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wohl, ich gehe mit geringerer Sorge, weil du auch da mir Trost gegeben.«

      Die Tür zum Raum wurde von außen hastig aufgerissen. Schwer atmend, wie erschöpft vom schnellen Lauf, stand Tredrup vor ihnen.

      »Uhlenkort! Du bist noch hier … Gott sei Dank!«

      »Was ist, Tredrup? Was ist?«

      Statt einer Antwort zog Tredrup einen kleinen Zettel aus der Tasche.

      »Hier! Hier!« Er schrie es fast. »Christie!«

      »Was? Was ist mit Christie?«

      Uhlenkort umklammerte dessen Hand, entriß ihm den Zettel. Sein Gesicht war tief erblaßt.

      Ein paar Mal schöpfte Tredrup nach Atem. Dann kam es heraugesprudelt, das Unverhoffte, Wunderbare, was ein glücklicher Zufall ihm durch des Äthers Wellen zugetragen hatte.

      »Zufall! Glücklicher Zufall, Uhlenkort!«

      Er lachte. Eine gewisse Verlegenheit mischte sich darein.

      »Du weißt«, es kam etwas stotternd, »ich fuhr mit meiner Belegschaft nach Stettin, wollte sie eigentlich weiter zum Ural bringen. Trennte mich schwer von den Leuten. Ihr Schicksal lag mir sehr am Herzen. Ich wollte wissen, wie ihre Reise verlaufen, wie sie sich an der neuen Arbeitsstelle zurechtfinden würden. Und … hm! Da tat ich etwas … Es war vielleicht, nein, sicherlich nicht ganz richtig … ich gab ihnen die Uhlenkort-Welle. Heute sollten sie mir Nachricht geben. So war’s verabredet. Ein einmaliger Mißbrauch, Uhlenkort! Du wirst verzeihen!

      Und …« – er schlug klatschend die Hände zusammen – »es war gut so!

      Tredrup und Tredrups Nase, das Glück wollte ihnen wohl. Ich sitze in der Stadt in meinem alten Quartier. Den Empfänger eingeschaltet, höre, was die vom Ural mir erzählen. Nichts sonderlich Gutes.

      Das veränderte Klima, sie kamen gerade in die heiße Jahreszeit hinein, das Heimweh. Ich war nicht sonderlich erbaut von dem Gehörten, saß und saß, dachte nach. Die Zeit verging. ›Uhlenkort … Harlessen!‹

      klang’s ein paar Mal im Hörer. Ich wollte ihn eben abnehmen. Es betraf mich ja nicht. Da! ›Walter … Christie … !‹

      Ganz leise klang’s im Hörer. Ich preßte die Muschel fest ans Ohr. Was war das? Christie? … Harlessen … Uhlenkort. Ich schloß die Augen, schärfte mein Gehör zum Äußersten. Ein Hilferuf? Christie Harlessen?

      Nichts anderes konnte es sein. Ich saß, verschlang die Worte, horchte, was weiter kommen würde. Saß, wartete … nichts zu hören, nichts weiter. Ich sagte mir: Das kann nicht sein. Sie muß, sie wird weitersprechen. Und dann klang’s wieder an mein Ohr. Leise, unendlich leise: › … Insel … ‹ das einzige, was ich verstand. Doch sie hatte die ersten Worte wiederholt, sie würde auch die wiederholen. Ich horchte weiter. Andere, neue Worte drangen zu mir: ›Kanal … südwärts … ‹

      Dann blieb es unverständlich. Ich riß den Zettel aus meiner Tasche, schrieb mit, wie ich’s verstand … wartete weiter, vielleicht würden die Laute deutlicher. Plötzlich war alles verstummt. Das hier«, er deutete auf den Zettel in Uhlenkorts Hand, »ist, was ich hörte … wie ich es der Reihe nach zusammenstellte: Walter … Hier Christie … Uhlenkort – Harlessen … Insel … Kanal … West zu Südwest …«

      Er wandte die Augen zu dem Jugendfreund. Dieser stand abgewandt am Tisch. Uhlenkorts Blicke hafteten an dessen Gestalt, als erwarte er, daß der sich umdrehen und … Nein … der konnte nicht … wollte nicht …

      »Vielleicht hätte man es in Hamburg oder in anderen deiner Kontore besser verstanden!« brach Tredrup das Schweigen.

      Uhlenkort schaute auf, schlug sich mit der Hand an die Stirn.

      »Gewiß! Natürlich! Wie konnte ich das außer acht lassen. Werde sofort anfragen und Befehl geben, daß die Stationen Tag und Nacht besetzt bleiben. Und wenn man den Ruf auch dort nicht besser versteht … sie wird ihn wiederholen … morgen … in den nächsten Tagen.

      Einmal wird es, muß es gelingen, ihn unverstümmelt zu hören.«

      Er reichte Tredrup die Hand.

      »Klaus, ich danke dir.«

      »Dank’s Tredrups neugieriger Nase!« erwiderte der lachend. »Ja, ja!

      Tredrups neugieriger Nase. Du bist nicht der erste und einzige in der Welt, der diese Eigenschaft konstatiert. Aber …«

      Er zuckte die Achseln. »Wieder einmal ist der Beweis erbracht, daß manchmal dabei etwas herauskommt.«

      Er schielte leicht zu der Gestalt des anderen.

      »… manchmal freilich auch nicht.« Er schüttelte sich wie ein Hund, der im Wasser war.

      »Glück auf, Walter Uhlenkort!«

      Er ging mit ihm zur Tür, reichte ihm zum Abschied die Hand.

      »Tredrups Nase«, er warf einen scheuen Blick zu dem Raum zurück, flüsternd kamen die Worte aus seinem Mund. »Tredrups Nase verspürt guten Wind, Uhlenkort. Mir träumte gestern, es wäre nicht das letzte Mal, daß ich hier oben in Spitzbergen war.«

      »Klaus Tredrup, hast du die nächtliche Fahrt ganz vergessen, jene Fahrt nach Süden? Sei gewarnt!«

      Uhlenkort sagte es, halb war es Scherz, halb Ernst.

      »Und wenn ich hundert Jahre alt würde, ich werde sie nie vergessen.

      Werde auch immer daran denken, wenn ich mit ihm zu den Antillen fahre … Uhlenkort-Welle, Glückauf!«

      »Danke dir, Klaus, auf Wiedersehen! Wäre möglich, daß wir uns bald wiedersehen.«

      Tredrup wollte fragen, da schritt Uhlenkort schon die Stufen hinunter.

      Noch brannte die Sonne auf das Atoll. Ein Pfiff gellte über die Lagune, rief die Besatzung zur Mahlzeit. In dem Höhleneingang erschien die Gestalt Christies.

      Ihr Notruf, in den Tagen stets um die Mittagszeit gerufen, blieb erfolglos. Andere Stunden, bei Tag, bei Nacht, soweit es anging, hatte sie benutzt, erfolglos. Die Sendeenergie zu schwach? Nicht anders konnte sie es sich erklären. Die vierte Nachmittagsstunde. Ein letzter Versuch. Sie blickte auf die Armbanduhr. Halb vier. Zu früh! Sie wandte sich zu dem schmalen Pfad, der zum Rand der Klippen führte, schritt ihn empor.

      Ihr Blick flog über die weite wüste Wasserfläche. Kein Schiff, so weit ihr Auge schaute. Hier, abseits von allem Verkehr … nur ein Schiff, das der Sturm verschlagen, konnte hier vorüberkommen. Und wenn es käme? Und wenn es glückte, sich ihm durch Winken bemerkbar zu machen? Es bestand keine Möglichkeit, die Insel zu betreten. Nach allen Seiten reckten sich die Korallenriffe steil, unbesteigbar in die Höhe.

      Aber die Seeräuber? Wie kamen die an Land, in die Lagune? Mit eigenen Augen hatte sie das U-Boot der Räuber mitten aus der Lagune auftauchen sehen, wieder Niedertauchen zu neuer Fahrt. Irgendwo in dem Korallenkranz des Atolls mußte eine unterseeische Durchfahrt sein.

      Aber wo?

      Wo war diese? Wie oft hatte sie zur Nachtzeit in der Lagune gebadet, war als geübte Taucherin unter Wasser an den Wänden entlanggeglitten.

      Nie hatte sie den unterirdischen Paß gefunden. Und hätte sie ihn erfunden, was hätte es ihr geholfen? Draußen um den Kranz eine wilde Brandung, dahinter die unermeßliche Ode des Ozeans. Sie schritt zurück, mutlos, niedergedrückt. Kaum noch ertrugen ihre Nerven dieses qualvolle Warten. Einmal mußte sie hier wegkommen, weggeführt werden von dem, der sie raubte. Woandershin, wo die Gelegenheit zur Flucht vielleicht günstiger wäre.

      Sie kam zur Hängematte, legte sich hinein, das kleine Mikrofon im Taschentuch. Sprach mutlos, hoffnungslos den ewigen Notruf. Und dann! Ihr Körper schnellte empor.

      »Hier Uhlenkort«, die Antwort. Atemlos sank sie zurück, suchte nach Worten. Eine fremde Stimme rief ihr Antwort. Die Laute klangen verwirrt. Kaum, daß sie den Sinn verstand. »Weitersprechen! Peilen.

      Gut

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