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MATTHEW CORBETT und die Jagd nach Mister Slaughter. Robert Mccammon
Читать онлайн.Название MATTHEW CORBETT und die Jagd nach Mister Slaughter
Год выпуска 0
isbn 9783958354050
Автор произведения Robert Mccammon
Жанр Языкознание
Серия Matthew Corbett
Издательство Bookwire
»Dann tretet bitte ein.«
Matthew schlang die Zügel um einen Anbindebalken, zog die Wagenbremse an und folgte Hulzen und Greathouse in das Haus, in dem die Ärzte ihr Arbeits- und Konferenzzimmer hatten. Zwei Sekretäre, ein großer Konferenztisch mit sechs Stühlen, ein Aktenschrank und Regale voller Bücher befanden sich darin. Auf dem Boden lag ein dunkelgrüner Webteppich. Hulzen schloss die Haustür und schwenkte die Hand in Richtung Tisch, auf dem eine Schreibfeder und ein Tintenfass standen. Hinten im Raum gab es eine Tür, die, wie Matthew bei seinem ersten Besuch gesehen hatte, zu einem Untersuchungszimmer führte, in dem Medikamente und Arztinstrumente aufbewahrt wurden.
»Die Papiere«, sagte Hulzen, woraufhin Greathouse Lord Cornburys Siegel brach. Drei offizielle Dokumente aus Pergamentpapier rutschten heraus, ähnlich denen, die Matthew während seiner Zeit als Gerichtsdiener für Nathaniel Powers jeden Tag zu Gesicht bekommen hatte. Greathouse suchte die von ihnen allen zu unterschreibenden Papiere heraus, Hulzen überflog kurz den Text, unterschrieb und gab das Dokument an Matthew weiter. Greathouse hatte gerade die Feder ins Tintenfass getaucht und seinen Namen daruntergesetzt, als unvermutet die Haustür aufging. Greathouse zuckte zusammen und seine Unterschrift geriet zu einem unleserlichen Krakel.
Der Patient – aus dem mit der vierten Unterschrift ein Gefangener werden würde – schlenderte ins Zimmer, gefolgt von Dr. David Ramsendell und Jacob als Nachhut.
Matthew kam es vor, als sei es plötzlich kalt geworden.
»Hm!«, machte der soeben Eingetretene verachtungsvoll. Er starrte auf den Überführungsbrief, insbesondere auf die drei Unterschriften. »Ihr verfügt also über mich wie über einen gewöhnlichen Kriminellen? Schande über Euch!«
Ernst wie ein Grabstein sah Greathouse dem Mann ins Gesicht. »Ihr seid ein gewöhnlicher Krimineller, Slaughter.«
»Oh nein, Sir«, lautete die Antwort, die mit dem Anflug eines Lächelns und einer leichten, spöttischen Verbeugung gegeben wurde. Der Mann, dessen Handgelenke mit einem Vorhängeschloss in lederne Schellen gefesselt waren, hielt seine Finger geflochten. »An mir ist rein gar nichts Gewöhnliches, Sir. Und ich würde es schätzen, wenn Ihr mir den mir zustehenden Respekt zollen und mich von jetzt an so anreden würdet, wie es sich für einen feinen Gentleman gehört: Mister Slaughter.«
Niemand lachte. Niemand außer Slaughter, der mit seinen hellblauen Augen zwischen Greathouse und Matthew hin- und hersah. Ein langsames, tiefes Lachen begann in seiner Kehle zu schallen wie eine Totenglocke.
Kapitel 7
»Es freut mich, dass Ihr Euch so gut allein amüsieren könnt«, kommentierte Greathouse, als Slaughters hohles Lachen verstummt war.
»Ich bin sehr erfahren darin, mich selbst zu amüsieren, und habe sowohl in der Quäker-Anstalt als auch in diesem rechtschaffenen Tollhaus reichlich Zeit gehabt, mir amüsante Gedanken zu machen. Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit, Mr. …« Slaughter ging einen Schritt näher an den Tisch heran, offensichtlich in der Absicht, Greathouses Unterschrift zu lesen, aber der nahm die Papiere für die Gefangenenüberführung schnell an sich.
»Sir reicht vollkommen aus«, sagte Greathouse. Slaughter lächelte und verbeugte sich erneut leicht.
Aber noch bevor der schlank hochgewachsene, bärtige Dr. Ramsendell die Feder in die Hand nehmen konnte, die Greathouse ihm hinhielt, drehte Slaughter sich zu Matthew um und sagte in leichtem und freundlichem Ton: »An Euch erinnere ich mich allerdings gut. Dr. Ramsendell hat Euch vor meinem Fenster beim Namen genannt. War das nicht erst im Juli gewesen? Nicht wahr, Euer Name ist …« Er musste nur ein paar Sekunden nachdenken, bis er es wusste. »Corbett. Korrekt?«
In Slaughters Stimme schwang eine geradezu unerbittliche Note mit, sodass Matthew fast gegen seinen Willen nickte.
»Ihr wart ein junger Dandy gewesen, wenn ich mich recht entsinne. Und jetzt seid Ihr erst recht ein Stutzer.«
Das stimmte. Da Matthew selbst auf Reisen wie ein New Yorker Gentleman aussehen wollte, trug er wie üblich einen seiner neuen Anzüge von Benjamin Owles, einen in dunklem Burgunderrot, in der gleichen Farbe wie seine Weste. Die Ärmelaufschläge und Revers waren mit schwarzem Samt getrimmt. Sein weißes Hemd und die Krawatte waren frisch gebügelt und blütenrein, und er trug seine neuen schwarzen Stiefel und einen schwarzen Dreispitz.
»Wie ich sehe, seid Ihr zu Geld gekommen«, meinte Slaughter, dessen Gesicht dicht vor Matthews war. Er zwinkerte und sprach so leise weiter, dass es fast ein Flüstern war: »Wie schön für Euch.«
Wie konnte man etwas beschreiben, das unbeschreiblich war, fragte sich Matthew. Das Äußere des Mannes war nicht weiter schwierig zu umreißen: Slaughters breites Gesicht war wie eine Mischung aus Gentleman und Schläger. Seine Stirn wölbte sich leicht über den dichten strohfarbenen Augenbrauen, und sein wilder Haarschopf war von derselben Farbe, vielleicht mit einem Stich ins Rote. An den Schläfen ergraute er. Sein dichter Schnurrbart war mehr grau als blond, und seit Matthew ihn im Juli gesehen hatte, war dem Mann ein Bart gewachsen, der aussah, als setzte er sich aus mehreren Bärten verschiedener Männer zusammen: hier dunkelbraun, dort rot, dann ein Fleck kastanienbraun, unter der fleischigen Unterlippe ein Hauch von Silber und am Kinn ein rabenschwarzer Streifen.
Er war nicht so groß, wie Matthew ihn in Erinnerung hatte. Sein ausladender Brustkorb und die Schultern füllten die aschfarbene Tollhauskleidung prall aus, aber seine Arme und Beine wirkten fast spindeldürr. Er war ungefähr so groß wie Matthew, hatte jedoch eine schiefe Haltung, die auf ein missgebildetes Rückgrat hinwies. Seine Hände allerdings waren alle Aufmerksamkeit wert. Sie waren unnormal groß, die Finger lang und die Knöchel knochig, mit von Schmutz schwarzen Nägeln, die so lang und scharf wie kleine Klingen waren. Es war Slaughter anzusehen, dass er sich entweder weigerte, ein Bad zu nehmen, oder schon seit langem weder Seife noch Wasser angeboten bekommen hatte, denn seine schuppige Haut war genauso grau wie seine Kleidung. Der von ihm ausgehende Geruch erinnerte Matthew an etwas Totes, das im Schlamm eines dreckigen Sumpfes vor sich hin schimmelte.
Trotz alledem hatte Slaughter eine lange, aristokratisch schmale Nase mit elegant geblähten Nasenflügeln, als könnte er den Gestank seiner eigenen Haut nicht ertragen. Seine großen Augen – blassblau, kalt, aber nicht humorlos und von einem fröhlichen Funkeln, das kam und ging wie eine rote Signallaterne in der Ferne – waren unbestreitbar intelligent, so wie sein Blick schnell im Zimmer umherhuschte, um Eindrücke zu sammeln; nicht viel anders, als Matthew es tat.
Der Teil von Slaughter, der sich weniger einfach beschreiben ließ, dachte Matthew, war die Ruhe, die er ausstrahlte – eine grenzenlose Verachtung von allem, was in diesem Raum vor sich ging. Er schien sich nicht im Geringsten um irgendetwas zu kümmern, aber es lag noch etwas anderes darin: Selbstvertrauen. Angesichts der Umstände vielleicht fehl am Platz, und dennoch von der gleichen Stärke wie sein Gestank. Er drückte Kraft und Verachtung aus, und allein das ließ Matthew nervös werden. Als Matthew ihn das erste Mal gesehen hatte, war ihm gewesen, als sähe er in das Antlitz des Leibhaftigen. Und jetzt, obwohl Slaughter offensichtlich eher verschlagen als verrückt war, wie Ramsendell an jenem Tag im Juli gesagt hatte, stellte er sich als einfacher Mensch heraus, der aus Fleisch, Knochen, Blut, Haaren und Dreck bestand. Hauptsächlich aus Haaren und Dreck, wenn man ihn so ansah. Die Ketten hatten keine rostigen Glieder, aber es würde ein langer Tag werden, wenn auch nicht unerträglich. Was allerdings von der Windrichtung abhängen würde.
»Macht bitte Platz«, sagte Ramsendell, wartete, bis Slaughter gehorchte, und trat dann an den Tisch, um die Papiere zu unterschreiben. Hulzen paffte an seiner Pfeife, als wollte er das Zimmer im scharfen Rauch seines Carolina-Tabaks versenken, und Jacob stand auf der Türschwelle und sah so fasziniert zu, wie man es konnte, wenn einem ein Teil des Schädels fehlte.
Ramsendell unterschrieb. »Gentlemen?« Er wandte sich an Greathouse und Matthew. »Ich weiß Eure Unterstützung zu schätzen. Ihr werdet Euch daran erinnern, dass Curtis und ich den Quäkern in unserer Eigenschaft als gute Christen versprochen haben, unseren Patienten …« Er stockte, um sich zu