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auch Bruder Alban, und sie sangen zusammen. Dann kam eine Pause zum Essen, danach musizierten sie weiter. Martin hatte begonnen, das Harfenspiel zu erlernen und

      Heinrich überlegte ernsthaft, ob er sich eine Laute zulegen sollte. Er wusste, dass es ungefähr zwei Reitstunden entfernt einen Meister gab, der Lauten und andere Instrumente herstellte. Vielleicht konnte er dann einen der fahrenden Sänger für ein paar Monate anstellen, damit der ihm das Lautenspiel beibrachte. Fahrende Sänger waren immer froh, wenn sie irgendwo für ein paar Monate Unterschlupf und eine feste Arbeit fanden. Eines Morgens wachte Heinrich auf und wusste, dass er sich eine Laute kaufen würde. Wenn er wieder reiten konnte, würde er zu dem Instrumentenbauer reisen.

      Überhaupt, das Reiten. Heinrich wusste, dass er unbedingt wieder anfangen musste. Er zögerte es hinaus, weil er ja nicht wusste, ob es noch ging. Was würde aus seinen Träumen werden, wenn es nicht ging?

       Kapitel 7: Nähe

      Zögerlich vertraute er sich Martin an, wie so oft in letzter Zeit. Martin hörte immer zu, ohne zu unterbrechen, Martins Rat hatte meistens Hand und Fuß, und vor allem wusste Heinrich, dass Martin niemals hinter seinem Rücken schlecht über ihn sprechen oder lachen würde. Er wusste das einfach, und es war ein gutes Gefühl. Bei seinen alten Freunden war er sich da nicht so sicher. Vermutlich war er an so manchem kalten Winterabend großer Anlass für Heiterkeit und Gelächter gewesen mit seinem Unfall. Die Geschichte mit dem Nachttopf an der Wand hatte bestimmt die Runde gemacht. Heinrich spürte, dass er seinen Freunden vieles von dem, was er wirklich dachte, nicht anvertrauen konnte. Er konnte ihnen nicht erzählen, dass er nicht immer der große Kämpfer, Säufer und Held war, sondern tief in sich drin seine Mutter jämmerlich vermisste, Laute spielen wollte und Angst vor der Zukunft hatte.

      An einem Nachmittag Anfang März erzählte er also Martin von seiner Angst, wieder auf ein Pferd zu steigen. Scheu vertraute er ihm an, dass er Angst davor hatte, gar nie mehr reiten zu können und dass das seine Träume zunichtemachen würde. Martin war pragmatisch, wie immer. Manchmal war er erstaunt, wie ein so großer und mächtiger Kerl wie Heinrich Angst vor den banalsten Dingen hatte. Er fragte:

      „Gibt es denn irgendeinen Grund dafür zu denken, dass Ihr nicht mehr reiten könnt?“

      Heinrich sah ihn mit großen Augen an: „Nun ja, ich habe mir das Bein gebrochen.“

      „Das Bein ist verheilt. Ihr könnt sogar schon wieder ohne Stock laufen.“

      „Ja, aber Reiten ist was anderes.“

      Martin wollte gerne seufzen und die Augen verdrehen, aber er wagte es dann doch nicht. Immer noch konnte Heinrich ihn aus einer Laune heraus zerstören. Also musste er diplomatisch sein. „Ich denke, Ihr könnt reiten. Ihr müsst ja nicht gleich mit Galopp oder einem Tagesritt anfangen.“

      Heinrich schwieg. Martin hatte Recht, er konnte langsam anfangen. Aber wollte er das? Er war ein großartiger Reiter gewesen, und sollte jetzt wieder bei Null anfangen. Außerdem… Heinrich schauderte.

      Martin hatte sein Mienenspiel beobachtet und sprach seine Vermutung aus, bevor sein Gehirn irgendetwas dagegen tun konnte:

      Ihr habt Angst, dass Euer Pferd wieder durchgeht und Ihr wieder einen Unfall habt.“

      Heinrich sah ihn stumm an, und Martin wurde nervös. Vielleicht hätte er das doch nicht sagen sollen?

      Doch Heinrich nickte nur und meinte dann: „Ja, vielleicht. Es war schlimm, ich wäre fast gestorben. In der Ausbildung haben wir gelernt, wenn man vom Pferd fällt, soll man wieder aufsteigen, und wenn man im Kampf verletzt wird, soll man gleich weiterkämpfen. Man soll gleich weitermachen, damit die Angst im Kopf nicht so groß wird. Aber mein Unfall ist drei Monate her, und ich bin ja gar nicht vom Pferd gefallen. Mein Pferd ist einfach weggeschliddert, ich konnte nichts tun.“

      Dann senkte er den Kopf und sprach ganz leise etwas aus, das eigentlich unerhört war: „Ja, ich habe Angst.“ Er war ein Ritter, ein adeliger Herr, ein Krieger, ein Haudrauf. Und er hatte Angst.

      Vor Kriegen hatte man auch Angst, aber Heinrich hätte das nie im Leben zugegeben. Das Kämpfen im Krieg war wie ein Rausch, der Gefühle wie Angst betäubte. Oder man trank viel Wein, da verging die Angst auch. Zuzugeben, dass er Angst hatte, das war für Heinrich neu. Und noch dazu vor einem Dienstboten. Nein. Heinrich schüttelte den Kopf und zwang sich, an Martin nicht als Dienstbote zu denken, sondern als Halbbruder. Sie spielten zusammen Brettspiele, sie sangen zusammen, Martin war ständig bei ihm. Bei ihm waren Heinrichs tiefe Geheimnisse gut aufgehoben, da war er sich sicher. Heinrich hätte seine große Schuld einfach gerne weggezaubert, aber das ging nicht. Er würde weiterhin freundlich zu Martin sein, und irgendwann würde der ihn sicher auch mögen, als Freund oder sogar als Bruder.

      Sie schwiegen eine Weile, dann meinte Martin: „Ihr solltet einfach morgen anfangen.“

      „Was?“

      Martin wiederholte ganz langsam, wie für einen Dummkopf: „Anfangen. Morgen.“

      Heinrichs Atem ging stoßweise. Morgen schon. Morgen ging nicht, das musste Martin doch einsehen. „Weißt Du Martin, morgen geht nicht.“

      „Nein? Warum?“

      „Weil, hm, weil ich gar nicht weiß, ob die Pferde frei sind oder gebraucht werden.“

      Martin konnte ein genervtes Schnauben nicht unterdrücken. Doch er fasste sich und erklärte geduldig: „Eure Pferde sind teure Reitpferde. Niemand würde sie zur Arbeit verwenden.“

      Heinrich gab sich nicht geschlagen: „Aber vielleicht will jemand ausreiten? Der Verwalter, oder jemand der Wache. Oder eines der Weiber, die Einkäufe erledigen müssen.“

      Martin zog eine Augenbraue hoch und schüttelte den Kopf. „Nein. Niemand würde Eure Pferde nehmen. Wir können morgen nach dem Mittagessen anfangen.“

      „Wir? Hilfst Du mir?“

      Martin war verlegen, er hatte tatsächlich „wir“ gesagt. Er erklärte: „Ich verstehe nichts vom Reiten. Ich kann nur dabeistehen und das Pferd festhalten. Aber ich kann gerne mitkommen, wenn Ihr das möchtet.“

      Heinrich nickte. Martin hatte ihn schon einmal gerettet. Wenn er dabei war, würde es vielleicht nicht so schlimm werden.

      Und so führte am nächsten Tag Martin das Pferd heraus. Heinrich streichelte Alba, putzte sie selbst, fütterte sie mit Karotten und Apfelschnitzen. Dann sattelte Martin das Pferd. Satteln konnte er, er war schließlich ein Stallknecht. Heinrich führte sein Pferd auf den Sandplatz. Gottlob war der Schnee schon weg und der Boden war auch nicht gefroren. Auf Schnee wäre Heinrich sicher nicht geritten, vor allem nicht nach dem blöden Unfall im Dezember.

      Martin verschränke die Hände, damit Heinrich aufsteigen konnte. Gut, dass er sich sein rechtes Bein gebrochen hatte und nicht das Linke. Er stieg also mit dem linken Bein in Martins verschränkte Hände und drückte sich hoch. Martin schob von unten, und Heinrich saß im Sattel. Vorsichtig drückte er das Bein an sein Pferd und stellte erleichtert fest, dass es nicht weh tat. Martin nahm die Zügel und lief los. Langsam führte er das Pferd eine Runde nach der anderen. Dann blieb er stehen und reichte Heinrich die Zügel. Heinrich sah ihn flehentlich an, doch Martin hielt ihm weiterhin die Zügel hin. Wenn Heinrich ihm befehlen würde, ihn weiterzuführen, dann würde Martin das natürlich tun. Er hoffte jedoch, dass Heinrich einfach die Zügel nehmen und weiterreiten würde.

      Heinrich zögerte. Martin schlug vor: „Ihr nehmt die Zügel und ich nehme das Halfter.“

      Heinrich nickte und wieder ritten sie ein paar Runden. Martin hielt das Pferd am Halfter, und nach drei Runden meinte er. „So, ich lasse das Halfter los und gehe aber neben Euch her.“ Heinrich nickte wieder, er war blass.

      Sie liefen los. Martin ging direkt neben dem Pferd, bereit, jederzeit einzugreifen. Aber nichts passierte, es ging alles gut. Heinrich schien sich zu entspannen. Das Reiten hatte sich in seinem Kopf zu einem riesigen Problem aufgebaut und dafür gesorgt, dass sich sein Magen zusammenzog, wenn er nur daran dachte.

      Aber es war schön. Heinrich hob den Kopf und

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