Скачать книгу

wären, die sich verstecken müßten. Wenn ein Auto kam, sprangen wir in den Straßengraben und legten uns hin, bis es vorbei war. Volker feuerte mit seinem Colt auf die Autos und pustete dann in den Lauf.

      Mittags gingen wir nicht nachhause, sondern spielten weiter ausgebrochene Gefangene, bis es dunkel wurde. Den Schal hatten wir nicht gefunden, und wir kriegten Zimmerarrest. »Wir haben uns solche Sorgen um euch gemacht«, sagte Mama. Papa sei ewig und drei Tage lang auf der Schmidtenhöhe rumgefahren, um uns zu suchen. »Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen!«

      Renate klebte ihren Bravo-Starschnitt von Emma Peel zusammen, ganz in Orange mit knatschblauem Hüftgürtel. »Das ist doch Kacke, wie du das machst, das wird doch viel zu labberig«, sagte Papa, und dann leimte er im Keller alle Teile säuberlich auf eine Tapetenbahn. Vom Ausschneiden kriegte Renate einen Krampf im Daumen.

      Den Starschnitt pinnte sie in ihrem Zimmer an, aber von dem Kleister waren Emma Peels Arme so schwer geworden, daß sie immer die Reißbrettstifte aus der Wand zogen und runterhingen.

      Morgens hatte Papa einen Hexenschuß und kam ganz krumm vom Klo. Mama sagte, das komme davon, daß er dem Polsterer bei der Grabeskälte im Wohnzimmer zur Hand gegangen sei. Das tue ihr ja nun in der Seele leid, aber die Sessel röchen jetzt noch nach dem Heini.

      Damit Papa zur Arbeit fahren konnte, mußte Mama ihm ins Auto helfen.

      An seinem Geburtstag weckte mich Volker ganz früh, als alle noch schliefen. Wir schlichen nach unten, wo der Geburtstagstisch schon gedeckt war.

      Am Regal stand ein blaues Paar Skier mit Stöcken, und auf dem Tisch lagen zwei Bücher, ein neues Federmäppchen mit Reißverschluß und ein Karton mit einem Segelflugzeug zum Selberkleben. Volker sagte, daß wir das auf der Schmidtenhöhe fliegen lassen könnten. Dann würde es da landen, wo das andere lag.

      Wir kuckten uns alles genau an. Dann gingen wir wieder ins Bett, und als wir runtergerufen wurden, mußte Volker die Geschenke alle nochmal neu bestaunen.

      Als Geburtstagsgäste hatte Volker Kalli und aus Lützel Hansi Becker eingeladen, der noch dicker geworden war. Es gab Apfelkuchen. Beim Versteckspiel durfte ich mitmachen, aber ich schied als erster aus, und da ging ich lieber mit Uwe ins Wäldchen.

      Überall lagen Köttel von Karnickeln, obwohl wir noch nie welche im Wäldchen gesehen hatten. Die kamen wohl nur nachts zum Kacken aus dem Bau raus.

      In der Schlucht versuchten wir, aus Steinen Funken zu schlagen und damit Feuer zu machen. Dafür seien die Steine mit roten Streifen am besten, sagte Uwe. In der Schlucht sei mal ein Vulkan gewesen.

      Als ich wiederkam, waren Hansi und Kalli noch da. Mama las uns im Wohnzimmer die Geschichte von dem Gespensterschiff aus Hauffs Märchen vor. Als Fracht hatte das Schiff Seide, Perlen und Zucker geladen. Ein Mann war auf dem Schiff durch die Stirn an den Mastbaum genagelt, aber nachts lief der tote Mann mit dem Nagel in der Stirn die Kajütentreppe runter.

      Lassie kam jetzt einmal wöchentlich im Zweiten. Neu war auch der Hustinettenbär. In den Nachrichten wurde gezeigt, wie jemand totgeschossen wurde. Einer hatte dem Mann eine Pistole an den Kopf gehalten und abgedrückt, und dann war der Mann tot umgefallen.

      Opa Jever besuchte uns. Im Badezimmer mußte er morgens immer lange husten. Er machte einen Spaziergang mit mir zu der Schule, auf die ich kommen würde. Opa war mal Lehrer gewesen.

      In der Schule würde ich Lesen und Schreiben und Rechnen lernen, sagte Opa. In der Grundschule würden die Weichen gestellt fürs ganze Leben. Faule Schüler würden irgendwann nur die Kühe hüten, aber fleißigen Schülern stehe die Welt offen. Die könnten auch Lehrer werden oder Förster oder Astronaut.

      Ein Bettler klingelte bei uns. Mama bot ihm ein Käsebrot an, aber der Bettler wollte lieber Geld haben, und da schickte Mama ihn wieder weg. Das Geld hätte der ja doch nur versoffen, sagte Mama.

      Unten im Haus war der Kriechkeller. Durch ein Loch konnte man in den nächsten und in den übernächsten Kriechkeller kriechen. Die Tür zum letzten Nachbarkeller war offen. Da standen drei Paar Pantoffeln auf einer Matte. Ich schmiß sie alle durcheinander und kroch zurück.

      Ich hätte so Hunger, sagte ich zu Frau Strack, und sie schmierte mir ein Marmeladenbrot. Uwe, Heinz und Kurt standen im Treppenhaus und glotzten mich an.

      Als Mama mich mit dem Marmeladenbrot sah, kriegte ich ein paar hinter die Löffel. »Nachbarn um Brot anzubetteln! Was sollen die denn von uns denken? Als ob du hier nicht genug zu essen kriegst! Wie kann man nur so unerzogen sein?«

      Im neuen Stern klebte Mama zwei Seiten zusammen, die wir nicht sehen sollten. Da wären Fotos vom Vietnamkrieg gewesen, sagte Volker. Im Vietnamkrieg wurde Leuten der Kopf abgehackt.

      Karneval ging ich als Postbote. Papa hatte mir eine blaue Postbotentasche gebastelt, in der ich Briefumschläge sammeln konnte. Er baute mir auch eine Dienstmütze und wollte wissen, ob vornedrauf Deutsche Bundespost oder Postbote stehen solle. Ich war für Postbote. Papa schnitt die Buchstaben aus gelbem Filz aus und klebte sie vorn auf die Mütze.

      Wiebke brauchte noch als nichts zu gehen. Renate ging als Hexe und Volker als Cowboy. Uwe ging auch als Cowboy. Das nächste Mal wollte ich auch lieber wieder als Cowboy gehen.

      Wiebke quietschte vor Vergnügen, wenn Papa sie hochhob und im Wohnzimmer über Kopf an der Decke rumlaufen ließ. Mit mir hatte Papa das früher auch gemacht. Jetzt war ich schon zu groß dafür.

      Im Ersten kam eine neue Serie mit einem Raumschiff, aber die überschnitt sich mit Bonanza. Einmal überschnitt sich auch Graf Yoster mit Bezaubernde Jeannie. Mama wollte Graf Yoster sehen, und wir durften Bezaubernde Jeannie nicht zuendekucken.

      Jeannie konnte sich kleinzaubern und mußte in einer Vase wohnen, in der kein Klo war. Renate fand doof, daß auch Graf Yoster nie aufs Klo mußte.

      »Der soll mal aufs Klo gehen, sonst kackt der sich in die Hose«, sagte ich und kriegte Zimmerarrest deswegen.

      Als Renate und Volker Ferien hatten, fuhren wir mit dem Zug nach Jever, alle außer Papa, der mit Onkel Dietrich an den Plänen für unser Haus arbeiten mußte.

      »Hier sind wir mit der ganzen Blase«, sagte Mama zu Oma.

      Ein guter Gast ist niemals Last. Das stand auf einem Brett, das in Jever im Flur hing.

      Tante Dagmar war auch wieder da. Wir gingen mit ihr in den Schloßgarten und spielten Plumpsack. Dafür waren die im Kreis stehenden Steine auf dem Berg im Schloßgarten gut. Wer der Plumpsack war, mußte hinten um die andern auf den Steinen rumgehen und ein Taschentuch fallenlassen. Wer sich umdreht oder lacht, kriegt den Buckel blaugemacht! Wenn das Taschentuch hinter einem lag, mußte man damit hinter dem Plumpsack herrennen und ihn kriegen, bevor er einmal rum war, sonst war man selbst der Plumpsack.

      Wenn Tante Dagmar der Plumpsack war, kuckte sie immer gefährlich, damit man dachte, man sei gleich dran.

      Einmal fuhren wir auch im Bus zum Forst Upjever. Renate hatte ihren Fotoapparat mitgenommen. Volker und ich machten auf dem Waldweg ein Kämpfchen und wollten, daß Renate uns knipst.

      Am Rand von dem Weg lagen Holzstämme. Da knipste Gustav uns alle. Tante Dagmar im Pelzmantel und Renate im Poncho.

      In den Schloßgarten durfte ich auch schon alleine gehen. Die Adresse von Oma und Opa hatte ich auswendig gelernt: Mühlenstraße 47.

      Die Gefängnismauer hatte grüne Flaschenscherben obendrauf.

      In den Schloßgarten ging ich immer links rein, an den Pfauenkäfigen vorbei bis nach unten zu der Entenfütterstelle am Schloßgraben und nach dem Entenfüttern am Schloßgraben lang auf die andere Seite zu den großen Bäumen. Da waren weniger Enten, aber manchmal war der Pfau da. Einmal schlug er ein Rad. Er stand mitten auf dem Weg. Die Federn im Pfauenrad zitterten. Eine von den Federn fiel hinten runter. Der Pfau hatte graue Krallen und zuckte mit dem Kopf.

      Ich wollte mir die runtergefallene Pfauenfeder holen, aber ein anderer Junge war

Скачать книгу