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DER ZAR. Ted Bell
Читать онлайн.Название DER ZAR
Год выпуска 0
isbn 9783958351318
Автор произведения Ted Bell
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Der Zauberer, wie er seinen Vorgesetzten heimlich nannte, mochte keine ungeklärten Fragen, und der Zauberer war eben das Zünglein an der Waage, Paddy hingegen nur eine Hilfskraft auf Abruf. Das wusste, das akzeptierte er. Er war ein Dienstleister, sonst nichts – aber bei Gott, ein guter. Ohne Scheiß.
Als Strelnikow das grün fluoreszierende Ausfahrtschild nach Medora näherkommen sah, wechselte er auf die rechte Spur. Er hatte ab Little Miss für den Rest der Strecke eine wenig befahrene, zweispurige Bundesstraße gewählt. Nun lehnte er sich zur Seite, um das Radio abzustellen. Er konnte es nicht mehr ertragen, wie diese Leute den Armleuchter in Schutz nahmen. Auch jetzt noch, wenn er bloß daran dachte, musste Paddy angesichts der Dummheit, die bei den Stumps in der Familie zu liegen schien, den Kopf schütteln.
Man musste beispielsweise selten dämlich sein, um sich in einem Bundesstaat zur Hinrichtung verurteilen zu lassen, wo es die Todesstrafe gar nicht gab.
Der Richter hatte Charles Edward Stump in acht Anklagepunkten des vorsätzlichen Mordes schuldig befunden.
Er war zur Tatzeit 27 Jahre alt und Pfleger auf der Entbindungsstation des Fargo General Hospital gewesen. Hallo? Leumundsprüfung? Folglich hatte er in einer finsteren Nacht vor drei Jahren – niemand konnte es sich erklären – den Brutkastensaal betreten und alle Neugeborenen, einen nach dem anderen, mit einem Kissen ersticken können.
Licht aus, Kinder!
Dann soll er den Abschriften zufolge, die Strelnikow gelesen hatte, seine kleinen Opfer in zwei Kissenbezüge gesteckt haben, aus der Klinik gegangen und in seinen Wagen gestiegen sein. Von Watford City aus, dem Standort der Einrichtung, war er mit den Babyleichen nach Süden gefahren. Gleich am gegenüberliegenden Ufer des Little Missouri River hatte er an einer unbefestigten Straße vor Grassy Butte angehalten und sie alle auf dicht bewaldetem Gelände am Rand des Nationalparks Theodore Roosevelt vergraben.
Bei der Autopsie wurde später festgestellt, dass zwei der Kinder noch nicht tot gewesen waren.
Hätte Stumpy nur ein bisschen Hirnschmalz besessen, wäre er wegen des ersten Wortes in der Bezeichnung Nationalpark vielleicht stutzig geworden. National bedeutete, dass sein Verbrechen auf bundesstaatlicher Ebene geahndet wurde. Jetzt waren es eben die Bundesbehörden, die ihn heute Nacht auf seiner bequemen Liege festzurren und in ewigen Schlaf versetzen würden.
Blaulicht, das im Rückspiegel aufflackerte, holte Strelnikow in die Gegenwart zurück.
»Na großartig«, brummelte er, bremste und lenkte hinüber, um auf dem Seitenstreifen stehenzubleiben. Er war doch nur 100 gefahren. Hatten die Marsmenschen hier ein Problem damit? Er lehnte sich zum Handschuhfach hinüber, klappte es auf und griff zu seinem .38er. Um ihn schnell ziehen zu können, falls er dazu gezwungen sein würde, schob er ihn so unter seinen rechten Oberschenkel, dass der Griff an der Seite herausragte.
Beinahe im selben Moment erschien der Bulle an der Fahrertür und hielt ihm eine Taschenlampe vors Gesicht. Paddy ließ die Scheibe hinunter, woraufhin kalte Luft Schnee hereinwehte, und fragte: »Alles senkrecht, Officer?«
Der Mann beugte sich nach vorn und leuchtete in Paddys Augen. Dann richtete er die Lampe auf die Rückbank, wo ihm etwas Funkelndes ins Auge gesprungen war.
»Was ist das denn?«
»Ein Koffer, ist Krokodilleder.«
»Was steckt drin?«
»Was drinsteckt?«
»Sie haben mich schon verstanden.«
»Haarbürsten. Seife. Parfümflakons und Ähnliches. Toilettenartikel für die Dame. Ich bin Handelsvertreter. Solche Waren verkaufe ich.«
Der Blick des Polizisten ruhte vorübergehend auf ihm. Paddy war es gewohnt. Er wusste, dass er nicht wie ein Geschäftsreisender aussah, sondern eher wie ein professioneller Ringkämpfer in einem strahlend marineblauen Anzug, der ihm zwei Nummern zu klein war.
»Führerschein und Zulassung bitte, Sir.«
»Klar, in Ordnung. Eine Sekunde.« Er fasste sich in seine Brusttasche und nahm die Fahrerlaubnis heraus. Sie steckte nicht in seiner Brieftasche, nein. Er hatte sie vorsichtshalber für Situationen wie diese mit fünf frisch gedruckten 100-Dollar-Scheinen zusammengerollt und ein Gummiband herumgewickelt. Als er sie dem Cop hinhielt, strahlte dieser sie mit der Lampe an.
»Was ist das?«
»Mein Führerschein, Officer, eingerollt in 500 knitterfreie US-Dollar.«
»Sir, Sie …«
»Officer, ich bin sozusagen in Eile, verstehen Sie? Deshalb wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir das Ding einfach zurückgeben und den Rest als kleine Geste meiner ewigen Dankbarkeit annehmen würden.
»Passen Sie auf, mein Freund, ich …«
»Okay, okay. Ich kapier, woher der Hase läuft.«
Strelnikow steckte seine Hand wieder in die Tasche und zog ein ordentlich gefaltetes Bündel Scheine heraus.
»5.000 Dollar. Das ist mein letztes Angebot«, sagte er, indem er dem Beamten sein Totschläger-Lächeln schenkte, das er sich auf den Straßen von Brighton Beach und Coney angeeignet hatte – setz es auf, kurz bevor du einem Dreckbeutel die Lichter ausbläst. »Weihnachten steht ja vor der Tür, nicht wahr, Officer? Fünf Riesen kommen Ihnen da möglicherweise wie gerufen.«
Er erkannte am Gesichtsausdruck des Bullen, worauf diese Begegnung hinauslaufen würde. Ein Debakel.
»Na gut, Sir. Ich muss Sie auffordern, Ihr Fahrzeug zu verlassen. Sofort. Halten Sie Ihre Hände dabei so, dass ich sie sehen kann.«
»Vorsicht, Officer, Sie begehen hier einen fatalen Fehler.«
»Aussteigen, Sir«, beharrte der Polizist, während er rückwärtsging, die rechte Hand am Holster seiner Waffe. »Bisschen plötzlich!« Er sah den kurzen Pistolenlauf am unteren Rand des Fensterrahmens nicht. Vielleicht hatte er auch das »fatal« überhört. Zu dumm, dass es das Schlüsselwort war.
Wupp, wupp machte der .38er. Zwei gezielte Schüsse mitten in den Kopf des Beamten.
»Und tschüss«, sagte Paddy mit Blick durch die Tür auf den Schnee, der sich unter dem Toten rot färbte. Während er beim Davonfahren beschleunigte, scherte das Heck des Mustangs auf dem vereisten Seitenstreifen aus.
Hey, so spielt halt das Leben.
Man kann nichts weiter tun, als sein Bestes zu versuchen, nicht wahr?
Kapitel 6
Bermuda
Teakettle Cottage stand am höchsten Punkt einer schmalen Korallenformation ungefähr 50 Fuß über dem türkisfarbenen Meer. Das Haus war ein Paradebeispiel für Schlichtheit und perfekt auf Hawkes Bedürfnisse zugeschnitten. Abgesehen davon, dass es seinem Wunsch nach friedlicher Ruhe Genüge tat, gab es ihm aufgrund seiner prekären Lage ein Verständnis von Leben als »hartem Brot«. Wegen seiner romantischen Ader – er hätte nie eingeräumt, eine zu haben – setzte er Widrigkeit mit Wirklichkeit gleich.
Eines regnerischen Abends hatte er seine recht nebulösen Empfindungen diesbezüglich mit dem gescheitesten Mann besprochen, den er kannte, dem berühmten Kriminologen Chief Inspector Ambrose Congreve von Scotland Yard.
Dieser war zu dem Schluss gelangt, Hawkes sehr menschlicher Instinkt deute an, dass er im Unbehagen und in der gelegentlichen Grausamkeit des Lebens so nah am Meer einen Garant für Authentizität zu sehen glaubte. Stets auf Messers Schneide zu balancieren, wie er es tat, und demzufolge auf Sicherheiten verzichten zu müssen – daraus schöpfte Hawke, wie Congreve unterstellt hatte, ein gewisses Maß an Wahrhaftigkeit.
Dies, so hatte er seinen Freund wissen lassen, sei ein wenig zu dick aufgetragen, doch während sich Hawke viel lieber in Oberflächlichkeiten erging, schürfte der