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darin Einblick.

      Wie wollte sich Doro wohl neben diesem fast einmaligen Mann behaupten können. Wohl war sie schön, zauberhaft schön sogar, aber ein kleines Dummchen, das diesen einstigen Globetrotter, der gewiß mit viel schönen, geistreichen Frauen zusammengetroffen war, wohl kaum fesseln konnte. Und spontan, wie Ruth nun einmal war, platzte sie mit der Frage heraus:

      »Wirst du dein Globetrotterleben jetzt wieder aufnehmen, Edzard?«

      Zuerst sah er sie verblüfft an, dann stellte er die Gegenfrage:

      »Wie kommst du darauf?«

      »Nun, weil – weil du jetzt doch – das viele – viele – Geld

      hast –«, stotterte sie unter seinem ironischen Blick, der so deprimierend wirken konnte. »Oder gedenkst du – ich meine –«

      »Ja, Uti, was stotterst du da bloß zusammen«, fiel der Gatte kopfschüttelnd ein. »Das sind wir bei deiner sonstigen Zungenfertigkeit ja gar nicht gewohnt.«

      »Du bist abscheulich, Georg«, war sie jetzt pikiert. »Man wird unter so nahen Verwandten doch wohl eine Frage stellen dürfen.«

      »Aber dabei doch nicht so jämmerlich stottern«, sah er sie verschmitzt an, und da lachte sie schon wieder.

      »Dieser Edzard ist doch ein verflixt schwieriger Herr«, stellte sie fest, als sie später mit dem Gatten nach Hause fuhr. »Man kann einfach nicht so mit ihm reden wie mit anderen Menschen. Ich bin wirklich neugierig, was er jetzt unternehmen wird.«

      Edzard widmete sich auch nach der Erbschaft der Landwirtschaft wie bisher. Sein Sinnen und Trachten ging dahin, Raute­nau zu einem Mustergut zu machen, was jetzt nicht weiter schwierig war, weil ihm ja Geld genug zur Verfügung stand. Seine junge Gattin nahm er als etwas hin, das nun mal in sein Leben gehörte. Er ließ ihr so viel Freiheit, wie sie nur wenigen Frauen gewährt wurde. Griff jedoch scharf durch, wenn sie etwas tun wollte, was außer der ihr gesteckten Grenze lag.

      Also auch, als Doro sich mehr und mehr dem Volontär anschloß, der sein landwirtschaftliches Studium hinter sich hatte und am ersten März zur praktischen Ausbildung nach Rautenau kam. Ein schneidiger junger Mann aus tadellosem, begütertem Hause, aber auch ein liebenswürdiger Schwerenöter. Was Wunder, wenn die junge Doro Gefallen an ihm fand, der von Verliebtheit jedoch weit entfernt war. Sie mochte ihn deshalb, weil man mit ihm so nett lachen und plauschen konnte.

      Es war ja auch nichts dabei, wenn die beiden jungen Menschen ausritten, Tennis spielten oder sich beim Krockett vergnügten. Doch als Graf Edzard merkte, wie die Liebe dem jungen Mann überm Kopf zusammenzuschlagen begann, gab er ihm den Abschied, ohne sich dabei aufzuregen.

      »Herr Graf, was habe ich denn getan?« wollte der Tiefgekränkte aufbrausen, doch der andere winkte kurz ab.

      »Lassen Sie sich jetzt nicht zu etwas hinreißen, was Ihnen hinterher leid tun würde. Ich meine es nämlich ehrlich mit Ihnen, dahinter werden Sie schon noch kommen. Denn es hat noch nie gutgetan, die Frau eines anderen zu – lieben. Da ist ein scharfer Schnitt angebracht. Verstehen Sie mich jetzt?«

      Da wandte der junge Mann sich brüsk ab, rannte davon, um seine Koffer zu packen. Als er gerade mit seinem eigenen Wagen durch das große Hoftor fuhr, kam ihm eine Reiterin entgegen, die zuerst stutzte und dann das Pferd zum Stehen brachte, während der Mann dasselbe mit dem Auto tat.

      »Ja, wohin wollen Sie denn mit Sack und Pack«, zeigte sie verwundert auf die Koffer, und er lachte höhnisch.

      »Man gab mir den Abschied, Frau Gräfin. Und ich muß schon sagen, daß der Herr Gemahl der beste Kerkermeister ist, der mir je im Leben vorkam. Lassen Sie es sich weiter wohl sein in Ihrem – goldenen Käfig…«

      »Eine abgeschmackte Redensart«, sprach da eine sonore Stimme hinter ihnen. Herumfahrend sahen sie den jungen Grafen, dessen Nähertreten sie nicht bemerkt hatten. Er trug die Flinte überm Rücken und hielt den Spaniel kurz an der Leine. Doch bevor sein Herrchen noch weiterspechen konnte, gab der Auto­fahrer Gas, und der Wagen flitzte um die Ecke.

      »Nun, mein böses Kind, du willst mich doch nicht mit deinen Blicken erdolchen?« kam es ironisch von den harten Männerlippen. »Sprich jetzt nicht, es käme ja doch nur Unsinn heraus. Such dir lieber ein einsames Plätzchen aus und denk darüber nach, warum ich dem armen Jungen wohl den Abschied gab.«

      Damit ging er, und Doro sah ihm nach, mit Empörung geladen bis zur Halskrause.

      Doch wie wenig ihr alle Empörung nützte, sollte sie schon noch erfahren. Aber erst am Abend, weil es ihr früher nicht möglich war, mit dem arroganten Spötter abzurechnen. Ihrer Ansicht nach kniff er, als er nicht zum Abendessen erschien, sondern fernmündlich durchgab, daß er dieses in der Oberförsterei einzunehmen gedächte.

      Feigling –! dachte Doro verächtlich. Jetzt hat er Angst vor der eignen Courage. Aber sie wollte ihn schon stellen.

      Das tat sie denn auch am späten Abend in seinem Schlafzimmer. Sie lag schon im Bett, als das Licht hinter den Scheiben der breiten Glastür aufflammte, welche die ehelichen Gemächer verband. Sie prang auf, warf einen »Traum« von Morgenkleid über und stand gleich darauf vor dem Mann, der erstaunt aufsah.

      »Doro – du –?« fragte er langsam, der gerade im Begriff war, die Jagdjoppe auszuziehen, sie jetzt jedoch wieder hochzog. »Du wünschest?«

      Es war das erste Mal in ihrer Ehe, daß sie das Schlafgemach des Gatten betrat. Es war gewiß nicht so luxuriös eingerichtet wie ihr eigenes, aber immerhin so behaglich, daß man sich darin wohl fühlen konnte. Ein herber Duft von Juchten und gutem Tabak schwebte in dem Raum, der sich ihr beklemmend auf Herz und Gemüt legte. Sie holte einige Male tief Luft und bemühte sich dann, ihrer Stimme Festigkeit zu geben.

      »Ja – ich –«, sprach sie dann genau in demselben Ton wie er vorher. »Man muß ja schon bis hierher vordringen, um deiner habhaft zu werden…«

      »Aber, mein liebes Kind…«

      »Ich bin nicht dein liebes Kind!« brauste sie dazwischen. »Ich will wissen, warum du den Quede entließest. Er hat sich doch weiß Gott nichts zuschulden kommen lassen.«

      »Noch – nicht«, dehnte er. »Aber da die Erfahrung gelehrt hat, daß Vorbeugen allemal besser ist als Heilen, habe ich mich danach gerichtet.«

      »So meinst du – daß Quede…«

      »Jawohl – ich meine –«, unterbrach er sie hart. »Und da dieser sympathische junge Mann mir zu schade als dein Spielzeug erschien, habe ich ihn eben aus deiner gefährlichen Nähe verbannt.«

      »Gefährlich findest du mich?« fragte sie perplex, was ihn

      so recht erkennen ließ, wie wenig sie sich des Fluidums ihrer zaubersüßen Schönheit bewußt ward. »Das ist mir wirklich neu.«

      »Dir ist noch so manches neu, mein Kind«, versetzte er gelassen. »Vor allen Dingen das, was einer Ehefrau geziemt. Die muß vorsichtig sein, damit sie nicht in das Gerede der Leute kommt. Da du das in deiner Unbekümmertheit nicht zu bedenken scheinst, mußte ich es für dich tun…

      Und nun laß uns diese Unterredung abbrechen. Sie ist unerquicklich und führt außerdem zu nichts.«

      Damit schob er sie aus der Tür, schloß sie mit Nachdruck – und die über die Maßen verwöhnte Doro hatte das Gefühl, zum ersten Mal in ihrem Leben geohrfeigt worden zu sein.

      Am liebsten hätte sie ja wie ein ungezogenes Kind mit Händen und Füßen gegen die Tür gepoltert – wenn das nur Eindruck auf diesen gräßlichen Menschen machen würde, der sie in aller Gelassenheit unter seinen herrischen Willen zwang – den sie allerdings noch nie so zu spüren bekommen hatte wie heute.

      Na was, er brauchte ja jetzt ihr Geld nicht mehr – brauchte durch die Geldheirat seinem Besitz und seinen Eltern keine Opfer mehr zu bringen.

      Und an diesem Abend weinte die sonst so unbekümmerte junge Gräfin sich in den Schlaf.

      *

      Es war endlich Frühling

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