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nicht nur Brote und Brötchen für zahlreiche Supermärkte in ganz Deutschland her, auch Torten und andere Backwaren gehörten in das Angebot. Mit einer eigenen Flotte von Tiefkühllastern brachte man die Ware von Flensburg bis Passau unter die Leute.

      Ulli hatte Constanze vor einem halben Jahr auf einer Fete kennengelernt, die er und seine Kommilitonen aus Anlaß ihres Abschlusses gegeben hatten. Die hübsche Tochter des Großunternehmers war mit ein paar Freundinnen in den eigens angemieteten Saal gekommen. Den ganzen Abend über hatte sie Ulli nicht aus den Augen gelassen, und ein Gesprächsthema war das Studium gewesen, dessen Ende noch vor der jungen Frau lag. Aus dem ersten Flirt wurde Liebe – zumindest von ihrer Seite aus. Ulli hingegen genoß es, mit ihr zu flirten und ein paar wunderschöne Stunden zu verbringen. Als er Constanze zu Hause vorstellte, zeigte sich vor allem sein Vater sehr angetan von der Freundin seines Sohnes. Was Ulli bisher nicht so bewußt gewesen war, schien seinem Vater sonnenklar zu sein.

      »Mensch, Junge, die halt’ dir mal warm«, hatte Hans Vogler noch am selben Abend zu ihm gesagt. »Mit dem Geld, das die Familie hat, können wir unsere Firma wieder auf gesunde Beine stellen.«

      Erst in diesem Moment ging dem Sohn auf, was der Vater meinte. Und tatsächlich – auch Constanzes Vater schien nicht abgeneigt, sich an der Lebkuchenbäckerei zu beteiligen, und bei so manchem Bier kamen die beiden Seniorchefs überein, daß es eine schicksalhafte Fügung sein müsse, daß ihre Kinder sich kennengelernt hatten.

      »Wenn die beiden heiraten«, versprach Justus von Werenhofen, »dann wird der Ulli eines Tages zusammen mit Constanze alles übernehmen. Die Großbäckerei und die Firma Vogler.«

      Indes war der Schwiegersohn in spe gar nicht mehr so sicher, ob er die Millionenerbin überhaupt heiraten wollte. Der erste Rausch war verflogen und hatte der Ernüchterung Platz gemacht. Ulli Vogler dachte mit Entsetzen daran, daß er auf dem besten Wege war, die Ehe mit einer Frau einzugehen, die er gar nicht liebte. Zumindest nicht mehr so, wie er einmal geglaubt hatte, es zu tun.

      Und da mußte er heute die Frau treffen, von der er immer geträumt hatte!

      *

      Als er am nächsten Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück vor das Hotel trat, wurde Ulli Vogler von einem merkwürdigen Mann angesprochen. Der Alte mochte wohl weit über siebzig Jahre alt sein. Das Haar hing ihm vom Kopf ab, das faltige Gesicht wurde von einem grauen Rauschebart umrahmt, und die Kleider, die der komische Kauz trug, hatten bestimmt schon bessere Zeiten gesehen. Ulli vermutete, daß der Mann auch darin schlafen ging.

      »Einen guten Tag wünsch’ ich«, sagte der Alte. »Ich hab’ gestern beobachtet, wie S’ ins Hotel gehumpelt sind. Bestimmt haben S’ sich bei Ihrer Bergtour den Fuß verletzt. Ich hätt’ da was für Sie.«

      Mit diesen Worten zog er eine alte, zerkratzte Plastikdose aus der Tasche seiner schmutzigen Hose und hielt sie dem Burschen unter die Nase.

      »Was soll ich damit?« fragte der verdutzt.

      Der Alte, bei dem es sich um niemand anderen als den Brandhuber-Loisl, dem selbsternannten Wunderheiler von St. Johann, handelte, grinste.

      »Glauben S’ mir, das ist ein wahres Wundermittel. Hilft gegen jedes Wehwehchen. Und billig ist’s auch.«

      Er beugte sich vor, und Ulli konnte die nach Enzian ›duftende‹ Fahne riechen. Unwillkürlich zuckte er zurück.

      »Eigentlich hab’ ich Sie schon gestern ansprechen wollen. Aber da sind S’ so schnell ins Hotel hinein, daß ich net hinterher kam. Und nachgeh’n konnt’ ich net. Der Wirt hat was dagegen, wenn ich sein nobles Haus betret’.«

      Was nur verständlich ist, dachte der junge Mann und schmunzelte.

      »Also, das ist ja wirklich sehr freundlich von Ihnen«, sagte er. »Aber der Fuß ist schon wieder völlig in Ordnung.«

      Loisl machte ein enttäuschtes Gesicht. Seit dem frühen Morgen hatte er sich vor dem Hotel postiert, in der Hoffnung, den Burschen zu treffen, der ihm gestern nachmittag aufgefallen war. Schlau, wie der Alte war, hatte er kombiniert; der Hotelgast saß auf einem Wagen, der Knecht half ihm herunter. Also war er wohl net in der Lage, zu Fuß zu gehen. Da der Bursche Wanderkleidung trug und jetzt humpelte, überlegte Loisl weiter, mußte er sich die Verletzung auf einer Bergtour zugezogen haben.

      Leider stand er auf der anderen Straßenseite, und bis er hinüber war, hatte der junge Bursche das Hotel schon betreten. Also hatte der Alte am Morgen Stellung bezogen, um zu warten, ob er seine Wundersalbe nicht doch noch an den Mann bringen könne.

      Die Geschäfte gingen schlecht in der letzten Zeit, und Loisl war auf jeden Cent angewiesen. Als das Opfer jetzt ablehnte, sah er seine Felle wegschwimmen.

      »Glauben S’ mir, Sie werden ’s net bereuen«, beschwor er Ulli Vogler. »Ich hätt’ da übrigens noch andere Sachen anzubieten. Tees gegen beinahe jede Krankheit, außerdem wären da noch ein paar besond’re Tropfen…«

      Er grinste und zwinkerte Ulli verschwörerisch zu.

      »Wenn S’ davon ein paar dem Madl Ihrer Träume zu trinken geben…, ich schwör’s Ihnen, da sagt’s net mehr nein!«

      »Du sollst doch keinen Meineid schwören, Brandhuber!« hörten sie in diesem Moment eine scharfe Stimme.

      Von den beiden Männern unbemerkt, war Pfarrer Trenker nähergekommen. Als er den ›Wunderheiler‹ mit Ulli zusammenstehen sah, ahnte er, um was es ging.

      Der junge Bursche war erleichtert, den Geistlichen zu sehen. Er hatte schon überlegt, wie er den aufdringlichen Geschäftsmann wieder loswerden könne.

      Loisl war zusammengezuckt, als er die Stimme hörte. Er drehte den Kopf, warf Sebastian einen bösen Blick zu und trollte sich, wobei er etwas Unverständliches in seinen Bart grummelte.

      »Du liebe Güte, Sie haben mich in letzter Sekunde gerettet«, lachte Ulli Vogler. »Sonst hätte der Kerl mir noch sonstwas anzudrehen versucht. Wer war denn das?«

      Sebastian Trenker sah dem Alten hinterher und schüttelte den Kopf.

      »Fast hätt’ ich gesagt, eine der sieben Plagen«, antwortete er nicht ohne Humor. »Der Brandhuber-Loisl ist unser ›Wunderheiler‹. Jedem versucht er seine obskuren Mittel zu verkaufen. Dabei helfen die net die Bohne. Allerdings schaden s’ auch net.«

      Er blickte Ulli forschend an.

      »Was macht der Fuß?«

      »Bestens«, erwiderte der junge Mann. »Die Salbe von dem Herrn Thurecker, das ist ein wahres Wundermittel.«

      »Ja, der Franz versteht net nur was vom Käsen. Wenn er beinahe das ganze Jahr droben auf der Hütte ist, dann muß er sich schon selbst zu helfen wissen. Wahrscheinlich nützt seine Salbe Mensch und Tier gleichermaßen.«

      Er nickte zufrieden.

      »Es freut mich, daß es Ihnen wieder bessergeht. Sagen S’, Herr Vogler, haben S’ einen Augenblick Zeit? Ich würd’ Ihnen gern’ uns’re Kirche zeigen. Vorausgesetzt, es interessiert Sie überhaupt.«

      »Aber ja«, bekundete der Bursche sein Interesse. »Ich war ohnehin auf dem Weg dorthin. In meinem Hotelzimmer liegen Prospekte aus, und in allen wird von der Kirche geradezu geschwärmt.«

      *

      Staunend schaute er wenig später auf die Pracht, die sich ihm darbot. Rot, Blau und Gold waren die vorherrschenden Farben, in denen das Innere des Gotteshauses gestaltet war. Die bunten Fensterbilder stellten Motive aus der Bibel dar, überall waren Bilder und Statuen zu sehen, die Heilige zeigten.

      Eine besonders schöne Madonnenfigur stand auf einem Holzsockel neben einem Gemälde. Es hieß ›Gethsemane‹ und zeigte den Erlöser am Abend vor der Kreuzigung im Gebet versunken. Ulli betrachtete es eingehend und deutete dann auf die Madonna.

      »Haben Sie keine Angst, daß man solch ein Kunstwerk stehlen könnte?« fragte er.

      Der Bergpfarrer lächelte.

      »Gerade diese Figur,

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