eine Frau um die 25 Jahre zu Wort: „Mir fällt noch eine Geschichte ein, die ich in den sozialen Medien zum Thema Corona-Virus gelesen habe.“

      21. März 2030: Vieles hat sich verändert und obwohl es niemand geglaubt hatte, hat sich Vieles zum Guten gewendet. Das Jahr 2020 wird in den Geschichtsbüchern zwar immer für schlimme Ereignisse stehen, aber auch für Hoffnung, neue Möglichkeiten und Zukunft.

      21. März 2020: Ich schalte den Fernseher ein. In den Nachrichten gibt es nur noch Berichte über das Corona-Virus und stündlich werden die Zahlen der Infizierten und

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