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      Er rannte auf sie zu. Sie wollte sich aufsetzen, doch der Pfleger, der bei ihr war, ließ es nicht zu.

      „Mein Gott, June, du lebst!“ Bount trat neben sie und nahm ihr Gesicht in seine Hände.

      „Es… es tut mir schrecklich leid, Bount …“

      „Vergiss es. Hauptsache, du bist okay. Bist du okay?“

      „Ich glaube schon. Ich wollte dir helfen, Bount … Ich hoffte, dich überraschen zu können …“

      Bount nickte heftig. „Das ist dir – verflixt noch mal – gelungen. Eigentlich müsste ich furchtbar böse mit dir sein, aber ich kann es nicht. Ich bin so froh, dass du lebst.“

      „Die Bombe, Bount … Ich weiß, wer sie geworfen hat. Ich habe den Mann gesehen.“

      Bounts Augen weiteten sich. Wissbegierig starrte er seine Mitarbeiterin an. „Wer war’s?“

      „Einer der Czukor-Zwillinge.“ Jetzt verengten sich Bounts Augen und wurden zu schmalen Schlitzen, während er zwischen den Zähnen hervorpresste: „Das war’s dann wohl, Mister Lorne Rogers!“

      Man rollte June fort, denn sie musste untersucht werden. Bount rief ihr nach, er würde sich bald wieder um sie kümmern, dann stürmte er aus dem Krankenhaus, denn nun war eine große Abrechnung fällig.

      20

      Auch Jesse Crocker, der Fotograf, erreichte Bount Reiniger über das Autotelefon. „Ich habe Ihnen eine gute und eine schlechte Mitteilung zu machen, Reiniger“, sagte er. „Mit welcher soll ich beginnen?“

      „Mit der schlechten“, antwortete Bount. Er war wieder voll da, und er brannte darauf, die Schutzgeldgangster hochgehen zu lassen.

      „Ich hab’ ne Menge Leute gefragt. Niemand weiß, wo Mark Taylor steckt.“

      Bount grinste. „Warum haben Sie nicht mich gefragt? Ich hätte es Ihnen sagen können.“

      „Sie machen sich einen Scherz mit mir.“

      „Mark Taylor ist wieder zu Hause.“ Bount berichtete dem Fotografen, wie das zustande gekommen war. „Und nun heraus mit der guten Mitteilung“, verlangte Bount Reiniger.

      „Also in einschlägigen Kreisen ist man der Ansicht, dass Lorne Rogers hinter den Aktionen der Schutzgeldgangster steht. Die Methoden verraten seine Handschrift. Außerdem ist er der einzige Barbesitzer, der mit seinem Lokal hohe Einnahmen erzielt, aber nicht zur Kasse gebeten wird. Das gibt einigen Leuten zu denken. Außerdem ist bekannt, dass Kerle wie Rogers den Hals nie voll kriegen.“

      „Ich befinde mich soeben auf dem Weg zu ihm“, sagte Bount Reiniger.

      „Sind Sie dem Knaben etwa auch schon auf die Schliche gekommen?“

      „Etwa vor einer halben Stunde“, sagte Bount.

      „Wissen Sie, was ich mich frage? Wozu ich mir für Sie den Mund fusselig gefragt habe. Sie wissen ja ohnedies bereits alles.“

      „Es hätte aber auch sein können, dass Ihre Tipps neu für mich gewesen wären“, bemerkte Bount. Da Jesse Crocker ein Anrecht darauf hatte, zu erfahren, wie Bount an sein Wissen gelangt war, berichtete der Detektiv dem Fotografen vom Bombenanschlag der Czukor-Zwillinge.

      „Höchste Zeit, dass die Magyaren hinter Schloss und Riegel kommen!“, sagte Crocker.

      „Dafür werde ich jetzt höchstpersönlich sorgen“, gab Bount zurück und beendete damit das Gespräch. Er legte aber nicht auf, sondern tippte die Nummer des Police Headquarters in den Apparat und ließ sich mit Captain Toby Rogers verbinden.

      „Hast du zur Abwechslung mal erfreuliche Neuigkeiten für mich?“, erkundigte sich der Leiter der Mordkommission.

      „Und ob. Ich hab’ mal wieder deine Arbeit erledigt“, erwiderte Bount Reiniger. „Manchmal frage ich mich wirklich, wozu wir dich von unseren Steuergeldern durchfüttern.“

      „Kann sein, dass irgend jemand die Auffassung vertritt, dass ich doch zu irgend etwas nütze bin“, brummte der Captain.

      „Hör zu, ich habe herausgefunden, wer die Schutzgeldgangster sind. Sie unterstehen Lorne Rogers’ Kommando.“

      „Bist du sicher?“

      „Für wen arbeiten die Czukor-Zwillinge?“

      „Für Rogers.“

      „Und einer der beiden hat in Arthur Douglas’ Bar eine Bombe geworfen.“ Bount lieferte die Details nach. Als der Captain hörte, dass sich June March in dem Lokal befunden hatte, wetterte er schrecklich los. Unter anderem warf er dem Freund an den Kopf, wie unverantwortlich es wäre, seiner Mitarbeiterin so einen heiklen Job zu übertragen.

      Als Toby kein Ende fand, fiel ihm Bount mit der Frage ins Wort: „Darf ich dazu auch etwas sagen?“

      „Verdammt noch mal, dafür gibt es keine Entschuldigung, Bount“, donnerte Toby gleich wieder los.

      „Doch, die gibt es.“

      „Da bin ich aber gespannt.“

      „Ich hatte keine Ahnung von dieser Fleißaufgabe. June tat das hinter meinem Rücken, also ohne mein Wissen und Einverständnis.“

      „Na, wenn das so ist, dann werde ich ihr eben mal tüchtig den Kopf waschen“, knurrte der Captain, unter dessen rauer Schale ein butterweiches Herz schlug.

      „Vorerst unterstützt du mich aber bei Rogers, einverstanden?“

      „Mit dem größten Vergnügen“, sagte Toby.

      Bount erklärte dem Captain, wo er auf ihn und seine Männer warten würde und legte auf. Zehn Minuten später stoppte er den Mercedes zweihundert Meter von Lorne Rogers’ „Salome“ entfernt.

      Der Kater lässt das Mausen nicht, dachte er und steckte sich eine Pall Mall an. Da sah er die Ungarn aus der Bar treten. Sie stiegen in einen Wagen und fuhren los.

      Bount Reiniger disponierte sofort um. Um Lorne Rogers konnte sich Toby Rogers auch allein kümmern. Es war wichtig, dass die Czukor-Zwillinge nicht in der Versenkung verschwanden.

      Da Jimmy Taylor sich nach wie vor in der Gewalt der Gangster befand, beschloss Bount Reiniger, die Magyaren mit Nachdruck nach dem derzeitigen Aufenthaltsort des Jungen zu fragen. Sie würden es ihm sagen müssen.

      Während er den Kerlen folgte, rief er noch einmal das Police Headquarter an. Der Captain war schon unterwegs, aber man konnte ihn jederzeit über Funk erreichen, und so bat Bount Reiniger, ihm zu bestellen, dass er Lorne Rogers allein einkassieren solle.

      Danach konzentrierte sich Bount Reiniger nur noch auf die Czukor-Zwillinge. Wenn er Glück hatte, führten sie ihn direkt zu Jimmy Taylor. Einen besseren Dienst hätten sie ihm nicht erweisen können.

      Sie verließen Manhattan über die Triborough Bridge und fuhren auf dem Interstate Highway nach Port Morris. Ihr Ziel war ein Fabrikneubau, dem noch zwei Drittel bis zur Fertigstellung fehlten.

      Ein Stahlbetonskelett ragte auf. Die Fertigteiltreppen liefen im Zickzack bis zum Blechdach hinauf, und es waren bereits einige Zwischenwände aus Betonfertigteilen montiert.

      Der Wagen der Ungarn verschwand zwischen Kränen und Bauteilen. Bount ließ den Mercedes neben einem Autobus ohne Räder ausrollen. Das Gefährt diente den Bauarbeitern als Umkleideraum.

      Der Detektiv stieg aus und betrat die Baustelle. Er zog die Automatic aus dem Schulterholster und tauchte in die Dunkelheit ein. Die Czukor-Zwillinge bewiesen, dass sie ungemein aufmerksam waren.

      Sie hatten Bount Reinigers Mercedes bemerkt und versuchten ihm nun auf dem unübersichtlichen Areal aufzulauern. Ivan Czukor kletterte auf einen Metallsilo und eröffnete den Feuerzauber.

      Als

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