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Der Secretair der Marquise Du-Deffand. Александр Дюма
Читать онлайн.Название Der Secretair der Marquise Du-Deffand
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Wir kamen in Paris an. Wir wohnten so lange bei einem Verwandten meines Mannes, bis über unsere Lage entschieden sein würde. Wir wußten noch nicht genau, wo wir uns fest niederlassen sollten. Ich hatte große Vorliebe für Paris; aber wir mußten wissen, ob wir hier standesgemaß leben konnten. Unser erster Besuch war der bei der Herzogin von Luynes, und die erste Person, die uns begegnete, als wir den Fuß in das Hotel setzten, war Larnage, der, ein Portefeuille in der Hand, ausgehen wollte. Er grüßte achtungsvoll, aber er ward bleich wie ein Leinentuch. Ich ward noch bleicher und bewegter als er. Herr Du-Deffand fragte mich nach dem Grunde meiner Verwirrung. Ich antwortete ihm, daß mir die Hitze lästig sei, und beeilte mich, zu meiner Tante hinaufzugehen. Sie empfing mich sehr zuvorkommend, erfreute Herrn Du-Deffand durch tausend Artigkeiten und behielt uns, trotz meiner Weigerung, zum Souper.
Eben dies hatte ich gefürchtet. Ich sollte mit jenem Unglücklichen zusammentreffen, dem ich bei meiner Verheiratung einen sehr aufrichtigen Brief geschrieben, und ihm untersagt hatte, mir zu antworten. Er hatte sich streng darnach gerichtet, ich wußte nicht, womit ich mich rechtfertigen sollte. Der arme Junge war gehorsam gewesen und hatte dabei viel gelitten, mir war dies nicht unbekannt geblieben. An jenem Tage erschien er wie ein Gekreuzigter bei Tische, er wagte kaum, die Augen aufzuschlagen. Herr und Frau von Luynes, die keine Ahnung von unserm Verhältnisse hatten, scherzten über seine Schülerin und über die Zurückhaltung, die er gegen sie beobachtete. Er setzte sich durch eine thörichte Antwort in Verlegenheit, die man nicht begriff – ich aber begriff sie nur zu gut.
Mir war, als ob dieses Souper nie zu Ende kommen würde. Bei dieser Gelegenheit aber hatte ich ein unvermuthetes Zusammentreffen, das einen großen Einfluß auf mein Leben ausübte: das nämlich mit Herrn von Feriol, dem alten Gesandten des Königs in Konstantinopel, und mit seiner Schwägerin, Fräulein Guerin von Tencin, Schwester des Cardinals und der berühmten Stiftsdame, die wir noch oft wiederfinden werden. Frau von Feriol gewann mich sogleich lieb, sie lud mich zum Besuche ein, und ließ mich nicht eher, bis ich ihr versprochen hatte, zu kommen.
Frau von Feriol hatte einen General-Einnehmer der Finanzen zum Manne, der später Rath und Parlamentspräsident zu Metz ward. Seine Frau kümmerte sich wenig um ihn, sie unterhielt ganz öffentlich ein Verhältniß mit dem Marschall von Uxelles, der sie liebte, so lange sie jung war, und sie später ihre Reize beweinen ließ. In jener Zeit blieb sie sich noch immer gleich; ich fand sie alt, weil ich erst zwanzig Jahre zählte, aber sie war wirklich schön, und konnte einem Podagristen sehr wohl gefallen. Sie lud mich auf den folgenden Tag zu einer Art von Fest ein, welche Einladung anzunehmen ich nicht unterließ, da es für mich gegeben wurde.
Frau von Feriol hatte einen wunderlichen, phantastischen, capriciösen Charakter. Sie konnte sich darüber nicht zufrieden geben, daß sie alter wurde, und Alles, was sie umgab, bereitete ihr deshalb Kummer. Jedes harte Wort, jeder launige Augenblick des Marschalls fiel auf Unglückliche zurück, die sie mit ihren Thränen bestrafte.
Sie hatte zwei Söhne: Pont-de-Veyle und d'Argental, zwei Gefährten meines ganzen Lebens, die am Morgen desselben erschienen und sich nur im Tode erst von mir trennen wollten – der Tod scheint uns alle drei vergessen zu haben. Pont-de-Veyle steht mit mir in gleichem Alter, d'Argental ist um drei Jahre jünger, und wir leben noch. Mein Gott, das ist erschrecklich!
Das Haus der Feriols war um jene Zeit das angenehmste von Paris. Die Feriols besaßen Geist, und empfingen große und gute Gesellschaft. Wir gingen zum Mittagsessen dorthin, und waren Gäste für den ganzen Tag. Unter anderen Gästen fanden wir auch den Lord Bolingbroke vor, den in Ungnade gefallenen Minister von England, und die Marquise von Villette, mit der, er bereits seit einem Jahre lebte, und in die er sichtlich verliebt war.
Wir fanden dort auch Fräulein von Delaunay, die vertraute Kammerfrau der Frau Herzogin von Maine, mit der ich sofort ein Freundschaftsbündniß schloß. Außerdem fanden wir auch die Frau Marquise von Parabère, die damals in der höchsten Gunst bei dem Herrn Regenten stand; sie kam mir eifrig entgegen, und ich stieß sie nicht zurück. Frau von Parabère war die Verführung in Person; sie war eine von jenen Zauberinnen, Venen man nicht widerstehen kann, so gern man es auch möchte, und die sich wider Willen jedes Herzens bemächtigen.
Endlich fanden wir auch noch ein außergewöhnliches und anbetungswürdiges Geschöpf, eine Türkin, die Herr von Feriol mit nach Frankreich gebracht hatte. Sie gefiel, mir bei dem ersten Begegnen, und ward später meine Freundin. Man nannte sie Fräulein Aissé. Der Gesandte hatte sie als ein ganz kleines Mädchen gekauft, um sie erziehen zu lassen; er hatte ihr die Ehre zugedacht, seine Maitresse zu werden, sobald sie das Alter dazu erlangt hätte. Für das Land, dem er sie entnommen, war dies ganz einfach. Aissé entschlüpfte ihm mit vielem Glücke und großer Geschicklichkeit. Sie blieb nur seine Tochter, und was die Welt auch für Thorheiten reden mochte – Herr von Feriol küßte ihr nicht einmal die Fingerspitzen.
Alle diese Personen, die ich soeben genannt, waren meine intimen Freunde, und alle haben ein eigenthümliches Leben gehabt. Ich will es Ihnen erzählen, nämlich im Laufe dieser Memoiren. Ich gedenke eine Gallerie aufzustellen, in der man die Geschichte meines Jahrhunderts und der Gesellschaft, die ich besuchte, finden kann. Ich bin nicht Willens, mich dabei streng an Regeln zu halten, ich will im Gegentheil meine Portraits nach der Phantasie zeichnen, ich will jene Gestalten wieder aus der Erde holen, die seit langer Zeit verschwunden sind, je nachdem sie sich in meiner Einbildung oder in meinem Gedächtnisse zeigen. Wahr und genau zu sein ist die einzige Art und Weise, sie zu beleben, und ich werde auf das Eine wie auch auf das Andere halten.
Frau von Feriol hatte ihre Besitzung von Pont-de-Veyle in Burgund, aber sie besuchte es selten. Sie gebrauchte die Nachbarschaft, wenn es eine Nachbarschaft gab, als Vorwand, um mich zu feiern und mich so zu empfangen. Erfreut, daß ich mich in einer solchen Umgebung befand, daß ich sprechen und geistreiche Leute sprechen hören und das Gehörte meinem Gedächtnisse einprägen konnte, ließ ich es geschehen. Da ich sehr unwissend, sehr neugierig und begierig war, Alles zu wissen und zu erlernen, konnte ich keine bessere Schule haben ich fühlte mich in der Sphäre, die ich geträumt hatte, die meinem Geschmacke entsprach, und es schien mir selbst während einiger Stunden, daß ich Herrn Du-Deffand liebte, um ihm dafür zu danken, daß er mich hierher geführt hatte.
An jenem Abende sah ich Voltaire zum ersten Male, der kam, um seinen Oedipus zu geben. Er hatte sein Jahr in der Bastille wegen seiner »j' ai vu« bereits überstanden, und war noch in Zorn und Wuth. Dieses Katzengesicht frappirte mich anfangs, Frau von Parabère gerieth darüber in Lachen bis zu Thränen, und als er ein Epigramm wagte, hob sie ihren kleinen Finger (den ich noch sehe) um ihm zu drohen.
Eine andere Person, berühmt in einem anderen Sinne, kam ebenfalls zu dem Souper: es war Frau von Tencin, die Schwester der Frau von Feriol, eine durch ihren Geist, durch ihre Intriguen und durch die Stellung berühmte Person, die sie zu Anfang dieses Jahrhunderts in der Welt einnahm. Um jene Zeit zählte sie vielleicht sechs und dreißig Jahre; sie war schön und frisch wie eine zwanzigjährige Frau; ihre Augen funkelten; ihren Mund umspielte ein zugleich sanftes und liebliches Lächeln; sie wollte gut sein, und gab sich viel Mühe es zu scheinen, ohne daß es ihr gelang. Man ließ sich nicht tauschen, sie wußte dies, und begriff es mehr als nöthig. Trotzdem ließ sie sich nicht entmuthigen, sie blieb stets im grellsten Widerspruche.
Mehr als einmal während jenes Abends zankte sie sich mit Voltaire herum, und nichts war sonderbarer als diese Streitereien; sie liebten sich nicht, sie fürchteten sich, oder vielmehr sie beobachteten sich, warfen sich scharfe Blicke zu und zügelten die Geschosse, damit sie später um so sicherer träfen – es war ein köstliches Schauspiel. Ich werde Ihnen auch von der Gräfin Alexandrine von Tencin erzählen, wie von den Andern; nur Geduld, es kommt ein Jeder zu seiner Zeit an die Reihe.
Ach, welche schönen Tage waren diese Tage der Jugend! Wie gern erinnere ich mich ihrer! Welche Freuden, welche Triumphe! Welche Liebschaften! Und welche Leute, welche Geister befanden sich in meiner Umgebung! Ach, wie beeilte man sich, zu leben! Jene Heuchelei, welche die letzten Jahre Ludwigs XIV. auferlegten, jene Maske, die man gewaltsam