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Leni Behrendt nimmt längst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit großem Einfühlungsvermögen charakterisiert sie Land und Leute. Über allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden können.
Sengend heiß brütete die Sonne über dem weiten ostpreußischen Land. Es war eine Schwüle, die den Wunschtraum steigerte, ständig im Wasser zu liegen und etwas Eiskaltes zu trinken. Für die Landbewohner jedoch bedeutete dieser harmlose Traum Luxus, denn für sie gab es trotz der Gluthitze harte, schwere Arbeit. Die Roggenernte neigte sich ihrem Ende entgegen, und um diese köstliche Gabe gut und trocken unter Dach und Fach zu bekommen, mußten sich die Menschen tüchtig tummeln. Daher ging der Blick des schlanken Reiters, der schon seit Tagen von früh bis spät bei seinen Leuten auf dem Felde weilte, immer wieder zum Himmel hin, dessen leuchtende Bläue sich zu trüben begann. Hie und da ballten sich Wölkchen zusammen, dick und bauschig wie schmutzige Watte, und von der See her kam immer häufiger ein Luftzug, der die emsig Schaffenden wohl aufatmen ließ, im allgemeinen jedoch nichts Gutes verhieß. In kurzer Zeit mußte ein Gewitter aufziehen, was Mensch und Tier erquickt hätte, den knistertrockenen goldgelben Garben jedoch nicht zuträglich sein konnte. Denn mit dem Gewitter pflegt auch Hagelschlag einzusetzen, und der würde die Körner aus den Ähren zu Boden peitschen. Also mußten die letzten Fuhren unbedingt noch geborgen werden. Daher ritt Jobst von Götterun unermüdlich von Wagen zu Wagen, sprach hier einen Arbeiter an, gab da einen Rat. Einmal sprang er ab, ließ den Gaul laufen und stakte die Garben zu dem lachenden Mädchen hoch oben auf dem goldenen Berg. Ruckzuck – ruckzuck ging es unermüdlich fort und fort, und die Leute wurden zu noch emsigerer Arbeit angespornt. Wagen um Wagen schwankte schwerbeladen davon, leere fuhren an ihre Stelle. Es gab auf dem großen Gutshof wohl kein Pferd, kein einigermaßen brauchbares Gefährt, das nicht eingespannt war. Auch der alte Oberinspektor, auf Uhlener Herrschaft geboren und in ihren Diensten ergraut, legte Hand an, wo es nottat. Seine Augen schweiften immer wieder besorgt zu der Stelle hin, wo sich die Wolken zusammenballten. Eben schwankten wieder drei Wagen davon, acht weitere harrten noch ihrer Fuhre. Wenn es noch gelang, sie trocken unter Dach und Fach zu bekommen, dann konnte man von Glück sprechen. Dann war für dieses Jahr der Roggen trocken geborgen. Am fernen Horizont blitzte es schon ab und zu auf.

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Leni Behrendt nimmt längst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit großem Einfühlungsvermögen charakterisiert sie Land und Leute. Über allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden können.
Gemächlich tickte die Standuhr in die Stille des Gemachs, in dem das Ehepaar saß, so recht zufrieden mit seinem Geschick. Und dazu hatten sie auch allen Grund. Denn sie hatten alles, was ein Mensch sich wünschen kann. Ein sorgenloses Leben, ein behagliches Heim, zwei wohlgeratene Kinder und einen Schwiegersohn, der ihnen zusagte. Er war Arzt mit einer gutgehenden Praxis und konnte seine junge Frau nach der Hochzeitsreise in ein hübsches Haus führen, das komplett eingerichtet war. Und da der Rechtsanwalt und Notar Doktor Rudolf Danz seiner Tochter noch eine gute Mitgift geben konnte, war es ein festes Fundament, auf dem die Ehe gegründet wurde. Gestern hatte man die Hochzeit groß gefeiert im ersten Hotel der Stadt, und nach dem Festessen hatte das junge Paar sich heimlich entfernt, um sich auf die Hochzeitsreise zu begeben. Nun saßen die Eltern der jungen Frau beisammen und sprachen von dem Fest, auf dem alle so froh und leichtbeschwingt gewesen waren. Ihr Sohn, ein Bursche von sechzehn Jahren, hatte nach der ausgedehnten Feier noch nicht aus dem Bett finden können, und auch seine junge Base schlief noch in seliger Ruh. Danz hatte das Bruderkind vor einer Woche aus dem Töchterheim geholt, wohin der Vater seine Tochter gegeben, nachdem seine Frau durch Leichtsinn ums Leben gekommen war, denn Leichtsinn war es, stark erhitzt vom hohen Sprungbrett kopfüber ins eiskalte Wasser zu springen. Dabei machte das durch Sport überanstrengte Herz nicht mehr mit, es tat seinen letzten Schlag. Gleichgültig war das dem Gatten natürlich nicht, schnitt aber auch nicht ins Lebensmark. Auch die vierzehnjährige Tochter traf der Tod der Mutter nicht sehr, da die fanatische Sportlerin sich wenig um ihr einziges Kind gekümmert hatte. Der Vater befand sich viel auf Forschungsreisen, also blieb die Kleine bezahlten Kräften überlassen, die gewiß nicht liebevoll mit ihr umgingen. Da hatte sie es im Töchterheim schon besser, weil sie mit jungen Mädchen zusammenkam, wäh­rend sie im Elternhaus einsam gewesen war. Vor einem halben Jahr war nun auch der Vater durch ein bösartiges Fieber ums Leben gekommen, das er sich in den Tropen zugezogen hatte. In seinem Testament hatte er zum Vormund der Tochter seinen Bruder, den Notar Doktor Rudolf Danz, bestimmt. Ferner hatte er bestimmt, daß seine Tochter bis nach Absolvierung des Abiturs in dem Heim blieb, das dafür bekannt war, seinen Zöglingen eine tadellose Erziehung und vielseitige Ausbildung zu geben. Danach sollte der Vormund sein Mündel väterlich betreuen. Was er denn auch tat, indem er sein Mündel nach Bestehen des Abiturs in sein Haus holte.

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Es war im November und das passende Wetter dazu – nämlich eines, wo der Bauer nicht einmal seinen Hund hinausjagt, wie es im Volksmund heißt. Zwar regnete es nicht Bindfäden vom grauverhangenen Himmel, es nieselte nur; aber gerade dieses haarfeine Nieseln hat es bekanntlich in sich, es dringt auf die Dauer durch den dichtesten Wettermantel. Also drang es auch durch den des Mannes, der die Endstation der Straßenbahn verließ und raschen Schrittes eine nur mäßig beleuchtete Straße entlangging, möglichst die blanken Pfützen vermeidend, die sich auf dem ausgetretenen Pflaster gebildet hatten. Trotzdem wurden seine Füße naß, die Kleider unter dem Mantel unangenehm feucht. Nachdem der Mann wohl zehn Minuten gegangen war, hörte nicht nur das Pflaster auf, sondern auch die karge Straßenbeleuchtung. Der Weg, den er rechts einschlug, war sehr dunkel und schlecht gehalten, obwohl zu beiden Seiten Häuser standen. Am letzten Haus verhielt der Mann den raschen Schritt, öffnete eine Pforte, die im Staketenzaun eingelassen war, überquerte den kurzen Fliesengang und stand nun vor dem Haus, in dem er wohnte. Durch die Fenster im Parterre schimmerte Licht mit traulichem Schein. Dahinter klang gedämpfte Musik, flatterte Lachen zu dem Mann hin, der mit den fröhlichen Menschen nichts gemein hatte; denn seine Wohnung befand sich in der ersten Etage, und hinter seinen Fenstern war es dunkel. Ein Zeichen, daß er nicht erwartet wurde, der da durchnäßt, müde und hungrig von einer Reise zurückkehrte. Zwar hatte er seine Ankunft nicht genau auf die Stunde angegeben, und dennoch… Mit einem Gefühl der Enttäuschung schloß er die Haustür auf, knipste Licht an, durchquerte den kleinen Flur und stieg langsam die Treppe hinauf. Rosalia Skörsen konnte man auf dem Emailleschild lesen, das an der Etagentür angebracht war. Darunter hielten zwei Reißstifte eine Visitenkarte mit dem Namen: Doktor Ralf Skörsen. Der Mann schloß nun auch diese Tür auf und stand jetzt in einem Korridor, in dem gerade nur eine Flurgarderobe Platz fand, an die er sorglich den nassen Mantel und den Hut hängte, bevor er nachsah, ob Mutter und Schwester zu dieser frühen Abendstunde etwa schon zu Bett gegangen wären. Doch das Schlafzimmer war leer. Ein resignierter Zug grub sich um den hartgeschnittenen Mund des jungen Arztes, als er in die Küche ging, die kalt und unaufgeräumt war. Wahrscheinlich waren die beiden gleich nach Mittag fortgegangen, da Geschirr und Kochtöpfe ungesäubert herumstanden. Aber dafür hatte der nachsichtige Sohn und Bruder eine Entschuldigung. Nun ja, wenn man ohne Hilfe den Haushalt versehen mußte, konnte so etwas schon mal vorkommen.

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Kaum hatte Melanie die Küche betreten, begehrte der Mann auch schon Einlaß. Er lebte mit seiner Frau von einer Rente, mit der sie gerade so schlecht und recht auskamen, doch er verdiente sich durch Gelegenheitsarbeiten etwas dazu. Er blieb aber nur da, wo es ihm gefiel, und hier gefiel es ihm nicht. Daß er überhaupt noch herkam, geschah um des Mädchens willen, das ihm leid tat. «Das ist vielleicht ein Wetter!» schimpfte er an der Küchentür, die zum Hof führte, den triefenden Regenmantel kräftig schüttelnd. «Am liebsten wäre ich zu Hause geblieben, aber dann hätten Sie armes Wurm auch noch die Heizung versorgen müssen.» Brummend verschwand er im Keller, und als er in die Küche zurückkehrte, stand auf dem Tisch sein Frühstück, ein Topf Kaffee, zwei dickbelegte Schnitten und ein Schnaps. Wohl stand ihm nach Vereinbarung ein Frühstück zu, wäre aber nicht so üppig ausgefallen, wenn die Hausfrau es ihm zugeteilt hätte. Das wußte der Mann, der die Verhältnisse hier kannte. «Na, Fräuleinchen, das ist wieder mal recht reichlich», zwinkerte er Melanie zu. «Man gut, daß es die Geizig nicht sieht!» «Die Dame heißt Geisig», verbesserte das Mädchen, und er lachte. «In unserer Ecke hier ist sie Geizig, weil sie geizig ist und ihr Sohn nicht weniger. Allerdings nicht in der eigenen Familie, da schlemmen sie.» Damit machte er sich über sein Frühstück her, während Melanie die Morgenschokolade kochte. Die Küche, sonst immer blank, war heute unaufgeräumt. Im Spülstein stapelten sich gebrauchte Töpfe und Geschirr, auf das Melanie verlegen zeigte.

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Große Schriftstellerinnen wie Patricia Vandenberg, Gisela Reutling, Isabell Rohde, Susanne Svanberg und viele mehr erzählen in ergreifenden Romanen von rührenden Kinderschicksalen, von Mutterliebe und der Sehnsucht nach unbeschwertem Kinderglück, von sinnvollen Werten, die das Verhältnis zwischen den Generationen, den Charakter der Familie prägen und gefühlvoll gestalten. Mami ist beliebt wie nie! Unsere Originalreihe hat nach über einem halben Jahrhundert nun bereits mehr als 2.800 neue, exklusive Romane veröffentlicht.
Eine sympathische Familie lebt vor, wie schön das Leben sein kann, wie man mit den kleinen und großen Sorgen des Alltags souverän umgehen, wie man Probleme meistern, wie man existentiellen Nöten tief empfundene Heiterkeit und Herzenswärme entgegensetzen kann.
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Seufzend schlug Elke die letzte Taste der Schreibmaschine an. Ein Blick auf die Uhr, und sie stellte erschrocken fest, daß sie schon wieder fast Mitternacht zeigte. Ach, es war kein leichtes Brotverdienen, wenn man als Übersetzerin den Lebensunterhalt für sich und ein Kind verdienen mußte. Aber was hätte es ihr genützt, eine gutbezahlte Stellung als Auslandskorres­pondentin anzunehmen, wenn ihr kleines Mädchen dadurch als Schlüsselkind hätte aufwachsen müssen? Nein, da zog sie die weniger gut bezahlte Arbeit zu Hause vor. So konnte sie den Haushalt nebenbei selbst versorgen und war ihrem Kind immer nah. Elke stand auf, streckte die steif gewordenen Glieder und ging nun, wie jeden Abend, ins Kinderzimmer hinüber. Dort schloß sie zunächst das Fenster, weil ein heftiger Wind aufgekommen war. Dann trat sie zu dem Bett, in dem Stefanie, genannt Steffi, mit verwirrtem Haar zusammengeringelt lag und fest schlief. Mein kleines Mädchen, dachte Elke zärtlich und zog die Steppdecke herauf, die wieder einmal halb aus dem Bett hing. Liebe Güte, wo waren die Jahre bloß geblieben! Und ich werde auch nicht gerade jünger, ging es ihr durch den Sinn, als sie wenig später im Bad vor dem Spiegel stand und sich kritisch musterte. Mit dreiunddreißig hatte man die besten Jahre hinter sich. Wirklich, war es so? Elke setzte ein Sonntagsgesicht auf, lächelte mild, löste die Spange im Nacken, so daß das dichte dunkle Haar das Gesicht weich umrahmte. Na also, stellte sie befriedigt fest, so konnte man noch für eine Endzwanzigerin durchgehen. Die paar winzigen Lachfältchen um die Augen sah man doch kaum, und sonst war die Haut doch noch straff und zart. Sie schnitt sich eine Fratze. Eule Gans, die sie doch war! Da schimpfte sie, wenn Steffi neuerdings Stunden vor dem Spiegel zubrachte.

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Leni Behrendt nimmt längst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit großem Einfühlungsvermögen charakterisiert sie Land und Leute. Über allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden können.
Der Frühling hatte seine Vorboten ausgeschickt, die nun emsig bemüht waren, die winterlichen Attribute hinwegzuschaffen. Der Regen schwemmte den Schnee fort, machte das Eis so mürbe, daß es barst, von dem hochquellenden Wasser überflutet und abgespült wurde. Der Sturm hingegen ging noch radikaler vor. Der brauste dahin und nahm alles mit, was nicht niet- und nagelfest war. Das Großreinemachen in der Natur hatte begonnen. Für diese war das eine Wohltat, aber weniger für die Menschen, die es über sich ergehen lassen mußten. Der Schirm bot gegen den peitschenden Regen nur wenig Schutz, und von den Wettermänteln rieselte das kalte Naß in die Schuhe hinein. Die Erfahrung machte auch das weibliche Wesen, das sich auf dem Fußweg, parallel zur Chaussee, durch Regen und Sturm kämpfte. Den Kopf vermummte eine Kapuze, den Körper ein Cape, das an der einen Seite einen Auswuchs zeigte. Wahrlich kein Vergnügen, so dahinzutappen, dazu noch auf einem glitschigen Weg. Wie gut hatten es dagegen die beiden Insassen des kostspieligen Wagens, der soeben von der Chaussee in eine Allee abbog! Da die Bäume kahl waren, konnte man hindurchlugen auf einen Zaun mit zementiertem Sockel, der von einem kunstvoll geschmiedeten Tor unterbrochen wurde, das sich nun für den Wagen öffnete und sich hinter ihm wieder schloß. Die Fußgängerin jedoch bog in den nächsten Querweg ein, der zu einem Staketenzaun führte, der ein Grundstück umfriedete. Mittendrin stand ein Haus, das mit seinem weißen Anstrich und den grünen Fensterläden einen schmucken Eindruck machte. Die Fußgängerin öffnete die Pforte, über die sich ein Bogen spannte. Jetzt war er kahl, da die Rosen noch eingedeckt waren. Von der Pforte führte ein Fliesenweg zur Haustür, in der die Besitzerin des Hauses stand, zu deren kleinem hageren Körper das volle Mopsgesicht so gar nicht passen wollte. Und doch wirkte dieses Gesicht so, daß man sich davon sofort angezogen fühlte. Hauptsächlich von den grau-blauen Augen, die so lustig zwinkerten, aber auch kühl und spöttisch blicken konnten. Das dunkle Haar war glatt zurückgekämmt, die Kleidung schlicht, aber gut.