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      Ein junger Türke kommt ins Sozialamt, geht zum Schalter und sagt zu dem Beamten: „Challo, isch wolle nix lebe mehr von die Stütze, isch wolle gehe arbeite.“ Der Beamte des Sozialamtes strahlt den Mann an: „Sie haben irrsinniges Glück. Wir haben hier das Stellenangebot eines reichen Herrn, der einen Chauffeur und Leibwächter für seine nymphomanische Tochter sucht. Sie müssen mit einem riesigen schwarzen Mercedes fahren und ein- bis zweimal täglich Sex mit dem Mädchen haben. Ihnen werden Anzüge, Hemden, Krawatten und Freizeitkleidung gestellt. Weil Sie viele Überstunden leisten, werden Ihnen sämtliche Mahlzeiten bezahlt. Da die junge Dame oft verreist, werden Sie diese auf ihren Reisen begleiten. Das Grundgehalt liegt bei hunderttausend Euro jährlich.“ Darauf der junge Türke zum Beamten: „Du Idiot, willsu mich verarschen?!“ Antwortet der Beamte: „Wer hat denn damit angefangen?“

      Die Aussage des Türken enthält Fehler in der Aussprache („Challo“ statt „Hallo!“, „Willsdu?“ statt „Willst du?“), in der Konjugation („von die Stütze“ statt „von der“), in der Wortstellung („Isch wolle nix lebe mehr von die Stütze!“ statt „Ich will nicht mehr von der Unterstützung leben!“) und in der Lexik („Stütze“ statt „Arbeitslosenunterstützung“). Dies ist in derartigen Witzen üblich, es soll damit ein komischer Effekt erzielt werden, wobei nicht bestritten werden soll, dass Türken, die die deutsche Sprache nicht gut beherrschen, so reden.

      Aus inhaltlicher Sicht werden in diesem Witz die Türken pauschal als arbeitsunwillig dargestellt, und es wird ihnen vorgeworfen, dass sie unser Sozialsystem missbrauchen. Soziolinguisten weisen darauf hin, dass derartige Witze auch einen Rückkoppelungseffekt haben. Die Türken sind in diesem Fall die Outgroup, der Witzeerzähler und seine, nennen wir es: Lachgemeinschaft sind die Ingroup. Das Klischee über die Outgroup besteht darin, dass alle Türken faule Sozialschmarotzer sind. Für die Lachgemeinschaft ist hingegen ein fleißiger Arbeitseinsatz selbstverständlich und ein allgemein anerkannter Wert, dessen Verbindlichkeit mit dem Erzählen des Witzes unterstrichen wird. (Baur, Wiegeler) Außerdem dient eine Outgroup oft als Sündenbock bei Verteilungsfragen, sie wird beispielsweise zum alleinigen Verursacher für aus dem Ruder laufende Kosten im Gesundheitswesen oder bei der Arbeitslosenversicherung erklärt.

      Manche Türkenwitze sind Nachahmungen der bösesten antisemitischen Judenwitze oder mit diesen gedanklich verknüpft. Es ist gut, dass diese menschenverachtenden Witze sozial geächtet sind, und schlimm, dass sie trotzdem im Internet in großer Zahl kursieren und abgerufen werden können.

      Es gibt aber auch mildere Türkenwitze, und diese werden oft sogar von türkischen Comedians in voll besetzten Stadthallen vorgetragen.

      Ein Krokodil fragt: Wer bin ich? Antwort: Großes Maul, kurze Beine, Lederjacke – ein Türke!

      Die Witze sind teilweise selbstironisch, wobei offensichtlich gezeigt werden soll: Selbst die Türkenwitze können wir besser als ihr! „Neu ist, dass die Witzeerzähler sich selbst in eine Opferhaltung begeben. Als würde ihnen irgendjemand die Witze verbieten wollen. Als gehörte der Türkenwitz neuerdings zum Widerstand“, sagt der türkischstämmige Bühnenkünstler Murat Kayi. „Im besten Fall wird der Witz zum Zeichen von Unbefangenheit, Toleranz und Gleichberechtigung. Ich glaube, dass jeder das Recht hat, in einem Witz verarscht zu werden. Ich bin in den Siebzigern in Deutschland aufgewachsen, mit dem Begriff Kümmeltürke. Meine Mutter hat noch still darunter gelitten. Meine Generation hat angefangen, selbst Türkenwitze zu erzählen. Und damit das Machtgefüge geändert.“ (Der Spiegel, 13/2017)

      In vielen der milderen Türkenwitze geht es um die Unterschiede zwischen der türkischen und der deutschen Sprache oder um Verständigungsprobleme zwischen Türken und Deutschen beziehungsweise Österreichern. Im zweiten Teil des Buches werden Sie einige davon finden: den „Döner ohne Dativ“-Witz (siehe S. 107 ff.), den „Weißt du?“-Witz (siehe S. 110) und den „Aldi“-Witz (siehe S. 115). Es sind durchwegs Dialoge.

      Franzi und Ali sitzen in der Schule. Lehrerin: „Bitte alle die Hand heben, die Österreicher sind.“ Alle außer Ali heben die Hand. Franzi: „Ali, du bist doch hier in Österreich geboren und aufgewachsen, also bist du Österreicher. Melde dich.“ Ali meldet sich.

      Als Ali dann nach der Schule nachhause kommt und dem Vater davon erzählt, holt dieser aus und haut dem kleinen Ali eine runter. Ali dreht sich um und sagt: „Oh Mann, kaum ist man Österreicher, schon hat man Stress mit den Türken.“

      Dieser Witz illustriert einen Generationenkonflikt in Alis Familie. Ali findet nichts dabei, als Österreicher zu gelten, wenn er dazu aufgefordert wird, er möchte zur Ingroup der Österreicher gehören. Für den Vater sind die Österreicher hingegen eine Outgroup und werden es vermutlich auch bleiben.

      Die Blondinenwitze, deren Popularität langsam im Abklingen ist, basieren auf dem Vorurteil, dass blonde Frauen strohdumm sind. Sie verstehen alles falsch und finden sich im Alltagsleben nicht zurecht. Die Witze, die ich hier zitiere, gehören noch zu den besseren und intelligenteren, weil sie eine sprachliche Komponente aufweisen. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie reaktionär und anti-emanzipatorisch sind.

      Warum trinken Blondinen die Joghurts immer gleich im Supermarkt? – Weil auf dem Packerl steht: „Hier öffnen!“

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      Warum freut sich eine Blondine so, wenn sie ein Puzzle nach sechs Monaten fertig hat? – Weil auf der Schachtel steht: „2–4 Jahre“.

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      Eine Blondine sitzt mit ihrer Oma im Auto. Oma: „Stell mir bitte den Sitz vor!“ Blondine: „Oma – Sitz! Sitz – Oma!“

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      Was ist eine Blondine zwischen einer Brünetten und einer Rothaarigen? – Eine Bildungslücke.

      Manche dieser Witze bauen auf dem Vorurteil auf, dass sich Frauen in der Welt der Computer, angeblich eine Domäne der Männer, nicht zurechtfinden.

      Was macht die Blondine, wenn der Computer brennt? – Sie drückt die Löschtaste.

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      Warum gießt eine Blondine ihren Computer? – Weil sie im Internet surfen will.

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      Warum stellt eine Blondine ihren Computer auf den Boden? – Damit er nicht abstürzen kann.

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      „Der Computerriese IBM ist pleite!“ – „Wieso?“ – „Die haben zehn Blondinen eingestellt, und die haben die ganzen Chips gefuttert.“

      Die angebliche Dummheit der Blondinen ist die eine Seite dieser stereotypen Vorstellung. Hinzu tritt die Behauptung, dass Blondinen jederzeit für jede Art von Sex zu haben sind.

      Zwei Blondinen unterhalten sich, sagt die eine: „Von neuen teuren Schuhen bekomme ich immer Blasen.“ Die andere: „Komisch, bei mir ist es gerade umgekehrt.“

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      Eine Blondine fährt mit ihrem Auto an die Tankstelle, steigt aus, tankt und läuft schnurstracks zum Tankwart. Sie kniet sich vor ihm nieder, öffnet seine Hose und bläst ihm einen. Nach vollendetem Werk steht die Blondine auf und der Tankwart fragt verwundert: „Womit habe ich das verdient?“ Die Blondine zeigt Richtung Tanksäule: „Da draußen steht doch: Blasen – frei zapfen!“

      Sigmund Freud unterscheidet zwischen dem obszönen Witz und der Zote (Freud, S. 111). Der „Tanksäulen“-Witz ist eine Zote, das Sexuelle wird unverhüllt ausgesprochen, außerdem wird die Frau herabwürdigend dargestellt. Da hilft auch nicht das sprachspielerische Element, dass die Aufschrift an der Tanksäule in ihre Bestandteile zerlegt und neu zusammengesetzt wird (siehe S. 214).

      Der erste Witz hat dieselbe sexuelle Praxis zum Thema, aber sie wird verhüllt dargestellt, in Form einer Anspielung. Es ist Aufgabe des Zuhörers, den Umkehrschluss zu ziehen. Bei vielen Umkehrwitzen kann der Erzähler zum Zuhörer sagen: Ich habe es nicht ausgesprochen – du hast es so interpretiert.

      Was

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