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die ein elektromagnetisches Feld ziemlich geschlossen nach einer Richtung auszustrahlen vermochte. Ein ausrangiertes Torpedoboot war als Ziel für die Versuche in Aussicht genommen. Er hoffte, bis auf eine Entfernung von tausend Meter merkliche Magnetisierungen hervorbringen zu können.

      Umgeben von seinen Assistenten, stand er neben den gerichteten Antennen, die das elektromagnetische Feld über den Bug des Sammlerbootes nach dem Torpedoboot hinschleudern sollten. Die Schalthebel wurden eingeschlagen. Hochfrequente elektrische Energie durchbrauste die Antennen.

      Professor Curtis wurde von Unruhe ergriffen. Die Wirkungen die man vom Torpedoboot meldete, gingen erheblich über die von ihm als möglich errechneten hinaus. Er gab den Befehl, die Energie in den Antennen abzustellen.

      Und ließ sich dann mit einem Seufzer auf einen Sessel fallen. Denn die Wirkung auf dem Torpedoboot hörte nicht auf. Im Gegenteil. Sie stieg, bis schließlich der elektromagnetische Wirbel das ganze Boot packte, aus dem Wasser hob und auf das sandige Ufer schleuderte, wo es im Sturz berstend liegenblieb.

      Mit verhaltenem Atem hatte man auf dem Sammlerboot die Katastrophe beobachtet. Ein Ruf seines ersten Assistenten veranlaßte Professor Curtis aufzublicken, die Vorgänge auf dem eigenen Boot zu verfolgen.

      Die gerichteten Antennen lösten sich in Kupferdampf auf. Sie leuchteten einen Moment grünlich schillernd und waren dann verschwunden. Spanndrähte und Isolatoren fielen angeschmolzen und zersplittert auf das Schiffsdeck nieder. Dann packte ein Wirbelsturm das ganze Sammlerboot und warf es neben das Torpedoboot auf das Gestade.

      Professor Curtis ließ das Geländer los und rollte über das schrägliegende Verdeck in den weichen Seesand. Das war das Ende der amerikanischen Versuche. Der Bericht, den der Professor noch am selben Nachmittag nach Washington sandte, erklärte es für aussichtslos, gegen die Mittel der unbekannten Macht anzukämpfen.

      Am dreizehnten August hielt Professor Raps in der Technischen Hochschule zu Charlottenburg sein Kolleg über theoretische Elektrodynamik. Die Studenten spitzten die Bleistifte, um das Kolleg wie immer mitzuschreiben. An diesem Tage wären die retardierten Potentiale dran gewesen. Aber der deutsche Professor brachte ganz etwas anderes …

      »Meine Herren, auch ich habe es versucht, mit den Mitteln unserer Wissenschaft das Geheimnis der unbekannten Macht zu ergründen. Die Wirkungen, die zuverlässig berichtet worden sind, lassen sich nur dann erklären, wenn wir annehmen, daß die Macht ein Mittel besitzt, um die Raumenergie an jeder Stelle zur freien Entwicklung zu bringen. Die Raumenergie dürfen wir nach Oliver Lodge zu zehn Milliarden Pferdekraftstunden für jedes Kubikzentimeter annehmen. Unsere Wissenschaft kennt bisher kein Mittel, diese Energie freizumachen. Sicherlich keins, um sie auf weite Entfernungen und mit absoluter Treffsicherheit zu entfesseln …«

      Die Studenten schrieben mit. Das Papier knisterte, die Bleistifte rauschten. Professor Raps fuhr in seinen Ausführungen fort. Er ging ins Detail und entwickelte rechnungsmäßig die Wirkungen, die sich auf diesem Wege erzielen ließen. Er bedeckte die schwarze Wandtafel mit dreißigstelligen Zahlen, die Kilowatt und Kalorien bedeuteten. Dann wurde die Vorlesung wieder allgemeiner …

      »Wir haben keine Ahnung, durch welche Mittel, durch welche uns jedenfalls noch ganz unbekannte Form der Energie diese Fernwirkungen erzeugt werden, wie die explosive Entfesselung der Raumenergie zustande kommt. Ein Riesengeist, der dem Stande unserer Wissenschaft um Jahrhunderte vorauseilte, muß diese Lösung gefunden haben …«

      Silvester Bursfeld in seinem eisigen Grabe hoch oben am Pol konnte mit dem Epitaphium zufrieden sein, das der deutsche Gelehrte ihm hier setzte.

      Professor Raps fuhr fort:

      »Meine Herren, ich wurde von zwiespältigen Gefühlen ergriffen, als ich die hier eben vorgetragenen Entdeckungen machte. Auf der einen Seite die reine Forscherfreude über die gelungene Entdeckung, die Freude, die Sie alle wohl schon nach einer glücklich gelösten Laboratoriumsaufgabe empfunden haben. Auf der anderen Seite ein tiefes Grauen. Meine Herren, der Gedanke, daß eine übermenschliche Macht in die Hand sterblicher Menschen gelegt wurde, ist entsetzlich. Die Besitzer der Erfindung können der Welt jeden Tort antun. Sie können jede Stadt verbrennen, jedes Menschenleben vernichten. Wir sind wehrlos. Wir müssen widerstandslos über uns ergehen lassen, was die Besitzer der Macht für gut befinden werden. Der Gedanke ist kaum erträglich. Aber es ist die Wahrheit …«

      Der Professor schloß seine Vorlesung vor der festgesetzten Zeit. Er war zu ergriffen, um sich jetzt noch dem planmäßigen Lehrstoff zu widmen.

      Der Inhalt seines Vortrages erregte erneute Unruhe. Die Vertreter der großen Zeitungen kauften den Studenten ihre Niederschrift für schweres Geld ab. Noch am Abend des dreizehnten August wurde der Vortrag über die ganze Erde verbreitet. Von Hammerfest bis Kapstadt, von London bis Sydney wurden die Mitteilungen verschlungen und diskutiert.

      Es war klar, daß der deutsche Gelehrte den Quellen der unbekannten Macht wenigstens theoretisch auf der Spur war. Je länger die Physiker der ganzen Welt sich in die Einzelheiten seiner Ausführungen vertieften, desto mehr mußten sie die Richtigkeit seiner Schlußfolgerungen anerkennen. Es gab in der Tat nur diese eine Erklärung für die ungeheuerlichen Wirkungen der Macht. Man mußte imstande sein, die Raumenergie an jeder beliebigen Stelle des Erdballes explodieren zu lassen.

      Aber die Mittel dazu kannte niemand. Wenn nicht am Ende … dieser deutsche Professor noch mehr wußte, als er im Kolleg gesagt hatte? Der Gedanke, daß ein einzelner Staat das Geheimnis entdecken, sich zum Herrn der übrigen Welt machen könne, schuf neue Unruhe.

      An allen Punkten der Erde wartete man auf die nächsten Äußerungen der Macht. Die Spannung einer dumpfen Erwartung lag über der Welt, soweit sie von denkenden Menschen bewohnt war.

      Es war um die Mittagstunde des fünfzehnten August. Funkentelegramme durchschwirrten wie immer die ganze Welt. Um 12 Uhr 13 Minuten 15 Sekunden erfuhr dieser Verkehr eine jähe Unterbrechung. Bisher hatte die unbekannte Macht ihre Depeschen durch eine unmittelbare Beeinflussung einer der großen europäischen oder amerikanischen Stationen gegeben. Aber in dieser Mittagstunde des 15. August stand über dem östlichen Teil des Atlantik plötzlich ein starkes elektromagnetisches Feld im Äther. Sein Kern hatte die Gestalt eines schmalen hohen Turmes. Es pulsierte mit hunderttausend Schwingungen in der Sekunde und strahlte Wellenenergie im Betrage von zehn Millionen Kilowatt nach allen Richtungen der Windrose aus, während es schnell nach Westen hin über den Ozean wanderte.

      Im Rhythmus der Morsezeichen kam und verschwand das Feld, und wo immer in Europa und Amerika elektrische Einrichtungen vorhanden waren, wurden sie zum Mitschwingen gebracht. Die Passagiere der elektrischen Straßenbahnen vernahmen die Zeichen in dem eintönigen Brummen der Wagenmotoren. Wo elektrische Glühlampen brannten, begannen sie in dieser Stunde zu zirpen und ließen Morsezeichen hören. Wo irgendein Mensch den Telephonhörer am Ohr hatte, wurden Rede und Gegenrede plötzlich durch laut und scharf dazwischenklingende Morsezeichen unterbrochen. Die Farbschreiber aller Telegraphenstationen hörten in diesen Minuten auf, die Depeschen ihres Betriebes zu schreiben, und zeichneten die Botschaften der Macht auf:

      »Die Macht: Der Krieg ist aus! Die Macht fordert Gehorsam. Sie straft Ungehorsam.«

      Die Welt zuckte unter den Worten der Botschaft zusammen. Wie Peitschenhiebe trafen die lapidaren Sätze, die ihr den neuen Herrn verkündeten. Wie eine schwere dunkle Wolke legte sich der Druck eines fremden zwingenden Willens über die Menschheit. Die Regierungen und die einzelnen Staatsmänner waren ratlos. Es war nicht möglich, an dem Ernst dieser Depesche zu zweifeln. Dazu waren die Proben der Macht, die man bisher zu kosten bekommen hatte, zu stark und zu beweisend.

      Die äußere Politik bot zwar in diesem Augenblick keine Schwierigkeiten. Die Macht befahl den Frieden, und es gab nur einen Weg, bedingungslos zu gehorchen. Dafür aber zeigten sich Schwierigkeiten im Innern. Die einzelnen Völker wurden gegen ihre Regierungen mehr oder weniger aufsässig. Der einzelne fragte sich, ob es überhaupt noch Zweck hätte, den Anordnungen einer Regierung zu gehorchen, die nur von Gnaden der Macht auf ihrem Stuhle saß, in jeder Minute von dieser selben Macht ausgelöscht werden konnte. Es waren nicht einmal die schlechtesten Elemente, die unter solchem Druck von einer allgemeinen Unlust befallen wurden und in gleicher Weise das Interesse am Staat

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