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war die Zeit«, flüsterte er ihr ins Ohr. »Und nur der Gedanke an dich gab mir die Kraft, sie zu überstehen. Immer wieder hab’ ich mir vorgestellt, wie unser Wiedersehen sein würde, und vor allem, was ich dich dann fragen werd’.«

      Sie schmiegte sich an ihn.

      »Was willst’ mich denn fragen?«

      Zärtlich fuhren seine Finger durch ihre Haare, zeichneten die Umrisse ihres Gesichts, der Augen, der Lippen nach.

      »Die Frage, die ein Mann der Frau stellt, die er liebt – willst du mich heiraten?«

      Michaela schluckte. Im Hals war es ihr vor Aufregung ganz trocken geworden. Dann nickte sie unter Tränen.

      »Ja, Markus«, erwiderte sie leise. »Das will ich.«

      Erneut berührten sich ihre Lippen zu einem nicht enden wollenden Kuß.

      Daß jemand sie beobachtete, bemerkten die beiden in ihrem Glück nicht…

      *

      Alois Brandhuber, der selbsternannte Wunderheiler von St. Johann, war schon seit dem frühen Morgen unterwegs. Er kannte eine Stelle im Ainringer Wald, an der ganz bestimmte Pflanzen wuchsen, deren Wurzeln einen – nach seiner Meinung – wunderbaren, heilenden Tee ergaben, wenn man sie trocknete, mahlte und mit heißem Wasser übergoß. Fünfzehn Minuten ziehen mußte die Mischung, und dann war das Wundergetränk fertig.

      Loisl bahnte sich mühsam seinen Weg durch das Dickicht, auf seinen Rücken hatte er einen Korb geschnallt, in dem er die kostbaren Wurzeln aufbewahrte. Innerlich frohlockte der ›Natur­mediziner‹, wie er sich gerne selber nannte. Diese Wurzeln würden eine ganze Menge Teepulver ergeben, und Loisl war nicht kleinlich, wenn es um die Preise ging. Fünfzig Mark für ein kleines Päckchen verlangte er, und die Touristen, die nur allzugerne seinen Worten Glauben schenkten, zahlten, ohne mit der Wimper zu zucken. In Gedanken rechnete er schon aus, wieviel ihm diese Ladung Wurzeln einbringen würde.

      Der alte Kauz hatte den Weg zurück nach St. Johann eingeschlagen, als ihn lautes Motorengeräusch aufmerksam werden ließ. Es kam aus der Richtung, in der das alte Jagdschloß stand. Der Brandhuber wunderte sich. Wollte da wirklich jemand zu dem alten Gemäuer? Da war doch schon seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten, niemand mehr hingefahren. Die Besitzer waren ja schon vor langer Zeit tödlich verunglückt.

      Loisl’s Neugier war geweckt. Vielleicht, so dachte er, taten die Leute, die da im Wald umherfuhren, ja auch etwas Verbotenes. Man las doch immer wieder solche Sachen in der Zeitung!

      Kurz entschlossen änderte er seine Marschrichtung und ging zum Jagdschloß Hubertusbrunn hinüber, wo er das Auto vermutete, dessen Motor die morgendliche Ruhe des Waldes so laut gestört hatte. Dabei bahnte er sich vorsichtig seinen Weg, immer darauf bedacht, nicht gesehen zu werden. Nach einiger Zeit tauchten die Umrisse des Anwesens zwischen den Bäumen und Sträuchern auf. Loisl nahm den Korb vom Rücken und stellte ihn an die Seite. Dann schlich er sich vorsichtig näher. Schließlich konnte er einen Wagen sehen und drei Männer, die ausgestiegen waren und langsam an der verwitterten Mauer entlang gingen. Einer von ihnen – er kam dem Brandhuber bekannt vor – hatte einen großen Bogen Papier in den Händen. Von seiner Position aus konnte der Alte nicht erkennen, um was es sich da handelte, aber scheinbar war es so etwas wie ein Lageplan.

      Als der Mann sich zufällig umdrehte, erkannte Loisl ihn – es war der Bürgermeister von St. Johann.

      »Nanu«, murmelte der stille Beobachter vor sich hin. »Was will denn der Bruckner-Markus bei dem alten Kasten?«

      Die beiden anderen Männer kannte der Brandhuber nicht. Es waren ein Älterer und ein Jüngerer, beide in vornehme Anzüge gekleidet. Die drei redeten miteinander, wobei sie immer wieder auf das Jagdschloß deuteten, oder Armbewegungen dorthin machten. Zwar konnte Loisl nicht verstehen, worüber die drei sich unterhielten, aber offenbar hatten der Bürgermeister und die beiden Männer etwas mit Hubertusbrunn vor.

      Da ihn die Angelegenheit nicht weiter interessierte, zog der heimliche Beobachter sich vorsichtig zurück. Er nahm den Korb wieder auf die Schulter und machte sich auf den Weg nach Hause. Für den morgigen Nachmittag hatte sich eine seiner ›Lieblingspatientinen‹ angesagt – Maria Erbling, die gefürchtete Klatschtante des Dorfes. Möglicherweise wußte sie ja, was es mit der Sache um das Jagdschloß auf sich hatte.

      *

      »Grüßt euch, zusammen«, sagte Sebastian Trenker, als er die Diele betrat, auf der die Leute vom Anstetterhof am Abendbrottisch saßen.

      »Grüß Gott, Hochwürden«, wurde er empfangen, und Markus stand auf und reichte dem Geistlichen die Hand.

      »Ich hab’ eigentlich schon gestern abend kommen wollen«, entschuldigte sich Sebastian. »Aber ich hab’s dann doch net mehr geschafft.«

      Er betrachtete den Heimgekehrten genau.

      »Laß dich anseh’n, Markus. Gut schaust du aus. Ich hoff’, es ist auch sonst alles in Ordnung.«

      »Mir geht’s prächtig, Herr Pfarrer«, nickte der junge Mann. »Ganz besonders jetzt, wo ich wieder zu Hause bin.«

      »Das freut mich. Ich bin auch schon ganz gespannt zu erfahren, was du alles in Afrika erlebt hast. Du mußt mich unbedingt mal im Pfarrhaus besuchen.«

      »Das will ich gerne tun«, antwortete Markus und rückte dem Besucher einen Stuhl zurecht.

      Sebastian nahm dankend von dem angebotenen Tee, das Angebot, auch etwas zu essen, lehnte er jedoch ab.

      »Vielen Dank«, sagte er. »Aber wenn ich net zu Hause eß’, denkt meine Haushälterin womöglich, ihr Essen schmeckt mir net mehr. Ich kann ohnehin net lang’ bleiben, im Pfarrhaus werden’s schon auf mich warten. Aber ich wollt’ doch schnell einmal vorbeikommen und Markus begrüßen.«

      Er schaute in die Runde – bis auf Valentin Oberbauer, der noch unterwegs war, saßen alle an dem großen Tisch. Sebastian wandte sich an Josef Anstetter.

      »Na, und du bist froh, daß der Bub wieder daheim ist, net wahr?«

      Der Altbauer nickte.

      »Ich kann gar net sagen, wie froh, Hochwürden. So langsam möcht’ ich mich auch aufs Altenteil zurückziehen. Lang’ genug geschafft hab’ ich ja.«

      »Da hast recht, Anstetter, und wie ich den Markus kenne, wird er dir ein würdiger Nachfolger.«

      Der Alte grinste.

      »Ich hoff’ nur, daß er sich bald verheiratet«, meinte er. »Bauer kann er erst werden, wenn auch eine Bäuerin im Haus ist.«

      Michaela errötete bei diesen Worten. Sie wandte sich ab und hoffte inständig, daß niemand ihre Verlegenheit bemerkt hatte. Markus hingegen gab sich ungezwungen.

      »Nur keine Bange«, meinte er. »Ich hab’ da schon eine ins Auge gefaßt.«

      Pfarrer Trenker entging nicht der Blick, den der junge Bursche dem Madel auf der anderen Seite des Tisches zuwarf.

      Er bemerkte aber auch, daß Markus’ Vater argwöhnisch auf die beiden schaute. Der Geistliche machte sich seinen Reim darauf. Er trank seinen Tee aus und erhob sich.

      »Also, dann dank’ ich recht schön für den Tee und wünsch euch noch einen schönen Abend.«

      Markus geleitete ihn zur Tür hinaus. Sebastian nahm die Gelegenheit wahr, noch einmal das Wort an den jungen Bauern zu richten.

      »Mir scheint, du hast ein Aug’ auf die Michaela geworfen«, meinte er, während sie zu seinem Wagen gingen.

      Markus grinste und schüttelte den Kopf.

      »Nein, Hochwürden, net ein Aug’, sondern alle beide«, antwortete er strahlend. »Ich werd’ sie heiraten, und Michaela wird die neue Bäuerin auf dem Anstetterhof.«

      »Das freut mich für euch beide. Michaela ist ein fleißiges Madel. Du kannst dir keine bessere Frau wünschen, und gewiß wird sie eine ebenso gute Bäuerin werden, wie es deine Mutter war.«

      Sie

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