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Orten auf, die nach Heiligen benannt waren, alles Kirchorte. Die meisten dieser Heiligennamen, und damit die Namen der Orte, sind keltischen Ursprungs, oft nur in regionaler Bedeutung. Die alte, die römisch-katholische Kirche hat sich nicht nur in den Anfängen ihrer Ausbreitung in Cornwall in der Auseinandersetzung mit natur- und auch polytheistischen Überzeugungen befunden. Keltischer Glaube, dessen Riten, die Druiden als ihre Verkünder waren immer eine starke Kraft, mal stärker zurückgedrängt, mal wieder dominierend. Vielen verehrten lokalen Heiligen wird nachgesagt, eigentlich Druiden gewesen zu sein. Jeder Ort kann noch heute ein Wishing Well vorweisen, oft der zentrale Frischwasserbrunnen, dem mythische Kraft und Bedeutung zukam. Auch heute gehen noch viele Menschen hin, manchmal auch aus uraltem, tradiertem Impetus.

      Oft hat es wohl parallel existierende und sich gegenseitig duldende Glaubensrichtungen und Praktiken gegeben. Das Leben dieser Heiligen wird in Hunderten von Legenden erzählt, über Jahrhunderte von vielen Generationen mündlich weiter gegeben, verändert, zu Heldenepen ausgeweitet. Erst im 19. Jahrhundert ging man daran, systematisch aufzuschreiben, schriftlich zu fixieren, zu sammeln, zu strukturieren. Die fehlenden schriftlichen Quellen vorher gaben da viel Raum für Spekulationen. Diese unterschiedlichen Legenden haben sich gegenseitig befruchtet, es gab Übernahmen, es wurde kopiert, abgeschrieben. Oft waren die Heiligennamen austauschbar. Aber das kennen wir ja auch aus unserem Mitteleuropa.

      Aber dennoch haben auch die großen theologischen Auseinandersetzungen hier stattgefunden, wie im 4./5. Jahrhundert die Frage der Prädestination des Augustinus von Hippo. Dessen Lehre von der Vorbestimmtheit allen menschlichen Seins und Tuns durch den göttlichen Willen wurde u.a. durch Pelagius relativiert, der die Freiheit des menschlichen Willens betonte. Letztere Position muss vor allem in unserem Cornwall eher vertreten worden sein. So betonen dies heute gern cornische Historiker und Theologen. Aber auch in Irland und Schottland wird oft auf die den Zentralen (Rom, London) widerstehenden und abtrünnigen Positionen hingewiesen.

      Kirche, Verwaltung und Markt waren die wichtigen Elemente bei der Ortsbildung, wobei die Kirche die größte Zahl stellte und die zentrale Position im Ortskern inne hatte, der sich die anderen beiden im Laufe der Geschichte zugesellten. Wobei die frühen Kirchen oft an Plätzen errichtet wurden, die vorher schon von religiösen Kultstätten und herrschaftlichen Verwaltungseinrichtungen, die ja oft personell und lokal eins waren, besetzt waren.

      Die Begegnungen von Kirchenpatronaten und Ortsbezeichnungen aus archaischen, keltischen, christlichen Herkünften und Überzeugungen waren wohl keine Okkupation oder feindliche Übernahme, sondern wohl eher Zeichen von Kommunikation und Kooperation in Rücksicht auf die Menschen vor Ort, und wohl auch von diesen gewollt und praktiziert.

      Ein weitaus sichtbares Beispiel ist ja auch der Michael’s Mount, der hier in Cornwall wie auch in vielen Teilen Europas für die Weiterführung „heidnischer“ Vorstellung und Bedeutung und Transferierung in den christlichen Kosmos steht.

      Nennen wir einige Heilige, die diese Ortsnamen gebende Rolle hatten.

      St Austell und St Mewan, in bretonischen Klöstern ausgebildet.

      St Erth, der in Irland konvertierte und von St Patrick getauft und dann in die Mission geschickt wurde.

      St Germoe, ebenfalls ein Ire, landete in Hayle. Ein Ort zwischen Helston und Marazion ist nach ihm benannt.

      St Ia, ebenfalls aus Irland, wurde Kirchpatronin und Ortsnamengeberin in St Ives.

      St Just, St Keverne, St Gulval, St Gennap, und viele, viele mehr geben noch heute Zeugnis der frühen Christianisierung in den sogenannten dark ages, die wie wir ja seit längerem wissen, kein dunkles Mittelalter waren.

      Alle diese Heiligen Cornwalls haben Orte ihrer Verehrung, und ihre Namens- und Gedenktage sind oft Kristallisationspunkte für Riten, Bräuche, Feiern und Feste.

      Ar

       Cornische Sprache

      Das ist ja nun so eine Sache mit Regionalsprachen und Dialekten. Jahrhundertelang gingen Zentralregierungen gegen sie vor und bekämpften sie als mögliche Quellen und Begleiterscheinungen von antizentralistischen Bewegungen bis hin zum Separatismus. Jahrzehntelang, und oft bis heute, waren sie verpönt als Hindernis für Bildung, Aufstieg und Karriere.

      Den entstehenden, vor allem staatlichen, Schulen kam hierbei eine wichtige Rolle zu, Hochsprache galt als alleiniger Maßstab. Dazu eine Vermischung staatlicher Funktionsträger und Beamter über das ganze Land hin, um keine regionalen Hierarchien entstehen zu lassen, bestehende zu zerschlagen.

      Mit der politischen und zunehmend kulturellen Einordnung Cornwalls nach England wurden auch die sprachlichen Eigenheiten des Cornischen bekämpft und ausgemerzt. Dies ging umso leichter, da es keine explizite und verbreitete schriftliche Sprache gab. Nur in entlegenen und ländlichen Gebieten konnten sich Reste im Mündlichen erhalten. Legendär ist die letzte Cornish sprechende Person, Dolly Pentreath aus Paul bei Mousehole, die 1777 starb. Ihr ist ein Gedenkstein an der Friedhofsmauer von St Paul Aurelian (benannt nach einem walisischen Heiligen) eben in diesem Kirchort Paul gewidmet. Errichtet wurde das Denkmal u.a. durch einen Neffen Napoleons, Louis Lucien Napoleon, in England geboren, der sich auch um Erhalt des Korsischen und Baskischen verdient gemacht hat. Seine Familie war auf der Flucht von Frankreich nach Amerika von den Engländern gefangen genommen worden.

      Der Stein beginnt mit den Worten: „Here lieth interred Dorothy Pentreath who died in 1777, said to have been the last person who conversed in the ancient Cornish.“ Der Text endet mit einem englischen Zitat aus dem alttestamentarischen Buch Exodus und zitiert aus dem 20. Kapitel, das sich mit den Zehn Geboten befasst, den Vers 12, der nach der deutschen Einheitsübersetzung lautet: „Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt.“ – Nach dem englischen Text folgt, den Stein nach unten abschließend, der Text in Cornisch.

      Ob hier neben dem Offiziell-religiösen auch Regionales mitschwingt (Cornwall als von Gott gegebenes Land) ist dem Leser und dem Besucher von Paul überlassen.

      Hundert Jahre vorher (1676) starb Cheston Marchant, die letzte bekannte monoglotte Sprecherin des Cornischen, die also nur Cornisch sprach. Von der vorgenannten Dolly Pentreath weiß man, dass sie in Penzance Fische verkaufte und in englischsprachiger Umgebung kommunizierte.

      Neben den eingangs erwähnten Maßnahmen zur Dominanz des Englischen gehörte auch die Reformation, durch deren Durchsetzung die weitverbreiteten katholischen Mysterienspiele in Cornisch verschwanden.

      Seit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde man sich des Verlusts dieser Regionalsprache bewusst, zunehmend gab es Versuche, sprachliche Altertümer aufzufinden, zu retten, zu systematisieren. Sprachgesellschaften entstanden, es gab verschiedene konkurrierende Gruppen, die verschiedene Orthographien entwickelten.

      Diese Bewegungen entwickelten sich ab der Mitte des vergangenen Jahrhunderts mit ähnlichen in anderen europäischen Ländern, nennen wir für Frankreich das Okzitanische, für Spanien das Katalanische, für Italien das Sardische. Auch in Deutschland erleben wir ja ein Revival des Dialektalen, Mundartsprachlichen, wie die vielfältigen dialektalen und sondersprachlichen Eigenheiten im Rheinland.

      1992 gab es in Cornwall ein erstes wissenschaftliches Standardwörterbuch des Cornischen. Weiterhin aber gilt Cornisch als stark gefährdete Sprache.

      Es werden Kurse angeboten, erste literarische Versuche werden publiziert, zunehmend werden Ortsschilder zweisprachig ausgeführt.

      Im Jahr 2000 wurden 13 Familien festgestellt, in denen die Kinder mit cornischer Muttersprache aufwachsen.

      Ar

       Cornisches Gold in Sachsen-Anhalt

      Also diese Ausstellung der originalen Himmelsscheibe von Nebra wollten wir unbedingt sehen. Das war dann der Höhepunkt des diesjährigen Berlin-Besuchs im Jahre 2018. Sie war Teil der Ausstellung „Bewegte Zeiten – Archäologie in Deutschland“ im Martin Gropius-Bau von Ende September ‘18 bis Anfang Januar ‘19. Die Originalscheibe war aber nur bis zum 6.11. zu sehen und sollte dann von einer Kopie ersetzt werden. Da sind wir natürlich schon im Oktober hin, und am 18.10. konnten wir sie sehen.

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