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Taylor?“, erkundigte sich Bount Reiniger.

      Ben schüttelte mit finsterer Miene den Kopf. „Nichts. Keiner will’s so recht wahrhaben, aber Mister Taylor fehlt an allen Ecken und Enden. Jimmy gibt sich zwar reichlich Mühe, aber in manchen Dingen fehlt ihm eben doch noch die Reife des Vaters.“

      Bount nippte an seinem Drink. „Wie geht das Geschäft?“

      „In den letzten Wochen ist der Umsatz zufriedenstellend gestiegen.“

      „Es wird Sie wundern, aber das höre ich gar nicht gern, denn ein hoher Umsatz macht die Bar für gewisse Leute interessant.“

      „Für was für Leute?“, fragte Ben Shaw und zog die Augenbrauen zusammen.

      „Gangster. Sie bedienen sich eines alten Drehs, bieten Lokalbesitzern ihren Schutz an. Lehnen diese ab, kommt möglicherweise bald danach ein Rollkommando und schlägt alles kurz und klein.“

      „Solche Methoden hat die Mafia schon in den Zwanzigerjahren angewandt.“

      „Leider kommt das nie ganz aus der Mode“, meinte Bount. „Hat man sich schon um diese Bar gekümmert?“

      „Nein, und ich hoffe, diese staubigen Brüder lassen das auch in Zukunft bleiben.“

      Maggie Taylor erschien mit ihrem Sohn. Beide begrüßten Bount sehr freundlich, und Maggie bedauerte, dass er nicht öfter bei ihr hereinschaute. Bount Reiniger schmunzelte. „Ich werde mich bessern.“

      Ihm fiel auf, dass Maggie Sorgen hatte, und als Ben Shaw von den Schutzgeldgangstern erzählte, zuckte Maggie zusammen und wurde ein wenig bleich um die Nase.

      Sie warf Jimmy einen raschen Blick zu, als wollte sie ihm Schweigepflicht auferlegen. Wenn sich die Gangster mit ihr in Verbindung gesetzt hatten – was Bount Reiniger annahm –, dann hatte die Frau jetzt verständlicherweise Angst. Die Verbrecher hatten ihr bestimmt nicht verheimlicht, was passieren würde, wenn sie sich an die Polizei wandte.

      Sie hatten das ja auch Jay Pepper gesagt und die Drohung mittlerweile wahrgemacht, damit es bald jeder wusste: Sie blufften nicht.

      Bount sprach über seinen Job und meinte: „Wenn Sie mir irgend etwas zu sagen haben, Mistress Taylor, Sie finden in mir einen aufmerksamen Zuhörer.“

      Sie biss sich auf die Lippe und wich Jimmys drängendem Blick aus. Um irgend etwas zu sagen, verlangte sie von Ben Shaw einen Gin Tonic. Bount fühlte, dass es falsch gewesen wäre, die Frau zum Reden zu bewegen.

      Sie hätte sich vor ihm wie eine Auster verschlossen. Er erkannte, dass sie Zeit brauchte, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Vermutlich würde sie sich dann aus freien Stücken an ihn wenden.

      Er legte eine Banknote auf den Tresen, ließ die Bemerkung fallen, dass er telefonisch rund um die Uhr zu erreichen wäre, und verließ dann die Bar. Für ihn stand fest, dass die Absahner auch dieses Lokal aufs Korn genommen hatten. Aber er konnte nur helfen, wenn Maggie Taylor es wollte, ihm vollstes Vertrauen entgegenbrachte und ihm alles erzählte.

      Bount überquerte die Straße und überlegte, welche Bar als nächstes an der Reihe war. Als er den Mercedes erreichte, bemerkte er Jimmy Taylor. Der Junge ging um das Fahrzeug herum, blieb auf der Beifahrerseite stehen und fragte: „Nehmen Sie mich ein Stück mit, Mister Reiniger? Ich lauf dann zurück.“

      Bount ließ ihn einsteigen und fuhr los. Er hoffte, dass niemand den Jungen beobachtete, sonst konnte es ihm so ergehen wie Jay Pepper.

      „Ma hat Angst, Mister Reiniger“, sagte Jimmy.

      „Das ist mir nicht entgangen.“

      „Deshalb hat sie geschwiegen. Aber ich fürchte diese Bastarde nicht. Ich rede.“ Jimmy erzählte grimmig vom Anruf der Verbrecher. „Wissen Sie, was ich vorhabe?“, sagte er anschließend. „Ich suche meinen Vater und hole ihn heim. Und dann werden wir diesen Banditen gemeinsam trotzen. Daddy ist hart im Nehmen. Der lässt sich von diesen dreckigen Ratten nicht unterkriegen.“

      „Rufst du mich an, wenn sich die Gangster wieder melden, Jimmy?“

      Der Junge nickte trotzig. „Klar, mach’ ich.“

      „Dafür helfe ich dir, deinen Vater zu finden“, sagte Bount. „Denn eine Hand wäscht die andere.“

      9

      Nachdem Jimmy Taylor ausgestiegen war, suchte Bount Reiniger die nächste Bar auf. Er ackerte sich quer durch Manhattan, und manchmal konnte er die Angst der Barbesitzer direkt riechen, aber sie wagten nicht, mit ihm über ihre Schwierigkeiten zu reden.

      Bei einigen hatte er den Verdacht, dass sie schon eine ganze Weile an die Schutzgeldgangster bezahlten, um von ihnen in Ruhe gelassen zu werden. Diesen Verdacht hatte er auch bei Arthur Douglas, doch kein Wort der Klage kam über dessen Lippen.

      Aber Bount erkannte, dass er diesen Mann mit einem zweiten Besuch möglicherweise mürbe machen konnte. So beschloss er, in naher Zukunft noch einmal vorbeizukommen.

      Nachdem er fünfundzwanzig Bars hinter sich und ebenso viele Juices im Bauch hatte, fuhr er nach Hause. Der Vitaminstoß, den er sich zugeführt hatte, würde wohl auch für das kommende Jahr reichen.

      Hundemüde ging er zu Bett, und Alpträume quälten ihn. Er sah die penetrant grinsenden Visagen der Czukor-Zwillinge. Und er sah seinen Klienten Jay Pepper tot auf dem Teppich liegen.

      Fünfundzwanzig Bars, und die Ausbeute war relativ gering. Bount erwachte am nächsten Morgen wie gerädert.

      June Marchs Kaffee stellte ihn dann wieder einigermaßen auf die Beine. „Wenn du mich fragst“, sagte die blonde Assistentin, „du könntest heute nach dem Kaffee noch ein schönes großes Glas Orangenjuice vertragen.“

      Bount stöhnte. „Alles, nur das nicht.“ Er erzählte seiner Mitarbeiterin, wie viel Juice er in der vergangenen Nacht getrunken hatte und bat sie, ihm lieber noch einen Kaffee zu kochen, der ruhig so dick sein könne, dass der Löffel darin steckenblieb.

      Während sie diesen Auftrag lächelnd ausführte, informierte er sie über die Ereignisse, von denen sie nichts wusste.

      „Was schätzt du, wie viele Barbesitzer derzeit Schutzgeld bezahlen?“, fragte June und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie trug ein rostrotes Strickkostüm mit weißer Rüschenbluse, in dem sie bezaubernd aussah.

      „Etwa fünfzehn, und wir können damit rechnen, dass es mit jedem Tag mehr werden“, sagte Bount. Er erzählte ihr von Maggie und Jimmy Taylor. June kannte die beiden. Auch Mark Taylor war ihr nicht unbekannt. Als er seine Familie verließ, hatte das June sehr leid getan.

      Vielleicht war die Midlife crisis daran schuld gewesen, dass Mark Taylor davongelaufen war.

      Bount sagte: „Maggie und Jimmy brauchten ihn noch nie so sehr wie jetzt. Der Junge will versuchen, seinen Vater wiederzufinden und nach Hause zu holen, und ich habe ihm versprochen, ihm dabei zu helfen. – Du wirst das für mich in die Hand nehmen, okay?“

      „Ja, Bount. Wo soll ich anfangen?“

      „Ich wollte, ich wüsste es. Es wird nicht leicht sein, die Stecknadel im Heuhaufen zu finden, aber du schaffst das schon. Schließlich bist du ja eine bestens geschulte Detektivin, die weiß, worauf’s ankommt.“

      Während June sich in dieser Richtung nützlich machte, wollte Bount weiter versuchen, den Gangstern auf die Spur zu kommen. Bei der Gelegenheit beabsichtigte er auch, mit Arthur Douglas ein zweites, tiefschürfendes Gespräch zu führen, denn dieser Mann hatte nicht die Härte, zu schweigen. Er gehörte zu der Sorte, die man nur oft und intensiv genug bearbeiten musste, wenn man wollte, dass sie umfielen.

      10

      Ben Shaw wohnte in einer kleinen Mansardenwohnung im Norden von Manhattan. Im Sommer war es hier oben zum Ersticken heiß, im Winter zum Erfrieren kalt. Seit fünfzehn Jahren

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