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oder die Täter werden die gerechte Strafe bekommen«, sagte der Priester und legte Stola und Soutane ab.

      Alois Kammeier, der Mesner von St. Johann, nahm den Meßdienern die Gerätschaften ab und verstaute diese im Regal. Dann beugte er sich verschwörerisch zum Pfarrer hinüber.

      »Ich weiß ja net, ob’s stimmt«, sagte er leise, damit die beiden Buben nichts mitbekamen, »aber die Leut’ behaupten, die Anderer hätten etwas damit zu tun.«

      Er hob die Schulter.

      »Ich weiß es ja net – aber es war von denen auch niemand in der Messe. Auch die Burgl net…«

      »So ein Schmarr’n«, schimpfte Sebastian Trenker. »Wer behauptet denn solch einen Blödsinn? Die Polizei verfolgt bereits eine Spur, und die führt gewiß net zu den Anderern! Die Leut’ soll’n sich bloß mit ihren dummen Anschuldigungen zurückhalten!«

      Die Anderer waren eine wenig angesehene Tagelöhnerfamilie. Der Alte, Jacob Anderer, war als Raufbold und Trinker verschrien, Walburga, seine Frau, schuftete von früh bis spät, um die Familie über Wasser zu halten, zu der auch noch ein Sohn gehörte. Allerdings war ihr Thomas der Typ, der lieber den Madeln hinterherstieg, als einer vernünftigen Arbeit nachzugehen.

      Trotz aller Vorbehalte, die man ihnen gegenüber vielleicht haben mochte, war Sebastian Trenker weit davon entfernt, die Familie des Kirchenraubes zu verdächtigen. Das sagte er auch seinem Bruder, der schon von diesem Gerücht gehört hatte. Max winkte ebenfalls kopfschüttelnd ab.

      Sie saßen in der gemütlichen Pfarrhausküche und ließen sich das Abendessen schmecken. In der Aufregung des Tages war das Mittagessen ausgefallen, und so hatte Frau Tappert es kurzerhand wieder aufgewärmt.

      »Es schmeckt köstlich«, lobte Pfarrer Trenker seine Haushälterin.

      »Wie immer«, fügte Max hinzu und stopfte sich eine Gabel Rotkraut in den Mund.

      Sophie Tappert registrierte das Lob, antwortete aber nicht. Sie sprach überhaupt nicht viel. Reden ist Silber – Schweigen ist Gold, war ihre Devise. Wer viele Worte macht, läuft Gefahr, viel Dummes zu schwätzen.

      Nein, redefleißig war die Perle des Pfarrhaushaltes wahrlich nicht, und wenn sie überhaupt einmal etwas zu einer Sache zu sagen hatte, dann tat sie es kurz und knapp. Meistens begnügte sie sich mit einem Blick, der, je nachdem, Zustimmung oder Mißbilligung ausdrückte.

      »Also, wie gesagt, das mit dem Anderern ist wirklich völliger Unsinn«, bemerkte Max, als sie später bei einem guten Tropfen im Arbeitszimmer des Pfarrers saßen. »Aber dieser Mann, von dem du erzählt hast – der ist interessant. Beschreib’ ihn doch einmal.«

      Sebastian kramte in seiner Erinnerung und beschrieb den Mann, so wie er ihn vor sich sah.

      »An wen erinnert er mich bloß«, fragte Max und dachte angestrengt nach. »Diese Beschreibung – irgendwo hab’ ich den Kerl schon mal gesehen. Wenn ich nur wüßt’ wo.«

      Sebastian schenkte von dem Wein ein.

      »Also, wenn er mir gegenüber stände, ich würd’ ihn sofort wiedererkennen. Jetzt, wo ich an ihn denke, kommt er mir gar nicht mehr so sympathisch vor, wie damals.«

      Die beiden Brüder saßen noch bis spät in der Nacht und dachten an den Mann, der sich so intensiv die Madonnenstatue angesehen hatte.

      »Ich fahr morgen in die Kreisstadt«, sagte Max zum Abschied. »Vielleicht wissen die Kollegen dann schon mehr.

      Sebastian nickte und brachte ihn zur Tür. Einen Moment noch stand er dann draußen und atmete die laue Nachtluft ein. Dann ging er in sein Arbeitszimmer zurück und setzte sich nachdenklich an den Schreibtisch.

      Zum einen ging ihm natürlich der Kirchenraub nicht aus dem Kopf – was waren das nur für Menschen, die sich zu solchen niedrigen Taten hinreißen ließen! – zum anderen dachte er an den Besuch, den er am Nachmittag auf dem Lärchnerhof gemacht hatte.

      Als wäre ein Wunder geschehen, ging es dem Altbauern bedeutend besser, als bei dem letzten Besuch. Sebastian war der Überzeugung, daß dies in erster Linie Toni Wiesinger zu verdanken war. Der junge Arzt hatte sich erst vor kurzer Zeit in Sankt Johann niedergelassen und kämpfte immer noch um seine Anerkennung bei den Dörflern. Viele von ihnen waren der Meinung, wenn einer nicht mindestens graue Haare hatte und gebeugt ging, dann konnte er kein richtiger Doktor sein!

      Sebastian und Dr.Wiesinger waren sich auf Anhieb sympathisch gewesen, und der Geistliche tat alles, den jungen Mann in den ersten Schritten seiner Selbständigkeit zu unterstützen.

      Der Erfolg, den der Arzt mit seiner Behandlung des Lärchner-Bauern erzielt hatte, würde hoffentlich sein Ansehen in Sankt Johann stärken. Obwohl – bei seinen Schäfchen war der Geistliche sich da nicht ganz sicher… Der Pfarrer freute sich jedenfalls darauf, den Mediziner beim nächsten Stammtisch wiederzusehen.

      *

      »Madel, wie dir das alles von der Hand geht«, staunte Urban Brandner.

      Mit Freuden schaute er seiner Enkeltochter zu, die, als habe sie ihr Leben lang nichts anderes getan, die Kurbel des Butterfasses drehte.

      »Puh, das ist ganz schön schwer«, stöhnte Veronika. »Besonders wenn die Butter anfängt zu klumpen.«

      »Nicht wahr?« lachte der alte Senner. »Aber du machst das perfekt. Sollt mal sehen, in ein paar Wochen bist du soweit, dann kann ich mich zur Ruhe setzen.«

      Veronika stimmte in das Lachen ein.

      »Da muß ich dich enttäuschen, Großvater, so lang’ bleib’ ich net«, antwortete sie. »In drei Tagen ist mein Urlaub zu Ende. Dann muß ich wieder fort.«

      Urban schaute sie ungläubig an.

      »Fort…?« murmelte er.

      »Ja, freilich. Und außerdem – ich glaub’ net, daß der Christian damit einverstanden wäre, wenn ich für den Rest meines Lebens Sennerin spielen wollte.«

      »Christian? Welcher Christian?«

      Er schaute das Madel verständnislos an.

      »Christian Wiltinger, mein Verlobter«, antwortete Veronika und schlug sich plötzlich vor die Stirn.

      »Hab’ ich denn gar nichts von ihm erzählt?«

      Urban Brander hörte gar nicht mehr zu. Fortgehen würde sie, hatte Veronika gesagt. Fort, genau wie damals Maria. Aber das würde er niemals zulassen. Das Kind wußte ja gar net, was er tat, kannte doch die Gefahren gar net, die da draußen lauerten. Er mußte sie beschützen, jetzt, da er ihr einziger Verwandter war, den sie noch hatte. Er konnte sie doch nicht fortlassen!

      »Großvater, hörst du mir überhaupt zu?«

      Ihre Stimme riß ihn in die Wirklichkeit zurück. Da stand sie vor ihm, so zart und zerbrechlich…

      »Ja… ja, natürlich«, stammelte er, drehte sich um und schlurfte hinaus.

      Draußen setzte er sich auf die Bank und stützte den Kopf in die Hände. Immer wieder hörte er seine Enkelin diesen Satz sagen: »Ich muß wieder fort…«

      Aber das konnte doch net richtig sein, dachte Urban Brandner gequält. Er schaute zum Himmel hinauf. Hatte ER es so bestimmt? War dies die Strafe dafür, daß er, Urban, vor so langer Zeit falsch gehandelt hatte?

      So mußte es wohl sein. Erst schenkte Gott ihm eine Enkeltochter, dann nahm er sie ihm wieder fort.

      Aber das würde er sich net gefallen lassen! Niemand nahm Urban Brandner etwas fort – auch Gott net!

      Tränen traten ihm in in die Augen, und um ihn herum schien sich alles zu drehen. Der Alte wischte sich über das Gesicht. Dabei hörte er Veronika drinnen immer noch die Kurbel am Butterfaß drehen. Er war froh, daß sie ihn so, in dieser Verfassung, nicht sah. Benommen stand er auf und holte tief Luft.

      Er würde – er mußte verhindern, daß das Madel wieder von ihm ging. Unter allen Umständen! In seinem

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