Скачать книгу

      1Was mich am meisten, ich möchte sagen mit unwiderstehlicher Gewalt innerlich gefangennahm, war die ruhige Klarheit und überzeugende Folgerichtigkeit dessen, was ich hier zum ersten mal hörte. So konnte nur die Wahrheit wirken. Dieser Wirkung vermochte ich mich nicht zu entziehen, selbst wenn ich es versucht hätte. So vieles in der Bibel, was ich bis dahin nicht verstanden hatte, war mir jetzt klar.

      2Zudem stand ich erst am Anfang. Eine vollständige Belehrung über alle Zusammenhänge war mir in Aussicht gestellt. Ich brauchte nur das Dargebotene anzunehmen. Noch mehr! Ich sollte mich mit dem hier gehörten nicht begnügen. Ich sollte auch aus einer anderen, von dieser unabhängigen Quelle schöpfen, um sicher zu gehen. Ich sollte mit einfachen, unerfahrenen Leuten vom Lande, die vom „Spiritismus“ keine Ahnung hatten, mich zu einer Art Gottesdienst nach dem Beispiel der ersten Christen zusammensetzen, fern von jeder fremden Beeinflussung - in meiner eigenen Pfarrei.

      3Sollte ich das wirklich wagen? Was würden die Leute sagen? Ich merkte, wie das Gefühl der Menschenfurcht in mir hoch kam. - Würden meine eigenen Pfarrkinder mich nicht für geistesgestört halten müssen, wenn ich etwa Derartiges unternähme? - Und wenn meine geistliche Behörde davon Kunde erhielt, würde es mich nicht meine Stelle kosten?

      4Ein schwerer Kampf tobte in mir. Nach welcher Seite sollte ich mich entscheiden? Denn daß ich mich jetzt entscheiden müsse, fühlte ich. Nie in meinem Leben habe ich mit einer solchen Innigkeit zu Gott gebetet, wie in diesen Tagen. Endlich entschloß ich mich, die gegebenen Weisungen zu befolgen, auch unter den größten persönlichen Opfern, auch unter Verlust meiner Stellung und meiner wirtschaftlichen Existenz.

      5So war also die Entscheidung gefallen. Danach wurde ich innerlich vollkommen ruhig, und mit großer Zuversicht sah ich den kommenden Dingen entgegen.

       1.1.6 Die Bestätigungen der Wahrheit

       „Ihr jedoch gehört zu denen, welche die geistige Salbung der Wahrheit von dem Heiligen empfingen und daher in die ganze Wahrheit eingeführt sind.“ (1.Joh.2,20)

       1.1.7 Erlebnisse in meiner Pfarrei

      1Ohne Rücksicht auf die drohenden Folgen hatte ich mich entschlossen, in meiner eigenen Pfarrei einige Leute auszusuchen, um mit ihnen Zusammenkünfte zu veranstalten, wie ich sie in der benachbarten Stadt selbst mitgemacht hatte. Wen ich dazu nehmen sollte, wußte ich nicht. Es war mir ja gesagt worden, es werde alles gefügt, sobald ich dazu bereit sei. Und so geschah es. Ich brauchte mir die Leute nicht zu suchen, sondern sie wurden mir ohne mein Zutun auf ganz merkwürdige Weise zugeführt.

      2In meiner Pfarrei hatte ich eine Kranke, die teilweise gelähmt war. Ich besuchte sie mehrere male in der Woche. Eine Schwester von ihr war in meinem Pfarrort verheiratet und hatte vier Kinder im Alter von 20 bis 28 Jahren: Drei Söhne und eine Tochter.

      3An einem Abend saß ich bei der Kranken und unterhielt mich mit ihr. Da kam einer der Söhne ihrer Schwester und fragte, ob seine Mutter nicht hier sei. Es wurde ihm gesagt, daß die Mutter dagewesen, aber wieder fortgegangen sei, um einige Geschäfte zu besorgen. Sie werde in wenigen Minuten wieder hierher zurückkommen. Der Junge setzte sich hin, um auf die Mutter zu warten. Es dauerte nicht lange, da kam die Mutter und fast gleichzeitig mit ihr die beiden anderen Söhne, die ihren Bruder abholen wollten. Denn sie hatten mit Kameraden verabredet, sich an diesem Abend in einer bestimmten Familie zu treffen. Einige Minuten später trat auch die Tochter ins Zimmer. Sie war Krankenpflegerin und wollte mich fragen, ob bei einem Kranken Nachtwache nötig sei.

      4So waren wir also zu sieben Personen zusammen. Plötzlich brachte einer der Söhne die Sprache auf meine Predigt vom letzten Sonntag. Ich hatte darin einen Abschnitt aus der Bibel angeführt, der ihnen gänzlich unbekannt war. Nun erklärte ich den um mich herum Sitzenden ausführlich jene Stellen der Heiligen Schrift. Alle hörten mit größter Aufmerksamkeit zu. Als ich geendet hatte, meinte einer der Söhne, er wäre froh, wenn er öfters Gelegenheit hätte, über so manches aus der Bibel Aufklärung zu bekommen.

      5Ich sagte, daß ich gern bereit sei, hier bei ihrer kranken Tante öfters mit ihnen zusammenzukommen und ihnen die Fragen zu beantworten, die sie mir vorlegen würden. So hätten sich ja auch die ersten Christen in ihren Häusern versammelt und die religiösen Dinge zusammen besprochen. Mit Freuden willigten die Anwesenden in meinen Vorschlag ein, und wir setzten sofort schon die Abende für diese Zusammenkünfte fest.

      6An mehreren Abenden waren wir bereits zusammengekommen, ohne daß sich etwas Außergewöhnliches dabei ereignet hatte. Bei unseren „Sitzungen“ begannen wir mit Gebet. Dann widmeten wir, uns die Hände reichend, einige Minuten schweigend der inneren Sammlung. Es folgte eine Lesung aus der Heiligen Schrift und Erklärung und Besprechung des Gelesenen sowie Beantwortung der von den Anwesenden gestellten Fragen. Auch überlegten wir zusammen, wie wir den Notleidenden unserer näheren oder weiteren Umgebung Hilfe bringen könnten.

      7Ich wunderte mich, mit welch tiefem Ernst besonders die drei Brüder die Sache aufnahmen. Dabei fiel nicht bloß mir, sondern auch der Mutter etwas Merkwürdiges auf: Der Gesichtsausdruck der drei Jungen wurde ein anderer, viel edler und schöner. Selbst Fremden fiel dies auf. Auch bekannte einer dieser drei, er wisse nicht, was eigentlich in seinem Inneren vorgehe. Wenn er draußen im Feld bei der Arbeit sei, mahne ihn eine innere Stimme ständig daran, Gott zu loben und zu preisen und ihm zu danken. Früher seien ihm solche Gedanken nie gekommen. Und wenn er jetzt bei seinem jähzornigen Temperament einmal einer Zornesaufwallung nachgebe, dann falle ihm dies in demselben Augenblick so schwer auf die Seele, daß er sofort in der Arbeit einhalten müsse, um Gott für den begangenen Fehler um Vergebung zu bitten. Erst dann könne er wieder froh weiterarbeiten. Früher sei er dutzendemal am Tage in diesen Fehler gefallen, ohne daß er sich dadurch innerlich beschwert fühlte.

      8Es war daßelbe, was auch ich an mir erfahren hatte seit dem Tage, wo ich die erste Zusammenkunft in der benachbarten Stadt mitgemacht hatte. Fehler und Nachlässigkeiten, die ich früher nicht beachtete, brannten wie Feuer in meiner Seele [Körper].

      9In unserer vierten Sitzung hatte ich eine Stelle der Bibel erklärt. Meine Auslegung war dieselbe, wie sie heute von allen christlichen Bibelauslegern gegeben wird. Eine andere kannte ich nicht. Noch war ich mit meiner Auslegung nicht zu Ende, als sich des einen Jungen eine mir unerklärliche Erregung bemächtigte. Mit merkwürdig glänzenden Augen sah er mich an, und ich merkte, wie er sich innerlich gegen etwas zu wehren suchte. Plötzlich wandte er sich an mich, indem ein Zittern durch seine Glieder ging, und sagte: „Ich kann nicht anders. Ich muß Ihnen mitteilen, daß Ihre Erklärung falsch ist. Ich werde gezwungen, die richtige Auslegung zu sagen.“

      10Und nun sprach er die Sätze, die ihm als Auslegung der Bibelstelle innerlich eingegeben wurden. Sie waren so klar und einleuchtend, daß weder bei mir noch bei den anderen Teilnehmern ein Zweifel an ihrer Richtigkeit möglich war. Noch hatte wir uns von unserem Staunen nicht erholt, da erklärte derselbe Junge: „Ich muß schreiben.“

      11„Was willst du denn schreiben?“ fragte ich. „Ich weiß es nicht. Aber eine unwiderstehliche Gewalt zwingt mich dazu. - Gebt mir Papier und Bleistift!“

      12Wir legten ihm beides hin. Sofort schrieb er mit großer Geschwindigkeit eine Seite eines Folioblattes voll. Ein Buchstabe war an den anderen gereiht, ohne daß Wörter und Sätze voneinander getrennt waren. Als Unterschrift stand unter dem Geschriebenen das Wort „Celsior.“

      13Das Schriftstück enthielt eine für uns wichtige Belehrung. Der Junge fragte mich, was das Wort „Celsior“ zu bedeuten habe. Ich erklärte ihm, daß es ein lateinisches Wort sei und so viel heiße wie: „Der Höhere“ oder „ein Höherer“.

      14Ich wollte nun von dem Jungen wissen, welche Empfindungen er bei dem soeben Erlebten gehabt habe. Er gab mir zu Antwort, daß er nicht die rechten Worte finde, um das auszudrücken. Er habe unter dem Einfluß einer Gewalt gestanden, die so groß war, daß er nicht widerstehen konnte. Er habe sich zwar mit allen Kräften zur Wehr gesetzt, als er mir sagen sollte,

Скачать книгу