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für mich zu bringen?«

      Dr. Scheibler seufzte. »Eine ganze Menge, fürchte ich.«

      »Na, dann kommen Sie mal ins Sprechzimmer«, meinte Dr. Daniel, während er einen kurzen Bick auf seine Armbanduhr warf. »Ich will Ihnen kein schlechtes Gewissen machen, Gerrit, aber in meinem Wartezimmer sitzen im Augenblick vier Patientinnen, und weitere zehn erwarte ich noch.«

      »Ich weiß schon, wie sehr Sie unter Druck stehen«, meinte Dr. Scheibler. »Und Sie können sicher sein, daß ich Sie nicht gestört hätte, wenn es nicht wirklich wichtig wäre. Wie ich am Telefon schon gesagt habe, geht es um Wolfgang, und ich fürchte, diesmal müssen Sie mit ihm tatsächlich ein ernstes Wort sprechen.«

      Dr. Daniel runzelte die Stirn. »Dafür ist jetzt wohl nicht gerade der geeignete Zeitpunkt. Wolfgang unterliegt einer extremen Nervenanspannung.«

      »Das weiß ich auch, und diese Tatsache macht es nicht gerade leicht für mich…« Dr. Scheibler stockte, dann kam er aber doch zur Sache. »Ich habe Ihnen gegenüber ja schon einmal angedeutet, wie sehr sich Wolfgang verändert hat.«

      »Das weiß ich auch, und diese Tatsache macht es nicht gerade leicht für mich…« Dr. Scheibler stockte, dann kam er aber doch zur Sache. »Ich habe Ihnen gegenüber ja schon einmal angedeutet, wie sehr sich Wolfgang verändert hat.«

      Dr. Daniel nickte. »Das ist richtig, allerdings habe ich mir darüber meine eigene Meinung gebildet, Gerrit, und die sieht ein wenig anders aus. Wolfgang war und ist sehr in Sorge um seine Frau. Sie hatte eine Fehlgeburt, und das Risiko, daß so etwas wieder passiert, ist bei dieser zweiten Schwangerschaft mindestens genauso groß. Das alles belastet ihn, also dürfen Sie seine derzeitigen Reaktionen nicht überbewerten.«

      »Ich fürchte, so einfach ist es denn doch nicht, Robert«, wandte Dr. Scheibler ein. »Wolfgangs Angriffe richten sich gezielt gegen Ihren Sohn Stefan. Verstehen Sie mich nicht falsch, Wolfgang war von Anfang an ein strenger Chefarzt, der sehr auf Disziplin geachtet hat, aber was er jetzt treibt, ist wirklich haarsträubend. Erst heute hat er Stefan während einer Operation aus nichtigem Anlaß so fertiggemacht, daß er nicht einmal mehr eine einfache Naht machen konnte. Und das ist nur eines von vielen Beispielen, die ich Ihnen nennen könnte.« Er schwieg eine Weile. »Ich sage es nur ungern, aber ich glaube, Wolfgang ist der Chefarztposten zu Kopf gestiegen, und wenn ihm nicht schnellstens Einhalt geboten wird, dann wird das Ganze in einem Fiasko enden.

      Ich bin überzeugt davon, daß das mit Stefan nur der Anfang ist. Wolfgang will sich zu einer Art Diktator aufschwingen.« Wieder machte Dr. Scheibler eine Pause. Es fiel ihm schwer, über seinen Freund und Schwager so zu sprechen, wie es angesichts der Lage nötig war. »Bitte, Robert, verweisen Sie Wolfgang in seine Schranken, und zwar so, daß er nicht einmal mehr daran denkt, etwas Ähnliches wie jetzt wieder zu versuchen.«

      Dr. Daniel schwieg eine lange Zeit.

      »Das sind sehr harte Worte, Gerrit«, erklärte er endlich.

      Dr. Scheibler nickte. »Das weiß ich, und es hat mir auch im Herzen weh getan, das alles sagen zu müssen. Wolfgang hat mir einmal das Leben gerettet, aber jetzt… er ist nicht mehr der Mann, der das einst getan hat.«

      Wiederum überlegte Dr. Daniel sehr lange, bevor er sich zu einer Erwiderung aufraffte.

      »Ich muß über das alles nachdenken«, meinte er schließlich.

      »Tun Sie das, Robert.« Dr. Scheibler stand auf. »Aber lassen Sie sich bitte nicht zuviel Zeit damit.«

      *

      Wie versprochen suchte Dr. Daniel unmittelbar nach der Vormittagssprechstunde Erika Metzler in der Waldsee-Klinik auf.

      »Nun, Erika, wie fühlen Sie sich?« fragte Dr. Daniel besorgt.

      »Besser«, erklärte sie und zwang sich dabei sogar zu einem Lächeln. »Die Blutungen haben schon aufgehört.«

      »Das höre ich gern«, meinte Dr. Daniel, doch Erika spürte, daß er nicht so ganz bei der Sache war.

      »Haben Sie irgendwelche Probleme, Robert?«

      Dr. Daniel seufzte. »Sie sind wirklich eine viel zu gute Diagnostikerin. Trotz Ihrer eigenen Sorgen erkennen Sie, daß ich auch nicht gerade in Topform bin.«

      »Das war nicht schwierig«, entgegnete Erika. »Man sieht Ihnen nur zu deutlich an, daß Ihre Gedanken ganz woanders sind.«

      Spontan setzte sich Dr. Daniel zu ihr aufs Bett. »Darf ich ganz offen sein, Erika?« Er wartete ihre Antwort gar nicht erst ab, sondern fügte gleich hinzu: »Es geht um Wolfgang.« Dann zögerte er. »Eigentlich dürfte ich mit Ihnen gar nicht darüber sprechen, aber… Sie kennen ihn von uns allen wohl am besten. Gerrit hat mir heute Dinge erzählt, die ich einfach nicht glauben kann – andererseits hätte er auch keinen Grund, mich zu belügen.« Er seufzte. »Demnach hat sich Wolfgang in den vergangenen Wochen sehr verändert – und zwar schon vor Ihrer Fehlgeburt.«

      Erika zögerte einen Moment, dann nickte sie. »Das ist richtig, Robert, allerdings beschränkt sich diese Veränderung auf den beruflichen Bereich. Zu mir ist er so zärtlich und liebevoll wie eh und je.« Sie senkte den Kopf. »Ich weiß allerdings, daß die Ärzte – allen voran Stefan – und auch die Schwestern ihn zur Zeit von seiner übelsten Seite kennenlernen. Er ist so streng, daß es schon beinahe an Tyrannei grenzt. Die einzigen, die davon verschont bleiben, sind Gerrit und ich.« Erst jetzt sah sie Dr. Daniel wieder an. »Wenn Sie mich aber fragen, was diese Veränderung bewirkt hat, so kann ich Ihnen darauf keine Antwort geben. Ich weiß es einfach nicht, aber ich vermute, es ist sein Ehrgeiz. Er wollte schon damals in Amerika immer der Beste sein, und ich glaube, jetzt ist es genauso.« Sie überlegte, wie sie es noch deutlicher sagen könnte. »Ich denke, er will, daß die Waldsee-Klinik perfekt ist – er will ein erstklassiger Chefarzt sein, der ein fehlerloses Team unter sich hat.«

      Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »So etwas gibt es nicht. Jeder Arzt ist nur ein Mensch, dem eben auch mal Fehler unterlaufen können. Natürlich bemühen wir uns alle, daß das nicht passiert, aber man kann diesen Faktor nicht einfach ausschalten – auch nicht mit noch so viel Strenge.« Er fuhr sich mit einer Hand durch das dichte blonde Haar. »Ich fürchte, daß ich mit ihm nun doch ein sehr ernstes Wort sprechen muß – auch wenn es mir selbst nicht gefällt.«

      *

      Dr. Metzler erschrak zutiefst, als er erfuhr, daß seine Frau wieder stationär in der Waldsee-Klinik lag. Sofort eilte er in die Gynäkologie hinüber und betrat dann atemlos

      Erikas Zimmer.

      »Liebling, um Himmels willen, was ist denn passiert?« fragte er angstvoll und rechnete dabei schon wieder mit dem Schlimmsten.

      Doch Erika brachte ein beruhigendes Lächeln zustanden. »Reg dich nicht auf, Wolfi, es ist schon wieder alles in Ordnung. Ich hatte heute früh ganz leichte Schmierblutungen, und Robert meint, daß ich doch besser liegen sollte.« Sie seufzte leise. »Die Gefahr einer Fehlgeburt besteht wieder, und wahrscheinlich wird sich das bis zum Ende meiner Schwangerschaft auch nicht mehr ändern.«

      Wolfgang atmete auf. Für einen Augenblick hatte er schon befürchtet, Erika hätte auch dieses Baby verloren. Daß sie für den Rest ihrer Schwangerschaft wohl liegen mußte, war zwar nicht schön, aber immer noch besser als eine weitere Fehlgeburt.

      Jetzt nahm er seine Frau liebevoll in die Arme. »Ich werde mir für dich soviel Zeit wie möglich nehmen.«

      Vertrauensvoll schmiegte sich Erika an ihn. »Ach, Wolfi, ich bin ja so froh, daß ich dich habe.« Doch während sie noch in seinen Armen lag und die stille Geborgenheit genoß, kam ihr plötzlich ein ganz anderer Gedanke. »Was geschieht denn jetzt mit der Klinik? Es ist sehr unwahrscheinlich, daß ich meine Arbeit wieder aufnehmen kann, und Dr. Weiß wird im Kreiskrankenhaus auch gebraucht. Er kann mich hier nicht ewig vertreten.«

      Aber Wolfgang schüttelte den Kopf. »Darüber mußt du dir absolut keine Gedanken machen, Erika. Das ist allein mein Problem, und ich werde es schon irgendwie lösen. Denk du in erster Linie an dich und unser Baby.« Er küßte sie zärtlich. »Ich möchte, daß

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