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in nichts nachstehen.«

      »Aber er ist ebenfalls ein erstklassiger Arzt«, meinte Stefan. »Immerhin hat er an den wohl besten Kliniken der Welt gelernt.«

      Dr. Daniel nickte. »Das ist unbestritten. Du könntest bei Wolfgang eine Menge lernen, auch wenn die Klinik nur sehr klein ist.« Er sah seinen Sohn prüfend an. »Aber ich denke nicht, daß du diesen Vorschlag ernst gemeint hast. Du hast doch am Stadtleben so viel Gefallen gefunden.«

      Stefan zuckte die Schultern. »Wer weiß, das könnte sich vielleicht wieder ändern.« Er zögerte einen Moment, bevor er gestand: »Manchmal nervt mich der Lärm in Schwabing ganz gewaltig.« Dann lächelte er. »Es könnte also sein, daß ich dich in Kürze wieder mit meiner ständigen Anwesenheit beehren werde.«

      Dr. Daniel legte einen Arm um Stefans Schultern und drückte ihn einen Augenblick an sich. »Damit kannst du mich nicht erschrecken, Stefan – ganz im Gegenteil. Ich würde mich freuen, dich wieder zu Hause zu haben.«

      *

      Dr. Scheibler war so deprimiert wie nie zuvor. Gerade hatte er wieder eine Absage erhalten, und nun wußte er wirklich nicht mehr weiter. Er hatte den Telefonhörer schon in der Hand, um bei Rabea erneut Trost zu suchen, als ihm wie ein Blitz aus heiterem Himmel Dr. Daniel einfiel.

      Professor Thiersch hielt von Dr. Daniel wirklich unheimlich viel. Wenn es also jemandem gelingen könnte, den unerbittlichen Professor umzustimmen, dann nur Dr. Daniel. Und plötzlich hielt es Dr. Scheibler nicht mehr in seiner kleinen Schwabinger Wohnung. Rasch lief er die Treppe hinunter, bestieg sein Auto und fuhr in Richtung Steinhausen davon.

      Erst als er das Ortsschild passierte, fiel ihm ein, daß er mitten in Dr. Daniels Nachmittagssprechstunde hineinplatzen würde. Und so entschloß er sich kurzerhand zu einem Spaziergang durch den idyllischen Vorgebirgsort. Zu Fuß erreichte er den Kreuzbergweg, der zu Dr. Daniels Villa hinaufführte, doch Dr. Scheibler ging daran vorbei und folgte dem jetzt steil ansteigenden Weg nach oben.

      Er verstand sich selbst nicht mehr. Seit jeher war er ein Stadtmensch gewesen und hatte für Wanderungen nicht viel übrig gehabt – schon gar nicht, wenn sie steil bergauf führten. Doch hier trieb es ihn immer weiter vorwärts, bis er schweratmend eine Lichtung erreichte, auf der ein mächtiger Bergbauernhof stand. Ein wenig zögernd ging Dr. Scheibler darauf

      zu.

      In diesem Augenblick trat eine junge Frau aus dem Haus. Einknapp zweijähriges Mädchen hing im wahrsten Sinne des Wortes an ihrem Rockzipfel, und es war unverkennbar, daß sie schon wieder ein neues Leben unter dem Herzen trug. Jetzt blieb die Frau stehen und sah dem Mann entgegen, der so gar nicht wie ein Wanderer aussah.

      »Haben Sie sich verlaufen?« fragte sie mit einem freundlichen Lächeln.

      Dr. Scheibler mußte lachen. »Kommen zu Ihnen nur Leute, die sich verlaufen haben?«

      Die junge Frau stimmte in das Lachen mit ein. »Meistens ja. Nur wenige nehmen freiwillig den steilen Weg zum Gröber-Hof auf sich.«

      »Gröber-Hof«, wiederholte Dr. Scheibler, während sein Blick zu dem stattlichen Anwesen wanderte, dann sah er die junge Frau wieder an. »Und Sie sind die Bäuerin, oder?«

      »So ähnlich, ja. Claudia Gröber ist mein Name, und mein Schwiegervater ist der Bauer hier.«

      Das kleine Mädchen, das sich noch immer an Claudias Rock festhielt, begann jetzt ein wenig zu quengeln, woraufhin die junge Frau es auf den Arm nahm. Dr. Scheibler runzelte die Stirn.

      »So schwer sollten Sie in Ihrem Zustand aber nicht tragen«, gab er zu bedenken.

      Claudia lachte. »Meine kleine Marianne trage ich auch noch, wenn ich im neunten Monat bin. So empfindlich bin ich nicht.« Sie sah den Mann vor sich prüfend an. »Sie sind wohl Arzt, oder?«

      Dr. Scheibler nickte. »Richtig, und eigentlich wollte ich Dr. Daniel besuchen, aber die Sprechstunde ist noch nicht zu Ende, und da habe ich mich zu einer kleinen Wanderung entschlossen.«

      »Kleine Wanderung ist gut«, meinte Claudia schmunzelnd. »Der Anstieg ist ziemlich steil, allerdings gibt es auch einen bequemeren Weg zu uns herauf.« Und dabei wies sie auf eine schmale Straße, die sich ganz unauffällig durch den Wald schlängelte. »So, Herr… wie heißen Sie überhaupt?«

      Dr. Scheibler wurde verlegen. »Meine Güte, Sie müssen mich ja für einen entsetzlich unhöflichen Klotz halten.« Er deutete eine Verbeugung an. »Gerrit Scheibler.«

      »Also, Herr Scheibler, dann kommen Sie mal mit in die Stube«, meinte Claudia. »Sie haben sicher Hunger und Durst.«

      »Das kann ich doch nicht…«

      »Kommen Sie nur«, fiel Claudia ihm ins Wort. »Für einen hungrigen Wanderer steht die Tür des Gröber-Hofs immer offen.«

      Wenig später saß Dr. Scheibler in der gemütlichen Stube, während Claudia ein Brotzeitbrett vor ihn hinstellte. Und dann trug sie einen Teller schwarzgeräuchertes herein und einen Korb mit selbstgebackenem Bauernbrot. Käse und Butter rundeten die zünftige Brotzeit ab.

      »Ein Dunkles dazu?« wollte Claudia wissen, doch Dr. Scheibler wehrte ab.

      »Bitte keinen Alkohol«, entgegnete er. »Ich bin mit dem Auto in Steinhausen.«

      »Sehr vernünftig«, urteilte Claudia, dann lächelte sie. »In diesem Fall kann ich Ihnen aber nur kalte Milch anbieten. Etwas anderes Nichtalkoholisches gibt es hier oben bei uns nicht.«

      »Das macht nichts«, meinte Dr. Scheibler, und während er aß und trank, verstärkte sich dieses eigenartige Gefühl noch, das ihn seit seiner Ankunft in Steinhausen ergriffen hatte. Es schien ihm, als hätte ihm noch nie etwas so gut geschmeckt wie diese Brotzeit, und dabei fühlte er sich so zufrieden wie schon lange nicht mehr.

      Fast tat es ihm leid, als er eine halbe Stunde später den Rückweg nach Steinhausen antreten mußte.

      »Grüßen Sie Dr. Daniel von mir«, erklärte Claudia, »und sagen Sie ihm, er soll sich bei uns mal wieder sehen lassen.«

      »Wird gemacht«, versprach Dr. Scheibler, winkte der jungen Frau noch einmal zu und ging dann bergab.

      Nach fast einer Stunde erreichte er die Villa von Dr. Daniel und stellte mit einem Blick auf die Uhr fest, daß die Sprechstunde nun zu Ende sein müßte. Und plötzlich war die Niedergeschlagenheit der letzten Wochen wieder da. Dr. Scheibler fühlte sich müde und deprimiert, und für einen Augenblick war er versucht, Steinhausen wieder zu verlassen, ohne mit Dr. Daniel gesprochen zu haben.

      Doch in diesem Augenblick trat der Arzt aus dem Haus. Vom Wohnzimmerfenster aus hatte er den einsamen Wanderer entdeckt, der so zögernd am Fuß des Kreuzbergs stehengeblieben war. Und als Dr. Daniel ihm nun ein Stück entgegenging, erkannte er ihn plötzlich.

      »Herr Kollege«, erklärte er überrascht. »Wie kommen Sie denn hierher?«

      »Sie kennen mich noch?« fragte Dr. Scheibler zurück.

      »Na, erlauben Sie mal«, entgegnete Dr. Daniel. »Immerhin sind wir uns ja schon einige Male begegnet.« Prüfend sah er den jungen Mann vor sich an. »Wollten Sie zu mir?«

      Dr. Scheibler senkte den Kopf. »Ja, aber… vergessen Sie’s. Es ist nicht so wichtig.«

      Er wollte gehen, doch Dr. Daniel hielt ihn zurück. »Mir scheint, es ist sogar außerordentlich wichtig. Kommen Sie, Herr Scheibler, gehen wir ins Haus. Die Herbstabende sind ziemlich kühl.«

      »Da haben Sie recht«, stimmte Dr. Scheibler zu, während er Dr. Daniel folgte. »Allmählich habe ich wirklich zu frieren begonnen.«

      »Meine Schwester hat gerade heißen Tee aufgebrüht«, erklärte Dr. Daniel, während sie die Villa betraten. »Der wird Ihnen sicher auch guttun.«

      Wenig später saßen sich die beiden Männer im Wohnzimmer gegenüber, und Dr. Scheibler nippte dankbar an dem heißen Tee, den Dr. Daniels Schwester vor ihn hingestellt hatte.

      »Nun, Herr Scheibler, was führt

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