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hat das nun schon wieder zu bedeuten«, trat Graf Bert­ram zu Gattin und Sohn, die im Saal standen und die Weihnachtsgäste erwarteten. »Doro war doch von der ersten Feier so restlos begeistert, daß sie die zweite kaum erwarten konnte. Und nun sagte mir Balduin, Georg hätte angerufen und erklärt, daß seine Tochter soeben zu Hause eingetroffen wäre. Warum denn bloß, um alles in der Welt?«

      »Es wird ihr wahrscheinlich etwas nicht gepaßt haben«, entgegnete Edzard leichthin. »Und dann wechselt sie eben das Quartier. Das haben wir doch schon oft erfahren müssen.«

      »Es ist eine Schande, daß man sich von einem so jungen Ding andauernd auf der Nase herumtanzen lassen muß«, knirschte der Vater hervor, mußte sich dann aber zu einer freundlichen Miene zwingen, da die ersten Gäste eintraten.

      Und so stürmisch es bei dieser Feier zuging, so stillvergnügt verlief die im engsten Kreise. Man hatte sich gegenseitig nicht reich beschenkt, doch die wenigen Gaben brachten Erfüllung von Wünschen, die einer dem andern abgelauscht hatte.

      Nur bei Doro hegte man Zweifel, ob man das Richtige traf. Es war ja auch nicht so einfach, diesem verwöhnten Menschenkind, das alles im Überfluß besaß, etwas zu schenken. Die vernarrten Eltern erfüllten ihm ja jeden Wunsch, sofern er nur angedeutet wurde.

      Und nun kamen diese Geschenke, um derentwillen man sich hatte so den Kopf zerbrechen müssen, gar nicht zum Vorschein. Denn sie war ja nicht da, die sie erhalten sollte. Und man hütete sich wohl, sie zu erwähnen, um sich damit nicht die trauliche Stimmung zu verderben.

      Man blieb in dem Saal, wo die Tanne stand, und schaute versonnen in die Kerzen, bis sie abgebrannt waren. Dann erst ging man zum trauten Wohngemach, um sich an der Bowle gütlich zu tun.

      »Na, denn Prosit, ihr Lieben«, hob der Senior das Glas und tat genießerisch den ersten Schluck. »Mein Kompliment, Junge, hast den Zaubertrank wieder einmal wunderbar gemixt. Es geht doch nichts über einen guten Trunk und über traute Behaglichkeit.«

      In dem Moment schlug der Fernsprecher an, und Edzard, der ihm am nächsten saß, hob den Hörer ab. Er meldete sich, lauschte der Stimme am andern Ende und sprach dann gelassen:

      »Es wäre ja lächerlich, Papa, wollte ich etwas verbieten, was du, soviel ich heraushören kann, schon längst genehmigt hast. Weil dir nichts anderes übrigblieb, als nachzugeben? Nun, daran müßtest du dich in den zwanzig Jahren, die deine Tochter auf der Welt ist, doch eigentlich schon gewöhnt haben. Sehr aufmerksam von dir, mich nicht zu übergehen, so bleibt wenigstens die Form gewahrt. Im übrigen kenne ich es bei meiner Frau nicht anders, als einfach vor die vollendete Tatsache gestellt zu werden. Also macht mir dieses schon gar nichts mehr aus. Freut mich, daß du beruhigt bist. Ich wünsche euch frohe Weihnacht allerseits.«

      Damit legte er den Hörer auf, und die Mutter fragte bang: »Junge, was hat es denn jetzt schon wieder gegeben?«

      »Nichts von Bedeutung, Muttchen«, kam es sarkastisch zurück. »Mein lieber Schwiegervater machte mir nur die Eröffnung, daß er seiner Tochter eine Reise nach Sankt Moritz bewilligt hat, so als unvorhergesehene Weihnachtsgabe. Die vielgeliebte Jo rief nämlich von dort an.«

      »Diese Jo mag der rote Kuckuck holen, damit sie die Dörth endlich mal in Ruhe läßt!« knurrte Bertram böse dazwischen, doch die Gattin winkte beschwichtigend ab.

      »Nun mal nicht gleich so hitzig, mein lieber Mann. Du weißt ja noch gar nicht, wie alles zusammenhängt. Laß Edzard doch erst den Sachverhalt erklären.«

      »Da gibt es nicht viel zu erklären, Muttchen. Wie ich von meinem Schwiegervater erfuhr, soll die Baronin angerufen haben, wahrscheinlich, um ihr frohes Fest zu wünschen. Was Doro dann mit ihr sprach, wußte er nicht, weil nur Stichworte fielen, dazu noch in einer Sprache, die ihm nicht geläufig war. Jedenfalls hat die Tochter den Vater nach Beendigung des Gesprächs bestürmt, ihr die Reise nach Sankt Moritz zu bewilligen. Und da wir seine Schwäche dem Abgott gegenüber ja kennen, ist jeder Kommentar überflüssig.«

      »Und das läßt du dir so ohne weiteres bieten, mein Sohn? Schließlich bist du als Ehemann immer noch erste Instanz bei deiner Frau.«

      »Und was sollte ich deiner Ansicht nach wohl tun, Vater?«

      »Mal ordentlich mit der Faust auf den Tisch hauen!«

      »Und du meinst, daß es etwas nützen würde?«

      »Wahrscheinlich nicht –«, mußte er widerwillig zugeben.

      »Also!«

      »Und wie denkst du dir den Fortgang dieser unsinnigen Ehe überhaupt, mein Sohn? Denn solange Doro Rückhalt bei ihren vernarrten Eltern hat, wird sie sich nicht ändern, ist dir das klar?«

      »Gewiß.«

      »Deine Gelassenheit möchte ich haben, Junge. Na, lassen wir diese verfahrene Geschichte heute ruhen. Verderben wir uns mit diesem schwierigen Problem nicht den Weihnachtsabend. Trinken wir uns lieber mit diesem köstlichen Gesöff einen Schwips an.«

      *

      Es war an einem besonders unwirtlichen Wintertag zu Anfang Februar. Schon seit dem Morgen schneite es unentwegt vom grauen Himmel hernieder. Dazu wehte ein eisiger Wind. Es war ein Wetter, wo der Bauer nicht einmal seinen Hund hinausjagt, wie man so sagt. Und schon gar nicht derjenige, der noch ein besonders gutes Herz für seine Tiere hatte.

      Also lagen im Rautenauer Schloß das vornehme Windspiel, der bildschöne Cocker-Spaniel und der nicht minder schöne braunglänzende Langhaardackel langgestreckt vor dem Kamin und hielten ihr Schläfchen. Ab und zu wurde ein leises Schnarchen hörbar, ein unwilliges Knurren oder auch ein winselnder Laut. Das Klirren von langen Stricknadeln vermischte sich mit dem silbernen Klingen der alten Spieluhr, die auf dem Kaminsims unter einem Glassturz schon viele, viele Jahre kokett ihren Platz behauptete.

      Die nimmermüden Hände der Gräfin strickten, die beiden Herren spielten Schach und rauchten dabei das geliebte Pfeifchen. Man fühlte sich wie auf einer Insel des Friedens.

      Man zuckte schmerzhaft zusammen, als in diese traute Harmonie ein Ton gellte, ungemein schrill und aufreizend, als wollte die arge Welt hohnlachend in den Frieden dringen wie ein böser Feind.

      Und dieses bösartige Schrillen rührte von dem Fernsprecher her. Der junge Graf, der ihm am nächsten saß, hob unmutig den Hörer ab und erkannte dann am andern Ende die aufgeregte Stimme des Schwiegervaters.

      Je länger der junge Graf der aufgeregten Stimme lauschte, um so mehr verdüsterte sich das stolze, rassige Antlitz. Als der Mann dann sprach, klang es knapp und kühl: »Und das konntest du wirklich nicht verhindern, Papa? Nein? Weißt du auch, welch ein Armutszeugnis du dir damit ausstellst? Das ist jetzt nebensächlich? Na schön. Was ich tun kann, soll geschehen. Ich rufe dich später an.«

      Damit legte er den Hörer in die Gabel, fuhr sich einige Male ruckartig über den Kopf und sagte dann zu seinen Eltern, die ihn beunruhigt ansahen: »Doro ist da – und schon hält sie alles in Atem. Sie ist nämlich auf den Schiern hierher.«

      »Um Gottes willen!« rief die Mutter entsetzt. »Ist denn das Kind ganz von allen guten Geistern verlassen, um sich bei diesem Schneesturm auf ein fremdes Gelände zu wagen? Rasch, Edzard, eile, damit nicht ein Unglück geschieht. Nimm die Hunde mit.«

      Dieser Verzweiflungsruf rief die prächtigen Gesellen aus tiefem Schlaf. Sie sprangen auf, scharten sich um das geliebte Herrchen und sahen es aufmerksam an.

      »Na, denn kommt schon«, tätschelte Edzard zärtlich die Köpfe der Rüden. »Halte Glühwein bereit, Vater, und du, kleine Mama, sorge dafür, daß wir Doro in ein gewärmtes Bett legen können. Sie wird nicht wenig verklammt sein.«

      Er ging, von den Hunden kläffend umsprungen. Es war ein Schneetreiben, daß man kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Winselnd drängten die Hunde sich an Herrchen, das immer wieder aufmunternd sagte:

      »Sucht Frauchen – sucht Frauchen!«

      Das brachte selbst das Windspiel »Elegant« aus seiner vornehmen Ruhe. Es lief winselnd hin und her, der Dackel Schlumps belferte wie besessen,

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