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Äußerungen aus den Jahren 1933 bis 1935 basierten auf der Grundüberlegung, dass das liberale Strafverfahrensrecht eine effektive Bekämpfung des Verbrechens einseitig erschwert habe. Damit war klar, dass die Interessen des Gemeinwesens, also der Volksgemeinschaft, Vorrang vor den Interessen des Einzelnen, namentlich des Beschuldigten, haben mussten.[100] Nicht nur nationalsozialistische Politiker forderten geeignete Mittel für die Strafjustiz, um härter und entschlossener gegen Straftäter vorgehen zu können. Zum Beispiel beklagte der Reichsgerichtsrat und prominente Strafrechts-Kommentator Otto Schwarz die allgemeine „Verweichlichung“ der Strafrechtspflege und begrüßte die strafrechtlichen Verschärfungen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten.[101] Auch auf einer Zusammenkunft deutscher Strafrechtslehrer im März 1934 in Leipzig wurde laut Henkel die Notwendigkeit der Erneuerung des Strafverfahrens unter „Überwindung des liberalen Prozeßgedankens“ allgemein anerkannt.[102] Selbst aus der Wissenschaft wurde unverhohlen gefordert, die Stellung des Beschuldigten müsse sich vom Prozesssubjekt „mehr zu der des Untersuchungsobjektes“ wandeln.[103] Die Notwendigkeit einer „straff zusammengefaßten zielsicheren Prozeßführung“ habe Vorrang „gegenüber der bisher üblichen peinlichsten Sorge um die Freiheitsrechte des Individuums.“[104] Jedenfalls dürfe die „übermäßige Rücksichtnahme auf den Einzelnen auf Kosten der Allgemeinheit“ nicht die Wahrheitsermittlung oder die Bestrafung eines Rechtsbrechers verhindern.[105]

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      Außerhalb der Strafjustiz etablierten die Nationalsozialisten weitreichende staatliche Strukturen und Maßnahmen zur Bekämpfung von nicht-deutschen Personengruppen oder politischen Gegnern, die hier jedoch nicht behandelt werden, da diese Ausübung willkürlicher staatlicher Macht ohnehin nicht dem Strafverfahrensrecht unterlag, selbst wenn eine Straftat den Anlass zur staatlichen Reaktion bildete.

II. Die Änderungen bis Mitte 1935

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