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ich allein. Auf so einen originellen Einfall wär’ sowieso keiner von euch gekommen.«

      »Freilich«, lächelte Emerich, »aber irgendwie steckt die Blandini dahinter, da möcht’ ich drauf wetten … und zwar glaub ich –«

      In diesem Augenblick begegnete er einem strengen Blicke Augusts, und statt weiterzusprechen, neigte er verlegen den Kopf hin und her, warf ein Stück Zucker in den Kaffee und begann leise zu pfeifen.

      »Grüß euch Gott«, sagte Fred, der eben hereingetreten war, und reichte den beiden anderen jungen Leuten die Hand. »Ich danke dir sehr für das Logenbillett«, wandte er sich zu August, »nur möcht’ ich mir die Frage erlauben: warum gehen wir denn noch einmal in diese irrsinnige Operette?«

      »Wirst gleich hören«, erwiderte August; »da ist übrigens der Herr Dobrdal.«

      »Wer«, fragte Fred.

      »Sie, Marqueur«, rief August, »sehn Sie den Herrn, der dort beim Billard steht und grad’ den Franz was fragt? Rufen Sie ihn daher zu uns.«

      »Dobrdal?« wandte sich Fred fragend an Emerich. »Was bedeutet das? Wer ist Dobrdal?«

      Emerich wies mit den Augen auf den Herrn, welcher, vom Kellner an den Tisch der jungen Leute gewiesen, eben herzutrat und sich verbeugte.

      Es war ein kleiner Mann in braunem Mentschikoff und mit einer Pelzmütze. Ein Zwicker baumelte ihm vorn an der Bande hin und her.

      August nickte ihm herablassend zu. »Guten Abend, Herr Dobrdal, lassen Sie sich vielleicht etwas geben?«

      »Oh, es ist nicht notwendig.«

      »Also nehmen Sie Platz.«

      »Bin so frei.«

      »Ich habe Sie gebeten, ins Kaffeehaus zu kommen, damit wir noch ein letztesmal … aber wollen Sie sich nicht doch etwas geben lassen? Da ist grad’ der Kellner.«

      »Bringen Sie mir eine Melange«, sagte Herr Dobrdal und nahm die Pelzmütze ab, die er auf den Tisch legte.

      Emerich nahm sie vorsichtig in die Hand und legte sie auf einen Sessel. »Danke sehr«, sagte Herr Dobrdal.

      »Also«, begann August aufs neue, »wieviel Leute haben Sie drin?«

      »Vierzig, und gut verteilt!«

      »Auch im Parkett?«

      »Natürlich, mit der Galerie allein machen wir nichts. Das Parkett ist doch das Wichtigste.«

      »Und sehen Sie die Leute noch, bevor die Sache angeht?«

      »Natürlich, ich hab’ doch alle Sitze im Sack.«

      »Das ist gut. Also hören Sie, Herr Dobrdal. Wir rekapitulieren noch einmal: Im ersten Akt – nichts. Ja, es wäre mir sogar angenehm, wenn nach Schluß des Aktes der Applaus lauer wäre als sonst.«

      »Herr von Witte, das wird nicht gehn. Der Direktor besteht auf drei Hervorrufen.«

      »Das ist mir unangenehm.«

      »Aber wissen Sie was, Herr von Witte, das Parkett werd’ ich feiern lassen nach dem ersten Akt.«

      »Schön. Also jetzt kommt der zweite Akt – und über den müssen wir reden. Da ist zuerst der Chor.«

      »Ich weiß doch, Herr von Witte.«

      »Bitte, hören Sie nur. Nach dem Chor bleibt bekanntlich die Blandini allein auf der Szene und ist fürchterlich traurig; dann wirft sie sich auf den Diwan. In dem Augenblick tritt Herr Roland auf.«

      »Und jetzt geht’s los«, setzte Dobrdal hinzu.

      »Roland?« rief Fred aus.

      »Aber das ist ja der Witz«, sagte Emerich leise.

      »Im Augenblick«, – fuhr August fort, »wo der Herr Roland auftritt – donnernder Applaus.«

      »Schön«, sagte Dobrdal.

      »In diesem Applaus«, sagte August, »mischen sich bereits Bravorufe; während der Applaus fortdauert, werden aus dem Orchester Kränze heraufgereicht. Jetzt hat der Roland zu sagen: schöne Dame … oder schönes Weib … dieses Geschmeide sendet Euch mein Herr. Darauf hat die Blandini ihre Arie, während der steht der Roland an der Tür. Dann tritt die Blandini auf den Roland zu und gibt ihm das Geschmeide zurück.«

      »Wie die Blandini schon ist«, bemerkte Emerich.

      August betrachtete ihn düster. Emerich errötete; dann fuhr August fort: »Der Roland nimmt das Geschmeide und sagt: Was soll ich meinem Herrn ausrichten – oder so was ähnliches. Darauf die Blandini: Nichts. – Nun verbeugt sich der Roland und geht ab.- Und jetzt: kolossaler Applaus.«

      »Jubel«, setzte der Dobrdal hinzu.

      »Richtig: Jubel, Toben; Rufe: heraus – Und jetzt dürfen Sie Ihre Leute einfach nicht aufhören lassen, bis der Roland herauskommen und sich verbeugen muß. – Sie haben mich doch verstanden, Herr Dobrdal?«

      »Herr von Witte, Sie können sich auf mich verlassen!«

      »Somit«, schloß August, »sind wir vorläufig fertig.«

      Dobrdal verstand, trank eilig den Rest seiner Melange aus, erhob sich, verbeugte sich und ging.

      »Jetzt möcht’ ich doch endlich wissen«, sagte Fred, »was das alles zu bedeuten hat.«

      »Das werde ich dir sagen«, erwiderte August.

      »Bin neugierig«, sagte Fred.

      Emerich horchte gespannt auf.

      »Erstens«, fuhr August fort, »seh’ ich überhaupt nicht ein, warum alles etwas zu bedeuten haben soll.«

      Emerich schien enttäuscht, Fred lachte. »Und zweitens«, setzte August rasch und gereizten Tones hinzu, »wenn ihr zwei überhaupt die Fähigkeit hättet, der Sache auf den Grund zu gehen, so würdet ihr gar nicht fragen. Ich will ja nicht grad’ behaupten, daß ich von vornherein an etwas anderes gedacht habe, als einmal einen guten Spaß in Szene zu setzen: aber es ist mehr, es ist etwas Gutes, etwas, ja, ich möchte sagen, Sinniges, was wir tun, indem wir einmal so einem armen Teufel eine Freud’ machen, an den im allgemeinen kein Mensch denkt. Die Großen werden genug gefeiert, find’ ich; aber zum Theaterspielen braucht man die Kleinen grad’ so notwendig.«

      »Das ist richtig«, warf Emerich ein.

      »Darum hat mein Spaß einen tieferen Sinn, und wenn die Leut’ im Theater heut abends darauf eingehen, woran ja gar nicht zu zweifeln ist, und mitapplaudieren, so werden sie, vielleicht ohne es zu ahnen, in der Person des Herrn Roland all den kleinen Leuten eine Ovation bringen, die sie gewöhnlich vergessen.«

      »Gewiß ohne es zu ahnen«, sagte Fred. »Denn du hast’s ja auch vor fünf Minuten noch nicht geahnt, was du eigentlich für ein edler Mensch bist.«

      »Der Emerich hat ganz recht gehabt«, bemerkte August rasch.

      Emerich machte ein wichtiges Gesicht und fragte sich, worin er wohl recht gehabt hätte.

      »Daß man dir nämlich überhaupt nichts erzählen soll«, fuhr August fort; worauf Emerich erschrak und Fred mit einer Art verständnisvoller Zärtlichkeit ansah.

      »Du verdirbst einem zu allem die Laune«, sagte August.

      »Ich versteh’ dich wirklich nicht«, lachte Fred. »Du bist so erregt, als wenn du dich irgendwie getroffen fühltest. Alles Edle geschieht ja unbewußt, sonst wäre es gar nicht edel. Irgendeinem ordinären Kerl fällt ein Spaß ein, und er wird naturgemäß eine Gemeinheit, – dir fällt ein Spaß ein, und er wird naturgemäß eine gute Tat.«

      August sah ihn mit einem bösen Blick an. »Wirst du uns vielleicht das Vergnügen rauben, in deiner Gesellschaft der Vorstellung beizuwohnen?«

      »Durchaus

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