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Der Tod in der Salzwiese. Sibyl Quinke
Читать онлайн.Название Der Tod in der Salzwiese
Год выпуска 0
isbn 9783958131729
Автор произведения Sibyl Quinke
Жанр Языкознание
Серия Krimi
Издательство Bookwire
»Na, so hübsche Frauen wie Sie sollten sich in Acht nehmen – nicht nur wegen Jack. Aber Sie haben ja einen Beschützer dabei«, und er wies mit einer Kopfbewegung in Richtung Hinterzimmer, wohin sich Bresniak zurückgezogen hatte. Der Kommissar hatte sehr rasch gemerkt, dass dieser alte Insulaner – er machte den Eindruck eines Alteingesessenen – bereitwillig Lilli das ein oder andere erzählen würde und dass in seinem Beisein diese Quelle sehr rasch versiegen würde. Genug hatten sie sich über den Fall schon unterhalten, dass Bresniak ernsthaft hoffen konnte, dass Lilli die richtigen Fragen stellen würde.
»Ja, gut. Aber ich kann meinen Schutzgeist ja nicht überall mit hinschleppen, außerdem hat er manchmal andere Interessen als ich. – Wenn ich dann alleine unterwegs bin, wo sollte ich mich auf gar keinen Fall aufhalten?«
»Im Zauberwald, da haben sie vor ein paar Hundert Jahren schon einmal angebliche Hexen verbrannt. Sie wissen ja: Hexen waren oft besonders schöne Frauen, die die Männer verzaubert haben …, wenn ich Sie mir so betrachte, könnten Sie gut eine Hexe sein.«
»Ne, jetzt mal im Ernst. Vermissen Sie hier auf der Insel nicht eine Frau?«
»Eine? Wir vermissen einige Frauen, nicht wahr Deti?«, zog er den Kneipenwirt mit in das Gespräch, »wir könnten es schon vertragen, wenn wir von Frauen umschwärmt werden.«
»Lass mal gut sein, mit deiner Anmache vertreibst du mir hier noch Gäste. Nicht jeder hört dich gerne so schnacken«, entgegnete der Wirt, und der gerade Angesprochene zog eine Flunsch. Er griff nach seinem Glas, leerte es in einem Zug und schob es Deti erneut hin, der die Aufforderung verstand und ihm einen erneuten Klaren einschenkte.
»Also, dem Vries ist die Frau weggelaufen. Seitdem sitzt er jeden Abend in einer anderen Kneipe und lässt sich volllaufen.«
»Weggelaufen? Wohin kann man denn hier auf der Insel weglaufen? Außer ins Meer natürlich.«
»Das Schlimmste wäre, wenn sie nach Norderney ausgebüxt wäre! Sie müssen wissen, die Bewohner von Juist und Norderney lieben sich wie die Kölner und die Düsseldorfer. – Nein, es wird gemunkelt, sie sei nach Deutschland gefahren und nicht wiedergekommen.«
»Davon wird man aber nicht in Teilstücken hier an Land gespült.«
»Was erzählst du da für ein Zeug?«, mischte sich Deti wieder ein, »lass doch die Geschichten ruhen. Der arme Vries, der hat mit sich genug zu tun.«
»Jetzt haben Sie mich aber endgültig neugierig gemacht. Bitte, erzählen Sie weiter. Sie können leise sprechen, dann hört der Wirt es nicht.« Dabei rückte Lilli etwas näher an ihren Gesprächspartner heran und animierte ihn so, weiterzuerzählen.
»Die Krista, die Frau von dem Vries, die ist immer wieder nach Deutschland gefahren. Sie wissen, das geht oft nur einmal pro Tag und nur mit Übernachtung.«
»Was hat die da gewollt?«
»Die hat das Bridge-Spielen für sich entdeckt. Entweder hat sie Lehrgänge besucht – wieso man zum Kartenspielen einen Lehrgang besuchen muss, ist mir schleierhaft oder sie hat … nun ja, was auch immer …. Wenn einer mal die Regeln erklärt hat, sollte man das doch spielen können. Aber sie hat immer wieder behauptet, das sei kompliziert, da bräuchte man Unterricht, und dann hat sie an Turnieren teilgenommen. Immer wieder fuhr sie zu einem Clubturnier, wie sie das nannte. Ich glaube, da ist sie eines Tages nicht mehr wiedergekommen, aber das kann der Vries natürlich nicht zugeben, dass sie ihm weggelaufen ist.«
»Hat der das denn so akzeptiert, dass seine Frau immer alleine rübergefahren ist und über Nacht dortblieb?«
»Die Fähre fährt nur einmal pro Tag.«
»Und was ist mit dem Flugzeug? Man kann doch auch fliegen.«
»War ich dabei, wenn sie ihrem Mann etwas erzählt hat und welche Begründungen sie hatte, warum sie wieder nach Deutschland musste? Allerdings, gemeckert hat er schon, besonders, wenn er mal wieder dem Korn zu sehr zugesprochen hatte, aber was sollte er machen? Er konnte seine Krista nicht anbinden. Andere munkeln, die hätte ein Techtelmechtel in Deutschland, aber so gut kenne ich die beiden nicht, alles nur Gerüchte.«
»Und, welche Gerüchte erzählt man sich?«
»No, Dern, bist ganz schön neugierig; aber wie soll ich solchen Augen widerstehen. – Bei den beiden hatte sie die Hosen an – und das Geld. Da konnte er nicht so viel ausrichten. Na, manchmal ist er auch ziemlich aufbrausend und cholerisch, der Vries. Mit dem ist nicht immer gut Kirschen essen, obwohl – hier bei uns auf der Insel wachsen keine Kirschen«, grinste er über seinen eigenen Witz. »Auch heute nicht, besonders wenn er wieder getankt hat, dann sollte man ihn nicht zu sehr reizen, und wer ihn auf seine Krista anspricht, hat gute Chancen, am nächsten Morgen ein Veilchen zu haben.«
»So schlimm?«
»Hmm«, brummte er.
»Und, wo ist sie wirklich hin?«
»Es wird gemunkelt, sie habe einen Lover in Deutschland.«
»Und, hat sie?«
»Ich weiß nicht. Die Krista ist eigentlich eine treue Tomate. Aber alles lässt die sich auch nicht gefallen, irgendwann macht die auch die Schotten dicht. Ob da was dran ist an der Liebesgeschichte? Der Jörg will die mal drüben in einem Lokal bei einem Tête-à-Tête gesehen haben. Aber vielleicht hat er das auch überinterpretiert.«
»Welcher Jörg?«
»Wenn Sie noch etwas warten, dann kommt der auch noch. Der trinkt sich regelmäßig freitags einen.«
»Dass der nur so etwas erzählt hat, weil er Unfrieden stiften will?«
»Normal ist der ganz manierlich.«
»Wer ist ganz manierlich?«, wollte Bresniak wissen, der sich zu den beiden wieder hinzugesellte und die letzten Worte mitbekommen hatte.
»Das ist mein Freund Charly – das ist der, der aufpasst, dass mir kein Inselgeist ein Messer in den Rücken rammt.« Dabei lächelte Lilli ihn an und griff Bresniak um die Taille, und er legte seinen Arm auf ihre Schulter, was sie mit einem fast unhörbaren Schnurren beantwortete. Um Lillis Gesprächspartner nicht mürrisch werden zu lassen, forderte er Deti auf, eine Runde Klaren einzuschenken, womit er in das weitere Gerede über die Inselneuigkeiten einbezogen wurde.
»Schau, wir sitzen auf dem Platz der Familie Wirtz, oder wie soll ich diese Plakette verstehen?«, machte Lilli Charly auf das kleine Messingschild aufmerksam, das am Tresenrand fixiert war, und versuchte auf diese Weise, den Wirt einzubeziehen.
»Ja, da hat einer mal damit angefangen; der hat gefragt, ob er sein Schild hier antackern darf, und dann kam noch einer und noch einer …«, erklärte der Wirt, der sich schon wieder am Zapfhahn zu schaffen machte. Das schien eine Kneipe zu sein, in der man sich traf; hier wurde man besser und schneller darüber informiert, was im Dorf wichtig war, als wenn man auf die Inselzeitung wartete.
Kapitel 7
Lilli und Bresniak hatten gut gegessen und verweilten noch mit einem Glas Wein an ihrem Tisch. Sie genossen den Rebensaft und ließen die Ereignisse des heutigen Tages noch einmal vor dem inneren Auge passieren. Schließlich fand man nicht jeden Tag einen angefressenen Arm.
»Gehen wir noch einmal zum Strand?«, schlug Lilli vor.
Bresniak gefiel die Idee, und er erhob sich, als die Wirtin einen Neuankömmling im Speiseraum begrüßte und direkt zu dem Paar führte.
Bresniak kam der Mann bekannt vor, er wusste aber nicht, wo er dieses hagere Gesicht schon einmal gesehen haben wollte.
Während er noch grübelte, erkannte er diese merkwürdige Bewegung: Der Gast zuckte mit der rechten Schulter und drehte sie dann nach hinten. Er blickte um sich und wiederholte diese Angewohnheit, was mehr als eine Gebärde war. Bresniak schaute genauer: Wo hatte er das schon einmal gesehen, was ihn gefühlsmäßig in