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am ganzen Körper zitternd bleibt sie vor dem Portal stehen und starrt hinein in das Foyer, das ihr früher beim Betreten so vertraut gewesen war. Der ältere Portier erkennt sie und nickt ihr freundlich lächelnd zu. Sie lächelt gequält zurück, fassungslos über sich selbst und ihre eigene Reaktion.

      Ihr Körper spricht seine eigene Sprache, die sie nicht mehr beherrscht. Das heftige Pochen in ihrem Schoß ist unmissverständlich, und sie weiß genau, wer es ausgelöst hat.

      Eine ganze halbe Stunde steht sie auf der Straße vor dem hohen Gebäude und wartet. Endlich öffnen sich leise fauchend die Glastüren, und sie erkennt den blonden Schopf. Eine neue Frisur, kürzer, frecher, es steht ihr gut und macht sie jünger.

      »Becca!« Stacy bleibt wie vom Donner gerührt stehen, dann breitet sie die Arme aus und läuft wie ein kleines Kind auf sie zu, die Augen sorgenvoll und erleichtert zugleich. Rebecca lässt sich drücken und küsst die Freundin auf die Wange. Sie lachen, sie weinen, sie umarmen sich, als seien sie gerade von einer Weltreise zurückgekehrt, und dann fasst Stacy sie wortlos unter den Arm und zieht sie mit sich in das Café, in dem sie früher so oft gesessen und geredet haben.

      Sie ist glücklich. »Ich habe mir solche Sorgen gemacht«, gesteht Stacy und greift über den kleinen Tisch nach ihrer Hand. »Du hast dich gar nicht mehr gemeldet, und Marc spricht nicht über dich. Ich wusste nicht einmal, ob ihr euch überhaupt noch seht. Du warst ja wie vom Erdboden verschluckt.«

      Rebecca schluckt und starrt in den Kaffeebecher vor sich. »Du weißt, warum ich nicht mit dir sprechen wollte«, sagt sie leise und sieht auf.

      Stacy verzieht den Mund und schließt kurz die Augen. »Natürlich«, flüstert sie. »Es tut mir so leid! Ich weiß nicht, warum das passieren konnte. Du musst mir glauben, dass das ganz sicher nicht geplant war. Ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir tut, Becca!« Ihre Augen glitzern feucht, und der treue Hundeblick verfehlt seine Wirkung nicht.

      »Es ist gut«, sagt Rebecca und lächelt traurig. »Ich bin wohl die Letzte, die nicht verstehen würde ...«

      »Es war ein einmaliges Erlebnis«, sagt Stacy. »Das musst du mir glauben! Mein Gott, wenn Miguel davon erfahren würde, wäre ich morgen schon geschieden!« Sie schüttelt sich.

      »Er wird es nicht erfahren«, beruhigt Rebecca sie. Nicht einmal in ihrer größten Wut hatte sie eine Sekunde lang darüber nachgedacht, Stacy auf diese Art und Weise für ihr Verhalten zu bestrafen.

      Sie wusste, dass Marc die Schuld an diesem Ereignis traf. Er hatte die Freundin verführt, in ihrem Büro, wissend, dass Rebecca die beiden erwischen würde. Er hatte sie verletzen wollen, um ihr zu zeigen, dass er sie noch immer beherrschte, dass er nicht nur ihr Assistent war, sondern der Überlegene, obwohl sie seine Vorgesetzte darstellte. Er wollte sie verletzen und demütigen, um zu sehen, wie weit er gehen konnte. Er sah das als Zeichen ihrer Liebe. Sie verzieh ihm alles, kein noch so obszöner Wunsch war ihr zu viel, sie konnte ihm nichts abschlagen und war ständig für ihn bereit.

      »Gehst du noch zum Psychologen?« Stacy nippt an dem heißen Kaffeebecher.

      Rebecca nickt. »Ja, Dr. Sterling hat mir in den letzten Wochen wirklich sehr geholfen. Er hat mir dazu geraten, mich mit dir zu treffen und um eine Aussprache zu bitten.«

      Stacy wird rot. Nervöse Flecken breiten sich auf ihren leicht gebräunten Wangen aus. »Ich weiß nicht, was ich dir noch sagen soll«, sagt sie leise.

      Rebecca winkt ab und lächelt. »Es ist okay«, erwidert sie. »Lass es uns am besten vergessen ... alles.«

      Nachdenklich trinkt sie von dem heißen Getränk und sieht aus dem Fenster auf die Straße. Es hat angefangen zu regnen, die Straße glitzert von der Feuchtigkeit und die vorbeifahrenden Autos wirken mit ihren hektischen Scheibenwischern eiliger als sonst. Menschen mit gesenkten Köpfen huschen vorbei, auf dem Weg nach Hause. Der Blick auf die Uhr zeigt, dass es gleich sechs ist. Die hektischste Stunde des Tages, in der die Massen die Büros verlassen und nach Hause eilen, zu Fuß, mit dem Auto oder mit der U-Bahn.

      Vielleicht wird auch er gleich herauskommen. Der Gedanke daran schlägt wie eine Faust in ihren Magen ein, ihr wird übel.

      »Was ist mit Marc passiert?«, fragt Stacy besorgt und vorsichtig. »Etwas ist zwischen euch geschehen, bevor du dich so zurückgezogen hast ...«

      Die blauen Augen der Freundin sind so vertraut, sie kennt sie seit ihrer Kindheit. Sie haben schon in der Schule miteinander gestritten, Eifersüchteleien durchlitten, sich gegen die Eltern verschworen und waren immer die besten Freundinnen gewesen. Sie hatten keine Geheimnisse voreinander, bis Rebecca Marc traf. Es hatte lange gedauert, bis sie ihrer Freundin von ihrer Affäre erzählte, und Stacy war direkt beunruhigt gewesen und hatte versucht, sie zur Abkehr zu bewegen. Dass ihr diese bis zum Schluss nicht gelungen war, hatte sie geflissentlich verschwiegen, es war ihr unangenehm und peinlich der Freundin gegenüber.

      Doch nun erzählt sie. Erzählt von den Momenten, die sie durchlitten hat, seitdem sie Marc und Stacy in ihrem Büro erwischte. Erzählt, wie sie ihm verziehen hat, und was er ihr bei ihrer letzten Begegnung angetan hat. Schonungslos und offen, so wie sie es Dr. Sterling erzählt hat. Tief atmend spricht sie langsam und bedächtig, wie ein Priester bei der Predigt, betont jede Silbe überdeutlich, um selbst mehr Abstand von dem Gesagten zu bekommen, das ja Erlebtes ist.

      »Traumatisierung«, sagt sie und lächelt gequält. Vergewaltigung. Nötigung. Sie zieht das Sweatshirt hoch und zeigt ihrer Freundin den Rücken.

      Stacy schnappt nach Luft. »Ist nicht dein Ernst! Das hat er selber gemacht?«

      Rebecca lässt den Pullover zurückgleiten über diese Narbe, die sie an jeden Moment ihrer Affäre erinnert, und seufzt.

      »Der ist kranker als ich befürchtet habe, Becca! Gut, dass du professionelle Hilfe hast, das kann man ja allein gar nicht durchstehen! Du solltest ihn anzeigen, weißt du das? Dann wird er seinen Job los und du kannst beruhigt zurückkommen und den ganzen Spuk vergessen.« Stacy kaut wütend auf ihrer Unterlippe herum und starrt nachdenklich auf den Tisch. »Ich könnte ihn ... Ach, ich weiß nicht, was ich ihn gerade könnte. Der Mann ist krank, Becca, und offenbar gefährlich für dich. Wer weiß, mit was für psychologischen Tricks und Mitteln er dich so hingebogen hat. Du kannst nichts dafür, es ist dir einfach passiert, wie es sicher noch vielen anderen Frauen auch passiert ist mit ihm. Er ist gefährlich und gehört eingesperrt! Zeig ihn an!« Sie redet sich in Rage und schnauft zwischen den Sätzen.

      Rebecca grinst. »Ich werde ihn nicht anzeigen«, sagt sie. »Ich habe lange darüber nachgedacht, aber ich denke es ist besser, ihn zu vergessen. Und sobald es mir wieder gutgeht, suche ich mir einen neuen Job. Dann kann er glücklich werden mit dem, was er hat. Aber ohne mich.«

      Stacy tätschelt ihre Hand, die trotz des heißen Kaffees im Becher eiskalt ist. Der Gedanke, dass sie ihn nie wiedersehen wird, bedrückt sie noch immer.

      Wer sich in Gefahr begibt ...

      »Ich finde das nicht fair«, brummt Stacy. »Es ist dein Job, du hast hart dafür gearbeitet, und wenn einer von euch gehen muss, dann sollte er das sein. Ich werde dich unterstützen und stehe dir als Zeugin zur Verfügung, wenn du mich brauchst. Das weißt du hoffentlich?«

      Rebecca nickt. Natürlich weiß sie das. Dreißig Jahre Freundschaft kann auch ein Marc nicht einfach so zerstören.

      »Ach herrje, schon so spät!«, ruft Stacy und springt auf. »Ich muss nach Hause, Emily wird gleich gebracht.« Stacy hat ihre Tochter bei einer privaten Nanny untergebracht, die noch andere Kinder betreut, während sie im Büro ist. »Tut mir leid, aber ruf mich morgen an! Wir treffen uns auf jeden Fall noch diese Woche zum Reden, versprochen!«

      Rebecca haucht ihrer Freundin einen Kuss auf die Wange, bezahlt bei der jungen Kellnerin den Kaffee und verlässt wenige Minuten später ebenfalls das kleine Café.

      Die Straße ist noch feucht von dem feinen Regen, der sie überzogen hat. Die Feuchtigkeit dringt tief in ihren Körper ein und lässt sie frösteln. Den dünnen Mantel eng über der Brust verschlungen geht sie mit festen Schritten den bekannten Weg entlang. Eigentlich müsste sie in die

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